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Artikel 4924
Martin Bahr

Eines der ersten Werke zum Thema "Strafrecht und Internet"

Eine Rezension zu:

Robert Jofer

Strafverfolgung im Internet

Phänomenologie und Bekämpfung kriminellen Verhaltens in internationalen Computernetzen

Peter Lang Verlag, Frankfurt a.M. 1999, 252 S., 42,90 €
ISBN 3-631-34335-3

http://www.peterlang.net


Die Dissertation dürfte eine der ersten gewesen sein, die zum Themembereich "Strafrecht und Internet" veröffentlicht wurde. Bearbeitungsstand ist 1998, also aus der frühen Phase der Internet-Verbreitung in Deutschland. Inzwischen sind weitere Bücher zu diesem Komplex erschienen, z.B. die ausgezeichnete Arbeit von Bremer "Strafbare Internet-Inhalte in internationaler Hinsicht".

Aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit ist Strafverfolgung im Internet natürlich nicht mehr auf dem aktuellsten Stand. Gerade im Bereich des Internets machen 4 Jahre mehrere real life-Jahrzehnte aus. Das Besondere und Interessante an dem Buch jedoch auch noch heutzutage ist die Herangehensweise von Jofer. Wie sich auch aus dem Untertitel des Buches ergibt, betrachtet der Verfasser die Materie vor allem unter dem Blickwinkel der Kriminologie.

Jofer ist hoch anzurechnen, schon in dieser frühen Entwicklungsphase die Bedeutung des Internets und die damit einhergehenden strafrechtlichen Probleme erkannt und problematisiert zu haben.

Nach einer Einführung in die technischen Grundlagen und die Entwicklung des Internets kommt er zur Beschreibung der besonderen Merkmale der Internet-Kriminalität. Gleich zu Anfang muss er einen Offenbarungseid leisten, nämlich, dass kaum oder gar keine zuverlässigen Zahlen über dieses Thema existieren und dass es sich bei sämtlichen Darstellungen eher um Tendenzen oder Bestrebungen handelt, denn um objektiv nachvollprüfbare Fakten. Daran hat sich auch heute, im Jahre 2002, nichts grundlegend geändert, was u.a. auf die Besonderheit dieses neuen Mediums zurückzuführen ist.

Der Autor kategorisiert die Netzkriminalität in drei große Bereiche: (1) Netzspezifische Verbreitungsdelikte, (2) als Mittel zur Tatkommunikation und (3) das Internet als virtuelles Tatwerkzeug. Unter (1) fasst der Autor alle unkontrolliert verbreiteten strafbaren Informationen. Das Internet bietet hierzu bekanntermaßen die effektivste und billigste Möglichkeit. Unter (2) will er all die Fälle erfassen, bei denen die einzelnen Täter mittels des Internets Informationen austauschen und die Tat planen. Unter (3) soll der große Rest, z.B. Computersabotage oder Datenveränderung, fallen. Diese Gliederung ist - jedenfalls aus heutiger Sicht - ein wenig zu grob und wenig gewinnbringend. Hier wäre eine weitere Differenzierung, gerade im Bereich von (3), wohl hilfreicher gewesen.

Im folgenden verdeutlicht Jofer diese einzelnen Kategorien durch Beispiele aus der Praxis. So führt er für die Kategorie (1) zutreffend den CompuServe-Fall und die immer wieder auftauchenden Fälle von Kinderpornographie an. Gerade hier zeigt sich, wie beschränkt die Strafverfolgungsbehörden in ihren Möglichkeiten zu der damaligen Zeit waren. So gab es praktisch nur die Internet-Patrouille der Bayerischen Polizei, die in irgendeiner Weise bzgl. des Internets tätig wurde. Bei den so ermittelten Zahlen handelt es sich um wenige, nachprüfbare Materialien, auf die Jofer bauen kann. Als weiteres Beispiel wird auch der bekannte XS4ALL-Fall erörtert. Bei Kategorie (2) zeigt sich schnell, dass hier keinerlei Material und auch keine sonstigen Erkenntnisse vorliegen, so dass diese Darstellung entsprechend knapp ausfällt. Bei Kategorie (3) kann der Autor dagegen wieder aus dem vollen schöpfen: Hacker-Angriff, Online-Betrug, Kreditkarten-Missbrauch u.v.a.

Interessant sich auch die Ausführungen zur Zukunft der Netzkriminalität. Der Autor erwartete (Zeitpunkt: 1998), dass die Kriminalität noch zunehmen würde. Ein Blick auf das Jahr 2002 zeigt schnell, dass diese Erwartungen umfänglich eingetroffen sind. Die Internet-Kriminalität ist gestiegen und zudem facettenreicher geworden.

Im weiteren widmet sich Jofer dem materiellen Strafrechtsteil. Hier problematisiert er natürlich eines der Kernprobleme, nämlich die Frage, wie nationale Gesetze und Rechtsvorschriften transnationale Handlungen und Geschehnisse wirksam erfassen können. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Erörterung der Strafbarkeit des Providers und bei Setzung von Links.

Dem schließt sich die Darstellung der technischen und strafprozessualen Probleme bei der Strafverfolgung im Internet an. Zutreffend analysiert der Autor hier, dass neben der vor allem fehlenden sachlichen Ausstattung das technische Know-How einer der wichtigsten Hinderungsgründe für eine effektive Strafverfolgung ist.

Gesamteindruck:
Ein interessantes Buch, dem man die inzwischen vergangene Zeit zwar schon anmerkt, das aber dennoch oder gerade deswegen besonders lesenswert ist.


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