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Die Anfechtbarkeit von Verwaltungsakten (Verlag Rolf Schmidt)

Die Anfechtbarkeit von Verwaltungsakten


1. Anwendbares Recht

Die Anfechtung von rechtswidrigen Verwaltungsakten ist in verschiedenen Gesetzen geregelt. Die wichtigsten und klausurrelevantesten Vorschriften sind §§ 68 ff. und § 40 I VwGO. Darauf beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen.

Weitere, in ihren Regelungsbereichen speziellere Vorschriften sind §§ 347 ff. AO 1977, §§ 33 ff. FGO für den Bereich der Finanzverwaltung, §§ 78 ff., §§ 51 ff. SGG für den Bereich der Sozialversicherung und die §§ 23 ff. EGGVG für die sog. Justizverwaltungsakte.

2. Der Widerspruch

a. Allgemeines

Die Erhebung der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt setzt grundsätzlich voraus, daß vor Anrufung des Verwaltungsgerichts Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachgeprüft worden sind, § 68 I S. 1, II VwGO.[1] Dieses Verfahren wird nach dem vom betroffenen Bürger einzulegenden Rechtsbehelf „Widerspruch“ als Widerspruchsverfahren bezeichnet. Die Einlegung des Widerspruchs muß binnen Monatsfrist (bei fehlender Rechtsbehelfsbelehrung binnen Jahresfrist) nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erfolgen, vgl. § 70 I, II i.V.m. § 58 II VwGO.

Nach seiner Rechtsnatur ist das Widerspruchsverfahren ein Verwaltungsverfahren. Bei seiner Durchführung handelt es sich indes um eine besondere Sachentscheidungsvoraussetzung für die Verwaltungsakt-Klagen.[2] Daher befindet sich im Bereich des Widerspruchsverfahrens auch der eigentliche Schnittpunkt zwischen der VwGO und dem VwVfG. Die Vorschriften des VwVfG dürfen nur ergänzend, also nur insofern herangezogen werden, als die VwGO (§§ 68 ff.) keine abschließenden Regelungen trifft (vgl. § 79 VwVfG). Nicht zuletzt wegen der komplizierten Subsidiaritätsklausel des VwVfG (vor allem dessen §§ 1 und 2) ist die Harmonisierung der beiden Gesetze zum Teil mit großen Schwierigkeiten verbunden (siehe Schmidt/Seidel, VerwProzR S. 334 f.).

Hat der betroffene Bürger Widerspruch eingelegt, verläuft die Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in der Regel in zwei Phasen:
Zunächst muß die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat (sog. Erlaß- oder Ausgangsbehörde) diesen selbst überprüfen. Hilft sie der Beschwer ab, so erläßt sie einen Abhilfebescheid, durch den der ursprüngliche Verwaltungsakt aufgehoben oder abgeändert wird (§ 72 VwGO). Hilft sie der Beschwer nicht ab, übergibt sie den ganzen Vorgang an die nächsthöhere Behörde (die sog. Widerspruchsbehörde, vgl. § 73 VwGO), damit diese entscheidet.
Die Widerspruchsbehörde hat nun den Ausgangsverwaltungsakt unter denselben Gesichtspunkten zu prüfen wie die Ausgangsbehörde. Auch sie kann den ursprünglichen Verwaltungsakt aufheben oder abändern. Sie kann ihn aber auch bestätigen. In beiden Fällen ergeht ein Widerspruchsbescheid. Bestätigt dieser Widerspruchsbescheid den ursprünglichen Verwaltungsakt oder vergrößert gar die Beschwer (sog. Verböserung), kann der Rechtsschutzsuchende entweder den ursprünglichen Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat anfechten (§ 79 I Nr. 1 VwGO), oder sein Anfechtungsbegehren richtet sich auf die isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheids (§ 79 II S. 1 VwGO).

b. Aufbau einer Widerspruchsklausur

Die Prüfung eines Widerspruchs kann in zwei Konstellationen auftreten. In der ersten ist noch kein Widerpruchsbescheid ergangen, sei es, daß der Bürger noch keinen Widerspruch eingelegt hat, oder sei es, daß über einen eingelegten Widerspruch noch nicht entschieden ist. In diesem Fall handelt es sich bei der Fallgestaltung um die Prüfung eines Widerspruchsverfahrens in der Gestalt eines Verwaltungsverfahrens, bei dem sowohl Rechtmäßigkeit als auch Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes zu prüfen sind.
In der zweiten Konstellation ist bereits ein Widerspruchsbescheid ergangen, der gerichtlich (lediglich) auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft werden kann. Die Zweckmäßigkeitsprüfung entfällt deshalb, weil das Gericht aufgrund des der Verwaltung eingeräumten Ermessens, in einer vom Zweck der gesetzlichen Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch zu machen, nur eine Überprüfung der Nichteinhaltung der Ermessensgrenzen, also eine Überprüfung in rechtlicher Hinsicht, vornehmen darf (vgl. § 114 S. 1 VwGO). Handelt es sich um eine gebundene Verwaltungsentscheidung, entfällt schon aus diesem Grund die Zweckmäßigkeitsprüfung.
Steht fest, daß der Widerspruch in der ersten Konstellationen zu prüfen ist, geht es ausschließlich darum, Zulässigkeit und Begründetheit eines Widerspruchs zu prüfen. Allerdings kann die Fallgestaltung auch Veranlassung dazu geben, zuvor noch die Eingabe des Bürgers überhaupt als Widerspruch zu qualifizieren und ihn von den formlosen Rechtsbehelfen, insbesondere von der Fachaufsichtsbeschwerde, abzugrenzen.[3] Für die Prüfung der allgemeinen und besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen, die vorliegen müssen, damit überhaupt ein Widerpruchsbescheid ergehen kann, sowie die der Begründetheit wird folgende Prüfungsfolge vorgeschlagen, wobei sich die angegebenen Seitenverweise auf den Band Verwaltungsprozeßrecht beziehen :


Obersatz: „Als förmlicher außergerichtlicher Rechtsbehelf ist der Widerspruch erfolgreich, wenn er zulässig und begründet ist.“

I. Zulässigkeit
1. Verwaltungsrechtsweg, § 40 VwGO analog
2. Statthaftigkeit des Widerspruchs, § 68 VwGO
a. Anfechtungswiderspruch, § 68 I VwGO
b. Verpflichtungswiderspruch, § 68 II VwGO
c. Statthaftigkeit in sonstigen gesetzlich angeordneten Fällen
d. Ausnahmen von der Statthaftigkeit
aa. Gesetzliche Bestimmungen, § 68 I S. 2, 1. Alt. VwGO
  1. § 74 I S. 2 VwVfG i.V.m. § 70 VwVfG
  2. § 75 S. 1, 1.Alt. VwGO
  3. Die Erlaßbehörde des Ausgangsverwaltungsakts ist eine oberste Bundes- oder Landesbehörde, § 68 I S. 2, 2. Alt. Nr. 1 VwGO
  4. Erstmalige Beschwer durch den Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, § 68 I S. 2, 2. Alt. Nr. 2 VwGO
bb. Ungeregelte Fälle der Entbehrlichkeit
3. Widerspruchsbefugnis, § 42 II VwGO analog
4. Form- und Fristerfordernisse, §§ 70 ff. VwGO
a. Form und notwendiger Inhalt
b. Fristberechnung
c. Bekanntgabe
d. Fehlende oder unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung
e. Zustellung eines Verwaltungsaktes
f. Mangelhafte Bezeichnung des Adressaten
5. Beteiligungs- und Handlungsfähigkeit, § 79 i.V.m. §§ 11, 12 VwVfG
6. Widerspruchsinteresse (Rechtsschutzbedürfnis)
II. Begründetheit


„Der Widerspruch ist begründet, wenn der ... (Verwaltungsakt) rechtswidrig ist und den ... (Widerspruchsführer) dadurch in seinen Rechten verletzt bzw. wenn der ... (Verwaltungsakt) unzweckmäßig ist und den ... (Widerspruchsführer) dadurch in seinen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt, §§ 68 ff. i.V.m. 113 I S. 1 VwGO analog.“[4]


1. Rechtsgrundlage / Anspruchsgrundlage
2. Formelle Rechtmäßigkeit
3. Materielle Rechtmäßigkeit
4. Maßgeblicher Zeitpunkt
5. Rechtsverletzung beim Widerspruchsführer
6. Prüfungsmaßstab Zweckmäßigkeit
7. Unbeachtlichkeitsregelung des § 46 VwVfG

3. Die Anfechtungsklage

Wird der Widerspruch zurückgewiesen – oder war die Durchführung des Widerspruchsverfahrens entbehrlich bzw. unstatthaft – kann der Betroffene binnen Monatsfrist (bei fehlender Rechtsbehelfsbelehrung binnen Jahresfrist, vgl. § 74, 58 VwGO) Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht erheben. Im Gegensatz zur Widerspruchsbehörde darf das Verwaltungsgericht lediglich die Rechtmäßigkeit, nicht auch die Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts überprüfen. Kommt es zu dem Ergebnis, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, so hebt es diesen auf, § 113 I S. 1 VwGO.
Die Sachentscheidungsvoraussetzungen und die Voraussetzungen für die Durchführung des Gerichtsverfahrens sind in der VwGO geregelt. Auf Einzelheiten kann im Rahmen dieser Darstellung nicht eingegangen werden. Insoweit sei auf die ausführlichen Erläuterungen bei Schmidt/Seidel, VerwProzR, S. 5 ff. verwiesen. Zur besseren Orientierung soll jedoch ein Aufbauschema für die Sachentscheidungsvoraussetzungen und die Begründetheit vorgestellt werden: Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich – wenn nicht anderes angegeben – auf die vorliegende Bearbeitung.


A. Sachentscheidungsvoraussetzungen
  1. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 I VwGO
  2. Statthaftigkeit der Klageart (zulässige Verfahrensart)
  3. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen der Anfechtungsklage

  1. Klagebefugnis, § 42 II VwGO
  2. Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO
  3. Klagefrist, § 74 VwGO
  4. Klagegegner, § 78 VwGO[5]

  1. Allgemeine, für alle Klage- und Verfahrensarten gleichermaßen zu prüfenden Sachentscheidungsvoraussetzungen.

  1. Beteiligungsfähigkeit, § 61 VwGO
  2. Prozeßfähigkeit, § 62 VwGO
  3. Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung, §§ 81, 82 VwGO
  4. Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts, §§ 45, 52 VwGO
  5. Fehlen einer anderen Rechtshängigkeit, § 17 GVG, und einer rechtskräftigen Entscheidung in derselben Sache, § 121 VwGO
  6. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

B. Begründetheit

  1. Rechtsgrundlage für den Erlaß eines Verwaltungsaktes
  2. Formelle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes
1. Zuständigkeit der handelnden Behörde
2. Ordnungsgemäßes Verfahren
3. Einhaltung der Formvorschriften
III. Materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes
1. Rechtmäßigkeit der Rechtsgrundlage
a. Vereinbarkeit des Gesetzes mit Europäischem Gemeinschaftsrecht (VerwProzR S. 103)
b. Vereinbarkeit des Gesetzes mit nationalem Verfassungsrecht
aa. Vereinbarkeit mit Grundrechten
bb. Einhaltung der Bestimmtheitstrias des Art. 80 I S. 2 GG bei
Zwischenschaltung von Rechtsverordnungen
2. Vereinbarkeit des Verwaltungsaktes mit der Rechtsgrundlage
a. Unbestimmte Rechtsbegriffe
b. Beurteilungsspielräume
c. Planerische Abwägungsentscheidungen
3. Ermessen
4. Kein Verstoß gegen sonstiges Recht


IV. Maßgeblicher Zeitpunkt
1. Noch nicht vollzogener Verwaltungsakt
2. Dauerverwaltungsakte
3. Nachschieben von Gründen
V. Rechtsverletzung beim Kläger


VI. Die Nichtigkeit von Verwaltungsakten

1. Nichtigkeitsgründe

Nach der Legaldefinition des § 44 I VwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist (sog. Evidenztheorie). Maßstab für die Beurteilung der Nichtigkeit ist die Betrachtung eines aufmerksamen und verständigen Durchschnittsmenschen. Da durchaus Zweifel bestehen können, ob ein Verwaltungsakt im konkreten Fall an einem zur Nichtigkeit führenden Fehler leidet, nennt § 44 II VwVfG einige Rechtsverstöße, die stets zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts führen (absolute Nichtigkeitsgründe) und § 44 III VwVfG einige Rechtsverstöße, die nie die Nichtigkeit auslösen.

Ein absoluter Nichtigkeitsgrund liegt demnach vor, wenn der Verwaltungsakt

  • schriftlich erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen läßt.

Der Grund für diesen absoluten Nichtigkeitsgrund liegt darin, daß der betroffene Bürger nicht weiß, von welcher Behörde der Verwaltungsakt stammt und ihn daher auch nicht anfechten kann

  • nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt.

So ist dem zum Beamten ernannten Bewerber die Ernennungsurkunde auszuhändigen. Fehlt die Aushändigung dieser Urkunde, so ist die Ernennung nichtig (§ 6 II S. 1-3 BBG, § 5 II, III BRRG). Entsprechendes gilt für die Einbürgerung eines Ausländers (§ 16 I StAG).

  • von einer örtlich unzuständigen Behörde (vgl. § 3 I Nr. 1 VwVfG) erlassen worden ist, und keine anderweitige Ermächtigung vorliegt.

So ist eine Baugenehmigung, die von einer Gemeinde erteilt wird, wegen Verstoßes gegen die örtliche Zuständigkeit nichtig, wenn sie ein Bauvorhaben betrifft, das sich auf einem Grundstück der Nachbargemeinde befindet.

  • aus tatsächlichen Gründen von niemandem ausgeführt werden kann.

So kann eine Bauabrißverfügung, die ein bereits abgerissenes Bauwerk betrifft, von niemandem ausgeführt werden.

  • die Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verlangt.

So führt das Befolgen der Aufforderung eines Verkehrspolizisten, entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung zu fahren, zum Tatbestand des § 49 I Nr. 1 i.V.m. § 1 II StVO (= Ordnungswidrigkeit).

  • gegen die guten Sitten verstößt.

So ist die Erlaubnis zum Betreiben einer Live-Peep-Show nach der Rechtsprechung des BVerwG (E 84, 314) nichtig.

Für die Prüfung des § 44 VwVfG bietet sich folgendes Schema an:


  • Positivkatalog des § 44 II VwVfG
  • Negativkatalog des § 44 III VwVfG
  • Nur wenn diese Absätze keine Klärung bringen, werden die allgemeinen Voraussetzungen des § 44 I VwVfG geprüft:
a) Liegt ein Fehler vor?
b) Ist er schwerwiegend?
c) Ist er offensichtlich (d.h. auch für Laien erkennbar)?
= nur dann ist der Verwaltungsakt nichtig

Bei der Überprüfung im Rahmen des § 44 I VwVfG bietet sich die Vergleichsfalltechnik an: Der gefundene Fehler wird mit den in § 44 II und III aufgelisteten Fehlern verglichen und abgewogen, ob er die erforderliche Schwere aufweist. Wenn dies nicht angenommen werden kann, ist er schon nicht offensichtlich und die Schwere des Fehlers kann auch offengelassen werden.

2. Nichtigkeitsfeststellungsklage

Der nichtige Verwaltungsakt ist – wie bereits gesagt – unwirksam. Er entfaltet keinerlei Rechtswirkungen und braucht von niemandem beachtet zu werden. Die Behörde darf ihn nicht vollstrecken, der betroffene Bürger braucht ihn nicht anzufechten. Allerdings ist zu beachten, daß speziell im Fall des § 44 I VwVfG divergierende Auffassungen über die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts bestehen können. So muß ein Bürger, der entgegen der Behörde der Auffassung ist, daß der ihn belastende Verwaltungsakt nichtig ist, Nichtigkeitsfeststellungsklage beim Verwaltungsgericht erheben (vgl. § 43 I Alt. 2 VwGO). Die Nichtigkeitsfeststellungsklage hat aber zum einen den Nachteil, daß mit ihr keine aufschiebende Wirkung verbunden ist. Die Behörde kann also den nach ihrer Meinung rechtmäßigen Verwaltungsakt nach wie vor vollziehen bzw. vollstrecken. Einstweiligen Rechtsschutz bietet daher nur die Erhebung der Anfechtungsklage, die gem. § 80 I VwGO aufschiebende Wirkung entfaltet. Zum anderen ist bei der Nichtigkeitsfeststellungsklage – anders als bei der Anfechtungsklage – keine Frist einzuhalten. Erhebt nun ein Bürger nach Ablauf der Anfechtungsfrist eine Nichtigkeitsfeststellungsklage und kommt das Gericht zu dem Ergebnis, daß der Verwaltungsakt zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig ist, so ist der Verwaltungsakt zur (formellen) Bestandskraft erwachsen und unterliegt keiner Anfechtung mehr. Daher ist es zweckmäßig, daß der betroffene Bürger den Verwaltungsakt vorsorglich fristgemäß anficht.



[1] Zu den Fällen, in denen die Einlegung des Widerspruchs entbehrlich ist bzw. nicht statthaft ist, vgl. ausführlich Schmidt/Seidel, VerwProzR S. 57 ff..
[2] Insoweit ist es ungenau, von einem „Doppelcharakter“ des Widerspruchsverfahrens zu sprechen, denn nur seine Durchführung, nicht das Verfahren selbst, ist Sachentscheidungsvoraussetzung. In seiner Funktion als Sachentscheidungsvoraussetzung einer Klage wird der Widerspruch von Schmidt/Seidel, VerwProzR S. 54 ff., als Verwaltungsverfahren dort auf S. 334 ff. besprochen.
[3] Zur Erinnerung sei auf die Möglichkeit hingewiesen, daß wenn die Widerspruchsfrist verstrichen ist und auch keine Fiktion greift, die Klausur nach der hier vertretenen Auffassung nicht etwa in Form eines Hilfsgutachtens fortzuführen, sondern die Eingabe des Bürgers als Fachaufsichtsbeschwerde zu prüfen ist. Auf die Begründetheitsprüfung hat diese Einordnung freilich keine Auswirkungen. Zu beachten ist aber, daß diese Konstellation von derjenigen zu unterscheiden ist, bei der die Behörde trotz verfristet eingelegtem Widerspruch eine Sachentscheidung herbeiführt. Vgl. dazu Schmidt/Seidel, VerwProzR S. 70.
[4] Für den Verpflichtungswiderspruch gilt mit den entsprechenden Änderungen dasselbe.
[5] Nach der hier vertretenen Auffassung wird § 78 VwGO als Prüfungspunkt „Klagegegner“ im Rahmen der Sachentscheidungsvoraussetzungen behandelt. Die Gegenauffassung prüft § 78 VwGO als „Passivlegitimation“ bei der Begründetheit. Vgl. dazu im einzelnen die Ausführungen im Verwaltungsprozeßrecht auf S. 76 f.

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