Überblick:
- Entstehung einer offenen
Handelsgesellschaft (oHG)
- Das
Innenverhältnis
- Das
Außenverhältnis
- Beendigung der
Gesellschaft
I. Entstehung einer offenen Handelsgesellschaft (oHG)
1. Begriff, Rechtsnatur, Abgrenzung zur BGB-Gesellschaft
- Die oHG ist nach §§105 Abs.1 HGB eine
Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter
gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist und bei der bei keinem der Gesellschafter
die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist.
Voraussetzung für das Vorliegen einer oHG sind
demnach:
- Bestehen einer
BGB-Gesellschaft (Vertrag, Zweck, Beitrag,
Zweckförderungspflicht)
- Betrieb eines
(Handels-)Gewerbes nach §§1 Abs.2 HGB oder Eintragung in das
Handelsregister nach §§2 HGB oder (ausnahmsweise) Verwaltung eigenen
Vermögens (vgl. §§105 Abs.2 HGB)
- Keine
Haftungsbeschränkung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern
(ansonsten liegt eine KG vor)
Wie die
BGB-Gesellschaft so entsteht also auch die oHG durch Abschluß eines
Gesellschaftsvertrages. Der entscheidende Unterschied zur BGB-Gesellschaft, aus
dem sich die abweichenden Einzelregelungen erklären lassen, liegt in dem
von den Gesellschaftern einer oHG verfolgten gemeinsamen Zweck. Gegenstand einer
oHG ist der Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma. Die
Form der Firma richtet sich nach den §§§17 ff.
HGB.
- Eine BGB-Gesellschaft verwandelt sich automatisch in eine
oHG, sobald ein kaufmännischer Gewerbebetrieb erforderlich ist (eine
Eintragung in das Handelsregister ist dabei nicht erforderlich, da diese nur
deklaratorisch wirkt). Ebenso verwandelt sich eine oHG automatisch in eine
BGB-Gesellschaft, wenn kein kaufmännischer Gewerbebetrieb mehr erforderlich
ist. Diese Folge tritt auch dann ein, wenn die Eintragung im Handelsregister
nicht geändert wird. Redliche Dritte werden gegenüber dieser
Veränderung aber durch §§15 Abs. 1 HGB geschützt; evtl.
haftet die BGB-Gesellschaft auch aus Rechtsscheinsgrundsätzen nach dem
oHG-Recht.
- Da die oHG eine Sonderform der GbR ist, kann
subsidiär auf die Regelungen der GbR zurückgegriffen werden, wenn in
den §§§105-160§HGB nichts abweichendes bestimmt ist
(§§105 Abs.3 HGB).
2. Zeitpunkt der Entstehung
Bei der Errichtung einer oHG spielen drei Vorgängen
eine Rolle: (1) der Abschluß des Gesellschaftsvertrages, (2) die
Eintragung ins Handelsregister und (3) der Beginn der Geschäfte nach
außen. Zu unterscheiden ist also das Innenverhältnis und das
Außenverhältnis.
- Im Innenverhältnis ist für die Beziehungen der
Gesellschafter zueinander in erster Linie der Gesellschaftsvertrag
maßgeblich (§§109 HGB). die Vorschriften der
§§§110 - 122 HGB finden nur insoweit Anwendung, als nicht durch
den Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist. Maßgeblich für den
Beginn ist nur der Parteiwille, wie er im Gesellschaftsvertrag zum Ausdruck
kommt. Die Eintragung in das Handelsregister und der Beginn der Geschäfte
sind nicht erforderlich.
- Im Außenverhältnis genügt der
Gesellschaftsvertrag nicht ; es muß eine Kundgebung nach außen
hinzutreten. Dies kann in doppelter Weise geschehen.
- Die Wirksamkeit der offenen
Handelsgesellschaft tritt im Verhältnis zu Dritten mit dem Zeitpunkt ein,
in welchem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird
(§§123 Abs.1).
- Beginnt die Gesellschaft ihre
Geschäfte schon vor der Eintragung, so tritt die Wirksamkeit mit dem
Zeitpunkt des Geschäftsbeginns ein (§§123 Abs.2). Voraussetzung
dafür ist, daß es sich um ein Handelsgewerbe iSv. §§1 Abs.2
HGB handelt und daß mit Einverständnis aller Gesellschafter die
Geschäfte im Namen der Gesellschaft getätigt
werden.
Vor Eintragung ins
Handelsregister besteht aber bereits eine GbR, für die primär deren
Regelungen im Außenverhältnis greifen. Allerdings können die
Gesellschafter nach den Regeln über die Scheingesellschaft bereits wie bei
der oHG haftbar sein, wenn sie den Rechtsschein einer wirksamen oHG zurechenbar
erzeugt haben (s.o.).
3. Die fehlerhafte Gesellschaft
Wie bei der BGB-Gesellschaft sind auch bei einer oHG die
allgemeinen Grundsätze über fehlerhafte Personengesellschaften nicht
nur bei fehlerhaftem Abschluß des Gründungsvertrages sondern auch
beim fehlerhaften Beitritt zu einer fehlerfreien Gesellschaft und bei einer
fehlerhaften Anteilsübertragung anzuwenden. Jedoch sind auch hier
verschiedene Zeitpunkte zu unterscheiden.
- Vor Invollzugsetzung der Gesellschaft ist eine
Rückabwicklung nach den allgemeinen Vorschriften ohne Probleme
möglich, da es nur um die (schuldrechtlichen) Beziehungen der
Gesellschafter untereinander (also das Innenverhältnis) geht. Liegt also
ein Mangel vor, so kann sich jeder Gesellschafter ex tunc von der Gesellschaft
lösen.
- Problematisch ist die Lage jedoch nach Invollzugsetzung
(d.h. mindestens Leistung der Einlagen) der Gesellschaft. Nach einer m.M. in der
Literatur ist dann keine Rückabwicklung mehr möglich, es sei denn,
daß ein wichtiger Grund (vgl. §§133 HGB) vorliegt. Dagegen
läßt auch hier die h.M. eine Auflösung nach den Regeln über
die fehlerhafte Gesellschaft (siehe dort) grundsätzlich zu, aber nur mit
Wirkung ex nunc. Sie schränkt dies aber insoweit ein, als das die
Geltendmachung des Mangels nur durch (rechtsgestaltende) Auflösungsklage
entsprechend §§133 HGB möglich ist. Bis zur Rechtskraft des
Auflösungsurteils ist die fehlerhafte oHG grundsätzlich als bestehend
zu behandeln; die gesetzlichen Bestimmungen finden auch im
Außenverhältnis Anwendung (z.B. Haftung nach §§130 HGB auch
für Altverbindlichkeiten aus der Zeit vor dem fehlerhaften
Beitritt).
- Nach ständiger Rspr. des BGH ist die Anwendung der
Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft ausgeschlossen, wenn gewichtige
Interessen der Allgemeinheit oder einzelner Personen einer rechtlichen
Anerkennung des tatsächlich geschaffenen Zustandes entgegenstehen (z.B.
Minderjeährigenschutz, arglistige Täuschung, Gesetzes- oder
Sittenwidrigkeit).
4. Gesellschafterwechsel
- Aufnahme und Ausscheiden von
Gesellschaftern
Nach dem gesetzlichen
Leitbild ist bei der oHG (wie bei der GbR) keine Aufnahme neuer Gesellschafter
und kein Ausscheiden alter Gesellschafter vorgesehen. Grundsätzlich ist
daher ein einseitiges Ausscheiden eines Gesellschafters oder ein Beitritt neuer
Gesellschafter nicht möglich. Die Gesellschafter können einen
Gesellschafterwechsel jedoch dadurch bewirken, indem sie einen
Außenstehenden in die Gesellschaft aufnehmen und dazu den
Gesellschaftsvertrag einverständlich auf ihn erstrecken. Die Gesellschafter
können auch das Ausscheiden eines Gesellschafters vertraglich
vereinbaren.
- Gesetzliches Ausscheiden von
Gesellschaftern
Nach §§131
Abs.3 HGB führen folgende Gründe zum Ausscheiden eines
Gesellschafters:
- Tod des
Gesellschafters,
- Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters,
- Kündigung des
Gesellschafters (§§132 HGB),
- Kündigung durch den
Privatgläubiger des Gesellschafters (§§135 HGB),
- Eintritt von weiteren im
Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Fällen,
- Beschluß der
Gesellschafter, wobei die Zustimmung des auszuschließenden Gesellschafters
oder ein einstimmiger Beschluß des Gesellschafter erforderlich ist (evtl.
Mehrheitsbeschluß, sofern dies im Gesellschaftsvertrag festgelegt wurde
und ein wichtiger Grund vorliegt).
- Ausschluß von
Gesellschaftern
Nach den §§140
HGB scheidet ein Gesellschafter durch gerichtliche Entscheidung aus der oHG aus,
wenn in seiner Person ein wichtiger Grund gegeben ist, der zur Auflösung
der Gesellschaft nach §§133 HGB berechtigt, sofern die übrigen
Gesellschafter einen entsprechenden Antrag stellen.
- Fortsetzung mit den
Erben
Eine besondere Regelung besteht
für den Fall, daß der Gesellschaftsvertrag beim Tod eines
Gesellschafters die Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben vorsieht
(§§139 HGB). Da die Pflicht der Gesellschafter zur
Geschäftsführung und die persönliche Haftung für die
Verbindlichkeiten der Gesellschaft für die Erben des Gesellschafters im
Einzelfall unzweckmäßig sein kann, gibt das Gesetz den Erben ein
Wahlrecht. Sie können entweder als persönlich haftende Gesellschafter
die Gesellschaft fortsetzen. Sie können aber nach §§139 Abs.1 HGB
auch verlangen, daß ihnen statt dessen die Stellung eines Kommanditisten
eingeräumt wird. Entsprechen die übrigen Gesellschafter diesem
Verlangen nicht, wozu sie nicht verpflichtet sind, dann können die
betroffenen Erben ihr fristloses Ausscheiden aus der Gesellschaft erklären
(§§139 Abs.2 HGB).
- Rechtsfolgen bei
Ausscheiden
Die Rechtsfolgen des
Ausscheidens richten sich bei allen Personengesellschaften grundsätzlich
nach §§738 BGB (vgl. oben bei GbR).
II. Das Innenverhältnis
1. Sozialansprüche und Sozialverbindlichkeiten
Wie bei der BGB-Gesellschaft bestehen im Verhältnis
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter Sozialansprüche und
Sozialverbindlichkeiten Die wichtigsten Sozialverbindlichkeiten sind
Aufwendungsersatzanspruch und Verlustausgleich (§§§110 HGB, 670
S.1§BGB), Gewinnanteile (§§§120 ff. BGB), Informations- und
Kontrollrecht (§§118 HGB), Anspruch auf das
Auseinandersetzungsguthaben.
2. Treuepflicht, Wettbewerbsverbot
- Treuepflicht
Die
Rechtsstellung der oHG-Gesellschafter wird durch ihre besondere
gesellschaftsrechtliche Treuepflicht geprägt. Mit ihrer Hilfe
läßt sich im Zweifel auch der Umfang der Pflichten zur
Geschäftsführung einzelner Gesellschafter bestimmen. Ein
geschäftsführender Gesellschafter muß in allen Angelegenheiten
den Interessen der Gesellschaft und nicht seinen eigenen Interessen oder den
Interessen Dritter den Vorrang einräumen.
- Wettbewerbsverbot
Während
sich das Wettbewerbsverbot für die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft
nur als Ausprägung ihrer allgemeinen Treuepflicht ergibt, enthält das
HGB für die oHG eine besondere Regelung in den §§§112 und
113 HGB. Als Grundsatz verbietet §§112 Abs.1 HGB, daß ein
Gesellschafter selbständig im Handelszweig der Gesellschaft Geschäfte
tätigt oder sich an einer gleichartigen Handelsgesellschaft als
persönlich haftender Gesellschafter beteiligt. Die Mitgesellschafter
können allerdings einer solchen Tätigkeit zustimmen. Wird dieses
Wettbewerbsverbot verletzt, so besteht für die Gesellschaft ein Wahlrecht.
Die Gesellschaft kann nach §§113 Abs.1 Hs.1 HGB Schadensersatz
verlangen oder die eingegangenen Geschäfte als für ihre Rechnung
gemacht ansehen und die Herausgabe des durch die Geschäfte erzielten
wirtschaftlichen Ergebnisses verlangen (§§113 Abs.1 Hs.2 HGB).
Weiterhin kann die Gesellschaft von dem betroffenen Gesellschafter Unterlassung
des Wettbewerbs verlangen. Jeder einzelne Gesellschafter kann den
Unterlassungsanspruch im Wege der actio pro socio geltend machen.
Schließlich können die übrigen Gesellschafter die vorzeitige
Auflösung der Gesellschaft nach §§133 HGB oder die
Ausschließung des betroffenen Gesellschafters nach §§140 HGB
verlangen, wenn in dem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht ein wichtiger
Grund liegt.
3. Geschäftsführungsbefugnis (§§§114 ff. HGB)
- Geschäftsführungsbefugnis
(§§§114, 115 HGB)
Zur
Führung der Geschäfte sind bei der oHG nach §§114 Abs.1 HGB
alle Gesellschafter berechtigt und verpflichtet. Im Unterschied zur
BGB-Gesellschaft steht die Geschäftsführung nach §§115 Abs.1
HGB aber jedem Gesellschafter allein zu (sog. Einzelgeschäftsführung);
widerspricht jedoch ein anderer geschäftsführender Gesellschafter der
Vornahme einer Handlung, so muß diese unterbleiben. Im
Gesellschaftsvertrag kann auch bestimmt werden, daß die übrigen
Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind
(§§114 Abs.2 HGB) oder daß die Gesellschafter, denen die
Geschäftsführung zusteht, nur zusammen handeln können
(§§115 Abs.2 HGB, Gesamtgeschäftsführung). Eine Ausnahme
besteht nach §§115 Abs.2 Hs.2 HGB bei Gefahr im Verzug: Kann die
Zustimmung tatsächlich nicht eingeholt werden, so kann der
geschäftsführungsbefugte Gesellschafter auch allein
handeln.
Strittig ist die Frage, ob ein nicht an der
Geschäftsführung Beteiligter ein Notgeschäftsführung analog
§§744 Abs.2 BGB zusteht. Die h.M. bejaht dies, wenn die
geschäftsführenden Gesellschafter nicht handlungsfähig oder
handlungswillig sind und wenn das Handeln zur Erhaltung der Gesellschaft
erforderlich ist. In Frage kommt dann aber nur ein Handeln in eigenem
Namen.
- Umfang der Geschäftsführungsbefugnis
(§§116 HGB)
Im Gegensatz zum
BGB enthält §§116 Abs.1 HGB eine Regelung über den Umfang
der Geschäftsführungsbefugnis. Sie erstreckt sich auf alle Handlungen,
die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich
bringt. Sollen darüber hinausgehende Handlungen vorgenommen werden, ist ein
Beschluß sämtlicher Gesellschafter erforderlich (§§116
Abs.2 HGB). Dazu gehören auch die von der Geschäftsführung
ausgeschlossenen Gesellschafter. Der Gesellschaftsvertrag kann von diesen
Bestimmungen über den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis
abweichen. Für die Bestellung eines Prokuristen gilt der Grundsatz der
Gesamtgeschäftsführung. Dafür ist die Zustimmung aller
geschäftsführenden Gesellschafter erforderlich (§§116 Abs.3
S.1 HGB). Den Widerruf der Bestellung kann dagegen jeder einzelne der
berechtigten Gesellschafter wirksam erklären (§§116 Abs.3 S.2
HGB). Diese Sonderregelungen über die Bestellung von Prokuristen gelten
allerdings nur im Innenverhältnis. Die Wirksamkeit der Bestellung zum
Prokuristen im Außenverhältnis hängt allein von der
Vertretungsmacht ab.
- Überschreitung der
Geschäftsführungsbefugnis
Überschreitet
ein Geschäftsführer seine Geschäftsführungsbefugnis, oder
unterläßt er eine Geschäftsführungsmaßnahme, obwohl
er als Geschäftsführer zu ihrer Vornahme verpflichtet gewesen
wäre, so macht er sich der Gesellschaft gegenüber aus pVV
schadensersatzpflichtig, wenn der Pflichtverstoß schuldhaft geschah
(§§708 BGB). Im Falle grober Pflichtverletzungen kann ihm nach
§§117§HGB die Geschäftsführungsbefugnis entzogen
werden.
- Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis
(§§117 HGB)
Anders als bei der
BGB-Gesellschaft (§§712 Abs.1 BGB) ist bei der oHG eine Entziehung der
Geschäftsführungsbefugnis durch Beschluß der übrigen
Gesellschafter nicht möglich. Stattdessen kann die
Geschäftsführungsbefugnis einem Gesellschafter auf Antrag der
übrigen durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden, wenn ein wichtiger
Grund vorliegt (§§117 HGB). Das ist nicht nur möglich, wenn dem
Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis durch
Gesellschaftsvertrag übertragen worden ist, sondern auch bei der sich aus
dem Gesetz ergebenden Geschäftsführungsbefugnis (§§114 Abs.
1 HGB). Der Gesellschaftsvertrag kann von dieser Regelung
abweichen.
4. Gesellschafterbeschlüsse
- Gesetzliche Regelung (§§119
HGB)
Von der Geschäftsführung
sind die Maßnahmen der Gesellschafter zu unterscheiden, welche die
Grundlagen der Gesellschaft betreffen. Derartige Maßnahmen bedürfen
eines Beschlusses, dem alle Gesellschafter zustimmen (§§119 Abs.1
HGB). Dieses Stimmrecht des Gesellschafters einer oHG kann durch den
Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden. Eine Beschlußfassung ist
etwa erforderlich für Änderungen des Gesellschaftsvertrages, Aufnahme
eines neuen Gesellschafters, vertraglichen Austritt eines Gesellschafters,
vorzeitige Auflösung der Gesellschaft, Antrag auf gerichtliche Entscheidung
zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und der Vertretungsmacht
(§§§117, 127 HGB), Antrag auf Ausschließung eines
Gesellschafters (§§140 HGB). Der Gesellschaftsvertrag kann für
alle Beschlüsse dieser Art oder für einige von ihnen
Mehrheitsentscheidungen vorsehen. Nach §§119 Abs. 2 HGB ist die
Mehrheit nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen, sofern keine
Kapitalmehrheit vereinbart ist.
- Kernbereichstheorie und
Bestimmtheitsgrundsatz
Wenn nach dem
Gesellschaftsvertrag vom gesetzlichen Einstimmigkeitsprinzip abgewichen worden
ist und Mehrheitsentscheidungen getroffen werden können, so ist die
Mehrheit allerdings nicht legitimiert, auch in den Kernbereich der
Mitgliedschaft und damit in grundsätzlich unentziehbaren Rechte
einzugreifen (Kernbereichstheorie); der Umfang dieses Kernbereiches ist
allerdings noch nicht geklärt. Ein Eingriff ist nur dann möglich, wenn
der Gegenstand des Beschlusses (d.h. Ausmaß und Umfang der
Beschränkung) aus dem Gesellschaftsvertrag hinreichend genau hervorgeht
(sog. Bestimmtheitsgrundsatz). Das Fehlen eines an sich erforderlichen
Beschlusses der Gesellschafterversammlung führt aber nicht notwendig zur
Unwirksamkeit der dennoch ergriffenen Maßnahmen im
Außenverhältnis.
- Inhaltliche Bindung des Stimmrechts durch die
gesellschaftliche Treuepflicht
Durch den
Gesellschaftsvertrag ist jeder Gesellschafter verpflichtet, den
Gesellschaftszweck zu fördern und alles zu unterlassen, was dem
Gesellschaftszweck zuwiderläuft (gesellschaftliche Treuepflicht). Danach
ist jeder Gesellschafter gehalten, bei Gesellschafterbeschlüssen so
abzustimmen, wie es dem Interesse der Gesellschaft entspricht; eigene Interessen
hat er zurückzustellen. Stimmt ein Gesellschafter in
Geschäftsführungsangelegenheiten schuldhaft (nach §§708 BGB)
gegen Interessen der Gesellschaft, so ist seine Stimme unbeachtlich (da die
übrigen Gesellschafter im Ergebnis einen Anspruch auf Schadensersatz nach
§§249 BGB haben). In Grundlagengeschäften (z.B. Ausschluß
eines Gesellschafters) kann die Zustimmung jedoch auch von persönlichen
Verhältnissen bzw. eigenen Interessen abhängen, d.h. die
Zustimmungspflicht ist nicht unbedingt zwingend wegen der Treuepflicht
gegeben.
III. Das Außenverhältnis
1. Vertretungsmacht (§§§125 ff. HGB)
Die Vertretungmacht ist zu unterscheiden von der
Geschäftsführung der Gesellschafter (§§§114 ff. HGB).
Aus der Vertretungsmacht ergibt sich die Wirkung von Willenserklärungen
beim Abschluß von Rechtsgeschäften und bei der Entgegennahme von
Erklärungen für die Gesellschaft. Nur Erklärungen eines
Gesellschafters, die er im Rahmen seiner Vertretungsmacht abgegeben hat,
können eine Verpflichtung der Gesellschaft und der Mitgesellschafter
begründen.
- gesetzliche Regelung (§§125
HGB)
Das HGB sieht in §§125
drei verschiedene Möglichkeiten vor, die Gesellschaft nach außen zu
vertreten:
- Zur Vertretung der
Gesellschaft ist nach §§125 Abs.1 HGB jeder Gesellschafter
ermächtigt, wenn er nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung
ausgeschlossen ist (Grundsatz der Einzelvertretung).
- Im Gesellschaftsvertrag kann
bestimmt werden, daß alle oder mehrere Gesellschafter nur in Gemeinschaft
zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt sein sollen (Gesamtvertretung,
§§125 Abs.2 HGB). Die zur Gesamtvertretung berechtigten Gesellschafter
können einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder
bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen (unzulässig ist
jedoch eine Generalermächtigung, da sie der Regelung im
Gesellschaftsvertrag widersprechen würde). Durch diese Ermächtigung
wird nach h.M. dem ermächtigten Gesellschafter keine Untervollmacht
erteilt; vielmehr wird nur eine Beschränkung seiner ursprünglich
unbeschränkten organschaftlichen Vertretungsmacht aufgehoben. Ist der
Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, so genügt
die Abgabe gegenüber einem der zur Mitwirkung bei der Vertretung befugten
Gesellschafter.
- Im Gesellschaftsvertrag kann
bestimmt werden, daß die Gesellschafter nur in Gemeinschaft mit einem
Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt sein sollen (sog.
unechte oder gemischte Gesamtvertretung). Diese Gestaltung findet ihre Grenze
aber im Grundsatz der Selbstorganschaft, wonach die Gesellschaft stets ohne die
Mitwirkung Dritter handlungsfähig bleiben muß. Neben unechter
Gesamtvertretung muß also stets noch ein weiterer Gesellschafter entweder
alleinvertretungsberechtigt sein, oder es muß zusätzlich echte
Gesamtvertretung der Gesellschafter vereinbart
sein.
Jede vereinbarte Abweichung von
der gesetzlich vorgesehenen Einzelvertretung ist von sämtlichen
Gesellschaftern zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden
(§§125 Abs.4 HGB). Wird die Anmeldung unterlassen, so sind Dritte nach
den Regelungen des §§15 HGB geschützt. Insbesondere kann sich die
Gesellschaft einem redlichen Dritten gegenüber nicht darauf berufen,
daß ein Gesellschafter nicht allein zur Vertretung befugt gewesen sei,
wenn eine entsprechende Eintragung im Handelsregister fehlt (§§15
Abs.1 HGB).
- Umfang der Vertretungsmacht (§§126
HGB)
Die Vertretungsmacht der
Gesellschafter ist grundsätzlich unbeschränkt; eine Beschränkung
des Umfangs ist Dritten gegenüber unwirksam (§§126 Abs.2 Hs.1
HGB). Die Vertretungsmacht erstreckt sich auf alle gerichtlichen und
außergerichtlichen Geschäfte und Rechtshandlungen
einschließlich der Veräußerung und Belastung von
Grundstücken sowie der Erteilung und des Widerrufs einer Prokura. Dies gilt
nach §§126 Abs.2 Hs.2 HGB grundsätzlich unabhängig vom
Umfang oder dem Bestehen der Geschäftsführungsbefugnis, d.h. auch ein
Gesellschafter, der wirksam von der Geschäftsführung ausgeschlossen
wurde, kann die oHG wirksam unbeschränkt verpflichten (anders als bei der
GbR, vgl. §§714 BGB). Eine Einschränkung der Vertretungsmacht
ergibt sich nur aus §§181 BGB und bei
Mißbrauch.
- Entzug der Vertretungsmacht (§§127
HGB)
Ebensowenig wie die
Geschäftsführungsbefugnis kann die Vertretungsmacht einem
Gesellschafter durch Beschluß der übrigen entzogen werden (anders als
bei der BGB-Gesellschaft, vgl. §§715 BGB); erforderlich ist ein Antrag
der übrigen Gesellschafter und ein wichtiger Grund (insbesondere grobe
Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen
Vertretung der Gesellschaft). Diese Entziehung ist nur durch gerichtliche
Entscheidung möglich. Der Gesellschaftsvertrag kann von der gesetzlichen
Regelung über die Entziehung der Vertretungsmacht abweichen. Insbesondere
kann er auch eine Entziehung der Vertretungsmacht durch Beschluß der
Gesellschafter vorsehen und damit im Ergebnis die Regelung des §§715
BGB praktizieren. Dritte werden durch die Bestimmungen über die Eintragung
im Handelsregister (§§15 Abs.1 HGB) geschützt.
2. Haftung für Verbindlichkeiten (§§§124, 128 ff. HGB)
- Ansprüche Dritter gegen die oHG (§§124
HGB)
Die oHG kann unter ihrer Firma
Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche
Rechte erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden (§§124 Abs.1
HGB). Jedoch kann die oHG nicht selbst nach außen handeln; daher handeln
für sie im rechtsgeschäftlichen Bereich ihre vertretungsberechtigten
Gesellschafter. Hierbei wird der oHG nach §§166 BGB das Wissen der
jeweils handelnden Vertreter zugerechnet. Anders als bei der BGB-Gesellschaft
ist es also nicht erforderlich, daß beim Handeln für die Gesellschaft
gegenüber Dritten die Namen aller Gesellschafter genannt werden
müssen. Ungeachtet ihrer inzwischen auch vom Gesetzgeber ausdrücklich
anerkannten Rechtsfähigkeit ist sie aber nicht juristische Person. Die
Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten werden nicht nur der
Gesellschaft als einheitlichem Rechtssubjekt zugerechnet, sondern den
Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit.
Zur Zwangsvollstreckung gegen die oHG ist nach
§§124 Abs.2 HGB ein Titel gegen die Gesellschaft erforderlich. Ein
Titel gegen alle Gesellschafter wie bei der GbR nach §§736 ZPO
genügt also nicht, da die oHG ein eigenes Haftungssubjekt ist. Zwar haften
neben der oHG auch alle Gesellschafter persönlich, jedoch sind dies nach
der heute herrschenden Ansicht separate Ansprüche, die neben dem Anspruch
gegen die oHG bestehen.
- Ansprüche Dritter gegen die Gesellschafter
(§§128 HGB)
Für
Verbindlichkeiten, die von den Gesellschaftern unter der gemeinschaftlichen
Firma eingegangen worden sind, haften sie mit ihrem Gesellschaftsvermögen
(§§124 HGB, s.o.). Darüber hinaus haften sie nach §§128
HGB den Gesellschaftsgläubigern auch persönlich und zwar als
Gesamtschuldner (§§421 BGB). Anders als bei der GbR ist die
persönliche Haftung der Gesellschafter einer oHG für die
Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch unbeschränkbar und kann nach
§§128 S.2 HGB nicht vertraglich abbedungen werden. Nach der
Erfüllungstheorie ist der Gesellschafter zur vollen Erfüllung der
Verbindlichkeit ebenso wie die oHG verpflichtet, d.h. jede Gesellschafter haftet
unmittelbar, primär, unbeschränkt und aufs Ganze.
- Einwendungen der Gesellschafter (§§129
HGB)
Wird ein Gesellschafter wegen einer
Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so kann er Einwendungen
der Gesellschaft gegen die Forderung nur insoweit geltend machen, als sie von
der Gesellschaft erhoben werden können (d.h. ihr nich zustehen); eigene
Einwendungen kann er stets unbeschränkt geltend machen (§§129
Abs.1 HGB). Der Gesellschafter kann die Befriedigung des Gläubigers
verweigern, solange der Gesellschaft das Recht zusteht, das der Verbindlichkeit
zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten und mit einer fälligen
Forderung aufzurechnen (§§129 Abs.2 und 3 HGB). Diese Regelung ist
analog auf andere Gestaltungsrechte anwendbar (vgl. auch §§770 Abs.1
BGB). Bei der Aufrechnung kommt es aber nach allg.M. entgegen dem Wortlaut des
§§129 Abs.3 HGB (und trotz identischer Formulierung wie in
§§770 Abs.2 BGB) nur darauf an, ob die Gesellschaft aufrechnen
kann.
- Deliktische
Haftung
Begeht ein Gesellschafter in
Ausführung von Geschäftsführungsmaßnahmen oder
Vertretungshandlung für die Gesellschaft eine unerlaubte Handlung, so
haftet er dem Geschädigten persönlich. Für eine Haftung der
Gesellschaft und damit nach §§128 HGB auch der übrigen
Gesellschafter fehlt eine ausdrückliche Regelung. Nach ganz h.M. wird aber
auf die oHG §§31 BGB entsprechend angewandt. Die Gesellschaft haftet
also für unerlaubte Handlung, die ein zur Vertretung berufener oder ein
geschäftsführungsbefugter Gesellschafter im Rahmen seiner
Tätigkeit für die Gesellschaft begeht. Außerdem haftet die oHG
für Verletzung vertraglicher Pflichten durch die Geschäftsführer
und sonstige Erfüllungsgehilfen nach §§278BGB und nach
§§831§BGB für sonstige Personen (nicht Gesellschafter), die
sie als Verrichtungsgehilfen einsetzt.
- Haftung des eintretenden Gesellschafters (§§130
HGB)
Der neu aufgenommene Gesellschafter
einer oHG haftet nach §§130 Abs.1 HGB auch für die Altschulden
der Gesellschaft, die vor seinem Beitritt begründet wurden. Diese Haftung
kann Dritten gegenüber nicht ausgeschlossen werden (§§130 Abs.2
HGB). Allerdings wird von der ganz h.M. über den Wortlaut des
§§130 Abs.1 HGB hinaus verlangt, daß der Beitritt des neuen
Gesellschafters analog §§123 HGB nach außen wirksam geworden
ist.
- Nachhaftungsbegrenzung (§§§159, 160
HGB)
Die Ansprüche aus der
persönlichen Haftung eines Gesellschafters verjähren spätestens
in fünf Jahren seit seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft oder seit ihrer
Auflösung (§§§159, 160 HGB), wenn sie fällig geworden
und daraus Ansprüche gegen ihn geltend gemacht worden sind. Die Eintragung
des Ausscheidens eines Gesellschafters in das Handelsregister führt nach
fünf Jahren zum Erlöschen seiner Haftung für die vor seinem
Ausscheiden entstandenen Gesellschaftsverbindlichkeiten (§§160 Abs.1
S.2 HGB). Der Gläubiger einer oHG kann allerdings mit einem persönlich
haftenden Gesellschafter einen Bürgschaftsvertrag schließen, mit dem
er sich verpflichtet, für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft und ihrer
Mitgesellschafter auch als Bürge und damit auch über den Zeitraum von
fünf Jahren hinaus einzustehen.
3. Innenausgleich
Hat ein Gesellschafter einen Gläubiger nach
§§128 HGB befriedigt, so stehen ihm Ansprüche sowohl gegen die
Gesellschaft als auch gegen die Mitgesellschafter auf Ausgleich zu. Zu
unterscheiden sind hier zwei Zeitpunkte:
- Während Bestehens der Mitgliedschaft in der
Gesellschaft hat er einen Anspruch gegen die Gesellschaft aus §§110
HGB (nicht aus §§426 BGB, da zwischen den Gesellschaftern und der oHG
keine Gesamtschuld besteht; §§110 ist insofern „lex
specialis“) auf Aufwendungsersatz und Verlustausgleich. Subsidiär
stehen ihm auch Ansprüche gegen die Gesellschafter aus §§426
Abs.1 BGB zu (Beachte: zwischen den Gesellschaftern besteht eine Gesamtschuld),
aber nur sofern die Forderung durch das Gesellschaftsvermögen nicht
ausgeglichen werden kann.
- Nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft ist
§§110 HGB nach h.M. nicht anwendbar, da keine Gesellschafterstellung
besteht. Der BGH wendet in diesem Fall deshalb den Rechtsgedanken des
§§426 BGB an (obwohl keine Gesamtschuld besteht); in der Literatur
wird teilweise auch eine analoge Anwendung des §§738 BGB gefordert.
Auf alle Fälle stehen ihm auch nach dem Ausscheiden noch Ansprüche
gegen die Gesellschafter aus §§426 BGB
zu.
IV. Beendigung der Gesellschaft
Wie bei der BGB-Gesellschaft ist auch bei der oHG
zwischen ihrer Auflösung und ihrer Beendigung zu unterscheiden. Mit der
Auflösung wird sie in eine Liquidationsgesellschaft umgewandelt und es
findet das Liquidationsverfahren statt (§§§145 ff. HGB). Für
die Zwecke der Abwicklung besteht die oHG fort (§§156 HGB). Nach
Beendigung der Liquidation ist das Erlöschen der Firma von den Liquidatoren
zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§§157 Abs.1 HGB).
Erst dies führt zur Beendigung der Gesellschaft.
Die Auflösungsgründe sind in §§131
Abs.1 HGB geregelt:
- Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen
ist
- (einstimmiger) Beschluß der Gesellschafter (wenn im
Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorgesehen ist).
- Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das
Vermögen der Gesellschaft
- gerichtliche Entscheidung (§§133
HGB).
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