Überblick:
- Funktion und Abrenzung zum
Schuldrecht
- Objekte des
Sachenrechts
- Strukturprinzipien
- Insbesondere:
Abstraktionsprinzip
- Aufbau des
Sachenrechts
I. Funktion und Abrenzung zum Schuldrecht
Das Sachenrecht stellt die Regeln für die
Beherrschung der Sachgüter durch den Menschen zur Verfügung.
Während das Schuldrecht nur relative Beziehungen (Sonderbeziehungen)
regelt, richtet sich die Sachherrschaft gegen jedermann (absolute Ordnung oder
geschütze Rechtsordnung). Das Sachenrecht handelt aber nicht nur von der
Güterzuordnung in "Ruhelage", sondern auch von der Dynamik der
Güterverteilung, also insbesondere den Voraussetzungen der
Eigentumsänderung.
Daraus ergibt sich die Definition des Sachenrechts als
Regelung der besonderen Rechtsbeziehungen zwischen bestimmten Personen und
einzelnen Sache aus Sicht der Allgemeinheit. Im Gegensatz dazu regelt das
Schuldrecht Rechtsbeziehungen zwischen bestimmten Personen ais der Sicht der
Beteiligten. Aber auch im Sachenrecht werden bestimmte Beziehungen zwischen
einzelnen Personen geregelt (z.B. dingliche Anspruch aus § 985). Solche
dinglichen Ansprüche ähneln äußerlich dem Schuldrecht, da
auch sie gegen bestimmte Personen gerichtet sind. Jedoch ergeben sie sich erst
aus der Verletzung der dinglichen Rechtsposition. Sie können mit
gleichgerichteten schuldrechtlichen Ansprüchen zusammentreffen
(Anspruchskonkurrenz); z.B. hat nach Ablauf der Mietzeit der Vermieter (und
Eigentümer) des Hauses gegen den Mieter einen Herausgabeanspruch sowohl aus
§ 556 Abs.1 als auch aus § 985.
II. Objekte des Sachenrechts
1. Begriff der Sache (§§ 90 ff.)
Gegenstand des Sachenrechts sind nur Sachen, d.h.
körperliche Gegenstände (§ 90) sowie dingliche Rechte an anderen
Rechten (Bsp: Nießbrauch oder Pfandrecht an einer Forderung). Tiere sind
nach §§90a keine Sachen, werden aber wie solche behandelt. Auch
Grundstücke sind Sachen iSd. Sachenrechts. Grundstücke werden dabei
definiert als abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im
Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblattes als Grundstück geführt
wird.
Keine Sachen sind dagegen z.B. fließendes Wasser,
Luft (Allgemeingüter), elektrischer Strom (RG 86, 14), der menschliche
Körper, eine Langlaufloipe, Software eines Computers (im Gegensatz zur
Diskette). Hingegen ist der Aggregatszustand einer Sache ohne Belang. In jedem
Fall ist aber bei flüssigen und gasförmigen Stoffen eine
räumliche Abgrenzung (durch Behältnisse) erforderlich. Werden
Teilmengen vermischt, so verlieren sie ihre eigenständige Sachqualität
(§§ 948 Abs.1 iVm 947), an der Gesamtsache entsteht
anteilsmäßiges Miteigentum.
Bei Sachmehrheiten (z.B. Warenlager, Viehherden,
Briefmarkensammlungen) behält jede einzelne Sache ihre eigene
Sachqualität. So muß z.B. jede Briefmarke einer Sammlung für
sich alleine übereignet werden.
2. Bestandteile (§§ 93 ff.)
- Wesentliche Bestandteile (§
93)
Wesentliche Bestandteile einer Sache
sind nach §§93 solche Bestandteile, die nicht von der Hauptsache
getrennt werden können, ohne daß die beiden einzelnen Sachen danach
zerstört oder in seinem Wesen verändert werden. Ob einzelne Teile
„wesentlicher Bestandteil" einer Gesamtsache sind, läßt sich
faustregelhaft bestimmen, indem überprüft wird, ob der Wert der
getrennten Teile zusammen in etwa dem der Gesamtsache vor der Teilung entspricht
(dann keine wesentlichen Bestandteile). Diese wesentlichen Bestandteile
können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.
- Wesentliche Bestandteile eines Grundstücks (§
94)
Für den besonders wichtigen
Fall der Grundstücke bestimmt §§94, daß insbesondere
Gebäude sowie Erzeugnisse, solange sie mit dem Boden fest verbunden sind,
wesentliche Bestandteile sind. Zudem sind nach §§94 Abs.2 solche
Sachen wesentliche Bestandteile, die zwar nicht fest mit dem Grundstück
verbunden sind, die aber zur Herstellung des Gebäudes auf das
Grundstück gebracht wurden. Hierbei kommt es lediglich auf die
wirtschaftliche Zwecksetzung der Verbringung der Sachen an.
- Scheinbestandteile (§
95)
Scheinbestandteile einer Sache sind
Bestandteile eines Grundstücks, die zwar eigentlich wesentlich sind, die
aber nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden
sind, etwa weil der Mieter sie errichtet hat und bei seinem Auszug wieder
mitnehmen wird (vgl. §§547a). Das gleiche gilt nach §§95
Abs.2 für Scheinbestandteile eines Gebäudes. Diese Scheinbestandteile
sind rechtlich selbständig, können also selbständig
übereignet werden.
- Beispiele aus der Rechtsprechung
- Der serienmäßig
eingebaute Austauschmotor in einem Auto ist nach BGHZ 61, 80 kein wesentlicher
Bestandteil des Fahrzeugs. Grund: Trennt man den Motor vom Auto, so bleibt die
Summe der beiden Einzelwerte in etwa so groß wie der der verbundenen
Sache, da sie als Serienprodukte weiter in der bisherigen Art wirtschaftlich
genutzt werden können.
- Ob eine Baracke mit Grund und
Boden fest verbunden iSv. § 94 Abs.1 ist, ist für den konkreten Fall
nach der Verkehrsauffassung zu entscheiden. Dafür sprechen z.B.
Unterkellerung oder gemauerter Kamin (BGH JZ 78, 396), denn hier ist die
Trennung nur mit unverhältnismäßigem Aufwand oder unter
Beschädigung der mit dem Grundstück verbundenen Sache
möglich.
- M mietet von V ein
Grundstück und baut darauf eine nicht unterkellerte Baracke. K kauft das
Grundstück von V, kündigt dem M und verlangt nach Ablauf der
Kündigungsfrist von M die Räumung des Grundstückes. Nach Ansicht
des BGH (BGHZ 92, 70) ist M Eigentümer der Baracke geblieben; diese ist
nicht nach § 94 Abs.1 in das Eigentum des V (und später des K)
übergegangen, weil die Baracke nur zu einem vorübergehenden Zweck iSd.
§ 95 Abs.1 S.1, nämlich beschränkt auf die Dauer des
Mietvertrags, mit dem Grund und Boden verbunden war. Es handelt sich jedoch
nicht um einen Scheinbestandteil iSd. § 95 Abs.1 S.2, da die Baracke nicht
„in Ausübung eines Rechtes an einem fremden Grundstück" gebaut
worden ist (Beachte: Miete ist kein Recht an einem Grundstück, denn
Rechte im Sinne dieser Vorschrift sind nur dingliche Rechte, z.B.
Erbbaurecht).
- Küchenherde sind
wesentliche Bestandteile einer Wohnung iSd. § 94 Abs.2, da ein modernes
Mietshaus ohne Kücheneinrichtung nach der Verkehrsauffassung
unvollständig ist (BGHZ 40, 275); anderes gilt jedoch für
Kühlschränke. Siehe hierzu auch BGH NJW-RR 90, 586, wo die
Verkehrsauffassung in Nord- und Süddeutschland unterschiedlich beurteilt
wird.
- Ein Einbauschrank ist, weil
speziell angefertigt (und deshalb an anderer Stelle nicht brauchbar), schon nach
§ 93 wesentlicher Bestandteil (Ausnahme: wenn vom Mieter eingebaut, dann
§ 95). Gleiches gilt z.B. für Teppichböden (vgl. LG Köln NJW
79, 1609).
- Wesentliche Bestandteile eines
Hauses gem. § 94 sind z.B. die Heizungs- und Warmwasseranlagen (BGHZ 53,
326) sowie Hausantennen (BGH NJW 75, 688).
- Leitungen, die im Boden
verlaufen, sind wesentl. Bestandteile des Grundstücks, sofern sie nicht "in
Ausübung eines Rechtes an dem fremden Grundstücks" (§ 95 Abs.1
Satz 2), z.B. aufgrund einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit
(§ 1090), verlegt worden sind. Auf die zuletzt genannte Weise wird z.B. ein
Ölversorger vorgehen, wenn er nicht das Eigentum an seiner Pipeline an den
jeweiligen Grundstückseigentümer mit der Folge verlieren will,
daß er sich gegen Beschädigungen nicht zur Wehr setzen kann. Ebenso
bei Telefonleitungen der Post (vgl. BGH NJW 1994,
999)
3. Zubehör (§§ 97, 98)
Zubehör kann nur sein, was nicht (wesentlicher)
Bestandteil der Hauptsache ist. Es handelt sich also um eine selbständige
bewegliche Sache, die dem wirtschaftlichen Zweck einer anderen Sache dauernd
(nicht nur vorübergehend, vgl. § 97 Abs.2) zu dienen bestimmt ist und
die in einem ihrem Zweck entsprechenden räumlichen Verhältnis zur
Hauptsache steht. Für gewerbliches und landwirtschaftliches Inventar wird
dies in §§98 geregelt.
Obwohl getrenntes Eigentum an Hauptsache und
Zubehör möglich ist, wird der engen wirtschaftlichen Verbindung durch
Sonderregelungen Rechnung getragen. So bestimmt § 926, daß bei der
Übereignung eines Grundstücks das Zubehör mitübereignet
wird, sofern es im Eigentum des Veräußerers steht und die Beteiligten
über den Eigentumsübergang einig sind (vgl. ferner § 1120
BGB).
Beispiel: Übereignung einer Fabrik
- Durch die Übereignung des Grundstücks sind die
Gebäude als wesentliche Bestandteile automatisch
mitübereignet.
- Maschinen werden idR. nicht als wesentliche Bestandteile
angesehen, da sonst keine Übereignung unter Eigentumsvorbehalt oder als
Sicherheit möglich wäre. Ausnahmen gelten nur, wenn das betreffende
Gebäude geradezu „um eine Maschine herum" errichtet wurde;
bloßes Einzementieren der Maschinen reicht dagegen nicht. In aller Regel
sind Maschinen stattdessen Zubehör des Grundstücks (und somit
sonderrechtsfähig). Sie werden gem. § 926 Abs.1 mitübereignet
(BGH NJW 79, 2514).
- Der Fuhrpark (BGH WM 80, 1384), Energievorräte
o.ä. werden in der Regel ebenfalls als Zubehör angesehen, da sie dem
Zweck der Fabrik dienen.
- Anders verhält es sich dagegen mit Rohstoffen (RGZ
86, 329) und Endprodukten (RGZ 66, 90). Sie dienen nicht der Hauptsache
(Fabrikgrundstück), sondern dem wirtschaftl. Zweck des Unternehmens; ihre
dingliche Rechtslage ist unabhängig von der des Grundstücks. Sollen
sie mitübereignet werden, so ist eine gesonderte Vereinbarung
notwendig.
4. Früchte, Nutzungen (§§ 99, 100)
Nutzungen sind gem. § 100 die Früchte einer
Sache oder eines Rechtes sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder
des Rechtes gewährt. Damit ist Nutzungen der Oberbegriff. Früchte
unterteilt das Gesetz in drei Arten: unmittelbare Sachfrüchte (§ 99
Abs.1), unmittelbare Rechtsfrüchte (§ 99 Abs.2), mittelbare Sach- und
Rechtsfrüchte (§ 99 Abs.3). Wer bei einer Übereignung
Eigentümer von Nutzungen und Früchten wird, ist in §§
953-957 geregelt.
III. Strukturprinzipien
1. Absolutheit (Allgemeinverbindlichkeit)
Vom Sachenrecht gewährte dingliche Rechte gelten
gegenüber der Allgemeinheit (absolute Rechte, vgl. §§903). Bei
Störung der dinglichen Rechtsposition entstehen konkrete Ansprüche des
Inhabers gegen den Störer (relative dingliche Rechte, zB §§ 985,
1004 Abs.1), die in ihrer Struktur mit schuldrechtlichen Ansprüchen
vergleichbar sind.
2. Publizität (Offenkundigkeit)
Das Publizitätsprinzip des Sachenrechts verlangt,
daß rechtsgeschäftliche Rechtsvorgänge im Sachenrecht nach
außen sichtbar werden. Dies geschieht bei beweglichen Sachen durch
Besitzübertragung und bei unbeglichen Sachen durch Eintragung ins Grundbuch
(Übertragungswirkung, z.B. § 929, 873). Das Vertrauen auf das Bestehen
der so signalisierten Rechtslage wird geschützt (Gutglaubenswirkung, z.B.
§§ 932, 892). Durch den entsprechenden Publizitätstatbestand
(Besitz/Grundbuch) wird eine Eigentumsvermutung begründet
(Vermutungswirkung, z.B. §§ 1006 Abs.1 S.1, 891).
3. Spezialität (Bestimmtheit)
Das Spezialitätsprinzip im Sachenrecht besagt,
daß dingliche Rechte sich immer auf bestimmte einzelne Sachen beziehen
müssen. Das bedeutet, daß Sachen so bestimmt bezeichnet sein
müssen, daß jeder Kenner des Vertrages sie zu dem Zeitpunkt, in dem
das Eigentum übergehen soll, unschwer von anderen unterscheiden kann (BGH
NJW 1994, 133).
Der Spezialitätsgrundsatz wäre z.B. verletzt,
wenn jemand einfach „das gesamte Lager, soweit es in seinem Eigentum
steht“ (also unter Ausnahme der noch nicht bezahlten Teile)
übereignet. Ungültig sind desweiteren Einigungen, die lediglich einen
Anteil („das halbe Warenlager") oder den Wert („Waren bis
100.000§DM") bestimmen.
IV. Insbesondere: Abstraktionsprinzip
Generell sind auf dingliche Rechtsgeschäfte die
Regeln des Allgemeinen Teils des BGB anwendbar (z.B. die Grundsätze
über die Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die Stellvertretung, die
Willensmängel, die Form der Rechtsgeschäfte, die Regeln über
Zustandekommen und Auslegung des Vertrages). Von diesem Grundsatz gibt es
Ausnahmen, wie die Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung gem. § 925 Abs.2
oder die beschränkte Bindungswirkung der Einigung gem. § 873
Abs.2.
1. Grundsatz
Das Abstraktionsprinzip besteht aus zwei Komponenten:
Trennungsprinzip und Abstraktionsprinzip ieS.
- Das Trennungsprinzip besagt, daß das
schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft und der dingliche
Übertragungsakt jeweils ein eigenes Rechtsgeschäft bilden. Beide
Geschäfte können in einem Akt zusammenfallen, sind jedoch auch dann
stets getrennt zu beurteilen.
- Das Abstraktionsprinzip ieS. besagt, daß das
Verpflichtungs- und das Verfügungsgeschäft in ihrem Bestand
voneinander unabhängig sind. Verfügungen sind Rechtsgeschäfte,
die auf ein bestehendes Recht unmittelbar durch Übertragung, Belastung,
Änderung oder Aufhebung
einwirken.
(2) Verfügungs- / Erfüllungs- /
Vollzugsgeschäft (dingliches Rechtsgeschäft)
à §
925
|
(1) Kausal- / Grund- / Verpflichtungsgeschäft
(schuldrechtliches Rechtsgeschäft)
à §
433
|
Die dingliche Rechtsänderung vollzieht sich also
unabhängig davon, ob ein kausales Geschäft überhaupt vorhanden
oder rechtswirksam ist oder ob es später wegfällt, sei es mit oder
ohne rückwirkende Kraft. Bei Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts
bleibt der dingliche Übertragungsakt selbst wirksam (dem
Veräußerer stehen lediglich schuldrechtliche Ansprüche
zu).
2. Ausnahmen
Beachte: Ausnahmen sind streng auf die hier genannten 3
Fallgruppen beschränkt!
- Fehleridentität
In
bestimmten Fällen beeinträchtigt ein Fehler, der dem
Grundgeschäft anhaftet, auch die Wirksamkeit des
Verfügungsgeschäfts, d.h. beide Rechtsgeschäfte leiden an dem
selben Mangel. Dies ist in folgenden Fällen der Fall:
- Mangel der
Geschäftsfähigkeit: Da die Regeln über die
Geschäftsfähigkeit auch auf dingliche Rechtsgeschäfte anwendbar
sind, können nicht voll Geschäftsfähige auch kein
Verfügungsgeschäft wirksam abschießen. Deshalb sind beide
Rechtsgeschäfte nicht wirksam.
- Nichtigkeit nach § 134:
Gleiches gilt für ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches
Verbot verstößt. Hier ist nicht nur das Grundgeschäft nichtig,
sondern auch das Verfügungsgeschäft.
- Nichtigkeit nach § 138
Abs.2: Ist der Wuchertatbestand erfüllt, sind sowohl der Kaufvertrag als
auch die Übereignung gem. § 138 Abs.2 nichtig, da der Wortlaut dieser
Vorschrift ausdrücklich auch die Verfügung des Bewucherten
umfaßt („versprechen oder gewähren läßt"). Fraglich
ist jedoch, ob dies auch für §§138 Abs.1 gilt. Dingliche
Rechtsgeschäfte sind in aller Regel moralisch / sittlich indifferent (d.h.
eine Einigung kann nicht gegen die guten Sitten verstoßen). Die Folge ist,
daß das dingliche Rechtsgeschäft wirksam bleibt. Die Rechtsprechung
macht lediglich für die Fälle eine Ausnahme, in denen die
Unsittlichkeit gerade im Vollzug der Leistung liegt, z.B. bei der
Sicherungsübereignung (Hypothek), wenn durch die Übereignung eine
Täuschung Dritter beabsichtigt ist oder der Schuldner in seiner
wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit übermäßig beschränkt
wird („Knebelung").
- Anfechtbarkeit nach § 119
Abs.2: Lag bei der Einigung ein Eigenschaftsirrtum vor, so kann auch die
Übereignung nach § 119 Abs.2 angefochten werden, da sich der Irrtum
hier auch auf die Einigung ausgewirkt hat. Anders wäre die Lage, wenn es
sich nur um einem Erklärungsirrtum (§ 119 Abs.1) handelt. Hier
wäre die Übereignung nicht anfechtbar, da sich der Irrtum nur auf den
Vertrag bezogen hätte. Der für die Übereignung ausreichende
„sachenrechtliche Minimalkonsens" wäre vorhanden gewesen.
- Anfechtbarkeit nach §
123: Beruht das Rechtsgeschäft auf einer arglistischen Täuschung oder
einer Drohung, so sind sowohl das schuldrechtliche als auch das dingliche
Rechtsgeschäft anfechtbar, da auch die Einigung auf der Täuschung bzw.
Drohung beruht.
- Bedingungszusammenhang
Bei
einem Bedingungszusammenhang wird das dingliche Rechtsgeschäft unter der
Bedingung eines wirksamen Grundgeschäfts getätigt, also an eine
aufschiebende oder auflösende Bedingung iSv. § 158 gegnüpft
(Ausnahme: Auflassung, § 925 Abs.2). Dies kommt insbesondere in Betracht,
wenn noch Unklarheit über die Gültigkeit bzw. das Zustandekommen des
Grundgeschäfts besteht. Um das Abstraktionsprinzip aber nicht zu umgehen,
wird idR. eine stillschweigende Vereinbarung solcher Bedingungen nicht in
Betracht kommen.
- Geschäftseinheit (§
139)
Entgegen seinem Wortlaut erstreckt
sich der Anwendungsbereich des § 139 nicht nur auf Teile eines
Geschäfts, sondern auch auf mehrere Geschäfte, die eng miteinander
verbunden sind. Von diesen stellt dann jedes einen Teil iSd. § 139 dar. In
diesem Fall könnte das eine Geschäft wegen Nichtigkeit des anderen
ebenfalls nichtig sein. Umstritten ist, ob diese Regel auch auf Verpflichtungs-
und dazugehöriges Verfügungsgeschäft angewendet werden kann. Nach
der h.M. verstößt eine solche Geschäftseinheit gegen das
Abstraktionsprinzip, da das BGB den Verkehrsschutz über das
Erfolgsinteresse gestellt hat und diese Wertung nicht durch die Annahme einer
Geschäftseinheit unterlaufen werden soll. Auch nach dem BGH kommt eine
Geschäftseinheit nur „höchst selten" in Betracht und ist vom
Parteiwillen abhängig. Ein Indiz für eine Einheit kann z.B. der
gleichzeitige Abschluß sein.
Anders wird der Fall jedoch bei der sog.
„Unterverbriefung beim Grundstückskauf“ behandelt (der
beurkundete Kaufvertrag ist gem. § 117 Abs.1, der wirklich gewollte gem.
§§ 117 Abs.2, 313 S.1, 125 S.1 nichtig). Der wirklich gewollte
Kaufvertrag könnte aber durch Heilung gem. § 313 S.2 wirksam geworden
sein, wenn der Käufer bereits eingetragen ist. Allerdings führt nur
eine wirksame Auflassung/Eintragung zur Heilung. Hier ist fraglich, ob nicht
auch die Auflassung wegen § 139 wie der falsch beurkundete Kaufvertrag
nichtig ist, weil diese eine Geschäftseinheit bilden. Die Rechtsprechung
lehnt dies selbst dann ab, wenn der gleichzeitige Abschluß und die
Zusammenfassung von Kaufvertrag und Auflassung auf einer Urkunde an sich eine
„Geschäftseinheit" nahelegen (BGH NJW 67, 1130); es müssen
zusätzliche Anhaltspunkte dazukommen.
V. Aufbau des Sachenrechts
Das Sachenrecht (§§ 854 - 1296) zerfällt
in zwei Teile: dem Recht der unbeweglichen Sachen (Immobiliarsachenrecht oder
Liegenschaftsrecht) und dem Recht der beweglichen Sachen (Mobiliarsachenrecht).
Diese werden vom BGB wegen der notwendigen Differenzierungen getrennt behandelt.
Allerdings sind auch hier einige gemeinsame Regelungen
„ausgeklammert".
- Gemeinsame Regelungen
- Das Recht des Besitzes (§§ 854 -
872)
- Inhalt des Eigentums (§§ 903 - 924)
- Ansprüche aus dem Eigentum (§§ 985 -
1007)
- Miteigentum (§§ 1008 - 1011)
- Regelungen für das Mobiliarsachenrecht
- Erwerb und Verlust des Eigentums an beweglichen Sachen
(§§ 929 - 984)
- dingliche Rechte an beweglichen
Sachen
- Nießbrauch an
beweglichen Sachen und an Rechten (§§ 1030 - 1089)
- Pfandrecht an beweglichen
Sachen und an Rechten (§§ 1204 - 1296)
- Regelungen für das Immobiliarsachenrecht
- Allgemeine Vorschriften über Rechte an
Grundstücken (§§ 873 - 902)
- Erwerb und Verlust des Eigentums an unbeweglichen Sachen
(§§ 925 - 928)
- dingliche Rechte an
Grundstücken
- Dienstbarkeiten (§§
1018 - 1093)
- Vorkaufsrecht (§§
1094 - 1104)
- Reallasten (§§ 1105-
1112)
- Hypothek, Grundschuld,
Rentenschuld (§§ 1113 - 1203)
|