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Pfand- und Sicherungsrechte
Überblick:
  • Allgemeines
  • Nießbrauch (§§§1030 - 1089)
  • Pfandrecht (§§§1204 - 1296)
  • Sicherungsübereignung
  • Sicherungsabtretung
  • Eigentumsvorbehalt

I. Allgemeines

Eine Sache kann grundsätzlich in der Weise belastet werden, daß ein anderer ein beschränkt dingliches Recht an der Sache erwirbt. Dieses Recht kann entweder ein Nutzungsrecht sein, d.h. der andere ist berechtigt, die Nutzungen der Sache zu behalten, oder ein Sicherungsrecht sein, d.h. der andere ist berechtigt, sich aus der Sache zu befriedigen (bzw. sie zu verwerten). Das Gesetz sieht als beschränkt dingliche Rechte an beweglichen Sachen nur den Nießbrauch und das Pfandrecht vor, also ein Nutzungsrecht und ein Sicherungsrecht. Mit der Zeit haben sich jedoch zwei weitere Sicherungsrechte entwickelt: An die Stelle der Verpfändung beweglicher Sachen ist die Sicherungsübereignung getreten und die Verpfändung von Forderungen wurde durch die Sicherungsabtretung verdrängt. Beide Rechtsinstitute sind heute gewohnheitsrechtliche anerkannt. Dazu kommt, daß der Gesetzgeber mit dem Eigentumsvorbehalt (§§455) eine Art besitzloses Pfandrecht geschaffen hat, obwohl es systematisch im Schuldrecht steht.

II. Nießbrauch (§§§1030 - 1089)

1. Begriff

Die Definition des Nießbrauchs findet sich in §§1030: Eine Sache kann in der Weise belastet werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen. Das Gesetz sieht nicht nur den Nießbrauch an Sachen vor, sondern auch den Nießbrauch an Rechten (§§§1068 - 1084) und den Nießbrauch an Vermögen (§§§1085- 1089), wobei letzterer nur in der Weise bestellt werden kann, daß der Nießbraucher den Nießbrauch an den einzelnen zu dem Vermögen gehörenden Gegenständen erlangt.

2. Nießbrauchsbestellung

Nach §§1032 finden auf die Nießbrauchsbestellung die für die Übereignung beweglicher Sachen geltenden Vorschriften entschprechende Anwendung. Zur Bestellung des Nießbrauchs an einer beweglichen Sache ist also erforderlich, daß der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, daß diesem der Nießbrauch zustehen soll. Der Nießbrauch an einer beweglichen Sache kann auch durch Ersitzung erworben werden (§§1033).

3. Wirkung

Nach §§1036 ist der Nießbraucher zum Besitz der Sache berechtigt. Der Nießbrauch ist jedoch nicht übertragbar; die Ausübung kann aber einem anderen überlassen werden (§§1059). Der Nießbrauch erlischt mit dem Tod des Nießbrauchers (§§1061). Wird das Recht des Nießbrauchers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Nießbrauchers die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung (§§§1065 iVm. 985 ff.).

III. Pfandrecht (§§§1204 - 1296)

1. Entstehung des Pfandrechts

Das Gesetz unterscheidet nach der Art der Entstehung das rechtsgeschäftlich bestellte Pfandrecht (Vertragspfandrecht), das gesetzliche Pfandrecht und das Pfändungspfandrecht. Das Vertragspfandrecht wird in den §§§1204 - 1256 ausführlich geregelt. Diese Vorschriften werden dann auf das gesetzliche Pfandrecht für entsprechend anwendbar erklärt (§§1257). Für das Pfändungspfandrecht gelten in erster Linie die §§§803 ff. ZPO (vgl. dort); ob daneben noch die Vorschriften über das Vertragspfandrecht entsprechend gelten, ist umstritten.
  1. Das Vertragspfandrecht


  2. Voraussetzungen für die Entstehung eines vertraglichen Pfandrechts nach §§1204 an einer Sache sind:
    • Einigung der Parteien darüber, daß ein Pfandrecht an einer bestimmten Sache (oder mehreren Sachen) bestellt werden soll (§§1205 Abs.1). Für diese Einigung gelten die gleichen Anforderungen hinsichtlich der Bestimmtheit wie bei der Einigung nach §§929§S.1.
    • Bestimmung der zu sichernden Forderung (§§1204: "Zur Sicherung einer Forderung"), wobei die Forderung noch nicht bestehen muß (§§1204 Abs.2). Jedoch muß sie bereits im Zeitpunkt der Pfandrechtsbestellung nach dem Entstehungsgrund (nicht nach der Höhe) individualisierbar sein. Die Forderung muß nicht dem Verpfänder zustehen; ein Pfandrecht kann auch für eine Forderung gegen einen Dritten bestellt werden.
    • Übergabe der Pfandsache. Ausgeschlossen ist die Ersetzung der Übergabe durch die Begründung eines Besitzkonstituts (vgl. §§930). Wird statt der Übergabe der mittelbare Besitz übertragen, so ist eine Anzeige gegenüber dem unmittelbaren Besitzer erforderlich (§§1205 Abs.2). Jedoch läßt §§1206 die Verpfändung durch die Einräumung von (mittelbarem oder unmittelbarem) Mitbesitz genügen.
    • Berechtigung des Verpfänders, d.h. der Verpfänder muß entweder Eigentümer der Pfandsache sein, oder er muß zur Verpfändung befugt sein. Fehlt es an der Berechtigung des Verpfänders, so sind auf das rechtsgeschäftliche Pfandrecht nach §§1207 die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb des Eigentums entsprechend anwendbar (mit Ausnahme des §§933). Bei vielen Verträgen wird der Anspruch einer vorleistungsverpflichteten Partei durch ein gesetzliches Pfandrecht gesichert. Dabei werden Besitzpfandrechte und besitzlose Pfandrechte unterschieden.


  3. Das gesetzliche Pfandrecht


  4. Das Gesetz kennt zahlreiche Fälle gesetzlicher Pfandrechte, die sich in zwei Gruppen einteilen lassen:
    • Besitzpfandrechte entstehen nur dann, wenn der Pfandgläubiger tatsächlich Besitz an der Sache erlangt, z.B. das Pfandrecht des Werkunternehmers (§§647), des Lagerhalters (§§421 HGB), des Kommissionärs (§§397 HGB).
    • Besitzlose Pfandrechte entstehen unabhängig vom Besitz des Pfandgläubigers durch die Einbringung einer Sache auf ein Grundstück (z.B. Vermieterpfandrecht nach §§559).
    §§1257 unterwirft diese gesetzlichen Pfandrecht den Vorschriften über das vertragliche Pfandrecht. Entstehung und Erlöschen der gesetzlichen Pfandrechte sind jeweils in den speziellen Normen geregelt, so daß die §§§1204§ff. hier nicht zur Anwendung kommen. Voraussetzung für die Entstehung eines gesetzlichen Pfandrechts ist jedoch immer das Eigentum des Schuldners an der Pfandsache; ein gutgläubiger Erwerb von Pfandrechten kommt nicht in Frage. Umstritten ist jedoch, ob man für die Besitzpfandrechte, insbesondere das Werkunternehmerpfandrecht aus §§647, eine Ausnahme machen soll und entsprechend §§§1207, 932§ff. ein gutgläubiger Erwerb auch an bestellerfremden Sachen zulässt.

2. Wirkungen des Pfandrechts

Mit der Entstehung des Pfandrechts entsteht zugleich ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Verpfänder und dem Pfandgläubiger (nicht: Mit dem Eigentümer der Pfandsache, wenn dieser nicht der Verpfänder ist).
  1. Rechte und Pflichten des Pfandgläubigers


    • Recht zum Besitz des Pfandgläubigers gegenüber dem Verpfänder (§§986§Abs.1)
    • Pflicht zur Verwahrung und zur pfleglichen Behandlung der Sache (§§§1215, 1217)
    • Pflicht zur Rückgabe des Pfandes nach Erlöschen des Pfandrechts (§§1223)
    • Mitteilungspflichten über die Verwertung (§§1241)
    • Pflicht zur Einhaltung der Verwertungsvorschriften (§§1243 Abs.3)
    • Recht zur Ziehung der Nutzungen (§§§1213, 1214)


  2. Rechte und Pflichten des Verpfänders


    • Verwendungsersatzanspruch des Pfandgläubigers (§§1216 iVm. GoA)
    • Duldung der Wegnahme von Einrichtungen durch den Verpfänder (§§1216§S.§2)
    • Pflicht zur Herausgabe der Pfandsache (§§1231) bei Pfandreife, sofern der Verpfänder Mitbesitz hatte (§§1206):
    • Ablösungsrecht des Verpfänders und des Pfandeigentümers: Nach §§§1223 Abs.2 ist der Verpfänder wie auch der Eigentümer der Sache ab der Fälligkeit berechtigt, selbst den Pfandgläubiger wegen der gesicherten Forderung zu befriedigen; die Forderung geht dann nach §§1225 auf ihn über. Das Pfandrecht folgt zwar grundsätzlich wegen §§§412, 401 nach, erlischt allerdings nach §§1256, wenn es mit dem Eigentum zusammenfallen würde (Konfusion). Das gleiche Recht steht nach §§1249 allen sonstigen Personen zu, die durch die Verwertung ein Recht am Pfand verlieren würden, wobei auch hier die Forderung mit Pfand nach §§§1249§S.2, 268 Abs.3, 412, 401 übergeht.


  3. Schutz des Pfandgläubigers


  4. Nach §§1227 sind auf den Schutz des Pfandgläubigers (eines Besitzpfandrechts) die Vorschriften über den Schutz des Eigentums entsprechend anwendbar (§§§1227 iVm. 985 ff.).

  5. Verwertung des Pfandrechts


  6. Die Verwertung des Pfandrechts ist in den §§§1220§ff. geregelt. Im wesentlichen bestehen vier verschiedene Möglichkeiten der Pfandverwertung:
    • Privatverkauf durch öffentliche Versteigerung (§§§1234§ff.)
    • Verwertung nach Vollstreckungsrecht (§§§1233§Abs.2, 814§ff.§ZPO)
    • Verwertung nach Parteivereinbarung (§§1245)
    • Verwertung nach Entscheidung des Gerichts (§§1246)

3. Übertragung und Erlöschen des Pfandrechts

Das Pfandrecht an beweglichen Sachen ist ein streng akzessorisch. Diese hat folgende Konsequenzen:
  1. Entstehung der Verwertungsbefugnis


  2. Zwar kann das Pfandrecht auch vor der gesicherten Forderung entstehen (§§1204§Abs.2), jedoch besteht eine Befugnis zur Verwertung des Pfandrechts erst dann, wenn die Forderung entsteht, und auch dann nur in der Höhe der Forderung (§§1210 Abs.1 S.1). Auch der Verwertungszeitpunkt kann nicht vor der Fälligkeit der Forderung liegen.

  3. Einreden und Einwendungen des Verpfänders:


  4. Dem Verpfänder stehen gegen den Pfandgläubiger nach §§1211 die gleichen Einreden zu, die dem Schuldner der gesicherten Forderung gegen die Geltendmachung der Forderung zustehen, wie bei der Bürgschaft nach §§770. Der Verzicht des Schuldners auf eine Einrede wirkt nicht gegen den Verpfänder.

  5. Übertragung der Forderung bzw. des Pfandrechts


  6. Nach §§1250§Abs.1 folgt das Pfandrecht stets der Forderung, wenn diese durch Abtretung (oder durch Gesetz) übertragen wird. Eine gesonderte Übertragung des Pfandrechts ist nicht möglich, d.h. das Pfandrecht kann von der gesicherten Forderung auch nicht getrennt werden. §§1250§Abs.2 läßt den Ausschluß des Übergangs des Pfandrechts zu; dann erlischt das Pfandrecht aber, sofern es nicht noch zur Sicherung weiterer Forderungen bestimmt ist. Der Erwerber des Pfandrechts hat nach §§1251 Abs.1 einen Anspruch auf Herausgabe der Pfandsache gegen den Veräußerer.

  7. Erlöschen des Pfandrechts (§§1255)


  8. Das rechtsgeschäftliche Pfandrecht erlischt entweder durch Erlöschen der gesicherten Forderung (§§1252) oder durch Rückgabe der Pfandsache an den Verpfänder oder an den Eigentümer (§§1253). Das Erlöschen des Pfandrechts tritt hier unabhängig von einem entsprechenden Willen des Pfandgläubigers, d.h. auch dann ein, wenn beide übereinstimmend vom Fortbestehen des Pfandrechts ausgehen. Das Pfandrecht kann auch durch Aufhebung nach §§1255 (einseitige Erklärung des Pfandgläubigers) und durch gutgläubigen lastenfreien Erwerb der verpfändeten Sache durch einen Dritten nach §§936 erlöschen. Ist das Pfandrecht erloschen, so kann der Verpfänder nach §§1223 (und der Eigentümer nach §§985) Herausgabe der Pfandsache verlangen.

IV. Sicherungsübereignung

1. Allgemeines

Die SÜ ist eine gesetzlich nicht geregelte Form der Mobiliarsicherheit, also eine rechtsgeschäftliche Übertragung des Eigentums vom Schuldner (=Sicherungsgeber) auf den Gläubiger (=Sicherungsnehmer), so daß die §§§929 ff. anwendbar sind. Der Sicherungsnehmer wird Eigentümer der Sache, der Sicherungsgeber bleibt jedoch unmittelbarer Besitzer und Nutzungsberechtigter der Sache. Die Einräumung des Sicherungseigentums geschieht deshalb idR. durch Einigung und Vereinbarung eines Besitzkonstituts nach §§930. Dabei sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Der SÜ liegt häufig (aber nicht zwingend) ein schuldrechtlicher Sicherungsvertrag (Sicherungsabrede) zu Grunde. Dieser grenzt die Rechte und Pflichten der an der SÜ Beteiligten ab. Er ist nicht mit dem Rechtsgeschäft identisch, dem die gesicherte Forderung entspringt (z.B. Darlehen), auch wenn beide Verträge zu einem Rechtsakt verbunden sind.

2. Problemkatalog bei der Beurteilung einer Sicherungsübereignung

  1. Wirksamkeitserfordernisse der Einigung


    • Einhaltung des Bestimmtheitsgrundsatz
    • Bei einer SÜ müssen die übereigneten Sachen im Vertrag bestimmt bezeichnet werden; die bloße Bestimmbarkeit reicht nicht aus.
    • Die SÜ einer Sachgesamtheit durch sog. „Alles-Formeln" (z.B. „Alles, was sich in diesem und jenem Raum befindet" - Raumsicherungsvertrag) ist wirksam (BGH NJW 94,133), auch wenn offenbleibt, welche Sachen dem Sicherungsgeber gehören und welche ihm unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden sind. Erforderlich ist dann aber, daß der Erwerber das Anwartschaftsrecht an den Sachen übertragen bekommt, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden sind. Ist dies nicht vereinbart, so ist die SÜ unwirksam.
    • Unwirksam ist die Beschränkung auf Wert- oder Mengenangaben oder auf „alle im Eigentum des Sicherungsgebers stehenden Sachen". Die Sachen, an denen der Sicherungsgeber nur ein Anwartschaftsrecht hat, dürfen nicht ausgeklammert werden, weil nur noch schwer nachvollzogen werden könnte, welche nun übereignet sind und welche nicht vorgegangen wird.
    • Eine vorweggenommene Einigung (antezipierte SÜ) über den Eigentumsübergang ist wirksam, aber bis zur Verschaffung des mittelbaren Besitzes an den Sicherungsnehmer (durch Vereinbarung des BMV) widerruflich. Ihr Fortbestehen bis zu diesem Zeitpunkt wird vermutet.


  2. Wirksamkeit des Besitzmittlungsverhältnisses


  3. Ein abstraktes Besitzkonstitut ist unzulässig. Nach der h.L. genügt bereits die Vereinbarung der SÜ als hinreichend konkretes Besitzmittlungsverhältnis iSv. §§§868, 930, da sich aus der gewohnheitsrechtlichen Ausprägung dieses Instituts bereits hinreichend bestimmte Pflichten der Parteien hinsichtlich der Sache ergeben. Die Rspr. gelangt zum selben Ergebnis, indem sie zwar nicht die Sicherungsabrede als solche, aber unter Einbeziehung der Umstände das gesamte Institut der Sicherungsabrede als Besitzkonstitut genügen läßt. In der Praxis wird dennoch häufig ein unentgeltlicher Verwahrungsvertrag geschlossen.

  4. Wirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts als ganzem


    • Die SÜ als nichtiges Scheingeschäft iSd. §§117 Abs.1

    Problematisch ist, daß die Zuordnung der übereigneten Gegenstände gar nicht verändert werden soll. Dieser Einwand geht aber fehl, weil die Übereignung als Sicherungsmittel wirklich gewollt ist.

    • Sittenwidrigkeit der SÜ (§§138 Abs.1)

    Die Übereignung als abstraktes dingliches Rechtsgeschäft (genauer: die Einigung) ist grundsätzlich sittlich indifferent, d.h. aus sich heraus nicht sittenwidrig iSv. §§138. Wegen der quasi-Durchbrechung des Abstraktionsprinzips bei der SÜ genügt aber idR. die Nichtigkeit der Sicherungsabrede, um auch die SÜ zu erfassen. Die Sicherungsabrede und damit auch die SÜ ist (nur) in folgenden Fällen sittenwidrig und damit nichtig:

    • Gläubigergefährdung (Kredittäuschung), d.h. Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer wirken arglistig zusammen, um einen anderen Gläubiger des Sicherungsgebers, der die übereigneten Gegenstände im Eigentum des Sicherungsgebers glaubt, über dessen Kreditwürdigkeit zu täuschen.
    • Knebelung des Sicherungsgebers, d.h. dieser wird in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit über das erträgliche Maß hinaus eingeschränkt.
    • Übersicherung des Sicherungsnehmers, d.h. deutliches Mißverhältnis zwischen gesicherter Forderung und Wert der übereigneten Güter. Knebelung und Übersicherung können, müssen aber nicht zusammenfallen. In jedem Fall kann gegen den Sicherungsnehmer ein Anspruch aus §§826 bestehen, wenn dieser vorsätzlich handelt.
    • Eine SÜ bestimmter Sachen (auch Sachgesamtheit mit genau definiertem Bestand) ist auch ohne Freigaberegelung grundsätzlich wirksam, da der Sicherungsgeber bei Eintritt einer deutlichen und endgültigen Übersicherung durch einen Freigabeanspruch nach Treu und Glauben (§§§157, 242) ausreichend geschützt ist. Dagegen ist bei der SÜ einer Sachgesamtheit mit wechslendem Bestand (z.B. Warenlager) eine ausdrückliche vertragliche Freigabeklausel (in der Sicherungsabrede) mit zahlenmäßig bestimmter Deckungsgrenze (z.B. Freigabepflicht bei Überdeckung von 50%) erforderlich; bei ihrem Fehlen ist die SÜ nach §§138 Abs.1 nichtig.

    Bei formularmäßig vereinbarter SÜ gilt §§9 Abs.1 AGBG; danach ist eine SÜ bestimmter Sachen auch ohne Freigaberegelung grundsätzlich wirksam (BGHZ 124, 386 = NJW 94, 864); bei wechselndem Bestand ist eine SÜ ohne Freigabeklausel gem. §§9 Abs.1 AGBG unwirksam (BGHZ 117, 374; BGH NJW 95, 1085).

    • Verknüpfung mit einer Bedingung (§§158)

    Die SÜ ist im Zweifel nicht aufschiebend bedingt durch das Entstehen bzw. auflösend bedingt durch das Erlöschen der zu sichernden Forderung (BGH NJW 91, 353). Eine abweichende Parteivereinbarung ist jedoch möglich. Liegt sie nicht vor, kann der Sicherungsgeber bei Nichtbestehen bzw. Erlöschen der gesicherten Forderung Rückübereignung auf Grund einer ausdrücklichen oder konkludenten Regelung in der Sicherungsabrede verlangen (vertraglicher Anspruch).

3. Akzessorietät und Abstraktheit der Sicherungsübereignung

  1. Unabhängigkeit vom Bestand der gesicherten Forderung (Nichtakzessorietät)


  2. Der Bestand der SÜ ist grundsätzlich von der Höhe und dem Bestand der gesicherten Forderung unabhängig (Ausnahme: Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung). Tritt der Sicherungsnehmer die Forderung ab, so geht nach §§401 das Sicherungseigentum nicht automatisch auf den Zessionar über.

  3. Unabhängigkeit vom Bestand der Sicherungsabrede (Abstraktheit)


  4. Wegen des Abstraktionsprinzips ist die Wirksamkeit der Übereignung zunächst auch nicht von der Wirksamkeit des Grundgeschäfts (der Sicherungsabrede) abhängig. Eine Verknüpfung der beiden Rechtsgeschäfte über §§139 (Geschäftseinheit) oder §§158 (aufschiebende Bedingung der Übereignung durch Wirksamkeit der Sicherungsabrede) ist wegen des hohen Stellenwerts des Abstraktionsprinzips jedenfalls nicht konkludent möglich. Auch die Möglichkeit einer ausdrücklichen Vereinbarung wird in der Lit. teilweise wegen des Verstoßes gegen das Abstraktionsprinzip abgelehnt. Die Unwirksamkeit des zugrundeliegenden schuldrechtlichen Kausalgeschäfts (Sicherungsabrede) läßt also die Wirksamkeit der Übereignung unberührt.

4. Beendigung der Sicherungsübereignung

Fällt der Sicherungszweck weg (idR. durch Befriedigung des Gläubigers), so ist der Sicherungsnehmer (=Eigentümer der Sache) auf Grund des Sicherungsvertrages zur Rückübereignung an den Sicherungsgeber verpflichtet. War die SÜ auflösend bedingt, so erstarkt das Anwartschaftsrecht des Sicherungsgebers wieder zu vollem Eigentum (§§158 Abs.2).

V. Sicherungsabtretung

Bei der Sicherungsabtretung vereinbaren Schuldner und Gläubiger, daß der Schuldner zur Sicherung der gegen ihn gerichteten Forderung einem ihm gegen einen Dritten zustehende Forderung (oder ein sonstiges Recht) an den Gläubiger abtritt. Auch der Sicherungsabtretung kann (muß aber nicht) ein schuldrechtlicher Sicherungsvertrag zu Grunde liegen, der die Rechte und Pflichten der Beteiligten abgrenzt. Die Position des Drittschuldners ergibt sich dabei aus allgemeinem Zessionsrecht (§§§398 ff.). Das Institut der Sicherungsabtretung entspricht der SÜ, so daß Problematik und Ausgestaltung weitestgehend mit dem bei der SÜ dargestellten übereinstimmen. Einige Besonderheiten sollen dennoch kurz erwähnt werden.
  1. Bestimmtheitserfordernis der Abtretungserklärung


  2. Da hier der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz nicht gilt, genügt nach der Rspr. die bloße Bestimmbarkeit der Forderung. Erforderlich ist, daß aus der Abtretungserklärung Rechtsgrund, Gegenstand und Schuldner hervorgehen, wobei jeweils eine Generalisierung möglich ist (z.B. „alle Kaufpreisforderungen aus Kaufverträgen mit Endkunden"). Spätestens bei der Entstehung der Forderung muß aber eindeutig sein, wem die Forderung zusteht.

  3. Vorausabtretung von Rechten


  4. Unter gewissen Voraussetzungen läßt die h.M. eine Abtretung von Forderungen zu, die im Zeitpunkt des Abtretungsvertrages noch nicht einmal entstanden waren. Die Forderungen müssen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Abtretung hinreichend bestimmt sein, d.h. es muß bei der Entstehung der Forderung eindeutig sein, wem sie zusteht. Daran fehlt es etwa z.B., wenn im voraus alle Forderungen bis zu einer bestimmten Höhe abgetreten werden.

  5. Sittenwidrigkeit von Sicherungsabtretungen


  6. Die Sicherungsabtretung ist (nur) in folgenden Fällen sittenwidrig und damit nichtig:
    • Übersicherung des Gläubigers
    Nach der Rspr. darf der Nennbetrag der übertragenen Forderungen höchstens§150% des zu sichernden Forderungsbetrages betragen. Für den darüber hinausgehenden Betrag muß in der Sicherungsabrede eine Freigabeklausel bestehen, die darüber hinausgehende Forderungen eindeutig bestimmbar von der Abtretung ausnimmt bzw. einen Anspruch auf Rückabtretung einräumt. Besteht keine solche Freigabeklausel, oder genügt sie nicht den obigen Anforderungen, so ist die Sicherungsabtretung insgesamt unwirksam.
    • Knebelung des Schuldners
    Die Sicherungsabtretung ist sittenwidrig, wenn objektiv der Schuldner in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit so weit eingeschränkt ist, daß dieser seine freie Selbstbestimmung verliert. Dies kann z.B. bei einem Händler der Fall sein, dessen einzige Sicherungsmittel für Betriebsmittel- und Warenkredite seine Forderungen aus dem Geschäftsbetrieb sind. Werden hier alle Forderungen im Wege eines verlängerten Eigentumsvorbehalts oder einer Sicherungsglobalzession an einen Lieferanten übertragen, hat der Händler keine Möglichkeit mehr, sich anderweitig Kredit zu verschaffen.
    • Verleitung zum Vertragsbruch
    Schließlich kommt Sittenwidrigkeit in Betracht, wenn eine Sicherungsglobalzession den Sicherungsgeber zum Vertragsbruch verleitet (Vertragsbruchtheorie), indem sie auch Forderungen erfaßt, die typischerweise einem verlängerten Eigentumsvorbehalt unterstehen: Wenn der Sicherungsgeber noch Waren von seinen Lieferanten erhalten möchte, muß er ihnen die vorangegangene Sicherungsglobalzession verschweigen und macht sich so sogar wegen Betrugs strafbar. Hier ist allerdings auch das subjektive Element des §§138 erforderlich; der Sicherungsnehmer muß also den Warenkreditgeber schädigen wollen. Dafür genügt aber nach der Rspr, daß die Bank von der Sachlage (Branchenüblichkeit des verlängerten Eigentumsvorbehalts) weiß.
    Die einzige Möglichkeit des Sicherungszessionars, §§138 zu entgehen liegt nach der Rspr. in der Vereinbarung einer dinglichen Verzichtsklausel, nach der der Sicherungsnehmer von vornherein auf die Abtretung von Forderungen verzichtet, die im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts anderweitig abgetreten wurden. Nicht ausreichend ist nach der Rspr. hingegen die Vereinbarung einer schuldrechtlichen Verzichtsklausel, nach der sich die Bank verpflichtet, im Fall der Kollision mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt die zur Sicherung übertragenen Forderungen bzw. nach der Einziehung deren Erlös auf Anforderung an den Warenkreditgeber herauszugeben.

  7. Beendigung der Sicherungsabtretung


  8. Fällt der Sicherungszweck weg (idR. durch Befriedigung des Gläubigers), so ist der Sicherungsnehmer (=Eigentümer der Forderung) auf Grund des Sicherungsvertrages zur Rückabtretung an den Sicherungsgeber verpflichtet. War die Sicherungsabtretung auflösend bedingt (was im Zweifel anzunehmen ist), so tritt der Rückfall automatisch ein (§§158 Abs.2). Fehlt ein Sicherungsvertrag, so beruht die Pflicht zur Rückübereignung auf ungerechtfertigter Bereicherung.

VI. Eigentumsvorbehalt

Die Auslegungsregel des §§455 bestimmt, daß beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt (EV) die Übereignung nach §§929§S.1 aufschiebend durch die vollständige Kaufpreiszahlung bedingt ist, d.h. die Übereignung findet nicht sofort, sondern erst nach Zahlung des vollen Kaufpreises statt; dafür steht dem Käufer an der Sache ein Recht zum Besitz iSv. §§986 Abs.1 zu. Der Verkäufer bleibt also Eigentümer der Sache, der Käufer wird unmittelbarer Besitzer und erhält ein Anwartschaftsrecht auf die Sache. Der Sache nach ist der EV also ein Pfandrecht, das der SÜ ähnelt. Der einfache EV wird in der Praxis häufig auf verschiedene Weise erweitert. Die wichtigsten Erweiterungsformen sind:
  1. Verlängerter Eigentumsvorbehalt


  2. Beim verlängerten Eigentumsvorbehalt tritt der Vorbehaltskäufer im voraus bereits alle Forderungen aus dem Verkauf der Vorbehaltssache ab (Sicherungsabtretung). Handelt es sich beim Vorbehaltskäufer um einen Verarbeiter, so wird häufig noch eine Herstellerklausel vereinbart, um die Folge des §§950 zu umgehen.Problematisch ist hier
    • Das Zusammentreffen mehrerer verlängerter Eigentumsvorbehalte: Grundsätzlich gilt hier das Prioritätsprinzip, d.h. die zeitlich früher liegende Abtretung wird wirksam und entzieht der zweiten Abtretung das Substrat. Jedoch wird eine solche Abtretung sittenwidrig sein, weil sie den Vorbehaltskäufer gegenüber anderen Lieferanten zum Vertragsbruch verleitet oder zu einer Übersicherung führt. Die nichtige Sicherungsabtretung kann aber nach §§140 in eine wirksame Teilabtretung umgedeutet werden, so daß die Forderung den Vorbehaltslieferanten entsprechend dem Anteil der gelieferten Waren zusteht.
    • Beim Zusammentreffen zwischen verlängertem Eigentumsvorbehalt und Globalsicherungszession gilt ebenfalls grundsätzlich das Prioritätsprinzip, wobei aber die Globalsicherungszession idR. wegen der Verleitung zum Vertragsbruch oder wegen Schuldnerknebelung sittenwidrig sein wird, soweit sie den verlängerten Eigentumsvorbehalt vereitelt und keine „dingliche" Verzichtsklausel zugunsten der Vorbehaltslieferanten enthält.


  3. Weitergeleiteter EV


  4. Der Käufer verkauft die Sache mit Einwilligung des Vorbehaltsverkäufers weiter und weist die Käufer auf dessen EV hin. Der Vorbehalt sichert dann beide Kaufpreisforderungen, so daß das Anwartschaftsrecht erst dann zum Vollrecht erstarkt, wenn beide Forderungen erfüllt sind. Da diese Form für den Vorbehaltskäufer sehr ungünstig ist, verstößt eine entsprechende Verpflichtung in AGB des Verkäufers gegen §§9§AGBG.

  5. Nachgeschalteter EV


  6. Der Vorbehaltskäufer verkauft selbst die Sache unter Eigentumsvorbehalt, wobei er allerdings als voll Berechtigter auftritt (z.B. mit Einwilligung des Erstverkäufers) und den ersten EV nicht aufdeckt. Hier erstarkt das Anwartschaftsrecht schon bei Tilgung der zweiten Kaufpreisforderung. Der nachgeschaltete EV wird häufig mit der Abtretung der zweiten Forderung (verlängerter EV) verbunden.

  7. Kontokorrentvorbehalt:

    Beim Kontokorrentvorbehalt sichert der EV nicht nur die Kaufpreisforderung aus dem einzelnen Kaufvertrag, der der bedingten Übereignung zugrundeliegt, sondern alle Ansprüche aus der Geschäftsverbindung, insbesondere den Saldoausgleichsanspruch aus der Kontokorrentverbindung. Dieser Vorbehalt erlischt mit dem Ausgleich des Saldos. Solange sich kein Problem der Übersicherung stellt, ist die Vereinbarung eines Kontokorrentvorbehalts nach der Rspr. jedenfalls unter Kaufleuten mit §§9§AGBG vereinbar.


  8. Konzernvorbehalt:

    Beim Konzernvorbehalt soll der EV neben der konkreten Kaufpreisforderung auch auf Forderungen erstreckt wird, die gegenüber anderen Schuldnern bestehen (die idR. dem gleichen Konzern angehören). Hauptproblem des Konzernvorbehalts ist, daß er die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Käufers empfindlich einschränkt und daher idR. gegen §§138 bzw. gegen §§9§AGBG verstößt. Läßt man ihn dagegen grundsätzlich zu, so müssen doch jedenfalls die gesicherten Forderungen hinreichend bestimmt oder bestimmbar sein.

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