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Grundbuch
Überblick:
  • Das Grundbuch (Übersicht)
  • Verfügungen über dingliche Rechte an Grundstücken (§§§873 - 878)
  • Gutgläubiger Erwerb von Grundstücksrechten (§§§892, 893)
  • Grundbuchunrichtigkeit (§§§894 - 899)
  • Die Vormerkung (§§§883 - 888)

I. Das Grundbuch (Übersicht)

1. Einführung

Die große wirtschaftliche Bedeutung von Grundstücken erfordert Klarheit über den dinglichen Rechtszustand. Dies wird durch das heute geltende Grundbuchsystem gewährleistet. Jede rechtsgeschäftliche Rechtsänderung an Grundstücksrechten bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung ins Grundbuch. Die Vorschriften, die die Einrichtung der Grundbuchbehörden, der Grundbücher und das bei der Eintragung zu beachtende Verfahren betreffen, bezeichnet man als formelles Grundbuchrecht; dieses ist in der Grundbuchordnung von 1897 (GBO) geregelt. Das materielle Grundbuchrecht befaßt sich hingegen mit den Wirksamkeitsvoraussetzungen der dinglichen Rechtsänderung und ist im BGB enthalten.

2. Funktionen des Grundbuchs

Das Grundbuch verwirklicht den Publizitätsgrundsatz im Grundstücksrecht und hat damit drei Funktionen
  • Übertragungswirkung (§§973): Jede Veränderung der dinglichen Rechtslage muß eingetragen werden.
  • Vermutungswirkung (§§891): Das im Grundbuch eingetragene Recht wird als bestehend vermutet.
  • Gutglaubenswirkung (§§892): Wer sich bei einem Rechtserwerb auf das unrichtige Grundbuch verläßt, wird in seinem guten Glauben geschützt.

3. Arbeitsweise des Grundbuchs

  1. Zuständige Behörde:


  2. Das Grundbuch ist ein staatliches Register, für das das Amtsgericht zuständig ist. Zu diesem Zweck erfüllt es die Aufgaben eines Grundbuchamts (§§1 GBO). Grundbuchbeamter ist heute idR. der Rechtspfleger (§§4 Nr. 1h RPflG).

  3. Definition: Grundstück


  4. Grundstück ist ein katastermäßig vermessener Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblattes als besonderes Grundstück geführt wird. Jedes Grundstück erhält im Grundbuch ein eigenes Blatt.

  5. Inhalt des Grundbuchblattes


  6. Das Grundbuchblatt ist ein Bestandsverzeichnis nach Lage, Größe und Wirtschaftsart des Grundstückes. Es enthält in der Aufschrift: Amtsgericht, Band des Grundbuchs, Nummer des Blattes. Desweiteren ist es in drei Abteilungen untergliedert, die folgendes enthalten:
    1. Abteilung: Eigentümer und Eigentumserwerbsgrund
    2. Abteilung: Alle sonstigen Eintragungen, z.B. Vormerkungen, Widersprüche, Verfügungsbeschränkungen, Dienstbarkeiten etc.
    3. Abteilung: Grundpfandrechte, z.B. Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld

  7. Eintragungsverfahren (§§§13 ff. GBO)


    • Antragsprinzip (§§13 GBO)
    Eintragungen erfolgen grundsätzlich nur auf Antrag eines bzw. der Beteiligten.
    • Bewilligungsprinzip (§§19 GBO)
    Jede Eintragung setzt eine Bewilligung (= einseitige Erklärung) desjenigen, dessen Recht betroffen ist, voraus. Diese Bewilligung genügt auch dann, wenn an sich für die Änderung der dinglichen Rechtslage mehr erforderlich wäre als eine einseitige Erklärung (wie in aller Regel der Fall, vgl. §§873). Diese Regelung wird formelles Konsensprinzip genannt. Anderes gilt nur im Falle der Auflassung sowie beim Erbbaurecht: Hier muß gem. §§20 GBO die erforderliche Einigung beider Parteien nachgewiesen werden (sog. materielles Konsensprinzip).
    • Voreintragung des Betroffenen (§§39 GBO)
    Die materielle Berechtigung des Bewilligenden wird nicht überprüft; es reicht, daß er eingetragen ist (d.h. die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs gilt auch für das Grundbuchamt selbst!).
    • Formbedürftigkeit (§§29 GBO)
    Alle Eintragungsunterlagen sind prinzipiell formbedürftig (d.h. in Form von „öffentliche Urkunden", vgl. §§415 ZPO).

II. Verfügungen über dingliche Rechte an Grundstücken (§§§873 - 878)

Änderungen der dinglichen Rechtslage eines Grundstücks, die auf Rechtsgeschäft beruhen, setzen grundsätzlich den Doppeltatbestand der Einigung und Eintragung voraus (§§§873, 877). Ausnahmen macht das Gesetz in den §§§875, 876 bei Änderung der Rechtslage durch Verfügungen. Außerdem gilt, daß bei Übertragung des Eigentums an Grundstücken zusätzliche Anforderungen gelten (§§925, vgl. dort).

1. Die Einigung

Die Einigung ist ein dinglicher Vertrag, für den auch die Regeln des Allgemeinen Teils gelten. Sie ist grundsätzlich formlos möglich und kann unter eine Bedingung gestellt werden. Ausnahmen gelten nur für die Auflassung (vgl. §§925). Die Einigung ist grundsätzlich bis zur Eintragung frei widerruflich, sofern die Parteien nicht nach §§873 Abs.2 daran gebunden sind. Dies ist der Fall, wenn die Erklärungen notariell beurkundet oder vor dem Grundbuchamt abgegeben oder bei diesem eingereicht sind oder wenn der Berechtigte dem anderen Teil eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung ausgehändigt hat.
Ist die Einigung nicht mehr widerrufbar, so ist fraglich, ob dem Erwerber dann (ggfs. unter weiteren Voraussetzungen) ein Anwartschaftsrecht zusteht. Ein Anwartschaftsrechts liegt vor, wenn von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechtes (insb. des Eigentums) schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, daß von einer gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, die der andere an der Entstehung des Rechtes Beteiligte (insb. der Veräußerer) einseitig nicht mehr zu zerstören vermag (vgl. BGH NJW 82, 1639). Strittig ist, wann die Rechtsposition des Erwerbers so weit erstarkt ist, daß von einem Anwartschaftsrecht gesprochen werden kann:
  1. Die bindende Einigung (§§873) alleine schützt nur gegen den einseitigen Widerruf des Veräußerers, aber nicht gegen abredewidrige Verfügungen (§§873 Abs.2 ist keine Verfügungsbeschränkung!). Daher liegt nur bei Vorliegen der bindenden Einigung noch kein Anwartschaftsrecht vor. Dennoch kann der Erwerber durch die Stellung des Eintragungsantrages nach §§13§GBO nach h.M. ein Anwartschaftsrecht begründen. Dann muß das Grundbuchamt nach §§17§GBO diesen Antrag vor allen später eingetragenen Anträgen bearbeiten. Stellt aber der Veräußerer den Antrag, so hat er mit der Rücknahme des Antrags die Möglichkeit, die Erwerbsaussicht zu Fall zu bringen, so daß dann kein Anwartschaftsrecht vorliegt. Nach einer Gegenmeinung in der Lit. besteht dagegen kein Anwartschaftsrecht vor der Eintragung, da §§17§GBO lediglich eine formelle Ordnungsvorschrift des Grundbuchrechts sei, die keine materiellrechtlichen Auswirkungen habe.
  2. Wird die Einigung zusätzlich durch eine (eingetragene!) Vormerkung oder durch ein gerichtliches Veräußerungsverbot geschützt, so nimmt die wohl h.M. wegen der des Schutzes gegen Zwischenverfügungen (§§§883§Abs.2, 888) ein Anwartschaftsrecht an, da die Position des Erwerbers nicht mehr durch einseitige Handlung des Veräußerers zerstört werden kann.

2. Die Eintragung

  1. Zur Einigung der Parteien muß die Eintragung des Rechts ins Grundbuch hinzutreten, damit das Recht entsteht bzw. übertragen wird. Grundsätzlich wird im Grundbuch der Inhalt der Einigung eingetragen (siehe GBO). Im Falle des §§874 kann allerdings auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Grund dafür ist, daß der einzutragende Sachverhalt häufig so detailliert ist, daß eine wortwörtliche Wiedergabe im Grundbuch diesem die Übersichtlichkeit nehmen würde.
  2. Einigung und Eintragung müssen sich decken. Stimmt die Eintragung nicht mit dem Inhalt der Einigung überein, so entsteht entsprechend §§139 das Recht nur insoweit, als sich beide decken. War die Einigung fehlerhaft und wurde das Recht trotzdem eingetragen, so ist nun das Grundbuch unrichtig; damit besteht ein Berichtigungsanspruch nach §§894 (s.u.).
  3. Einigung und Eintragung können in beliebiger Reihenfolge erfolgen. War die Einigung fehlerhaft und wurde das Recht trotzdem eingetragen, so können sich die Parteien nachträglich einigen.

3. Verfügungsberechtigung des Veräußerers

Der Veräußerer muß grundsätzlich im Zeitpunkt der letzten Erwerbshandlung (also der Eintragung) zur Verfügung über das Recht befugt sein. Fehlt es an der Verfügungsbefugnis, so kommt aber ein Erwerb vom Nichtberechtigten nach §§892 in Betracht. Ein nachträglicher Verlust der Verfügungsbefugnis schadet dagegen nach §§878 nicht immer: Wenn die Einigung bindend geworden ist und der Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt gestellt worden ist (dem gleichgestellt ist die Eintragung einer Vormerkung), kann der Rechtserwerb dennoch stattfinden.
Ein Sonderfall ist die sog. Kettenauflassung: Ein Recht wird von A an B übertragen, der es sofort an C weiterüberträgt, ohne daß B ins Grundbuch eingetragen wird. B ist somit nie Rechtsinhaber. Jedoch sieht die h.M. in der Auflassung (Einigung) zwischen A und B die konkludente Ermächtigung des B zur Verfügung über das Recht, so daß B als Berechtigter verfügt.

III. Gutgläubiger Erwerb von Grundstücksrechten (§§§892, 893)

Gem. §§873 ist die neben Einigung und Eintragung auch die Verfügungsbefugnis des Verfügenden erforderlich. Fehlt d die Verfügungsbefugnis, so kommt auch bei einem dinglichen Recht an einem Grundstück ein gutgläubiger Erwerb nach Maßgabe der §§§892, 893 in Betracht. Voraussetzungen dieses Gutglaubensschutzes sind die folgenden.

1. Verfügung über ein Recht an einem Grundstück

Die §§§892, 893 sind nur insoweit anwendbar, als es sich um eine Verfügung über ein Recht an einem Grundstück handelt. Nicht geschützt sind deshalb:
  • der gesetzliche Erwerb (z.B. Erbgang, Zuschlag in der Zwangsversteigerung).
  • schuldrechtliche Verhältnisse (z.B. Miete, Pacht: guter Glaube des Pächters an das Eigentum des Verpächters unbeachtlich).
  • solche rechtsgeschäftlichen Erwerbsvorgängen, bei denen Verfügender und Erwerber in persönlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht identisch sind, d.h. der Schutz beschränkt sich auf Verkehrsgeschäfte (vgl. dort). Auf der Erwerberseite muß also mindestens eine Person stehen, die nicht auch auf Veräußererseite beteiligt ist.

2. Wirksamkeit der Eintragung

Als richtig gilt iSd §§892 aber nur das, was rechtswirksam eingetragen ist. Dabei gilt, daß alle Eintragungen grundsätzlich wirksam sind. Akte wie die Eintragung können in seltenen Extremfällen (z.B. bei Drohung, der zu widerstehen den Grundbuchbeamten nicht zugemutet werden konnte) nichtig sein. Insofern gelten die Regeln des Öffentlichen Rechts für die Nichtigkeit von Verwaltungsakten (Art. 44 BayVwVfG). In diesen Fällen kann kein gutgläubiger Erwerb stattfinden.

3. Unrichtigkeit des Grundbuchs

Es muß eine Unrichtigkeit des Grundbuchs zugunsten des Verfügenden in Ansehung eines Rechts vorliegen. Der „Rechtsscheinstatbestand“ der Grundbuchunrichtigkeit (d.h. Auseinanderfallen von Grundbuchinhalt und materieller Rechtslage) ist gegeben, wenn:
  • ein nicht bestehendes Recht eingetragen ist
  • ein bestehendes Recht nicht eingetragen ist
  • eine bestehende relative Verfügungsbeschränkung nicht eingetragen ist.

4. Gutgläubigkeit des Erwerbers

§§892 Abs.1 schließt die Gutgläubigkeit aus, wenn ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist. Anders als bei beweglichen Sachen (§§932 Abs. 2!) schadet hier nur positive Kenntnis; grobe Fahrlässigkeit (z.B. Nichteinsehen des Grundbuchs) hindert den guten Glauben nicht. Der gute Glaube muß nicht unbedingt zum Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs durch Eintragung vorliegen (§§892 Abs.2: „Zeitpunkt der Antragstellung“). Die Beweislast für die Bösgläubigkeit trägt der, der sie behauptet. Ist auf Erwerberseite ein Vertreter tätig geworden, so gilt §§166.

IV. Grundbuchunrichtigkeit (§§§894 - 899)

1. Entstehungsgründe

Die Unrichtigkeit des Grundbuchs, also das Auseinanderklaffen zwischen Rechtswirklichkeit und dem Grundbuchstand kann viele Ursachen haben, z.B.:
  • Die materiellrechtliche Einigung kann fehlen (z.B. wegen mangelnder Geschäftsfähikeit), nichtig sein (z.B. wegen Sittenwidrigkeit) oder weggefallen sein (z.B. durch Anfechtung), da dies bei der Eintragung nicht geprüft wird (formelles Konsensprinzip, s.o.)
  • Das Grundbuchamt kann (aus Versehen) etwas anderes eintragen, als zwischen den Parteien vereinbart wurde (z.B. will V an K die Parzelle a veräußern, im Grundbuch wird aber die auch dem V gehörende Parzelle b eingetragen).
  • Es kann sich eine Änderung kraft Gesetzes ergeben (z.B. aufgrund Erbfall), die idR. nicht der Eintragung bedarf (vgl. Antragsprinzip, s.o.)
  • Ein im Grundbuch eingetragenes Grundpfandrecht kann untergegangen (z.B. durch Erlöschen der Forderung und Umwandlung in eine Eigentümergrundschuld gem. §§§1163 Abs.1, 1177 Abs.1) oder auf einen anderen übergegangen sein (vgl. §§§1143. 1164)
Wegen der Vermutungs-/Gutglaubenswirkung (§§§891, 892) kann eine Unrichtigkeit des Grundbuchs für den Betroffenen schwerwiegende Folgen haben, z.B. kann ein Dritter aufgrund der Gutglaubenswirkung von einem Nichtberechtigten vollwertiges Eigentum erwerben. Dies kann der Betroffene mit der Eintragung eines Widerspruchs verhindern; außerdem kann er den Grundbuchberichtigungsanspruch geltend machen.

2. Eintragung eines Widerspruch (§§899)

Gem. §§892 Abs.1 S.1 ist ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen, wenn gegen die Richtigkeit des Grundbuchs ein Widerspruch eingetragen ist. Die Eintragung erfolgt gem. §§899 Abs.2 entweder auf Grund einer Bewilligung des Eingetragenen oder eine einstweilige Verfügung (§§§935 ZPO). Voraussetzung für die Eintragung eines Widerspruchs ist gem. §§899 Abs.1 das Vorliegen einer Grundbuchunrichtigkeit (§§894). Beachte: Ein eingetragener Widerspruch bewirkt keine Veräußerungssperre, sondern schließt nur den guten Glauben aus! Sollte also die Buchlage richtig, aber ein fehlerhafter Widerspruch eingetragen sein, so hindert das nicht den Erwerb. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Vollendung des Rechtserwerbs (§§892 Abs.1 S.1), nicht die Stellung des Eintragungsantrags, die §§892 Abs.2 (nur) hinsichtlich der Kenntnis des Erwerbers für ausschlaggebend erklärt. Sollte der Widerspruch fehlerhaft sein, dann wird er im Beschwerdeweg durch eine gerichtliche Entscheidung aufgehoben.

3. Grundbuchberichtigung (§§894)

Ist das Grundbuch in bezug auf ein bestimmtes Recht unrichtig, so steht nach §§894 demjenigen, der durch die Unrichtigkeit des Grundbuchs beeinträchtigt ist, gegen denjenigen, der im Grundbuch zu Unrecht eingetragen ist, einen Anspruch auf Bewilligung der Grundbuchberichtigung. Dessen Voraussetzungen sind:
  1. Unrichtigkeit des Grundbuchs


  2. Die Unrichtigkeit muß sich auf ein Recht am Grundstück (Eigentum oder beschränkt dingliches Recht), ein Recht an einem solchen Recht (Pfandrecht, Nießbrauch), eine relative Verfügungsbeschränkung sowie eine Vormerkung oder einen Widerspruch beziehen.

  3. Materielle Berechtigung des Anspruchstellers


  4. Der Kläger muß geltend machen, daß er Inhaber eines Grundstücksrechts ist und daß dieses Recht nicht oder nicht richtig eingetragen ist oder daß es durch eine andere (unrichtige) Eintragung beeinträchtigt ist.

  5. Formelle Berechtigung des Anspruchsgegners


  6. Der Anspruch richtet sich immer gegen denjenigen, dessen Rechtsposition rein buchmäßig von der Berichtigung betroffen ist und dessen Bewilligung erforderlich ist (§§19 GBO).

  7. Keine Einreden des Verpflichteten


  8. In Betracht kommt insbesondere die Einrede aus §§242 (dolo agit...), wenn der Berechtigte seinerseits zur Herstellung des eingetragenen Rechtszustandes verpflichtet wäre oder ein Zurückbehaltungsrecht hat. Zu beachten ist, daß sich das Zurückbehaltungsrecht wegen Verwendungen auf die Sache nicht aus §§1000 ergibt, da dieser hier nicht anwendbar ist, sondern aus §§§273 ana. iVm. 994§ff..
    Der Inhalt des Anspruchs ist auf die Abgabe der grundbuchrechtlichen Bewilligung nach §§29§GBO gerichtet. Wenn der Verpflichtete nicht freiwillig zustimmt, muß der Berechtigte Leistungsklage erheben. Es ergeht ein Leistungsurteil „auf Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung“, die mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt (§§894 ZPO). Der Anspruch entspricht in weiten Teilen der Vindikation aus §§985, da auch mit der Grundbuchberichtigung der wahre Rechtsinhaber den Rechtsscheinträger (den Besitz bzw. die Grundbucheintragung) von demjenigen herausverlangen kann, der ihn unberechtigterweise innehat. Daher sind nach h.M. auch die übrigen Regelungen des EBV (insbesondere hinsichtlich des Nutzungs- und Verwendungsersatzes und des Schadensersatzes) entsprechend anwendbar.

V. Die Vormerkung (§§ 883 - 888)

1. Begriff und praktische Bedeutung

Wegen der zahlreichen Eintragungsformalitäten und der „langsamen“ Arbeitsweise des Grundbuchamts liegt zwischen der Verpflichtung zur Übereignung eines Grundstücks und ihrer Vollendung durch die Eintragung häufig eine lange Zeit, was für den Erwerber Risiken mit sich bringt, z.B. kann der Veräußerer nach einer Auflassung (aber noch vor der Eintragung) das Grundstück an einen Dritten veräußern, zu dessen Gunsten die Eintragung schneller herbeigeführt wird. Dann geht der ursprüngliche Erwerber leer aus; ihm steht nur ein Schadensersatzanspruch aus §§§433 Abs.1, 440 Abs.1, 325 zu. Ein Ausweg für den Erwerber ist die Eintragung einer sog. Vormerkung nach §§883 Abs.1 ins Grundbuch. Gem. §§883 Abs.2 S.1 ist der Eigentumserwerb des Dritten dann dem ursprünglichen Erwerber gegenüber unwirksam (während er allen anderen gegenüber wirksam ist; beachte den Wortlaut „insoweit"!). Der Erwerber kann daher vom Veräußerer weiterhin die Übereignung verlangen, da dieser für ihn immer noch der Eigentümer ist (s.u.).
Die Vormerkung schützt also bei richtigem Grundbuch einen lediglich obligatorisch Berechtigten gegenüber den Verfügungen eines dinglich Berechtigten. Sie prophezeit den Eintritt einer künftigen Änderung der dinglichen Rechtslage. Im Gegensatz dazu schützt der Widerspruch den dinglich Berechtigten vor den Verfügungen eines Nichtberechtigten, die aufgrund des Gutglaubensschutzes wirksam sind. Er protestiert gegen die unrichtige Verlautbarung der gegenwärtigen Rechtslage im Grundbuch.
Die Vormerkung existiert in zwei Arten:
  • zur Einräumung eines Rechts (z.B. Auflassungsvormerkung für Käufer eines Grundstücks)
  • zur Aufhebung eines Rechts (z.B. Löschungsvormerkung)

2. Wirksamkeitsvoraussetzungen der Vormerkung

Voraussetzungen für die Entstehung einer Vormerkung sind:
  1. Vormerkungsfähiger Anspruch


  2. Die Vormerkung ist akzessorisch (§§883 Abs.1 S.1). Sie sichert nur obligatorische Ansprüche („auf“), d.h wirksame schuldrechtliche Ansprüche auf dingliche Rechtsänderung an einem Grundstück. Gem. §§883 Abs.1 S.2 kann sie aber auch künftige oder bedingte Ansprüche schützen (die bloß faktische Chance auf Erwerb des Anspruchs reicht nicht aus). Erforderlich ist eine konkrete, feste rechtliche Grundlage, insbesondere eine vom künftigen Schuldner einseitig nicht mehr zu beseitigende Bindung. Eine solche Bindung besteht nach der Rechtsprechung (BGH NJW 1981, 446) jedoch nicht bei einem formnichtigen Grundstücksverkauf zu einem nur scheinbar vereinbarten Kaufpreis, da die Heilung von der Mitwirkung des Veräußerers bei der Auflassung abhängt.

  3. Bewilligung des Betroffenen (§§885 Abs.1)


  4. Die Bewilligung ist eine einseitige, formfreie Erklärung. Sie kann auch nach §§19 GBO erfolgen oder durch Erlaß einer einstweiligen Verfügung (§§885 Abs.1 S.1 Alt.1 iVm. §§§936, 935 ZPO) erzwungen werden. Die Bewilligung der Vormerkung ist nach h.M. ein Anwendungsfall des §§893 Alt.2, so daß die Vormerkung auch gutgläubig erworben werden kann (s.u).

  5. Eintragung ins Grundbuch (§§883)


  6. Gem. §§883 Abs.1 S.1 ist die Eintragung der Vormerkung ins Grundbuch notwendig.

  7. Verfügungsberechtigung des Bewilligenden:


  8. Nach §§885 Abs.1 S.1 ist die Bewilligung desjenigen erforderlich, dessen Grundstück oder dessen Recht von der Vormerkung betroffen wird, er muß also Rechtsinhaber oder Verfügungsberechtigter sein. Fehlt die Verfügungsberechtigung, so kommt evtl. ein gutgläubiger Erwerb der Vormerkung in Betracht.

  9. Sonderregelung (§§1179a Abs. 1)


  10. §§1179a, der vom Gesetzgeber - insbesondere aus praktischen Erwägungen - nachträglich ins BGB eingeführt worden ist, regelt einen Fall des gesetzlichen Löschungsanspruchs. Gem. §§1179a Abs.1 S.1 kann der Gläubiger einer Hypothek von dem Eigentümer verlangen, daß dieser eine vorrangige oder gleichrangige Hypothek löschen läßt, wenn sie im Zeitpunkt der Eintragung der Hypothek des Gläubigers mit dem Eigentum in einer Person vereinigt ist oder eine solche Vereinigung später eintritt. §§1179a Abs.1 S.3 bestimmt, daß dieser Anspruch behandelt wird, als sei er mit einer Löschungsvormerkung gesichert. Gem. §§1179a Abs.5 ist nun der Ausschluß des Löschungsanspruchs gesondert eintragungsbedürftig.

3. Gutgläubiger Erwerb der Vormerkung

Voraussetzungen eines gutgläubigen Erwerbs der Vormerkung sind
  1. Anwendbarkeit der §§§892, 893


  2. Zwar ist die Vormerkung kein Recht an einem Grundstück oder Recht an einem solchen Recht iSv. §§892 Abs.2 S.1, sondern ein Sicherungsmittel eigener Art. Nach h.M. fällt es aber unter die Voraussetzungen des §§893 Alt.2, da die Bestellung aufgrund der Bewilligung eine „Verfügung“ iSd §§893 Alt. 2 darstellt (vgl. BGHZ 57, 341). Damit sind die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb von Immobiliarrechten entsprechend anwendbar (§§§893 Alt.2, 892). Der gutgläubige Erwerb ist aber nur beim rechtsgeschäftlichen Erwerb durch Bewilligung des Nichtberechtigten (§§885§Abs.1 S.1 Alt.2), nicht beim Erwerb kraft einstweiliger Verfügung (§§885 Abs.1 S.1 Alt.1) möglich; letztere fällt nicht unter §§893.

  3. Gutgläubigkeit des Erwerbers


  4. Der Erwerber muß im Zeitpunkt der Vormerkungserlangung gutgläubig sein. Ist er noch vor seiner Eintragung als Eigentümer bösgläubig geworden, so schadet dies nach Ansicht der Rechtsprechung nicht (RGZ 121, 44), da der gute Glaube zum Zeitpunkt der Vormerkungserlangung ausreichend ist, weil ab dann eine „Automatik" ablaufe und es auf die Voraussetzungen des §§892 nicht mehr ankomme. In der Literatur wird teilweise vertreten, in diesen Fällen auf §§892 Abs.2 abzustellen (guter Glaube zum Zeitpunkt der Antragstellung).
    Nach dem gutgläubigen Ersterwerb kann der neue Inhaber der Vormerkung vom wahren Eigentümer analog §§888 die Zustimmung zu seiner Eintragung ins Grundbuch verlangen.

4. Rechtswirkungen der Vormerkung

Bei der Wirkung der Vormerkung wird zwischen drei verschiedenen Wirkungen unterschieden:
  1. Sicherungswirkung (§§§883 Abs.2, 888)


  2. Die Vormerkung dient primär der Sicherung des schuldrechtlichen Anspruchs auf eine dingliche Rechts-änderung. §§883 Abs.2 beschränkt die Wirksamkeit der Vormerkung personell auf den Vormerkungsgläubiger (persönliche Begrenzung) und inhaltlich auf die „Beeinträchtigung“ bzw. „Vereitelung“ von dessen Recht (sachliche Begrenzung), sog. relative Unwirksamkeit. Danach sind Verfügungen des Vormerkungsschuldners über den Gegenstand der Vormerkung dem Vormerkungsgläubiger gegenüber insoweit dinglich unwirksam, als der gesicherte Anspruch durch die Zwischenverfügung vereitelt oder beeinträchtigt werden würde. Rechtsfolge dieser Sicherungswirkung ist, daß der Vormerkungsberechtigte gegen den Erwerber einen Anspruch auf Zustimmung zu der Eintragung oder der Löschung, die zur Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs erforderlich ist, hat (§§888 Abs.1).
    Umstritten ist, ob die Vereinbarung eines Mietvertrages durch den Vormerkungsschuldner gem. §§883 Abs.2 unwirksam ist. Eine direkte Anwendung des §§883 Abs.2 scheidet aus, da ein Mietvertrag keine „Verfügung" darstellt. In Betracht käme aber eine analoge Anwendung.
    • Die h.M. im Schrifttum spricht sich dafür mit der Begründung aus, daß ein Mietvertrag wegen §§571 Abs.1 („Veräußerung bricht nicht Miete") eine Drittwirkung entfaltet und damit der Struktur einer Verfügung nahekommt.
    • Der BGH hingegen lehnt eine analoge Anwendung wegen des Wortlauts des §§883 Abs.2 ab, der eben eine Verfügung voraussetze. Desweiteren sehe ein Mieter in aller Regel nicht das Grundbuch ein und erhalte deshalb von der Vormerkung keine Kenntnis. Außerdem werde der Vormerkungsgläubiger trotz der Miete (wie gewünscht) Eigentümer. Bezüglich des ihm entstehenden wirtschaftlichen Schadens hat er aber Ersatzansprüche gem. §§§440 Abs.1, 325 Abs.1 S.2 (Teilunmöglichkeit) gegen den Vormerkungsschuldner. Diese Ansicht ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Mieterschutzes vorzuziehen.

  3. Vollwirkung


  4. Der durch die Vormerkung geschützte Gläubiger kann im Konkurs des Schuldners vom Konkursverwalter gem. §§106 Abs.1 InsO die Erfüllung des gesicherten Anspruchs verlangen (Übereignung, Grundschuldbestellung, oä.).

  5. Rangwirkung


  6. Gem. §§883 Abs.3 bestimmt sich der Rang nach der Eintragung der Vormerkung. Die Rangwirkung spielt nur bei beschränkt dinglichen Rechten eine Rolle, nicht aber für die Auflassungsvormerkung, weil das Eigentum keinen „Rang" hat. Eine Löschungsvormerkung ist davon nicht betroffen („auf dessen Einräumung").

5. Übertragung und Erlöschen der Vormerkung

Wegen des Akzessorietätsprinzips geht zusammen mit der Abtretung der gesicherten Forderung analog §§401 auch die Vormerkung kraft Gesetzes über. Dabei entstehen folgende Probleme beim gutgläubigen Erwerb von Vormerkungen:
  1. Ein im Grundbuch zu Unrecht eingetragener „Buchberechtigter“ (in Wahrheit Nichtberechtigter) bewilligt eine Vormerkung zur Sicherung eines bestehenden, zukünftigen oder bedingten obligatorischen Anspruchs. In diesen Fällen ist ein gutgläubiger Erwerb der Vormerkung vom Buchberechtigten gem. §§893 Alt.2 iVm. §§892 Abs.1 möglich (BGHZ 57, 341, 343).
  2. Bei Abtretung eines nicht bestehenden obligatorischen Anspruchs, zu dessen Sicherung im Grundbuch eine Vormerkung eingetragen ist (und der auch nicht als künftiger oder bedingter Anspruch existiert), ist gutgläubiger Erwerb der Vormerkung durch den Zessionar schon deshalb ausgeschlossen, weil nicht einmal die Forderung gutgläubig erworben werden kann (insoweit grundsätzlich kein Gutglaubensschutz, vgl. §§§398ff.; Ausnahme: §§405) und die Vormerkung ohne zu sichernden Anspruch nicht existieren kann (Akzessorietät der Vormerkung, vgl. §§883 Abs.1).
  3. Bei Abtretung eines wirksam bestehenden obligatorischen Anspruchs, zu dessen Sicherung im Grundbuch zu Unrecht eine Vormerkung eingetragen ist (z.B. wegen unwirksamer Bewilligung iSv. §§885 Abs.1 S.1), ist umstritten, ob die Vormerkung gutgläubigen erworben werden kann. Während die Rechtssprechung einen solchen gutgläubigen Erwerb zuläßt, lehnt dies die hM ab: Eine zu Unrecht eingetragene Vormerkung kann bei Abtretung einer wirksamen Forderung nicht gutgläubig erworben werden, weil sie analog §§401 kraft Gesetzes auf den Zessionar übergeht, der Zedent also keine Verfügung über ein dingliches Recht an einem Grundstück trifft, auf welche (allein) die §§§892, 893 anwendbar wären.
  4. Die Vormerkung erlischt automatisch mit dem Untergang der Forderung. Folgen sind eine Grundbuchunrichtigkeit und ein Berichtigungsanspruch analog §§894. Wird die Vormerkung zu Unrecht gelöscht (was ihren Fortbestand nicht berührt), so wird der gute Glaube des Erwerbers eines dinglichen Rechts an einem Grundstück an das Nichtbestehen der Vormerkung nach §§§892, 893 geschützt.

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