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Widerruf nach dem HaustürWG
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Laurent Lafleur
Der Widerruf nach dem HaustürWG
Grundsätzlich kommt zwar durch
Angebot und Annahme ein wirksamer Vertrag zustande; in bestimmten Fällen
wird jedoch einer der Vertragsparteien das Recht eingeräumt, ihre
Willenserklärung innerhalb einer bestimmten Frist zu widerrufen.§
Erst wenn innerhalb der Frist kein
Widerruf erfolgt, wird die Willenserklärung der widerrufsberechtigten
Partei wirksam. Bis zum Ablauf der Frist bleibt die Willenserklärung
schwebend unwirksam. Wird das Widerrufsrecht wirksam ausgeübt,
kommt kein Vertrag zustande.
Im Unterschied zu den sonst im BGB
vorgesehenen Fällen der schwebenden Unwirksamkeit wird der Vertrag
mit Ablauf der Frist bei Untätigkeit des Widerrufsberechtigten nicht
endgültig unwirksam, sondern im Gegenteil, voll wirksam. Der Widerruf
dient also dazu, die Genesung des Vertrags zu verhindern, wandelt also
einen schwebend unwirksamen Vertrag in einen nichtigen Vertrag um.
Ein solches Widerrufsrecht steht neben
dem Verbraucherkreditnehmer insbesondere dem Kunden eines
sog. Haustürgeschäfts zu.
Der gesetzlich gewährleistete
Schutz des Kunden durch das HaustürWG kann nicht durch Parteivereinbarung
eingeschränkt werden; alle von den Vorschriften des HaustürWG
zum Nachteil des Kunden abweichenden Vereinbarungen sind gem. § 5
IV 1 HaustürWG unwirksam.
Gem. § 5 II HautürWG ist
ein Geschäft iSd § 1 1 HaustürWG nur nach dem VerbrKrG zu
beurteilen, wenn es zugleich dessen Voraussetzungen erfüllt.
Gem. § 7 I HaustürWG gilt
für Klagen aus Geschäften iSd § 1 HaustürWG ausschließlich
der allgemeine Gerichtsstand des Kunden.
A. VORAUSSETZUNGEN DES WIDERRUFSRECHTS
Das Widerrufsrecht setzt voraus, daß
der Kunde unter besonderen Umständen zur Abgabe einer Willenserklärung
bestimmt worden ist, die auf den Abschluß eines Vertrags über
eine entgeltliche Leistung gerichtet ist (§ 1 I HaustürWG).
I. Engeltliche Leistung
Die Willenserklärung muß
das Angebot oder die Annahme zum Abschluß eines Vertrages über
eine entgeltliche Leistung sein. Hierunter fallen alle Verträge,
nach denen der Kunde zur Leistung eines Entgelts verpflichtet wird.§
Nach der neuen Rechtsprechung des BGH
sollen auch Bürgschaftsverträge hierunter fallen.§§
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Obwohl der Bürge nur eine einseitige
Verpflichtung übernimmt, soll das Bedürfnis, ihn vor Überrumpelung
zu schützen größer sein, als in den Fällen, in denen
einem Kunden für seine Leistung irgendein Entgelt versprochen oder
geleistet wird. Die Wende des BGH ist aber wohl auch auf die europäische
Rechtsangleichung zurückzuführen.
II. Überraschung oder Überrumpelung
Das Gesetz zählt in § 1 I
HaustürWG mehrere Tatbestände auf, bei denen von einer Überraschung
und Überrumpelung des Kunden auszugehen ist:
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bei mündlichen Verhandlungen am Arbeitsplatz
(auch Werksgelände) oder in der Privatwohnung des Kunden (§ 1
I Nr. 1 HaustürWG)
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bei Freizeitveranstaltungen, die von der
anderen Vertragspartei oder in deren Interesse von einem Dritten durchgeführt
werden (§ 1 I Nr. 2 HaustürWG)
-
bei einem überraschendem Ansprechen
in öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Bereich öffentlicher
Verkehrswege (§ 1 I Nr. 3 HaustürWG)
Nach dem Schutzzweck des Gesetzes
und dem Umgehungsverbot des § 5 I HaustürWG sollen letztlich
trotz der eigentlich abschließenden Regelung in § 1 I HaustürWG,
alle Willenserklärungen unter das HaustürWG fallen, die außerhalb
von Geschäftsräumen mitverursacht worden sind.
Verhandlungen iSd §
1 I Nr. 1 HaustürWG beginnen nicht erst dann, wenn es um die Einzelheiten
der Vertragsgestaltung geht; hiervon werden vielmehr auch jedes werbemäßige
Ansprechen eines Kunden, jede anbieterinitiierte Kontaktaufnahme, die auf
einen späteren Vertragsabschluß zielen, erfaßt.
Bestimmt iSd § 1
I Nr. 1 HaustürWG wird der Kunde schon dann, wenn die erste Kontaktaufnahme
einen unter mehreren Beweggründen für den Vertragsschluß
ausmacht.
Problem: Überrumpelung durch
Angehörige?
Fraglich erscheint, inwiefern
eine Überrumpelung iSd § 1 I HaustürWG auch durch nahe Angehörige
möglich ist.
Hiergegen könnte sprechen, daß
der Angehörige nicht als Verhandlungsgehilfe des Gläubigers unbestellt
in die häusliche Sphäre des Schuldners eindringe.
Dies soll allerdings nur für die
Fälle gelten, in denen der nahe Angehörige den Schuldner überredet,
einer Bank Sicherheit für eigene Kreditschulden zu gewähren.
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Begründet wird dies damit, daß
der Schutz vor psychologischem Druck und Überredungskünsten eines
nahen Angehörigen nicht Aufgabe des HaustürWG ist.
Tritt der nahe Angehörige dem Schuldner
dagegen wie einem Dritten gegenüber, geht es also nicht um eigene
Kreditschulden bleibt das HaustürWG weiterhin anwendbar.
III. Persönlicher Anwendungsbereich
Problem: Juristische Person als
Kunde iSd § 1 I HaustürWG
Fraglich erscheint, inwiefern
Kunde iSd § 1 I HaustürWG auch eine juristische Person§
sein kann.
Zwar beschränkt die EG-Haustürgeschäfte-Richtlinie
85/577/EWG, auf der HaustürWG beruht, in Art. 1 I den Anwendungsbereich
auf Verbraucher; aber gem. Art. 8 der Richtlinie ist ein strengeres nationales
Recht ausdrücklich zugelassen. Art. 5 EGV steht einer derartigen Auslegung
damit nicht entgegen.
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Es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz
dahingehend, daß juristische Personen geschäftserfahrener sind
als natürliche Personen; insofern sind juristische Personen, auch
solche des öffentlichen Rechts nicht grundsätzlich aus dem persönlichen
Anwendungsbereich des HaustürWG ausgeschlossen.§
Problem: Vertreter ohne Vertretungsmacht
als Kunde iSd § 1 I HaustürWG?
Fraglich erscheint, inwiefern
ein Vertreter ohne Vertretungsmacht Kunde
iSd § 1 I HaustürWG sein kann.
Nach ganz hM soll dies bejaht werden.
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Begründet wird das damit, daß
der Vertreter ohne Vertretungsmacht grundsätzlich vollständig
in die Rechtsstellung des Vertretenen eintritt und deshalb auch ein diesem
zustehendes Widerrufsrecht ausüben können muß.
Problematisch ist dann aber weiter, ob
dem Vertreter ohne Vertretungsmacht das Widerrufsrecht nur dann zustehen
soll, wenn auch der Vertretene ein Widerrufsrecht gehabt hätte.
Nach der Rechtsprechung soll dem Vertreter
ohne Vertretungsmacht nur dann ein Widerrufsrecht zustehen, wenn dieses
auch dem Vertretenen zugestanden hätte.
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Begründet wird dies damit, daß
der Vertragspartner geschützt werden solle; dieser dürfe nämlich
durch das Fehlen der Vertretungsmacht nicht schlechter gestellt werden.
Für den Fall des § 6 HaustürWG bestehe für ihn auch
gar kein Anlaß, den Vertreter über ein nicht gegebenes Widerrufsrecht
zu belehren.
Nach aA soll dagegen nur auf die Person
des Vertreters ohne Vertretungsmacht abgestellt werden.
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Hierfür wird angeführt, daß
gerade das für die Fälle des § 1 HaustürWG typische
Überraschungsrisiko die Gefahr einer Überschreitung der Vertretungsmacht
durch den etwa an seinem Arbeitsplatz angesprochenen Vertreter in sich
berge.§
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Sinn und Zweck des HaustürWG sei
es zudem, gerade denjenigen zu schützen, der sich konkret in der gesetzestypischen
Entscheidungssituation befinde.§
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Des weiteren seien nur durch diese Auslegungsmöglichkeit
Schutzlücken des HaustürWG zu vermeiden.§
B. AUSSCHLUß DES WIDERRUFSRECHTS
In bestimmen Fällen ist das Widerrufsrecht
jedoch trotz Vorliegens eines der Tatbestände des§§§§§
§ 1 I HaustürWG ausgeschlossen:
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wenn die Vertragsverhandlungen auf vorherige
Bestellung des Kunden geführt worden sind (§ 1 II Nr. 1 HaustürWG);
hier besteht kein Überraschungseffekt.
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wenn die Leistung sofort erbracht und
bezahlt wird und das Entgelt nicht mehr als 80,- DM beträgt (§
1 II Nr. 2 HaustürWG); diese Fälle werden als Bagatellgeschäfte
angesehen, die den Kunden nur geringfügig belasten.
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wenn die Willenserklärung von einem
Notar beurkundet worden ist (§ 1 II Nr. 3 HaustürWG); hier ist
der Kunde durch die Belehrung durch den Notar ausreichend geschützt).
-
wenn der Vertrag vom Kunden in Ausübung
einer selbständigen Erwerbstätigkeit geschlossen
wird (§ 6 Nr. 1 Var. 1 HaustürWG); aufgrund der vorhandenen geschäftlichen
Erfahrung benötigt der Kunde hier keinen besonderen Schutz.
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wenn die andere Partei nicht geschäftsmäßig
handelt (§ 6 Nr. 1 Var. 2 HaustürWG); hier ist der Kunde keinem
professionellen Schwätzer ausgeliefert.
I. Details zur Bestellung iSd §
1 II Nr. 1 HaustürWG
Eine Bestellung iSd §
1 II Nr. 1 HaustürWG soll dann abgelehnt werden, wenn die Bestellung
auf die Initiative des Verkäufers selbst zurückgeht, sog. provozierte,
erschlichene Bestellung.
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Diese soll regelmäßig dann
vorliegen, wenn der Gewerbetreibende von sich aus durch einen unverlangten
Telefonanruf das Einverständnis des Kunden zu einem Hausbesuch herbeiführt
und es für den Angerufenen nicht ohne weiteres ersichtlich ist, daß
er dadurch sein Einverständnis mit dem Besuch eines werbenden Vertreters
erklärt.
Mithin muß also die Bestellung auf
Initiative des Kunden erfolgt sein. Darüber hinaus muß
die Bestellung die Thematik der Verhandlung umreißen.
II. Details zur selbständigen
Erwerbstätigkeit
Problem: Gemeinde als selbständige
Erwerbsperson?
Fraglich ist, ob auch eine Gemeinde
unter die Ausschlußregelung des § 6 Nr. 1 Var. 1 HaustürWG
fällt.
Dies wird nach allgemeiner Meinung
bejaht.
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Zwar gehen Gemeinden grundsätzlich
keiner Erwerbstätigkeit im Sinne eines Gewinnstrebens nach, doch sei
das entscheidende Kriterium für die Annahme einer Erwerbstätigkeit
das Merkmal der Selbständigkeit; dieses werde aber ohne weiteres von
kommunalen Gebietskörperschaften refüllt.§
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Darüber hinaus bezwecke das HaustürWG
nicht den Schutz der öffentlichen Hand.§
III. Versicherungsverträge
Gem. § 6 Nr. 2 HaustürWG
soll das Gesetz für den Abschluß von Versicherungsverträgen
grundsätzlich nicht gelten; diese besondere Behandlung ist allerdings
durch keinen vernünftigen Grund sachlich gerechtfertigt.§
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Nach Brox verstößt sie daher
gegen Art. 3 GG und ist somit verfassungswidrig.§
C. AUSÜBUNG DES WIDERRUFSRECHTS
Gem. § 1 I HaustürWG wird
das Widerrufsrecht durch eine schriftliche Widerrufserklärung binnen
einer Frist von einer Woche ausgeübt. Die empfangsbedürftige
Willenserklärung muß das Wort Widerruf nicht explizit enthalten,
es ist lediglich erforderlich, daß der Vertragspartner aus ihr entnehmen
kann, daß der Kunde sich von dem Vertrag lösen will.
I. Form
Die Widerrufserklärung bedarf
der Schriftform. Eine mündliche Erklärung gegenüber dem
Vertragspartner reicht nicht aus.
II. Frist
Der Widerruf muß fristgemäß
erfolgen; zur Wahrung der Frist ist es gem. § 2 I 1 HaustürWG
ausreichend, wenn der Kunde den Widerrufs rechtzeitig absendet, Zugang
muß innerhalb der Frist nicht gegeben sein. Die konkrete Widerrufsfrist
richtet sich danach, ob der Kunde ordnungsgemäß über sein
Widerrufsrecht belehrt worden ist.§
Bei ordnungsgemäßer
Belehrung beträgt die Widerrufsfrist eine Woche, sie beginnt
mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung an den Kunden.
1. Belehrung
Gem. § 2 HaustürWG muß
die Belehrung schriftlich erfolgen und drucktechnisch deutlich gestaltet
sein. Aus dem Inhalt der Belehrung muß der Kunde entnehmen können,
daß er ohne weitere Voraussetzungen innerhalb einer Woche seine Willenserklärung
widerrufen kann, der Widerruf schriftlich erfolgen muß und die Frist
durch Absendung des Widerrufs gewahrt wird. Ferner muß die Belehrung
eine Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist sowie den Namen
und die Anschrift des Widerrufsempfängers beinhalten.§
Die Belehrung muß gem. §
2 I 2 HaustürWG vom Kunden unterschrieben und ihm ausgehändigt
werden.
Die Aushändigung ist allerdings
keine einklagbare Pflicht des Vertragspartners, sondern lediglich eine
Obliegenheit, bei deren Verletzung ihm rechtliche Nachteile drohen, hier
also der Umstand, daß der Beginn der Widerrufsfrist nach § 2
I 4 HaustürWG hinausgeschoben wird.
2. Folgen einer nicht ordnungsgemäßen
Belehrung
Gem. § 2 I 4 HaustürWG erlischt
das Widerrufsrecht des Kunden erst einen Monat nach beiderseits vollständiger
Erbringung der Leistung.
D. FOLGEN DES WIDERRUFS
Bei wirksamer Ausübung des Widerrufsrechts
ist gem. § 3 I 1 HaustürWG jeder Teil verpflichtet, dem anderen
Teil die empfangenen Leistungen Zug um Zug (§ 4 HaustürWG) zurückzugewähren.
Das Widerrufsrecht bleibt dem Kunden
gem. § 3 I 2 HaustürWG selbst dann erhalten, wenn die Herausgabe
des Gegenstandes unmöglich geworden ist oder der Gegenstand sich verschlechtert
hat. Soweit den Kunden ein Verschulden an der Verschlechterung bzw. dem
Untergang trifft, hat er allerdings gem. § 3 I 2 HaustürWG Wertersatz
zu leisten.
Wird der Kunde über sein Widerrufsrecht
aber nicht ordnungsgemäß belehrt und erlangt er auch nicht anderweitig
Kenntnis von seinem Recht, braucht er gem. § 3 II HaustürWG nur
Wertersatz zu leisten, wenn ihm ein Verstoß gegen die Sorgfalt zur
Last fällt, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (diligentia
quam in suis, § 277 BGB).
Gem. § 3 III HaustürWG ist
der Kunde verpflichtet, für die Gebrauchsüberlassung, die Benutzung
der Sache, sowie für sonstige Leistungen Ersatz des Wertes zu leisten,
der auf die Zeit zwischen Empfangnahme und Ausübung des Widerrufsrechts
entfällt.
Gem. § 3 IV HaustürWG ist
der Vertragspartner des Kunden verpflichtet, diesem die auf die Sache gemachten,
notwendigen Aufwendungen zu ersetzen.
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