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Verfahren vor dem EuGH
Überblick:
  • Überblick
  • Vertragsverletzungsverfahren
  • Nichtigkeitsklage
  • Untätigkeitsklage
  • Vorabentscheidungsverfahren
  • Amtshaftungsklage

A. Überblick

Vor dem EuGH (und dem EuG) gilt - wie beim BVerfG - ein numerus clausus der zulässigen Verfahrensarten, d.h. eine Anrufung von EuG und EuGH kommt nur in Betracht, wenn der EGV in den Art.§226§ff. eine entsprechende Verfahrensart vorsieht. Die Verfahrensarten des EGV sind:
  • Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten (Art.§226, 227 EGV)
  • Nichtigkeitsklage gegen Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane (Art.§230 EGV)
  • Untätigkeitsklage wegen unterlassener Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane (Art.§232§EGV)
  • Vorabentscheidungsverfahren für Fragen mitgliedstaatlicher Gerichte über die Auslegung und Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts (Art.§234EGV)
  • Amtshaftungsklage wegen der deliktischen Haftung der Gemeinschaftsorgane (Art.§235, 288§Abs.2 EGV)
Daneben gibt es noch die Beamtenklage (Art.§236 EGV); weitere Verfahren finden sich in den Art.§237-239 EGV.

B. Vertragsverletzungsverfahren

I. Zulässigkeit

1. Sachliche und funktionelle Zuständigkeit

Die Zuständigkeit des Gerichtshofes ist nur gegeben, wenn das Verfahren diesem ausdrücklich zugewiesen ist (Prinzip der enumerativen Einzelermächtigung, Art.§7 Abs.1 S.2, 240 EGV). Der EuGH ist nicht in den Fällen zuständig, die aufgrund Art.§225 Abs.2 EGV dem Gericht erster Instanz zugewiesen sind. Nach Art.§3 des Beschlusses des Rates zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz (Nomos-Sammlung Nr.16) ist das Vertragsverletzungsverfahren nicht dem Gericht erster Instanz zugewiesen, so daß der EuGH für das Verfahren zuständig ist.

2. Beteiligtenfähigkeit

  1. Aktiv legitimiert ist immer die Kommission (Art.§226 Abs.2 iVm. 211 EGV; beachte aber den Ermessensspielraum) und jeder Mitgliedstaat (Art.§227 Abs.1 EGV; mehrere Mitgliedsstaaten in einem gemeinsamen Verfahren).
  2. Passiv legitimiert ist nur der Mitgliedsstaat (Art.§226 Abs.1 bzw. Art.§227 Abs.1 EGV). Unter Staat versteht man alle Organe und Handlungsformen eines Staates, nicht jedoch das Verhalten Privater (ausreichend ist insoweit aber, wenn der Staat maßgeblich auf das Verhalten eines Privaten Einfluß hat).

3. Klagegegenstand / Antrag

Klagegegenstand sind Vertragsverletzungen der Mitgliedstaaten. Der Antrag muß auf die Feststellung gerichtet sein, daß der Mitgliedsstaat durch eine bestimmte Verhaltensweise gegen eine gemeinschafltiche Pflicht verstoßen hat. Wegen der generellen Umsetzungspflicht des Art.§10 EGV kommen sowohl Verstöße gegen unmittelbar anwendbares Primär- und Sekundärrecht in Betracht. Der häufigste Fall ist ein Verstoß gegen die Umsetzungspflicht von Richtlinien nach Art.§10 EGV iVm. 249 Abs.3 EGV).

4. erfolgloses Vorverfahren

Beim Vertragsverletzungsverfahren nach ist die Durchführung eines Vorverfahrens zwingend vorgeschrieben. Hinsichtlich des Ablaufs des Vorverfahrens ist zu unterscheiden, ob die Kommission die Klage erhoben hat oder ein Mitgliedstaat.
  1. Vorverfahren bei Klage der Kommission nach Art.§226 EGV


    • Die Kommission hat vor Erhebung der Klage ein (inhaltlich und formal korrektes) erstes Mahnschreiben an den betreffenden Mitgliedstaat zu richten, in dem sie mitteilt, durch welches Verhalten er welche gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen verletzt hat. Dieses Mahnschreiben grenzt den späteren Klagegegenstand in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ab, so daß eine spätere Klage, die den Gegenstand in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht erweitert, insoweit unzulässig ist.
    • Damit verbunden ist eine Aufforderung, sich innerhalb einer bestimmten Frist zu den erhobenen Vorwürfen zu äußern.
    • Nach einer Äußerung des betreffenden Mitgliedstaats oder nach Ablauf der im Mahnschreiben gesetzten Frist gibt die Kommission eine (inhaltlich und formal korrekt) begründete Stellungnahme ab. Die Stellungnahme darf grds. keine Beanstandungen enthalten, die nicht bereits Gegenstand des Mahnschreibens waren.
    • Darüberhinaus hat die Kommission dem Mitgliedstaat eine angemessene Frist zur Beseitigung des Vertragsverstoßes zu setzen (vgl. Art.§226 Abs.2 EGV).
    • Kommt der Staat der Stellungnahme innerhalb der Frist nicht nach, ist das Voverfahren erfolglos abgeschlossen und die Kommission kann die Klage erheben.

  2. Vorverfahren bei Klage eines Mitgliedstaates nach Art.§227 EGV


    • Der Mitgliedstaat hat zunächst die Kommission mit der Angelegenheit befassen (Art.§227 Abs.2 EGV), indem er einen Antrag auf Abgabe einer Stellungnahme hinsichtlich der geltend gemachten Vertragsverletzung stellt.
    • Daraufhin für die Kommission zunächst ein kontradiktorisches Verfahren durch, in dem den beteiligten Mitgliedstaaten Gelegenheit zu schriftlicher oder mündlicher Äußerung gegeben wird (Art.§227 Abs.3 Hs.2§EGV). Danach gibt die Kommission eine begründete Stellungnahme ab, in der sie ihre Auffassung zu den erhobenen Vorwürfen darlegt (Art.§227 Abs.3 Hs.1§EGV).
    • Mit Abgabe der Stellungnahme oder durch den Ablauf einer Frist von drei Monaten ist das Vorverfahren erfolglos abgeschlossen und der Mitgliedsstaat kann Klage erheben (Art.§227 Abs.4 EGV).

5. ordnungsgemäße Klageerhebung

  1. Postulationsfähigkeit: Art.§17 Abs.1 Satzung EuGH (Nomos-Sammlung Nr.13)
  2. Klageschrift: Art.§18, 19 Satzung EuGH; Art.§37, 38 VerfO EuGH (Nomos-Sammlung Nr.14)
  3. Klagefrist: keine

6. Rechtsschutzinteresse

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis bedarf nur dann einer besonderen Prüfung, wenn Anhaltspunkte für sein Fehlen bestehen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Mitgliedstaat vor Erhebung der Klage die gerügte Vertragsverletzung beseitigt hat. Der EuGH hat dies in st. RSpr. bejaht, insb. wenn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht, weil davon z.B. die Haftung des Mitgliedsstaates auf Schadensersatz gegenüber einem Betroffenen abhängt.

II. Begründetheit

Die Feststellungsklage wegen Vertragsverletzung durch einen Mitgliedstaat ist begründet, wenn der gerügte Vertragsverstoß tatsächlich besteht (Art.§228 Abs.1 EGV).

1. Bindende Norm des Gemeinschaftsrechts

Es muß eine bindende Norm des Gemeinschaftsrechts bestehen.

2. Verstoß des Mitgliedsstaats durch Tun, Dulden oder Unterlassen

Dabei kommt es auf ein Verschulden des Mitgliedstaats nicht an; entscheidend ist allein die objektive Verletzung einer vertraglichen Pflicht. Für den Fall der Nichtumsetzung von RL ist die Klage begründet, wenn der beklagte Mitgliedstaat seine Verpflichtung aus Art.10 Abs.1 EGV (bzw. aus der RL) verletzt hat. Dies ist der Fall, wenn er Aussagen des primären Gemeinschaftsrechts (Art.§249 Abs.3 EGV) nicht beachtet hat. Dazu hat der EuGH folgendes ausgeführt: „Nach st. RSpr. verlangt die Umsetzung einer RL in innerstaatliches Recht nicht notwendig, daß ihre Bestimmungen förmlich und wörtlich in einer ausdrücklichen, besonderen Gesetzesvorschrift wiedergegeben werden; je nach dem Inhalt der RL kann ein allgemeiner rechtlicher Rahmen genügenm wenn er tatsächlich die vollständige Anwendung der RL in so klarer und bestimmter Weise gewährleistet, daß - soweit die RL Ansprüche des einzelnen begründen soll - die Begünstigten in der Lge sind, von allen ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen. Diese Voraussetzung ist besonders wichtig, wenn die RL darauf abzielt, den Angehörigen anderer Mitgliedsstaaten Rechte zu verleihen.“ Eine bloße Verweisung auf die RL reicht deshalb nicht aus.

3. Keine Rechtfertigung des Verstoßes aufgrund Gemeinschaftsrecht

Beachte: Innerstaatliche Hindernisse können gesetzliche Verstöße nicht rechtfertigen (vgl. dort).
  1. Gültigkeit der Gemeinschaftsrechtsnorm (Art.§241 EGV). Auf die Rechtswidrigkeit des gemeinschaftsrechtlichen Rechtsakts kann sich der Mitgliedstaat grundsätzlich nicht berufen, da sonst die besonderen Voraussetzungen der Nichtigkeitsklage nach Art.§230§EGV umgangen würden (keine Inzidentprüfung im Vertragsverletzungsverfahren!).
  2. keine ausdrückliche Ausnahme im Gemeinschaftsrecht, auf die sich der Mitgliedsstaat berufen könnte
  3. keine implizite Ausnahme im Gemeinschaftsrecht, auf die sich der Mitgliedsstaat berufen könnte

III. Entscheidung des Gerichtshofs

Gem. Art.§228 EGV ergeht ein Feststellungsurteil. Der Mitgliedstaats ist verpflichtet, die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil ergeben (Art.§228 Abs.1 EGV). Kommt der Mitgliedstaat dieser Pflicht nicht nach, so ist dies wiederrum eine Vertragsverletzung, die mit einem erneuten Vertragsverletzungsverfahren verfolgt werden kann (Vorverfahren dann nach Art.§228 Abs.2 EGV!). Außerdem ist dann eine Verurteilung zur Zahlung eines Pauschalbetrages oder Zwangsgeldes möglich (Art.§228 Abs.3 EGV).

C. Nichtigkeitsklage

I. Zulässigkeit

1. Sachliche und funktionelle Zuständigkeit

Die Zuständigkeit des Gerichtshofes ist nur gegeben, wenn das Verfahren diesem ausdrücklich zugewiesen ist (Prinzip der enumerativen Einzelermächtigung, Art.§7 Abs.1 S.2, 240 EGV). Der EuGH ist nicht in den Fällen zuständig, die aufgrund Art.§225 Abs.2 EGV dem Gericht erster Instanz zugewiesen sind. Nach Art.§3 lit.c des Beschlusses des Rates zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz (Nomos-Sammlung Nr.16) ist die Nichtigkeitsklage grds. dem EuGH zugewiesen, bei Klagen von natürlichen oder juristischen Personen gem. Art.§230 Abs.4 EGV ist jedoch das Gericht erster Instanz zuständig.

2. Beteiligtenfähigkeit

  1. Bei der Aktivlegitimation ist zwischen den privilegierten und nicht privilegierten Klagebefugten zu unterscheiden:


    • Privilegiert klagebefugt sind gem. Art.§230 Abs.2 EGV jeder Mitgliedstaat, der Rat und die Kommission.
    • Nicht privilegiert klagebefugt sind gem. Art.§230 Abs.3 und 4 EGV das EP, der Rechnungshof, die EZB sowie natürliche und juristische Personen.

  2. Passiv legitimiert sind das EP (zusammen mit dem Rat), die Rat, die Kommission und die EZB (Art.§230 Abs.1 EGV).

3. Klagegegenstand / Antrag

Klagegegenstand sind grundsätzlich alle Handlungen der Gemeinschaftsorgane, die dazu bestimmt sind, Rechtswirkungen zu erzeugen. Dies sind alle Rechtsakte iSd. Art.§249 Abs.2 bis 4 EGV (nicht z.B. unverbindliche Stellungnahmen oder Empfehlungen) sowie alle Handlungen EP mit Wirkung gegenüber Dritten. Bei Individualklagen (Art.§230 Abs.4 EGV) können dagegen nur Entscheidungen mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden. Hierbei kommt es nicht auf die Bezeichnung, sondern alleine auf die materielle Natur der jeweiligen Handlung an, d.h. auch Entscheidungen, die in Form einer Verordnung ergangen sind.

4. Klagebefugnis

Bei der Klagebefugnis ist zwischen den verschiedenen Klageberechtigten zu unterscheiden:
  1. Mitgliedstaaten, Rat und Kommission benötigen keine Klagebefugnis (Art.§230 Abs.2 EGV).
  2. Das EP, der Rechnungshof und die EZB müssen gem. Art.§230 Abs.3 EGV die Beeinträchtigung eigener Rechte durch einen Gemeinschaftsrechtsakt geltend machen.
  3. Bei Individualklagen nach Art.§230 Abs.4 EGV ist erforderlich, daß der Betroffene entweder Adressat einer Entscheidung ist (Alt.1) oder eine Entscheidung ihn unmittelbar und individuell betrifft (Alt.2).
  • Unmittelbare Betroffenheit bedeutet die Beeinträchtigung von Rechtspositionen und/oder wirtschaftlichen Interessen durch die angefochtene Gemeinschaftshandlung selbst, ohne daß es einer Umsetzung, Vollziehung oder Abwendung der Handlung durch die nationalen Behörden oder irgendwelche Dritte bedürfte.
  • Individuelle Betroffenheit liegt nur vor, wenn die „Entscheidung“ den Kläger wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebenden Umstände berührt und ihn daher in ähnlicher Weise individualisiert wie einen Adressaten.

5. Klagegrund

Der Kläger muß ferner einen der in Art.§230 Abs.2 EGV genannten Klagegründe geltend machen: Unzuständigkeit des handelnden Organs, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des Vertrages oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm, Ermessensmißbrauch (s.u.)

6. ordnungsgemäße Klageerhebung

  1. Postulationsfähigkeit: Art.§17 Abs.1 Satzung EuGH (Nomos-Sammlung Nr.13)
  2. Klageschrift: Art.§18, 19 Satzung EuGH; Art.§37, 38 VerfO EuGH (Nomos-Sammlung Nr.14)
  3. Klagefrist: Art.§230 Abs.5 EGV iVm. Art.§80 f. VerfO EuGH

7. Rechtsschutzinteresse

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis bedarf nur dann einer besonderen Prüfung, wenn Anhaltspunkte für sein Fehlen bestehen. Nach dem EuGH kann ein Mitgliedsstaat sogar dann gegen einen Rechtsakt klagen, wenn er diesem im Rat selbst zugestimmt hat.

II. Begründetheit

Die Nichtigkeitsklage nach Art.§230 EGV ist begründet, wenn der angefochtene Akt mit Mangeln behaftet ist, die unter einen der in Art.§230 Abs.2 aufgeführte Tatbestände fallen. Dabei ist der EuGH nicht auf die Prüfung der geltend gemachten Rechtsfehler beschränkt, sondern kann auch von Amts wegen nicht gerügte Mängel aufgreifen.
  1. Unzuständigkeit


  2. Beachte das Subsidiaritätsprinzip des Art.5 Abs.2 EGV!

  3. absolute Unzuständigkeit der Gemeinschaft
  4. Unzuständigkeit des handelnden Organs (relative Unzuständigkeit)
  5. räumliche Unzuständigkeit
  6. sachliche Unzuständigkeit
  7. Verletzung wesentlicher Formvorschriften


  8. Formvorschriften sind alle Regeln über die organinterne Willensbildung und die Entscheidungsverfahren zwischen den Organen. „Wesentlich“ sind die Formvorschriften, wenn sich ihre Verletzung auf den Inhalt der erlassenen Maßnahmen ausgewirkt haben könnte.

  9. Verletzung des EGV oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm
  10. nicht zutreffende Ermächtigungs- bzw. Rechtsgrundlage
  11. von der Rechtsgrundlage nicht gedeckt
  12. Verletzung der Normenhierarchie
  13. Verletzung auch allg. Rechtsgrundsätze (z.B. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz), Gemeinschaftsgrundrechte und völkerrechtliche Verträge
  14. Ermessenmißbrauch


  15. „Ermessen“ ist jeder der Verwaltung durch die einschlägigen Normen eröffnete Enscheidungs- bzw. Beurteilungs- bzw. Gestaltungsspielraum. Ein Mißbrauch liegt dann vor, wenn mit dem Erlaß einer Maßnahme absichtlich ein rechtswidriges Ziel verfolgt wird oder aus einem schwerwiegenden, einer Verkennung des gesetzlichen Zwecks gleichkommenden Mangel an Vorraussicht bzw. Umsicht andere Ziele als diejenigen verfolgt werden, zu deren Erreichung die im Vertrag vorgesehenen Befugnisse verliehen sind.

III. Entscheidung des Gerichtshofs

Ist die Nichtigkeitsklage begründet, so erklärt der EuGH bzw. das EuG den betreffenden Rechtsakt für nichtig (Art.§231 Abs.1 EGV). Das Urteil des EuGH ist ein Gestaltungsurteil und wirkt ex tunc und erga omnes (d.h. gegenüber jedermann). Nach Art.§231 Abs.2 EGV kann der EuGH anordnen, daß einzelne Bestimmungen als fortgeltend zu betrachten sind, obwohl sie für nichtig erklärt wurden. Damit wird dem Interesse der Rechtssichertheit und des Vertrauensschutzes gedient.
Nach Art.§233 Abs.1 EGV hat das Organ, dessen Rechtsakt für nichtig erklärt wurde, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Die mitgliedstaatlichen Gerichte und Verwaltungen dürfen für nichtig erklärte Gemeinschaftsrechtsakte nicht weiter anwenden.

D. Untätigkeitsklage

I. Zulässigkeit

1. Sachliche und funktionelle Zuständigkeit

Die Zuständigkeit des Gerichtshofes ist nur gegeben, wenn das Verfahren diesem ausdrücklich zugewiesen ist (Prinzip der enumerativen Einzelermächtigung, Art.§7 Abs.1 S.2, 240 EGV). Der EuGH ist nicht in den Fällen zuständig, die aufgrund Art.§225 Abs.2 EGV dem Gericht erster Instanz zugewiesen sind. Nach Art.§3 lit.c des Beschlusses des Rates zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz (Nomos-Sammlung Nr.16) ist die Nichtigkeitsklage grds. dem EuGH zugewiesen, bei Klagen von natürlichen oder juristischen Personen gem. Art.§232 Abs.3 EGV ist jedoch das Gericht erster Instanz zuständig.

2. Beteiligtenfähigkeit

  1. Bei der Aktivlegitimation ist zwischen den privilegierten und nicht privilegierten Klagebefugten zu unterscheiden:


    • Privilegiert klagebefugt sind gem. Art.§232 Abs.1 EGV die Mitgliedstaaten und die Organe (Art.§7 EGV) sowie die EZB (in ihrem Zuständigkeitsbereich, Art.§232 Abs.4 EGV).
    • Nicht privilegiert klagebefugt sind gem. Art.§232 Abs.3 EGV natürliche und juristische Personen.

  2. Passiv legitimiert sind das EP, die Rat und die Kommission (Art.§232 Abs.1 EGV) sowie die EZB (in ihrem Zuständigkeitsbereich, Art.§232 Abs.4 EGV).

3. Klagegegenstand / Antrag

Klagegegenstand ist das Unterlassen einer Beschlußfassung trotz einer primärrechtlichen Verpflichtung. "Beschluß" sind alle Maßnahmen, deren Tragweite sich hinreichend bestimmen läßt, so daß sie konkretisiert werden und Gegenstand eines Vollzugs iSv. Art.§233 EGV sein können. Beschlüsse in diesem Sinne sind nicht nur Rechtsakte, sondern auch unverbindliche Handlungen (z.B. Empfehlungen und Stellungnahmen); letztere aber nur gegenüber privilegierten Klägern.

4. Klagebefugnis

Bei der Klagebefugnis ist zwischen den verschiedenen Klageberechtigten zu unterscheiden:
  1. Bei den privilegierten Klägern ist keine Klagebefugnis notwendig (Art.§232 Abs.1 EGV).
  2. Bei Individualklagen nach Art.§232 Abs.3 EGV ist erforderlich, daß die Betroffenen geltend machen, daß der unterlassen Rechtsakt „an sie zu richten ist". Damit kommen allein Entscheidungen als Klagegegenstand in Betracht, da Verordnungen und RL nicht an einzelne gerichtet werden. Nach der Rspr. des EuGH können Untätigkeitsklagen aber auch bezüglich solcher Entscheidungen erhoben werden, die zwar an einem Dritten zu richten sind, den Kläger aber unmittelbar und individuell betreffen würden (positive Konkurrentenklage).

5. Erfolgloses Vorverfahren

Nach Art.§232 Abs.2 EGV ist die Untätigkeitsklage nur zulässig, wenn das betreffende Organ zuvor zum Tätigwerden aufgefordert wurde. Das Organ muß dann binnen zwei Monaten eine Stellungnahme abgegeben. Problematisch ist, wenn das Organ sich durch Beschluß weigert, dem geforderten Begehren inhaltlich nachzukommen. Darin ist zwar eine Stellungnahme zu sehen, die aber zugleich auch eine Entscheidung iSv. Art.§249 Abs.4 EGV darstellt. Diese kann jedoch nur mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden, so daß eine Untätigkeitsklage insoweit unzulässig ist.

6. ordnungsgemäße Klageerhebung

  1. Postulationsfähigkeit: Art.§17 Abs.1 Satzung EuGH (Nomos-Sammlung Nr.13)
  2. Klageschrift: Art.§18, 19 Satzung EuGH; Art.§37, 38 VerfO EuGH (Nomos-Sammlung Nr.14)
  3. Klagefrist: Art.§232 Abs.2 S.1 EGV

7. Rechtsschutzinteresse

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis bedarf nur dann einer besonderen Prüfung, wenn Anhaltspunkte für sein Fehlen bestehen.

II. Begründetheit

Die Untätigkeitsklage nach Art.§232 EGV ist begründet, wenn das beklagte Organ gemeinschaftsrechtlich verpflichtet gewesen wäre, den begehrten Rechtsakt zu erlassen. Dabei ist eine Gemeinschaftsrechtsverletzung idR. zu verneinen, soweit den Organen ein Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum zukommt, es sei denn, es läge ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vor.

III. Entscheidung des Gerichtshofs

Bei Begründetheit der Untätigkeitsklage stellt der EuGH lediglich den Vertragsverstoß des Organs fest. Nach Art.§233 Abs.1 §EGV hat das betreffende Organ die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben.

E. Vorabentscheidungsverfahren

I. Zweck

„Da die Zuständigkeit des Gerichtshofes gem. Art.§234 EGV dem Zweck dient, die in allen Mitgliedsstaaten die einheitliche Auslegungen der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen, beschränkt sich der Gerichtshof darauf, aus deren Wortlaut und Geist die Bedeutung der betreffenden Gemeinschatsnormen abzuleiten. Es ist sodann allein Sache der nationalen Gerichte, unter Berücksichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Umstände des bei ihnen anhängigen Rechtsstreits die in dieser Weise ausgelegten Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts anzuwenden.“ Das Vorabentscheidungsverfahren ist also ein objektives nicht kontradiktorisches Zwischenverfahren, das sehr stark vom Kooperationsprinzip zwischen den nationalen Gerichten und dem EuGH geprägt ist (vgl. auch Leitsatz 7 des Maastricht-Urteils des BVerfG: „Allerdings übt das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht in Deutschland in einem „Kooperationsverhältnis" zum Europäischen Gerichtshof aus“.)

II. Zulässigkeit

1. Sachliche und funktionelle Zuständigkeit

Die Zuständigkeit des Gerichtshofes ist nur gegeben, wenn das Verfahren diesem ausdrücklich zugewiesen ist (Prinzip der enumerativen Einzelermächtigung, Art.§7 Abs.1 S.2, 240 EGV). Der EuGH ist aufgrund Art.§225 Abs.1 S.2 EGV für Vorabentscheidungen ausschließlich zuständig.

2. Vorlageberechtigung

Nach Art.§234 Abs.2 EGV sind nur „Gerichte eines Mitgliedstaates“ vorlageberechtigt. Gericht idS. ist ein Spruchkörper, der auf gesetzlicher Grundlage ständig damit betraut ist, Rechtssachen unabhängig zu entscheiden. Im einzelnen müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
  • gesetzliche Grundlage
  • ständige Einrichtung (im Gegensatz zu ad hoc eingesetzten Gremien)
  • obligatorische Gerichtsbarkeit
  • streitiges Verfahren
  • Anwendung von Rechtsnormen (im Gegensatz zu Billigkeitsentscheidungen)
  • Unabhängigkeit der Richter
Danach genügen die deutschen staatlichen Gerichte diesen Anforderungen durchweg. Hingegen fehlt die Gerichtseigenschaft bei Schiedsgerichten, soweit sie nicht in das mitgliedsschaftliche Rechtsschutzsystem einbezogen sind. Danach sind deutsche Schiedsgerichte iSv. §§§1025§ff.§ZPO keine Gerichte iSd. Art.§234 EGV.

3. Vorlagegegenstand

Nach Art.§234 EGV sind nur Fragen über die Auslegung und Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts tauglicher Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens. Dies sind insbesondere:
  1. Fragen über die Auslegung des primären Gemeinschaftsrechts
  2. Fragen über die Auslegung und/oder Gültigkeit von sekundärem Gemeinschaftsrecht
  3. Fragen über die Auslegung der Satzungen der durch den Rat geschaffenen Einrichtungen
Auslegung idS. ist nur die allgemeine Deutung einer Norm, nicht die Anwendung auf einen konkreten Sachverhalt wie z.B. die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Gemeinschaftsrecht (evtl. aber Umdeutung der Vorlagefrage durch den EuGH). Die Subsumtion bleibt den nationalen Gerichten vorbehalten.

4. Entscheidungserheblichkeit

Das Vorabentscheidungsverfahren ist nur zulässig, wenn das vorlegende Gericht eine Entscheidung des EuGH zum Erlaß seines Urteils für erforderlich hält (Art.§234 Abs.2 EGV). Daher muß die vorgelegte Frage für den konkreten nationalen Rechtsstreit entscheidungserheblich sein. Dies wird vom EuGH grds. nicht nachgeprüft. Ausnahmen gelten nur in folgenden zwei Fällen:
  • es besteht offensichtlich kein Zusammenhang zwischen der vorgelegten Frage und der Rechtsstreitigkeit (konstruierte Vorlagen)
  • die Rechtsstreitigkeit wurde offensichtlich nur fingiert, um eine Überprüfung durch den EuGH zu erreichen (Einholung eines Gutachtens).

5. Vorlagepflicht

  1. letztinstanzlich entscheidendes Gericht (Art.§234 Abs.3 EGV)


  2. Gem. Art.§234 Abs.3 EGV besteht eine Vorlagepflicht für alle nationalen Gerichte, deren Entscheidungen mit innerstaatlichen Rechtsmitteln nicht mehr angefochten werden können. Strittig ist, ob diese Vorlagepflicht nur die obersten Gerichte (sog. abstrakte Betrachtungsweise) oder alle Gerichte, die in dem konkreten Verfahren letzte Instanz sind (sog. konkrete Betrachtungsweise), trifft. Die h.M. folgt der konkreten Betrachtungsweise, da Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens die Einheitlichkeit der Anwendung des Gemeinschaftsrechts ist. Daher sind z.B. auch Amtsgerichte vorlageverpflichtet, wenn deren Entscheidungen unanfechtbar sind. In Eilverfahren ist die Vorlage zwar zulässig, aber nicht obligatorisch, da die Auslegung des Gemeinschaftsrechts auch noch im Hauptsacheverfahren geklärt werden kann.

  3. ausnahmsweise Vorlagepflicht für nicht letztinstanzliches Gericht


  4. Nach der Rechtsprechung des EuGH besteht eine Vorlagepflicht auch für nicht letztinstanzliche Gerichte in zwei Fällen:

    • Nach der Foto-Frost-Rechtsprechung (EuGH Rspr. 1987, 4199 = NJW 1988, 1451) dürfen nationale Gerichte Gemeinschaftsrecht nicht verwerfen, weil dadurch die Einheitlichkeit des Gemeinschaftsrechts gefährdet wäre. Hält also das nationale Gericht eine entscheidungserhebliche Vorschrift des Gemeinschaftsrecht für ungültig und will diese unangewendet lassen, dann besteht insoweit eine Vorlagepflicht („Verwerfungsmonopol des EuGH“).
    • Will ein Gericht die Aussetzung der Vollziehung eines auf sekundärem Gemeinschaftsrecht beruhenden nationalen VA anordnen, dann muß es gleichzeitig die Frage der Gültigkeit des gemeinschaftsrechtliche Rechtsaktes vorlegen (Zuckerfabrik Suderdithmarschen, EuGH Rspr. 1991 I, 415)

  5. ausnahmsweise keine Vorlagepflicht für letztinstanzliches Gericht


  6. Nach der CILFIT-Rechtsprechung (EuGH Rspr. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257) ist auch ein letztinstanzliches Gericht in zwei Fällen nicht vorlagepflichtig:

    • Die aufgeworfene Rechtsfrage wurde bereits vom EuGH entschieden (jedoch ist eine erneute Vorlage zulässig, wenn das vorlegende Gericht daran zweifelt, ob der EuGH an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalten will).
    • Die Auslegung ist derart offenkundig, daß für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt.

III. Begründetheit

Auf einen zulässigen Antrag nach Art.§234 Abs.1 lit.a EGV legt der EuGH die betreffende Norm des Gemeinschaftsrechts aus. Bei der Gültigkeitsprüfung nach Art.§234 Abs.1 lit.b EGV werden alle rechtserheblichen Akte der Gemeinschaft mit Ausnahme der Urteile des EUGH selber (Wünsche III) am Maßstab vorrangigen Gemeinschaftsrechts (v.a. Primärrecht) gemessen. Völkerrechtliche Verträge werden indes vom EuGH nur eingeschränkt als Prüfungsmaßstab anerkannt (International Fruit Company),

IV. Entscheidung des Gerichtshofs

Die Wirkungen der Entscheidung sind im EGV nicht geregelt. Die Entscheidung des EuGH wirkt grds. ex tunc, aber nur inter pares (d.h. bindet das vorlegende Gericht sowie alle anderen Gerichte, die innerhalb des Instanzenweges mit demselben Streitgegenstand zu tun haben). Andere Gerichte werden bei vergleichbaren Sachverhalten jedoch auch faktisch gebunden, d.h. sie müssen bei einem geplanten Abweichen von der Rechtsprechung des EuGH ebenfalls vorlegen. Soweit der EuGH einen Gemeinschaftsrechtsakts im Vorabsentscheidungsverfahren für ungültig erklärt, kommt der Entscheidung allgemeine Bindungswirkung zu. In Betracht kommt auch eine analoge Anwendung des Art.§231 Abs.2 EGV.

V. Kontrolle der Einhaltung der Vorlagepflicht

Kommt ein letztinstanzliches Gericht seinen Verpflichtungen aus Art.§234 Abs.3 EGV nicht nach, so kann gegen den betreffenden Mitgliedsstaat ein Vertragsverletzungsverfahren durch die Kommission eingeleitet werden, was aber praktisch kaum der Fall ist.
Nach dem BVerfG (NJW 1988, 1456) ist aber auch der EuGH gesetzlicher Richter iSv. Art.§101 Abs.1 S.2 GG, so daß die unterlassene Vorlage an den EuGH grundsätzlich im Wege der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann. Jedoch begründet nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht jeder Verstoß gegen Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter. Die Verletzung von Art.§101 Abs.1 S.2 durch Unterlassen einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof setzt voraus, daß das nach Art.§234 EGV zur Vorlage verpflichtete Gericht eine Vorlagepflicht willkürlich außer acht gelassen hat. Allerdings ist der Willkürmaßstab außer am GG und dem innerstaatlichen Recht auch an die Besonderheiten von Art.§234 EGV und des Gemeinschaftsrecht im übrigen auszurichten. Danach liegt einen Verstoß gegen die Garantie des gesetzlichen Richters nur vor:
  1. wenn ein letztinstanzliches Hauptsachegericht trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit einer gemeinschaftsrechtlichen Frage eine Vorlage überhaupt nicht in Erwägung zieht,
  2. wenn es bewußt von der Rechtsprechung des EuGH abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt, und schließlich
  3. wenn es den ihm notwendig zukommenden Beurteilungsspielraum in unvertretbarer Weise bei Fällen überschritten hat, in denen eine einschlägige Rechtsprechung des EuGH noch nicht oder noch nicht erschöpfend vorliegt oder ihre Fortentwicklung nicht ganz fernliegend ist; der Beurteilungsspielraum ist unvertretbar überschritten, wenn Gegenauffassungen zu der entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechtes gegenüber der vom Gericht vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sind.

F. Amtshaftungsklage

I. Zulässigkeit

1. Sachliche und funktionelle Zuständigkeit

Die Zuständigkeit des Gerichtshofes ist nur gegeben, wenn das Verfahren diesem ausdrücklich zugewiesen ist (Prinzip der enumerativen Einzelermächtigung, Art.§7 Abs.1 S.2, 240 EGV). Der EuGH ist nicht in den Fällen zuständig, die aufgrund Art.§225 Abs.2 EGV dem Gericht erster Instanz zugewiesen sind. Nach Art.§3 lit.c des Beschlusses des Rates zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz (Nomos-Sammlung Nr.16) ist die Amtshaftungsklage grds. dem EuGH zugewiesen, bei Klagen von natürlichen oder juristischen Personen ist jedoch das Gericht erster Instanz zuständig.

2. Beteiligtenfähigkeit

  1. Aktiv legitimiert sind sind alle Personen und Personenvereinigungen, die nach materiellem Recht anspruchsberechtigt sein können (d.h. auch Mitgliedstaaten).
  2. Passiv legitimiert ist die jeweilige Gemeinschaft, der das rechtswidrige Verhalten des Organs zuzurechnen ist.

3. Klagegegenstand / Antrag

Gegenstand der Klage ist ein Schadensersatzanspruch für jegliches rechtswidriges Handeln oder Unterlassen eines Gemeinschaftsorgans. Dazu gehört auch die Rechtssetzung, da dies ein allgemeiner in den Mitgliedsstaaten anerkannter Rechtsgrundsatz iSv. Art.§288 Abs.2 EGV ist.

4. ordnungsgemäße Klageerhebung

  1. Postulationsfähigkeit: Art.§17 Abs.1 Satzung EuGH (Nomos-Sammlung Nr.13)
  2. Klageschrift: Art.§18, 19 Satzung EuGH; Art.§37, 38 VerfO EuGH (Nomos-Sammlung Nr.14)
  3. Verjährung: Art 43§S.1§Satzung EuGH (Die Verjährung stellt nach Ansicht des EuGH eine Zulässigkeitsvoraussetzung dar.)

5. Rechtsschutzinteresse

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis bedarf nur dann einer besonderen Prüfung, wenn Anhaltspunkte für sein Fehlen bestehen. Es fehlt insbesondere dann, wenn der Kläger die Möglichkeit hat, den Schaden auf andere Weise zu beseitigen oder er eine solche Möglichkeit zwar hatte, aber nicht genutzt hat (Vorrang des Primärrechtsschutzes!). Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen die rechtzeitige Erhebung einer Nichtigkeitsklage gem. Art.§230 EGV den Schadenseintritt verhindert hätte. Die Nichtigkeit der Norm ist aber nicht Voraussetzung für eine Amtshaftungsklage, da diese Klage ein selbständiger Rechtsbehelf ist. Das gleiche gilt bei mitgliedstaatlichen Vollzugsakten, die vor den nationalen Gerichten angefochten werden können (z.B. Anfechtungsklage).

II. Begründetheit

Die Klage ist begründet, wenn die den Bediensteten oder Organen der EG vorgeworfene Handlung rechtswidrig und ein tatsächlicher Schaden eingetreten ist und zwischen der Handlung und dem Schaden ein ursächlicher Zusammenhand besteht:
  1. Erforderlich ist zunächst, daß der Schaden in Ausübung hoheitlicher Amtstätigkeit entstanden ist. Ob es sich dabei um einen Realakt, einen Einzelakt oder den Erlaß einer Rechtsnorm handelt, ist unerheblich.
  2. Ferner muß die Handlung rechtswidrig gewesen sein:


    • Im Bereich des administrativen Unrechts ist dazu erforderlich, daß eine Rechtsnorm des höherrangigen Gemeinschaftsrechts verletzt wurde, die zumindest auch dem Individualinteresse dient.
    • Im Bereich des normativen Unrechts ist dagegen ein qualifizierter Verstoß gegen höherrangiges, dem Schutz des Einzelnen dienenden Gemeinschaftsrecht erforderlich. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn das Organ seine Befugnisse offenkundig und erheblich überschritten hat.

  3. Der ersatzfähige Schaden wird grundsätzlich nach der Differenzmethode berechnet. Dabei ist auch ein etwaiger entgangener Gewinn ersatzfähig, soweit die Geschäfte, auf die sich der Kläger beruft, schon hinreichend bestimmt sind.
  4. Schließlich muß ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen rechtswidriger Amtshandlung und dem eingetretenen Schaden bestehen. Dieser wird durch einen mitgliedstaatlichen Durchführungsakt nicht unterbrochen.
  5. Auf ein Verschulden kommt es nach dem EuGH nicht an. Ein Mitverschulden des Geschädigten ist aber nach allgemeinen Grundsätzen (§§254§BGB) zu berücksichtigen.


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