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Fall "Der eigennützige Anlageberater"
Wiss. Mitarbeiter Dr. Michael Stern, Karlsruhe


Der eigennützige Anlageberater


Es handelt sich um eine Klausur, die im Sommersemester 2003 im Rahmen der Übung im Bürgerlichen Recht für Vorgerückte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg gestellt wurde. Sie ist von ihrem Schwierigkeitsniveau auch zur Examensvorbereitung geeignet.

Sachverhalt:

Der volljährige, aber vollkommen geschäftsunerfahrene E hatte von seiner Großmutter 100.000,- € geerbt, die er gerne möglichst gewinnbringend anlegen wollte. Da er mit dem angesehenen selbständigen Anlageberater A privat gut befreundet war, begab er sich in dessen Geschäftsräume, um sich beraten zu lassen. A riet dem E, mit dem Geld Aktien der B AG zu erwerben. Die B AG sei ein aufstrebendes und grundsolides Unternehmen in der IT-Branche, das voraussichtlich noch im Lauf des Jahres den Gang an die Börse antreten werde. Wie ihm aus sicherer Quelle bekannt sei, habe die B einen Großauftrag an Land gezogen, der schon für sich genommen Gewinne im siebenstelligen Bereich erwarten lasse. Er gehe davon aus, dass E als Aktionär der B AG innerhalb weniger Jahre Millionär werde. E war von dieser Idee begeistert. Da er ganz auf die Fachkenntnis von A vertraute, der seine Uneigennützigkeit dadurch unter Beweis zu stellen schien, dass er von E "aus alter Freundschaft" keinerlei Honorar abverlangte, ließ E seinen insgeheim gefassten Beschluss fallen, mindestens die Hälfte des Geldes in Aktien der C AG zu investieren. Er dankte A für die Beratung und erklärte, dass er im Vertrauen darauf die gesamte Summe in B-Aktien anlegen und vom ursprünglich geplanten Erwerb von C-Aktien im Wert von 50.000,- € Abstand nehmen wolle. A erwähnte daraufhin, dass er einen verkaufsbereiten Aktionär, den Z, kenne. E erwarb zwei Tage danach von Z dessen gesamten Bestand von Inhaberaktien an der B AG zum Preis von 100.000,- €. Es handelte sich dabei für E insoweit um ein günstiges Geschäft, als die Aktien zu der Zeit noch einen objektiven Verkehrswert von 120.000,- € hatten. Sowohl A als auch Z verschwiegen jedoch dem E, dass zahlreiche Software-Experten der B AG bereits ihre Arbeitsverhältnisse zum nächsten Monatsende gekündigt hatten, obwohl dies beiden bekannt war. Z hatte dem A dafür vorab ein Schweigegeld in Höhe von 3.000,- € versprochen, das er absprachegemäß aus dem Erlös vom Aktienverkauf bezahlte. Da die ehemaligen Experten der B AG zur C AG überliefen und dort ihr Know-how einbrachten, stieg der Kurs der C-Aktien nach Bekanntwerden dieses Umstands um 15%, während der Marktwert der B-Aktien um 50% fiel. Der "Großauftrag" und die "Gewinne im siebenstelligen Bereich", von denen Z dem A erzählt hatte, waren reine Erfindungen des Z. Als E davon erfährt und feststellen muss, dass Z untergetaucht ist, möchte er von seinem Rechtsanwalt R gutachtlich geklärt wissen, ob und in welchem Umfang er von A Schadensersatz verlangen oder von ihm die Abnahme der Aktien zu dem an Z gezahlten Kaufpreis einfordern kann. E hätte die Aktien gar nicht gekauft, wenn A die Expertenabwanderung erwähnt oder Zweifel an dem vermeintlichen Großauftrag geäußert hätte. Er möchte wissen, ob er dies ggf. vor Gericht beweisen muss und welche Fristen bei der Durchsetzung seiner Ansprüche zu beachten sind. Fertigen Sie für R ein Gutachten und gehen Sie dabei auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen nötigenfalls hilfsgutachtlich ein.

Abwandlung:
Wie verhält es sich, wenn E die Aktien von A erwarb, der sie zuvor Z abgekauft hatte? Gehen Sie in Ihrem Gutachten für R nötigenfalls hilfsgutachtlich auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen ein.

Bearbeitervermerk:
Anspruchsgrundlagen aus dem AktG, dem WpHG und dem WpÜG sind nicht zu prüfen. Steuerliche Aspekte und durch den Erwerb von Wertpapieren anfallende Kosten sind nicht in das Gutachten mit einzubeziehen.

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