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Cambridge
Bericht über den Auslandsaufenthalt in Cambridge

von Anna Judith Schramm

1. Lehrangebote, Kurswahl, Kursinhalte
Das Kursangebot beinhaltet die üblichen Fächer wie Tort, Contract, Land, Commercial, Criminal, International, European Union, Laboer, Familie Law und viele andere. Am besten ist es, das aktuelle Vorlesungsverzeichnis entweder im Auslandsamt in Regensburg oder bei der University of Cambridge zu besorgen. Aus den dort angebotenen Kursen kann grundsätzlich jedes Fach ausgewählt werden. Erasmusstudenten müssen mindestens drei Fächer belegen. Zu beachten ist dabei lediglich der Unterschied zwischen den "halfpapers" und den "fullpapers". Es bieten sich die "fullpapers" an, da diese von "supervisions" begleitet werden. "Halfpaper" bedeutet, daß in dem Fach etwas weniger Vorlesungen und keine "supervisions" sind, Du also selbständiger arbeiten mußt, wobei zwei "halfpapers" einem "fullpaper" entsprechen. Die gefürchteten "supervisions", die es in England in dieser Form nur in Cambridge und Oxford gibt, sind Kleingruppen von 2-5 Leuten mit einem Lehrer, in denen der Vorlesungsstoff noch einmal durchgegangen wird. Für diese "supervisions" bekommt man eine Leseliste und Problemfragen und oft genug die Aufgabe, ein Essay zu schreiben. Diese Essays sollten sich meist über 4-6 Seiten erstrecken und sind mit einer kurzen Hausarbeit vergleichbar, nur daß sie nicht benotet werden, und eher dazu dienen zu testen, ob der Vorlesungsstoff verstanden wurde, oder überhaupt nachgearbeitet wurde. Wenn man den Vorlesungsstoff allerdings nicht nacharbeitet, kann man die supervision ohnehin vergessen. Denn dieser alle zwei Wochen stattfindende Unterricht bedeutet eine gute Betreuung der Studenten, aber auch viel Arbeit. Sie finden zusätzlich zu den Vorlesungen statt, welche ablaufen wie in Deutschland auch.

Ich persönlich habe mich für die Fächer "Law of Tort" (Deliktrecht, first year subject), "International Law" (Völkerrecht, second year subject) und "European Union Law" (Third year subject) entschieden.
"Tort law" ist etwas typisch Englisches und bietet die Möglichkeit zu etwas Rechtsvergleichung. Von den ganzen Fällen habe ich mich nicht abschrecken lassen, da man mit ihnen in jedem Fach in England zu kämpfen hat. Europarecht und Völkerrecht werden auch auf Fällen basierend gelehrt. Obwohl diese Fälle am Anfang mehr als verwirrend sind, finde ich es doch sehr interessant und auf jeden Fall lebendiger als das deutsche Recht mit seinen Paragraphen und Artikeln, die man für Europa- und Völkerrecht allerdings auch lernen muß. Ein Wissen über die europäischen Institutionen und deren Aufgaben wird vorausgesetzt. Ebenso wie im Völkerrecht ein gewisses Basiswissen vorausgesetzt wird. Bei dieser Fächerwahl kann ich eigentlich empfehlen, sich noch einmal mit deutschem Verwaltungsrecht zu beschäftigen und sich einen kurzen Überblick über den Einfluß von Europarecht und Völkerrecht auf das deutsche Recht zu verschaffen. Allerdings ist es auch ohne diesen Zusatzaufwand zu schaffen.
Der Arbeitsaufwand wird wahrscheinlich in jedem Fall größer als in Deutschland sein. Ich habe jedenfalls in den Monaten, die ich bisher in Cambridge bin, schon wesentlich mehr für die Uni getan als jemals in einem vergleichbaren Zeitraum in Regensburg.

Die Qualität der Vorlesungen wie auch der supervisions hängt, wie in Deutschland auch, vom Professor bzw. Lehrer ab. Anders bei den Vorlesungen ist, daß der Prof. in regelmäßigen Abständen wechselt. Alle hatten aber immer recht gute handouts.
An den supervisor ist man dagegen gebunden. Nur in ganz extremen Fällen kann man den supervisor wechseln. Da dies bei mir aber nicht notwendig war, kann ich dazu nichts sagen. Zu kämpfen hat man in den supervisions ohnehin, schließlich kommt zu dem Fachwissen ja noch das Problem der Fremdsprache hinzu. Da die Engländer aber ein sehr höfliches Volk sind, wird auch auf die armen Ausländer bis zu einem gewissen Grad Rücksicht genommen. Kommt aber auf den supervisor an, den man sich ja nicht aussuchen kann, da dieser collegeabhängig ist.
Obwohl man ohne Rücksicht auf die Jahre aus dem gesamten Kursangebot wählen kann, sollte man sich bei der Kurswahl auch überlegen, wo man seine Prioritäten eines Auslandsaufenthaltes setzt. Den kleinsten Arbeitsaufwand wird man wohl mit den first year subjects haben, da man dort mit Leuten zusammen sitzt, die von englischem Recht genauso wenig Ahnung haben wie man selbst. Außerdem können sich da am leichtesten Freundschaften entwickeln, da die "freshers" ebenfalls neu im College und an der Uni sind und somit in einer ähnlichen Situation wie man selbst. Für das eigene Studium könnten einem andere Fächer allerdings eher etwas bringen.

2. Anerkennung meiner im Ausland erbrachten Studienleistungen an der Universität Regensburg
Ich konnte mir für meine drei abgelegten Prüfungen ohne Probleme den großen Schein im Öffentlichen Recht anerkennen lassen. Wenn entsprechende Fächer im Privatrecht belegt werden ist wohl die Anerkennung des großen BGB Scheins auch kein Problem. Allerdings gilt dieser Schein dann nur für die Universität Regensburg und muß für andere Universitäten einzeln erfragt werden.

3. Unterkunft
In Cambridge kann man sich seinen Wohnplatz eigentlich gar nicht aussuchen. Die Wahl zwischen Privat oder Wohnheim gibt es nicht, weil man in ein College kommt. Das College wird den Erasmusstudenten zugeteilt. In diesen Colleges spielt sich dann auch das gesamte soziale Leben ab.
Vergleichen kann man ein College vielleicht am ehesten mit einem Wohnheim, nur daß der Zusammenhalt etwas stärker ist. Mit den Collegemitgliedern wird zum Beispiel Sport getrieben, die Mensa ist im College und nicht an der Uni, und die supervisions sind auch dort.
Die Größe und Qualität der Zimmer variiert von College zu College ebenso wie die Preise der Zimmer. Allerdings gibt es eigentlich nur Einzelzimmer, komplett möbliert, meist mit Waschbecken auf dem Zimmer. Duschen und Toiletten sind mit 5- 10 Leuten zu teilen, ebenso wie die Küchen. Die sanitären Anlagen sind etwas schlechter als in Deutschland. Einige hatten auch nur eine Badewanne ohne Duschmöglichkeit zur Verfügung was erst mal eine Umstellung war, woran sie sich dann aber auch gewöhnt haben.

Allgemein ist die Miete etwas teurer als in Deutschland. Die Preise variieren so etwa zwischen 350 und 500 Pfund für den term, also zwei Monate. Allerdings ist im Preis Heizung und Bettmachfrau inbegriffen. Diese Bettmachfrau ist für das Leeren des Mülleimers und die Reinigung der Zimmer zuständig.

In den meisten Colleges gibt es Bettzeug und Bettwäsche, die jede Woche gewechselt wird. Aber auch dies kann in verschiedenen Colleges unterschiedlich sein. In der Regel bekommt man aber von den Colleges mitgeteilt, was vorhanden ist und was in jedem Fall mitgebracht werden sollte.

In der Hall (Mensa) gibt es Frühstück, Mittagessen und auch Abendessen. Das Essen ist - naja, recht englisch. Es gibt aber auch Kochgelegenheiten, die in jedem College anders aussehen. Bei mir war es eine kleine Küche, die eher einer Box mit zwei Kochplatten und Kühlschrank entsprach. Die Küche wird mit ca. 5- 10 anderen Zimmern, also Leuten geteilt werden. Wie gut diese dann ausgestattet ist, hängt von den anderen Mitbenutzern ab. Das Essen in der Hall fand ich schon preislich das günstigste, da die Lebensmittelkosten unheimlich hoch sind.
Sinnvoll zum Mitnehmen oder dort zuzulegen wären auf jeden Fall zwei oder drei Tassen, Teller und Bestecke und ein Wasserkocher, weil es nach meiner Erfahrung zum guten Ton gehört, Besuch einen Tee anzubieten.
Wer es nicht schleppen will, kann sich alles relativ günstig bei Woolworth zulegen. Möglichst schnell sollte man sich Adapter kaufen, denn als ich dort ankam, waren die European Adapter nach einer Woche ausverkauft, und ich stand dann erst mal etwas dumm mit meinem Fön und Radiowecker und so da.

Ansonsten wohnt man in den meisten Colleges zusammen mit den ganzen First Years, was entsprechend manchmal recht laut sein kann, aber ziemlich nett ist und einen auf jeden Fall in das englische Studentenleben integriert.

Telefonanschluß gibt es nicht unbedingt in jedem Zimmer, und wenn man sich dennoch einen neuen legen lassen möchte, kann das sehr kostspielig werden. Man sollte sich vorher bei anderen Telefongesellschaften neben der British Telekom erkundigen. Und zum Telefonieren gibt es auch für öffentliche Fernsprecher Telefonkarten von privaten Anbietern die wesentlich günstiger sind. Einfach bei der Post nachfragen.

Bei allen meinen Problemen und Fragen waren die Porters (in der Porterslodge in jedem College) sehr hilfreich oder eigentlich auch jeder andere im College, den ich gefragt habe. Ich bin wohl noch nie vorher auf so viele hilfsbereite Menschen getroffen wie dort.

In jedem College gibt es auch einen Waschsalon, und in manchen sogar die Möglichkeit zum Bügeln, was dort sehr nützlich sein kann.

4. Formalitäten
Da man in seinem College einem Director of Studies zugewiesen wird, wird einem immer mitgeteilt, wann man sich wo einzuschreiben hat. Das meiste ist aber auch bereits von Deutschland aus erledigt worden. Bei wirklich wichtigen Sachen wurde ich bestimmt dreimal persönlich darauf hingewiesen, was noch zu erledigen war.
Wichtig sind auf jeden Fall die ersten "meetings" mit den supervisorn, zu denen man schon mit einem ungefähren Stundenplan gehen sollte, da man die Zeit der supervision mitbestimmen kann, und deswegen wissen sollte, wann die Vorlesungen und die anderen supervisions liegen. Dabei ist es wichtig darauf zu achten, daß nicht alle supervisions in der gleichen Woche liegen. Ansonsten gibt es Probleme mit essays und Lesearbeit. Die Zeiten, wann ich mich wo zu melden hatte, habe ich in Cambridge in der ersten Woche von meinem Director of Studies mitgeteilt bekommen.

Ansonsten mußte ich mich in der ersten Woche bei einem Arzt registrieren lassen. Dafür sollte man seinen Impfausweis mitnehmen und ungefähr über die eigene Krankheitsgeschichte Bescheid wissen. Ich würde empfehlen, vor der Abreise zu allen Ärzten in Deutschland zu gehen, alle Impfungen auffrischen zu lassen und den Zahnarzt in keinem Fall auszulassen. Zur Zeit haben in England alle sehr viel Angst vor Meningitis. Eine Impfung in Deutschland oder sonst dort wird dringend angeraten. Über all dies informiert auch die Collegenurse, die bei Krankheiten auch immer die erste Anlaufstelle ist, und meist bei kleineren Krankheiten mit Hustensaft oder ähnlichem, aushelfen kann. Sie hat auch eine Liste mit Ärzten, bei denen man sich registrieren lassen kann. Die Collegenurse ist kostenlos, und die Allgemeinärzte werden vom public health system getragen. Der Zahnarzt ist selber zu bezahlen. Eine Auslandskrankenversicherung ist sowieso notwendig.

Weiterhin ist es hilfreich, ein Konto in Cambridge zu eröffnen. Es ist nicht zwingend notwendig, da dort aber vieles mit Scheck bezahlt wird, ist es sehr nützlich. Das Eröffnen des Kontos ist eigentlich kein Problem, bei einigen Banken wird ein Nachweis verlangt, daß regelmäßig Geld auf das Konto überwiesen wird. Ansonsten braucht man einen Nachweis, daß man in Cambridge studiert, aber den bekommt man vom College ohnehin. Einfach bei verschiedenen Banken fragen, da diese auch unterschiedliche spezielle Studentenangebote haben. Dies sollte man möglichst früh erledigen, wenn man etwas eher als die anderen freshers ankommt, da dann das Schlange-Stehen wegfällt und man die Schecks auch rechtzeitig zur Verfügung hat. Das Kontoeröffnen habe ich als sehr unproblematisch empfunden.

An Papieren wurde sonst immer noch von sehr vielen benötigten Passbildern berichtet. Das kann ich so auch bestätigen. So wie eben überall, wenn neue Ausweise angefertigt werden, braucht man dort etwa 3 oder 4 Passbilder.

5. Sonstiges: Wertung, Kritik, Schwierigkeiten, Tips
Also, ich bin inzwischen ein ziemlicher England und vor allem Cambridge Fan geworden. Allein die Stadt lohnt sich, und das Studentenleben dort ist einfach genial, weil es so vieles zu bieten hat. Allerdings fand ich den Arbeitsaufwand dort wesentlich höher als in Deutschland, obwohl ich nur drei Fächer belegen mußte, die Engländer haben vier im ersten Jahr und fünf im zweiten und dritten Jahr. Aber es wird nur bedingt Rücksicht darauf genommen, daß man das Studium dort ja in einer Fremdsprache macht. Wer aber trotzdem ein anderes, lebendiges, abwechslungsreiches und wesentlich intensiveres Studentenleben kennenlernen möchte, dem kann ich Cambridge nur empfehlen. An Freizeitaktivitäten wird einem dort so ziemlich alles geboten, was man sich nur vorstellen kann. Von sämtlichen Sportangeboten (Rudern ist auf jeden Fall wenigstens einmal zu testen) über alle musikalischen Angebote und kreativen "societies" bis hin zu einer "drinking society" sind den unterschiedlichen Interessen keine Grenzen gesetzt. Theoretisch kann man seine gesamte Zeit bei irgendwelchen Hobbies in "societies" verbringen für die man am Anfang aber auch etwas zahlen muß. Wenigstens einer "society" sollte man in jedem Fall beitreten, weil man dabei einfach am besten Leute kennenlernt und diese "societies" wichtiger Bestandteil des Cambridger Studentenlebens sind. Ein handbook mit allen angebotenen societies bekommt man in der ersten Woche in Cambridge.
Das Leben dort ist einfach unheimlich intensiv, weil der term nur zwei Monate dauert, und in diesen zwei Monaten wahnsinnig viel an Wissen, Freizeitaktivitäten und sozialen Kontakten an einen herangetragen wird. Ich persönlich bin begeistert und kann es nur weiter empfehlen!

Was eventuell vor allem für weibliche Teilnehmerinnen interessant sein könnte ist die strenge Kleiderordnung. Für viele Anlässe wird sogenannte "black tie" verlangt, was dann ein Abendkleid bedeutet, oder auch "nur" "Blazer" oder "smart clothes", was dann eben eine etwas elegantere Garderobe bedeutet. Also entweder genug schicke Klamotten mitnehmen, oder auf jeden Fall genügend Geld mitnehmen. Einkaufen kann man dort recht gut, es ist eben nur alles recht teuer. In den Colleges gab es noch die "gown", was ein Mantel oder so ist, der bei festlichen Anlässen wie zum Beispiel "Formal Hall" über der normalen Kleidung getragen wird. Solche Dinger gibt es entweder für viel Geld in einem speziellen Laden oder auch gebraucht von anderen Studenten. Eigentlich reicht es aber auch sich so eine "gown" für die wenigen Anlässe zu leihen. Sonstige Kleidervorschriften gibt es nicht, Anzug und Krawatte sind für die Herren natürlich entsprechend auch ein Muß. Ansonsten sollte man sich dessen bewußt sein, daß das Leben in England wesentlich teurer als in Deutschland ist, zur Zeit durch den schlechten Wechselkurs noch drastischer als ohnehin schon.

Wer ansonsten speziellere Fragen hat, sei es zu der Fächerwahl oder zu Trinity College, der kann mich sehr gerne per Email noch in Cambridge kontaktieren unter annajschramm@yahoo.de oder unter Obere Bachgasse 19, 93047 Regensburg.

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