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Software für den Anwaltsberuf
Thomas Franosch

Software für den Anwaltsberuf

Spracherkennung – Vertragsgestaltung – Anti-Virensoftware


Aus dem Alltag eines Anwalts lässt sich Computersoftware nicht mehr wegdenken. Es gibt kaum noch Rechtsanwälte, die keine Kanzleisoftware einsetzen. Bereits im Businessplan zur Kanzleigründung nimmt das Thema EDV eine wichtige Stellung ein. Neben der Kanzleisoftware – deren Auswahl nicht immer ganz einfach ist – gibt es eine Vielzahl an Produkten, deren Einsatz überlegenswert ist1. Die Auswahl beginnt beim eingesetzten Betriebsystem über die passende Kanzleisoftware bis hin zum Terminkalender für den PDA. Aufgrund der Angebotsfülle ist ein Überblick nahezu unmöglich. Nachfolgend sollen daher Programme bzw. Themenkomplexen exemplarisch vorgestellt werden.

A. Sprachsoftware2

In der gerade gegründeten Kanzlei fehlt das Geld für die Anstellung einer Schreibkraft und die eigene Tipperei gleicht eher einem "Adlersuchsystem". Anders bei der eingesessenen Kanzlei. Hier ist häufig der Wunsch gegeben, die Mitarbeiter mit höherwertigen Aufgaben zu betreuen, nicht nur die Texteingabe zu delegieren und so andersartig Entlastung zu bringen. Was liegt näher als das direkte Diktat in den PC anstelle des eher umständlichen Wegs über die Tastatur? Rechtschreibfehler gehören der Vergangenheit an, die Tatstatur kann als überflüssiger Staubfänger verbannt werden und die Arbeitserleichterung ist enorm.

Doch so einfach wie in vielen Anzeigen und Berichten suggeriert, ist der Umgang mit Sprachsoftware nicht. Regional recht unterschiedliche Sprachgewohnheiten erschweren die Aufgabe des Computers nicht unerheblich. Hinzu kommen Störgeräusche, die undeutliche Aussprache von Wörtern sowie eine ungleichmäßige Redegeschwindigkeit. Für den erfolgreichen Einsatz ist eine Sprachtechnik des Benutzers notwendig, die vom PC verstanden wird. So sollte der zu diktierende Text gedanklich bereits feststehen. Ein "Aehh", das die Sekretärin übergeht, kann die Software nur schwer zuordnen. Abgehackte Sätze oder Wörter versteht der Computer im Gegensatz zum Mensch nicht. Eine gewisse Sprachdisziplin ist zum erfolgreichen Einsatz erforderlich.

Die Anzahl der Softwarehersteller auf dem Markt der Sprachsoftware ist recht klein, auch wenn durch die vielen unterschiedlichen Produkte schnell ein anderer Eindruck entstehen kann. Die zugrundeliegenden Produkte stammen von den Herstellern IBM, Phillips und Scansoft. Im Oktober 2002 hat Scansoft die Spracherkennungssparte von Phillips gekauft und sich somit zum Marktführer entwickelt. Angeboten werden von verschiedenen Herstellern spezielle Lösungen für Kanzleien, die je nach Produktausgestaltung den Einsatz von Schreibpools, die Spracherkennung auf dem Server oder eine gute Netzwerkunterstützung ermöglichen. Doch auch diese Lösungen basieren auf der Technologie der drei oben genannten Firmen. Beim Start in den Beruf dürften die günstigeren Einzelplatzversionen von größerem Interesse sein. Dieses wären die Versionen "ViaVoice Pro Release 8.0" von IBM (Viavoice) und "Dragon Naturally Speaking XP LEGAL Solutions" von Scansoft (Dragon). Die Version von Scansoft ist für rund 1160 Euro zu haben und enthält bereits ein für den Anwaltsbedarf angepasstes Vokabular. Dieses Fachvokabular ist bei der IBM-Lösung noch nicht enthalten, die dafür jedoch mit 199 Euro erheblich günstiger ist. Das Fachvokabular lässt sich getrennt nachkaufen und ist von verschiedenen Fremdanbietern ab 100 Euro erhältlich. Fachvokabular bietet den Vorteil, dass juristische Fachbegriffe erkannt und direkt in abgekürzter Form wiedergegeben werden. So wird beispielsweise das bayrische Beamtengesetz direkt als BayBG abgekürzt wiedergegeben. Es entfällt somit ein erheblicher Teil des Einarbeitungsaufwandes, so dass sich die Kosten schnell amortisiert haben.

Die Hardwareanforderungen von Dragon und Viavoice sind recht ähnlich und dürften einen aktuellen Büro-PC vor keine allzu große Herausforderung mehr stellen. So ist ein Rechner mit 600 MHz und mindestens 128 MB RAM zu empfehlen. Die Qualität des Soundkarteneingangs schwankt teilweise, ist jedoch unabhängig vom Preis der eingesetzten Soundkarte. Sollte es hier Probleme bei der Erkennung geben – was bei modernen Rechnern nur selten der Fall sein dürfte – so kann gut ein USB-Headset als Alternative herangezogen werden.

Auch Installation, Navigation und Einarbeitung gleichen sich bei beiden Produkten. Der Umgang mit der jeweiligen Software dürfte selbst unerfahrene PC-Benutzer vor keine größeren Probleme stellen. Bei der Installation ist zunächst eine Vorleseübung zu absolvieren, die der Rechner anschließend analysiert. Innerhalb von einer halben Stunde lässt sich die Installation bewältigen. Zu empfehlen ist die Analyse bereits existierender Texte. Hierbei lernen beide Produkte viel über den typischen Sprachgebrauch des Anwenders, so dass die Erkennungsqualität erheblich steigt. Das bereits nach der erfolgreichen Installation und der geringen Einarbeitung ein flüssiges Diktat möglich ist, darf der Anwender nicht erwarten. So ist auf der einen Seite ein flüssiges Diktat in den PC notwendig, auf der anderen Seite muss der Rechner die Aussprache vieler Wörter noch lernen. Bis zum sinnvollen Einsatz von Sprachsoftware ist daher mindestens eine Lernphase von 20 Stunden zu rechnen. Nach den ersten Stunden werden die Ergebnisse jedoch immer besser und der Umgang mit der Software beginnt Spaß zu machen. Dabei ist das Diktat in nahezu jeder Anwendung möglich und verschiedene Funktionen des Rechner lassen sich auch per Sprache steuern.

Obwohl beide Produkte sehr ähnlich aufgebaut sind, ist bei ViaVoice die Erkennungsrate derzeit schlechter. Auch dauert es länger als bei Dragon, bis sich erste brauchbare Ergebnisse abzeichnen. Dies ist nicht weiter erstaunlich, die derzeitige Version von ViaVoice stammt aus dem Jahre 2000, wohingegen die neue Dragon-Version erst einige Monate auf dem Markt ist. Der Unterschied zwischen beiden Produkten dürfte mit dem Erscheinen der neuen Version von IBM – die für Anfang des Jahres angekündigt ist – wieder entfallen3. Diese soll dann auch ein Rechtswörterbuch sowie ein USB-Headseat enthalten4.

Bei einer Entscheidung für den Einsatz von Spracherkennungssoftware sollte die recht hohe Eineinarbeitungszeit beachtet werden. Mittelfristig wird der Kostennutzenfaktor jedoch für den Einsatz sprechen. Nach einiger Zeit ist ein (nahezu) flüssiges Diktat möglich, so dass eine Praxistauglichkeit gegeben ist.

B. Vertragsgestaltung

Formularbücher mit Musterverträgen und Checklisten leisten bei der Vertragsgestaltung Hilfestellung und erleichtern die Arbeit. Viele dieser Bücher sind inzwischen mit einer CD versehen, die die Verträge in digitaler Form bereithält. Einige Ausgaben erscheinen nur oder zusätzlich in digitalen Form und bieten umfangreiche Funktionen an. Anhand dieser Produkte kann schnell ein Rohentwurf entstehen, der in der Textverarbeitungen individuell angepasst wird. Durch Querverweise ermöglichen die Softwareprodukte auf unterschiedliche Weise das Nachschlagen von Grundsatzentscheidungen und oder Anmerkungen. Ste llvertretend sollen drei Programme zur Vertragsgestaltung erwähnt werden, die sich auf kein spezielles Gebiet beschränkt haben5.

Eine günstige Lösung ist das "Rechts- & Vertrags Office" aus dem Haufe-Verlag. Mit 98 Euro ist der Preis gleichauf mit vielen gedruckten Exemplaren. Für rund 50 Euro besteht die Möglichkeit des Update-Erwerbs. Geboten werden über 200 Verträge und Vertragsmuster, ein umfassendes Rechtshandbuch sowie die relevanten Gesetze. Die auf dem Internet Explorer basierende Lösung hinterlässt einen ausgereiften Eindruck. Die Auswahl der Vertragstypen richtet sich primär nach den Bedürfnissen von kleinen und mittelständischen Unternehmen, wobei auch Verträge aus dem Familien- und Erbrecht zu finden sind.

Nur unwesentlich teurer ist mit 129 Euro das "soft-use Berliner Vertrags Office", welches auch aus dem Haufe-Verlag stammt. Die Auswahl der Vertragstypen ist ähnlich des Rechts- & Vertrags Office. Hinzu kommen jedoch Vertragsmuster aus dem Bereich der neuen Medien sowie Hard- und Softwareverträge. Die Vertragspunkte sind einzeln erläutert, so dass eine bequeme Arbeit mit Hilfe von Textbausteinen möglich ist. Auch konjugiert und dekliniert die Software den Text entsprechend den Vorgaben. Einzelupdates schlagen mit rund 40 Euro und Jahresupdates mit 64 Euro zu buche.

Für 268 Euro ist die CD-Rom "Musterverträge" von Werner Schmorleiz aus dem Deubner-Verlag erhältlich. Dabei handelt es sich um eine funktionelle Aufbereitung der Papierversion. Die Einzelverträge sind ergänzt um Textbausteine, Erläuterungen, Checklisten und Rechtsprechung im Volltext. Dabei biete die CD-Rom die meisten Vorlagen der drei Produkte an und besticht durch zahlreiche Hintergrundinformationen. Ein Update ist zweimal im Jahr für 90 Euro zu erhalten.

C. Anti-Virensoftware

Berichte über Computerviren sind häufig in den Medien zu finden. So kennt jeder PC-Benutzer den Melissa oder Nimda-Virus. Vor einiger Zeit waren zumindest Bürorechner noch vor dem Virenbefall halbwegs gewappnet. Der Einsatz von Originalsoftware schaffte eine gewisse Sicherheit und der Umfang des Datenaustausches war in Rechtsanwaltskanzleien recht gering. In den letzten Jahren – gerade mit der immer weiter verbreiteten Nutzung des Internets – hat jedoch der Austausch von kleineren Dateien zugenommen. Sogenannte Makro-Viren, die insbesondere im MS Office-Paket ihr Unwesen treiben, sind eine ernsthafte Gefahr für den Bürorechner geworden. Auch die bequeme und schnelle Kommunikation via e-Mail macht den Rechner anfällig gegenüber Viren. Besondere Gefahr bergen dabei insbesondere die angehängten Dateien in sich, die häufig als e-Mail-Würmer bezeichnet werden. Diese richten nicht nur am eigenen PC großen Schaden an, sondern verbreiten sich auch noch an die im Adressbuch eingetragenen Adressen.

Einmal eingefangen, dürfte sich ein Virus im Kanzleinetzwerk schnell verbreitet haben. Es bedarf daher einer Lösung für das gesamte Netzwerk, die sich automatisch auf dem aktuellen Stand hält – nichts ist sinnloser als veraltete Virenscanner. Der Arbeitsaufwand, auf jedem Rechner getrennt eine Einzelplatzversion zu warten, unter Umständen für jeden Mitarbeiter sogar sein Lieblingsprodukt anzuschaffen, ist in der Praxis nur schwer möglich6.

Die Auswahl der jeweiligen Software ist abhängig von den eingesetzten Betriebsystemen - insbesondere beim Server – sowie des genutzten Mailservers. Möglichkeiten zur Sicherung eines Netzwerkes bieten insbesondere die folgenden Produkte:

Die meisten Lösungen sind Baukästen, die entsprechend Server-, User- und Mailkonfiguration zusammengestellt werden. Ein Preisvergleich ist daher ohne eine bestimmte Systemkonfiguration vorauszusetzen nicht möglich. Auch sollten die Updatekosten nicht außer Acht gelassen werden, die die Kosten für das eigentliche Programm erreichen können. Für die Sicherheit ist ein regelmäßiges Update der Virendatenbanken erforderlich. Sofern für die Konfiguration keine EDV-Firma beauftragt werden soll, kann die Client/Server Version des "AntiVirenKit" von GData empfohlen werden. Die Installation geht einfach von der Hand, die Updates können automatisch erfolgen und die Erkennungsquote von Viren ist Dank des Einsatzes von zwei Scanmodulen hoch. Das Basispaket für 5 Rechner kostet inkl. des kostenlosen Updateservices für ein Jahr 498 Euro. Für den Privatgebrauch ist die "AntiVir Personal Edition" von H+B EDV (http://www.antivir.de) zu empfehlen. Die kostenlose Software hat eine gute Erkennungsrate, lediglich der Funktionsumfang kann nicht ganz mithalten. So besteht beispielsweise nicht die Möglichkeit, direkt mit dem Virenscanner zu booten.


[1] Ein Überblick über die verschiedene Kanzleisoftware von Siegfried Streitz ist in MC 3/02 S. 22-26 zu finden. Über die Nutzen von Rechtsanwaltssoftware informiert ein Beitrag von Nicole Klug unter http://www.jurawelt.com/anwaelte/kanzleimanagement/6600 (Stand 23.12.02).
[2] Eine ausführliche Darstellung zum Thema ist unter http://www.jurawelt.com/anwaelte/software/spracherkennung/ zu finden (Stand 23.12.02); siehe auch Peter Zimmermann, Digitales Diktieren – Selbstversuch mit zwei Programmen, Anwalt 11/02 Seite 32-35 ; Katharina Mohr, Versteht mich mein Computer?, MC 1/2001, Seite 25-27.
[3] Nach Erscheinen der Software ist ein Testbereicht unter http://www.jurawelt.com/anwaelte/software/spracherkennung/ zu finden.
[4] Siehe dazu die Mitteilung "IBMs ViaVoice 10 mit Zusatz-Wörterbüchern" von golem.de unter http://www.golem.de/0301/23333.html (Stand 8.1.2003).
[5] Eine ausführliche Vorstellung der Programme mit Screenshots ist unter http://www.jurawelt.com/anwaelte/software/vertragsgestaltung/ zu finden. Weitere Produkte werden dort auch in Zukunft vorgestellt.
[6] Ein ausführlicher Test von Virenscannern für den einzelnen Arbeitsplatz von Axel Vahldiek, Andreas Marx, Patrick Brauch ist in c't 13/2002 auf S. 176 ff. nachzulesen.

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