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Probe-Examen September 2004
Ingo Beckendorf hat das Probe-Examen im September 2004 in Saarbrücken absolviert und jeweils kurze Sachverhaltszusammenfassungen erstellt.

Naturgemäß erheben die Hinweise keinerlei Anspruch auf Richtigkeit – vielmehr wurden sie im unmittelbaren Anschluss an den Termin erstellt, ohne die Probleme im nachhinein zu bearbeiten oder zu verifizieren. Es ist also durchaus möglich, daß einzelne Problemkreise falsch, ungenau oder gar nicht beschrieben wurden.

Gleichwohl soll die Zusammenfassung dazu dienen, einen gewissen Überblick über mögliche Examensthemen, Schwierigkeitsgrad und prozessuale Einkleidung (Urteil, Schriftsatz, Gutachten etc.) für zukünftige Absolventen zu gewinnen.



Probe-Examen zur Vorbereitung auf das 2. Staatsexamen
Saarbrücken, September 2004


Zu meinem Bericht: Die Referendare in Saarbrücken schreiben (noch) drei Monate vor dem richtigen Examen ein Probe-Examen, sechs Klausuren in je fünf Zeitstunden. Anders als beim richtigen Examen werden die Klausuren zurückgegeben und (kurz) besprochen. Auf diesen Besprechungen beruhen meine Lösungsanmerkungen (und klaro: wie beim Lotto ohne Gewähr, allerdings mit exorbitant höherer Gewinnchance: viele Klausuren auf der Jurawelt-Seite sind bei uns in den Examina auch gestellt worden, siehe Vorab-Anmerkung Strafrecht!!!).

1. Klausur: Strafrecht

Vorab: Die Klausur ist auf dieser Seite schon einmal veröffentlicht worden [Schleswig Holstein, Termin Februar 2004, StR II] und bei uns (fast) unverändert gestellt worden. Ihr seht also, es kann sich lohnen, die Fälle hier durchzuarbeiten... ;-).

Eine Polizeistreife erhält eine Mitteilung über einen Einbruch auf dem Gelände der Firma "Media-tec", ein Täter flüchtig, ein Mann mit Stichwunden verletzt. Vor Ort sagt ein Wachmann (W) folgendes aus: Er habe zunächst eine Person (H) mit einem Karton unter dem Arm aus dem Firmengebäude herauslaufen sehen, dieser Person sei dann noch eine weitere Person (E) hinterhergerannt. W habe die Verfolgung aufgenommen, dann aber sei E zu Boden gefallen und H mit dem Auto davongefahren.

Auf der Flucht versucht H eine Polizeisperre zu durchbrechen, wird aber verhaftet und macht sodann bei der Polizei folgende Aussage – wobei die schusselige Polizei die Belehrung vergißt: E und H sind alte Knastkumpanen. E erzählte H, daß er bei Media-tec als Lagerarbeiter beschäftigt sei. Gegen eine Belohnung von 100 Euro läßt E sich von H überreden, sich nachts im Firmengebäude zu verstecken und dem H von innen die Tür aufzuschließen. E will mit der Sache "sonst nichts zu tun haben". So geschieht es.

Allerdings wird H vom Nachtwächter ertappt. Er flieht in Richtung seines Wagens. Als er eine Person hinter sich bemerkt glaubt H, es handele sich um den W. Er zieht ein Springmesser aus der Jackentasche und sticht in Richtung des Verfolgers. H wörtlich: "Ich wollte den loswerden. Ich wollte nicht geschnappt werden und auch nicht meine Beute verlieren". Allerdings war es nicht W, sondern E, der dem H hinterhergelaufen war. So wird E von seinem Kumpel mit dem Messer niedergemetzelt, überlebt aber knapp und verweigert später die Aussage.

Auf der Flucht stößt H auf eine Polizeisperre. Er sieht die Polizeibeamten mit der Kelle herumfuchteln, hat aber keine Lust anzuhalten und erhöht sogar noch die Geschwindigkeit und brettert auf die Sperre zu. Wie immer in solchen Fällen gelingt es den Polizisten in letzter Sekunde zur Seite zu springen. Der PKW des H kracht gegen den Polizeiwagen. H steigt aus und versucht zu fliehen, wird aber festgenommen. H fängt an zu heulen und jammert: "So ein Scheiß, ich hab doch gedacht es wäre der Nachtwächter." Im Auto finden die Polizisten das blutverschmierte Springmesser und ein originalverpacktes Laptop.

Der Filialleiter von "Mediatec" sagt bei der Polizei als Zeuge aus, alle Mitarbeiter hätten die Anweisung, nach Dienstschluss die Firma sofort zu verlassen. Er stellt Strafantrag.

Best of Bearbeitervermerk: H ist (noch) im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis, H und E sind wegen gemeinschaftlichen Diebstahls vorbestraft, von §§ 153 bis 154e und §§ 407ff. StPO war kein Gebrauch zu machen.

Lösungsanmerkungen:

1. Tatkomplex – Geschehen auf dem Firmengelände

I. §§ 211, 22

Im Ergebnis ablehnen, zu hohe Hemmschwelle

II. §§ 252, 250 (Schwerpunkt der Klausur!)

Auf frischer Tat betroffen: Tat darf nicht beendet, muß aber vollendet sein. T darf noch keinen gesicherten Gewahrsam haben. Hier wohl (+)

Problem war aber die unterlassene Belehrung des H: Nach Auffassung des BGH führt ein Verstoß gegen § 163 a III i. V. m. § 136 I 2 StPO zu einem Verwertungsverbot, so daß auch die Aussage des vernehmenden Polizeibeamten nicht verwertet werden kann.

Allenfalls könnte H auf seine Rechte verzichtet haben (im Ergebnis aber abzulehnen).

Allerdings ist das Gejammere des H nach der Festnahme als sog. Spontanäußerung verwertbar. Diese Äußerung in Verbindung mit den Bekundungen des Wachmanns, dem Verhalten des Beschuldigten bei der Polizeisperre und die sichergestellten Gegenstände lassen keine Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten.

Dann Qualifikation des § 250 II Nr.1 prüfen (wegen des Verweises in § 252 "gleich einem Räuber"!)

NICHT geprüft werden mußte wohl ein error in persona: Allein die Vorstellung, jemanden erstechen zu wollen, genügt wohl schon zur Bejahung des Vorsatzes:

Fundstellen: BGHSt 9, 162; 28, 223

III. §§ 223, 224 I Nr. 2 und 5

Ist auf jeden Fall zu bejahen

IV. § 123

Antrag ist gestellt, würde aber wohl eingestellt

2. Tatkomplex – Die Polizeisperre

I. §§ 315 b I Nr.3, 315 III

Pervertierung eines PKW zur Waffe

Es wird eine Schädigungsabsicht gefordert – Zufahren auf Polizisten aber für diese Norm wohl kein ausreichender Gefährdungsvorsatz mehr

Fundstellen: 4. Strafsenat vom 4.12.2002 [103/02] und vom 20.02.2003

II: § 113 I, II Nr. 2 (+)

III. § 142 (-) kein Unfall

IV. §§ 240, 241 werden durch § 113 verdrängt

V. § 303

B. Strafbarkeit des G

I. §§ 242, 243 I Nr. 1, 27

Problem: Überführbarkeit des G: Rechtskreistheorie, § 55 StPO, Fraglich, ob sich das Verwertungsverbot gegen H auch auf E erstreckt

Abgrenzen, ob G § 25 oder § 27 (im Ergebnis § 27)

§ 243: Vorsicht: es kommt gerade nicht darauf an, ob auch H § 243 verwirklicht hat, § 243 ist nur Strafzumessungsregel!!!

in Bezug auf die verwendete Waffe aber Exzess des Haupttäters

II. § 123

Eindringen kann auch durch Unterlassen erfolgen

3. Alt ist zu 1. Alt subsidiär

B-Gutachten

Zuständig ist das Landgericht § 74 GVG

Pflichtverteidiger beantragen, § 140 StPO Haftbefehl wegen Fluchtgefahr

Entziehung der Fahrerlaubnis, Einziehung der Gegenstände

Fazit: Wie stets im Strafrecht ist von vornherein schon klar, daß die Vielzahl der Probleme nicht in aller Ausführlichkeit in 5 Stunden wird abgehandelt werden können. Also: Ruhig bleiben und auf das Wesentliche konzentrieren. Punkte bringen vor allem Argumentation mit Hilfe des Sachverhalts, saubere Subsumtion und richtige Schwerpunktbildung – die Sachbeschädigung am Hemd des niedergestochenen E hilft da nur bedingt weiter (andere Meinung nur mit teuflisch guter Argumentation vertretbar).

2. Klausur: Vollstreckungsrecht

Sachverhalt (stark gekürzt, da sonst vollkommen unverständlich): Die Parteien – zwei Rechtsanwälte – streiten um zwei Kostenfestsetzungsbeschlüsse.

Der Beklagte (B) hatte den Kläger (K) 1996 veranlaßt, für die Firma Secura-GmbH, eine Mandantin des B, als Prozessanwalt vor dem Landgericht München I (später auch vor dem OLG München) in einem Rechtsstreit tätig zu werden. Dabei bestand zwischen K und B eine Gebührenteilungsabsprache, vereinbart war eine hälftige Teilung aller Gebühren. Nachdem K die Klageschrift eingereicht hatte, beantragte er im Termin ein VU, das antragsgemäß erlassen und auch nach Einspruch aufrechterhalten wurde. Nach Berufung hob das OLG jedoch das Urteil wieder auf und wies die Klage ab.

K berechnete seine Vergütungen für beide Verfahren und übersandte die Rechnungen dem B, Zahlungen sind jedoch auch nach wiederholten Mahnungen nicht erfolgt.

Später erfuhr K, daß bei B aus dem Verkauf von Anteilen an einer Firma IMS zugunsten von H, dem Ehemann der G, der Allein-Gesellschafterin der Firma Secura-GmbH, rund 343.000,-- DM eingegangen waren. Davon hatte B für seine eigene Vergütung aus dem Rechtsstreit der Secura-GmbH 87.000,-- DM vereinnahmt und den Rest an H ausgezahlt. Da K nun glaubte, ihm stünde von diesem Geld ein Anteil zu, führte er gegen B einen Rechtsstreit durch zwei Instanzen:

Das LG Saarbrücken hat die Klage abgewiesen, die eingelegte Berufung hat das Saarländische OLG nach vorausgegangener Beweiserhebung zurückgewiesen.

Aufgrund des Obsiegens des B ergingen zwei Kostenfestsetzungsbeschlüsse (KFB). K hatte gegen die Forderungen aus den KFB aufgerechnet, gleichwohl den aufgrund der KFB geschuldeten Betrag beglichen. Er hatte sich seine Gebühren gemäß § 19 BRAGO festsetzen lassen, die ZVG gegen die Firma Secura-GmbH blieb jedoch fruchtlos.

K trägt vor, dem B sei von Anfang an die desolate finanzielle Situation der Secura bekannt gewesen. Dennoch habe B bei einem Telefonat am 14.03.1996 den Eindruck erweckt, für die Gebühren seien entsprechende Gelder vorhanden und erklärt, die Abrechnung der Vergütung des K solle über ihn erfolgen, das Geld sei schon bereitgestellt.

K beantragt: Die ZVG aus den KFB wird für unzulässig erklärt.

B beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

B behauptet, K über die finanzielle Situation der Secura hingewiesen zu haben. Zugleich habe H ihm versichert, die Prozessführung aus eigenen Mitteln unterstützen zu wollen. H selbst habe die Gebührenfrage mit K regeln wollen.

Lösungsanmerkungen:

A. Zulässigkeit

Statthafte Klageart: Vollstreckungsabwehrklage, § 767 I

Zuständig Prozessgericht des ersten Rechtszuges

1. Problem: Steht die Rechtskraft der Entscheidung des OLG schon der Zulässigkeit der Klage entgegen oder nicht. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Streitgegenstände identisch sind. Es handelt sich hier aber schon um ganz unterschiedliche Anträge: Dort ging es um Zahlung, hier um Unzulässigkeit der ZVG.

2. Problem: K hatte zwar aufgrund der KFB schon gezahlt, B ihm das Urteil aber noch nicht ausgehändigt, deshalb lag ein Rechtsschutzbedürfniss für § 767 immer noch vor.

B. Begründetheit

Präklusion nach § 767 II ist bei KFB gem. §§ 103 ff. ZPO gar nicht anwendbar! Anders nur bei KFB gem. § 19 BRAGO – hier aber (-)

Ist der geltend gemachte Anspruch schon durch das OLG rechtskräftig abgehandelt – Problem des § 323 ZPO. Die Tatsache, daß irgendwelche Auskünfte von B nicht gegeben wurden, war schon Gegenstand im OLG-Verfahren. Dessen Rechtskraft steht zwar der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, wohl aber der Begründetheit.

Außerdem waren die Ansprüche des K schon aus Beweislastgründen abzulehnen.

Erst recht kam keine Rechtskraftdurchbrechung gemäß § 826 BGB in Betracht.

Fundstelle: Jus 2000, 1042 ff (zur Frage der Bindungswirkung im Zivilprozeß)

Klage mußte im Ergebnis auf jeden Fall abgewiesen werden.

Fazit: Tja. Der Verfasser dieser Zeilen mußte in seinem noch jungen Leben schon viel Elend in juristischen Klausuren lesen und durchleben – aber der Fall hier sprengte bisher alles an Wirrniss und Abgedrehtheit überhaupt für möglich gehaltene in die Luft. Begegnete ich einem Klausuranten der hier auf Anhieb den vollen Durchblick hat und trüge ich dann einen Hut – ich zöge ihn!

3. Klausur: BGB I

L kommt zum RA und erzählt folgende Gangster-Story:

"Ich bin vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil ich mit B einen Verkehrsunfall vorgetäuscht habe.

Wir täuschten vor, ich hätte die Vorfahrt mißachtet und sei deshalb auf den Wagen des B aufgefahren. Meine Haftpflicht-Versicherung (V) zahlte an B, aber nur einen Abschlag in Höhe von 15.000,-- DM. Den restlichen Schaden wollte sie nicht ersetzen. Deshalb kam es zu einem Zivilprozess zwischen B und V. Ich sagte als Zeuge aus und verschwieg die Gaunerei. Dann kam aber durch ein Sachverständigen-Gutachten heraus, daß wir den Unfall nur vorgetäuscht hatten. Die Klage des B gegen V wurde abgewiesen, außerdem kam es zu dem erwähnten Strafverfahren gegen B und mich."

In einem Schreiben forderte V dann den L auf, ihr den entstandenen Schaden zu ersetzen – also den Abschlag zurückzuzahlen. L, der noch sehr unter dem Eindruck seiner Verurteilung steht,schreibt der Versicherung, er wolle den Schaden wieder gutmachen. L hat keine Kohle, will aber in Raten zahlen, was er auch zweimal tut, jeweils 100 Euro. V ist einverstanden, solange die Raten pünktlich gezahlt werden.

Dann aber gerät L ins Grübeln und will, daß B sich an der Wiedergutmachung beteiligt – B lehnt das ab und meint, L hätte ja nicht mitmachen müssen. Außerdem habe L ja schon 1000 Euro von der Abschlagszahlung als Belohnung erhalten (was zutrifft).

L möchte von RA wissen, ob und wenn ja welche Ansprüche er gegen B hat. Am liebsten wäre es ihm, wenn B ihm den gesamten Schadensbetrag zahlen würde, den er dann seinerseits an die Versicherung zahlen könnte.

Auch will er wissen, ob V zu Recht die gesamten Kosten von ihm erstattet haben will – wenn nicht, würde er gerne die Raten zurückverlangen. Wie soll L sich verhalten, falls V doch Klage erhebt?

Schließlich könnte L keine Gerichtsgebühren finanzieren – welche Möglichkeit gibt es da?

Der Akte beigefügt waren:
  • Straf-Urteil des AG: B wegen Betruges, L wegen Beihilfe verurteilt, L wegen falscher uneidlicher Aussage, B wegen Anstiftung hierzu.

  • Schreiben der Versicherung an L, in dem dieser zur (Rück)Zahlung aufgefordert wird von: 1. der von V an B geleisteten Abschlagszahlung 2. der durch das Gerichtsverfahren entstandenen Kosten

  • das Antwortschreiben von L an die V: "selbstverständlich bin ich bereit, Ihnen den verursachten Schaden auszugleichen"

  • ein Schreiben von L an B, in dem L den B auffordert, das von V verlangte Geld an L zu zahlen

  • ein Schreiben des B an L, in dem die Forderungen des L zurückweist.


Lösungsanmerkungen:

A. Gutachten zur materiellen Rechtslage

1. Ansprüche V gegen L

I. § 280 I wegen Verletzung der Pflichten aus dem Versicherungsvertrag (+)

Vorsicht: Zu prüfen waren hier zunächst die Ansprüche von V gegen L, um danach auf das Gesamtschuldverhältnis zwischen L und B eingehen zu können. Nicht wenige Bearbeiter prüften hier ein Bereicherungsdreieck (das lag nahe wegen des Mandantenbegehrens des L, wonach dieser das Geld unmittelbar von B haben wollte) – aber diese Prüfung war sehr schwierig und wohl auch falsch, da das Gesamtschuldverhältnis in jedem Falle vorrangig war!

Schuldhafte Pflichtverletzung des L (+)

Vorsätzliches Herbeiführen des Versicherungsfalls durch Anmeldung des Schadens

Zu ersetzen: Positives Interesse, erfaßt auch die Prozesskosten

II. §§ 823 II i.V.m. §§ 153, 27, 263 StGB, 830 I 1, II, 840 (+)

Verletzung eines Schutzgesetzes

§ 263 StGB(+) § 153 StGB(+) (m.E. fragwürdig, § 153 dient dem Schutz der Rechtspflege?)

III. §§ 780, 781

Aus dem Wortlaut des Schreibens von L an V folgt wohl kein konstitutives Schuldanerkenntnis. Ob es sich um ein deklaratorisches oder eine bloße Beweiserleichterung handelt, kann dann offenbleiben.

Wegen der bereits bejahten Ansprüche waren hier keine allzu ausführlichen Ausführungen mehr erforderlich.

3. Ansprüche L gegen B

Fraglich hier vor allem, in welchem Umfang L gegen B Ausgleichsansprüche zustehen, § 426 .

Die Quotenbildung im Rahmen des § 254 war einer der Schwerpunkte der Klausur.

Fundstelle: NJW 2002, S. 1054 ff.

Rechtsmißbrauch wegen ursprünglich unerlaubter Handlung (-) da § 817 nicht analogiefähig

Inhaltlich richtet sich der Anspruch zunächst auf Mitwirkung, und erst nach Befriedigung des Gläubigers auf Ausgleich des Geleisteten. Ein Zahlungsanspruch entsteht also erst mit Befreiung. Das bereits Geleistete (die 200 Euro) hat L wohl auf seine eigene Schuld gezahlt, also war ein Antrag auf Freistellung zu formulieren.

II. § 426 II aus übergegangenem Recht

Der Übergang tritt erst ein, wenn ein Gesamt-Schuldner den Gläubiger befriedigt hat, hier wohl (-)

III. §§ 280, 281

Ansprüche aus pVV (nun in § 280)

IV. GoA

Ansprüche aus GoA sind nicht anwendbar, soweit ausdrückliche Sonderregeln für das Verhältnis zwischen Gesellschafter und Beauftragtem bestehen, hier (+): § 426

IV. § 257

Hier wollte L aber eine eigene Verpflichtung erfüllen.

B. Erwägungen im Prozessgutachten

Hinsichtlich der Haftungsquote ist L auf das Risiko hinzuweisen: Möglicherweise bleibt er auf einem Teil seiner Kosten sitzen.

B ist nochmal schriftlich zur Zahlung aufzufordern. Kommt er dem nicht nach, Antrag den B zur Freistellung des L zu verurteilen.

Der Streitwert beurteilt sich nach der Höhe der begehrten Freistellung.

Da L keine Kohle hat: Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Zusatzpunkte gibt´s für die Beachtung von § 114 I ZPO und folgenden Gedanken: Der schlitzohrige L ist doch in vielfacher Hinsicht selbst Schuld an seiner Misere, und jetzt will er das auch noch auf Staatskosten geradegebogen haben...

Eine Klage der V dürfte unzulässig sein, solange L seine Raten pünktlich zahlt

Zusatzpunkte: Bei Klageerhebung der V sollte B der Streit verkündet werden.

Fazit: Bei Besprechung der Klausur dachte ich mir: Das darf nicht wahr sein. Meine Güte, wie einfach. Meine Güte, wie blöd. Dafür verknotest Du Dein Gehirn mit verschachtelten Bereicherungsdreiecken, ts ts...

4. Klausur: BGB II

Tatbestand: Die Parteien streiten um den Kaufpreis für einen PKW.

Der Kläger (K) veräußerte am 09.12.1999 mit schriftlichem Kaufvertrag einen Maserati an den Zeugen A zu einem Kaufpreis von 33.234,-- Euro. K übergab den PKW dem A, dieser ließ das Auto beim Straßenverkehrsamt auf seinen Namen zu.

Im Februar 2002 bat A den Zeugen G, mit dem er privat und geschäftlich verbunden war, den PKW auf dessen Grundstück in Hoisdorf in einem Carport unterstellen zu dürfen. G war damit einverstanden. A übergab G zusammen mit dem PKW und den Fahrzeugschlüsseln eine Mappe, in der sich sämtliche Fahrzeugpapiere, insbesondere eine Wartungs- und Bedienungsanleitung und auch der KfZ-Brief befanden. Einen Satz Zweitschlüssel behielt A zurück.

Der PKW stand dann ab Februar 2002 bei G. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten hat A den vereinbarten Kaufpreis bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht an K gezahlt. Da A Schulden bei G hatte, trat G an die beklagte Autohandel-GmbH (B) heran und fragte, ob sie vielleicht den PKW erwerben wolle, um ihn dann für eigene Rechnung weiterzuveräußern. B willigte ein und erwarb den Wagen am 07.05.2002 für 17.000,-- Euro von G.

Nach einigen Instandsetzungsarbeiten wurde der PKW von B am 19.08.2002 für 29.000,-- Euro weiterverkauft und an den Erwerber übergeben.

Bereits am 14.05.2001 fand bei dem Rechtsanwalt W eine Unterredung statt, an der neben K auch der Zeuge M sowie A und G teilnahmen.

K ließ durch anwaltliches Schreiben vom 18.06.2002 und vom 01.07.2002 die B auffordern, den PKW bis zum 27.06.2002 an ihn herauszugeben. Da B dieser Aufforderung nicht nachkam, erhob K Klage.

K behauptet, er habe mit A vereinbart, daß das Fahrzeug bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises im Eigentum des K bleiben solle.

Auch habe G gewußt, daß der PKW nach wie vor im Eigentum des K stehe, weil diese Thematik in der Unterredung bei W am 14.05.2001 zur Sprache gekommen sei und G gehört habe, wie A dem K gegenüber den Eigentumsvorbehalt und die Zahlungsschwierigkeiten eingestand.

Auch B habe schließlich wissen müssen, daß der von G an sie veräußerte PKW nicht in seinem Eigentum gestanden habe: Dies habe sich unter anderem aus dem Fahrzeugbrief ergeben, der als letzten Halter den A ausgewiesen habe.

K beantragte ursprünglich:

den B zu verurteilen, den PKW Maserati (...) an den K herauszugeben.

B beantragte daraufhin:

die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 20.09.2002 erklärte K den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Diese Erledigungserklärung nahm K in der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2002 wieder zurück.

K beantragt nunmehr:

Die B zu verurteilen, an den K 25.000,-- nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die B beantragt:

Die Klage abzuweisen.

B trägt vor, der Eigentumsvorbehalt zwischen K und A sei erst nachträglich in den Kaufvertrag eingefügt worden.

Überdies habe A dem G den PKW zur Sicherheit für Beträge übereignet, die A dem G schuldete. Hierfür spreche auch die Übergabe des Fahrzeugbriefes, der Schlüssel und aller anderen mit dem PKW in Zusammenhang stehenden Dokumente und Gegenstände.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A und G in der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2002. Wegen der weiteren Einzelheiten...

Lösungsanmerkungen:

A. Zulässigkeit

Hauptproblem: Welcher Antrag war zu prüfen. Im Ergebnis konnte K die Erledigungserklärung widerrufen. Das dahinter stehende Problem, ob der Herausgabeantrag überhaupt noch gesondert zu beurteilen war oder gemäß § 264 Nr. 3 ZPO im Zahlungsauftrag aufging, war anzusprechen.

K war auch nicht daran gehindert, statt des vollen Kaufpreises (33.234,-- Euro) nur einen Teilbetrag (25.000,-- Euro) geltend zu machen. Dies ist gemäß § 301 ZPO dann möglich, wenn der einheitliche Anspruch teilbar, der zuzusprechende Teil quantitativ abgrenzbar und eindeutig individualisierbar ist. (+)

B. Begründetheit

I. §§ 989, 990

(auch denkbar: §§ 687 II, 816 I)

Wesentlich: Hatte B wirklich Eigentum erlangt?

Widersprüchliche Aussagen in der mündlichen Verhandlung Beweislast hatte K

Eigentumsvermutung zugunsten des A gemäß § 1006 II

G könnte gutgläubig erworben haben (+/-) bei (-) prüfen, ob auch B gutgläubig erworben hat. Dann wäre der extrem günstige Preis für das Auto ein Ansatz für Mißtrauen...

Fazit: Endlich eine sehr dankbare Klausur, bei der es wegen der Zeugenaussagen vor allem auf eine gute, schlüssige und überzeugende Argumentation ankam. Hier hilft es wirklich, sich erst selbst eine Meinung zu bilden, bevor man versucht, den Korrektor zu überzeugen: Wenn ich als Richter in der Verhandlung säße, welchem Schluri würde ich letztlich mehr Glauben schenken... :-)?

5. Klausur: ÖR I – Eilverfahren

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Lärmbelästigungen durch ein Stadtfest.

Der Beigeladene veranstaltet an einem Wochenende im August das 19. Cityfest in der Innenstadt von Bexbach (ein Kaff im Saarland). Dort ist auch die Wohnung der Antragsteller (A) gelegen.

Der Bereich des Platzes, wo das Fest stattfindet, ist im Flächennutzungsplan als "Fläche für den Gemeinbedarf" und im Bebauungsplan als "Mischgebiet" ausgewiesen. In diesem Bereich finden seit über 40 Jahren Feste, Märkte u. ä. statt. Bei dem nur einmal im Jahr veranstalteten Stadtfest handelt es sich um eines der meistbesuchten Feste im Saarland.

Um den Interessen der Anlieger Rechnung zu tragen und einen geregelten Rahmen des Festes sicherzustellen, hat die Stadt mit dem Beigeladenen einen Vertrag geschlossen, in dem unter anderem die Überlassung der städtischen Flächen und die Aufbau- und Öffnungszeiten geregelt sind. Überdies wird darin die Sperrstunde für den Essens- und Getränkeausschank am Freitag und Samstag je auf 2 Uhr und am Sonntag auf 24 Uhr festgelegt. Zudem heißt es in § 9 des Vertrages:

"Die Lautstärke für die Musikdarbietungen ist ab 22 Uhr deutlich zu reduzieren."

Zudem hat die Stadt den Standbetreibern des Cityfestes Gestattungen erteilt, in denen als Auflagen gemäß § 12 Abs. 3 GastG festgelegt wird, daß Musikdarbietungen nur für die Öffnungszeiten freitags von 18–24 Uhr, samstags von 10 bis 24 Uhr und sonntags von 11 bis 24 Uhr aufgeführt werden dürfen.

Auch nach diesen Gestattungen ist die Lautstärke für die Musikdarbietungen ab 22 Uhr deutlich zu reduzieren.

In anderen Städten des Saarlandes werden bei vergleichbaren Festen zur Beschränkung von Lärmimmissionen die Hinweise des Länderausschusses für Immissionsschutz zur Beurteilung von Freizeitlärm herangezogen.

Darin ist unter anderem festgelegt, daß bei seltenen Störereignissen der Geräuschpegel vor den Fenstern tags außerhalb der Ruhezeit 70 dB (A), tags innerhalb der Ruhezeit 65 dB (A) und nachts 55 dB (A) nicht überschreiten soll.

Die A tragen vor, die durch das Stadtfest entstehenden Belästigungen seien unzumutbar. Sie hätten zwei kleine Kinder, die sehr empfindlich auf den lauten und andauernden Lärm reagierten. Durch das Stadtfest werde die Lebensqualität der Familie so sehr beeinträchtigt, daß sogar gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen seien. Es sei unerklärlich, wieso nicht auch die Stadt Bexbach die Hinweise für Immisionsschutz zur Beurteilung von Freizeitlärm beachte. Die von der Stadt stattdessen ergriffenen Maßnahmen seien völlig ungeeignet, die berechtigten Interessen der Familie zu wahren.

Die A beantragen:

Dem Antragsgegner (G) wird aufgetragen, während dieses Stadtfestes und in Zukunft dafür Sorge zu tragen, daß keine Musikdarbietungen auf dem Platz vor ihrer Wohnung stattfinden.

Hilfsweise:

G zu verpflichten, dafür Sorge zu tragen, daß Musikveranstaltungen in der Zeit nach 22 Uhr einen Lärmpegel von 55 dB (A) nicht überschreiten und dies durch Messungen alle 15 Minuten kontrollieren zu lassen.

G beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

G trägt vor, die A wüßten, daß ihre Wohnung am Festplatz der Stadt liegt und müßten daher damit rechnen, daß es zu bestimmten Zeiten zu erhöhten Lärmbelästigungen kommt.

Die Durchführung von musikalischen Darbietungen in allen Festbereichen trage zum besonderen Gepräge des Stadtfestes bei und erhöhe dessen Anziehungskraft beträchtlich.

Dem Ruhebedürfnis der Anlieger werde durch die Auflagen in ausreichendem Maße Rechnung getragen.

In bezug auf die Hinweise des Länderausschusses für Immisionsschutz (AI-Hinweise) sei festzustellen, daß diese keine Rechtsnorm darstellten und daher nicht verbindlich seien.

Das Einhalten der in der Antragsschrift genannten Lärmwerte sei nur schwer handhabbar, eine ständige Nachmessung unzumutbar.

Das Gericht hat den Verkehrs- und Kulturverein Bexbach (B) durch Beschluss vom 21.08.2002 gemäß § 65 VwGO beigeladen.

B beantragt:

Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kostenpflichtig zurückzuweisen.

B behauptet, daß sich das Stadtfest nach Art und Umfang nicht von den Stadtfesten in den Jahren zuvor unterscheide und deshalb nicht einzusehen sei, weshalb jetzt auf einmal ein Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung vorliegen solle.

Überdies sei nicht einzusehen, inwieweit die Verwaltungsgerichte überhaupt zuständig sein sollen, da die von A angestrebten Regelungen letztlich auf eine Änderung des zwischen der Stadt und dem Verkehrs- und Kulturverein getroffenen Vertrages hinausliefen.

Lösungsanmerkungen:

1. Verwaltungsrechtsweg § 40 VwGO

Vorschriften des GastG §§ 12, 3

2. Klageart § 123 VwGO

3. Antragsbefugnis § 42 II VwGO analog

Möglichkeit eines Anordnungsanspruchs Es wird die Rechtsposition angesprochen, die möglicherweise verletzt sein kann Vertretbar hier: Art 2 II, 14 GG § 5 I Nr. 3 GastStG

3. Widerspruchsverfahren

4. Rechtsschutzbedürfnis: 1 Satz

B. Begründetheit

Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft (§§ 123 III, 920 II ZPO) gemacht?

I. Anordungsgrund: besonderes Eilbedürfnis

Hier stand das AKTUELLE Fest unmittelbar bevor Es war nicht zu erwarten, daß die Behörde innerhalb dieser Frist zu einer Entscheidung kommt

Anders aber für die zukünftigen Feste – der Antrag war also jedenfalls insoweit zurückzuweisen

II. Anordnungsanspruch

Anspruchsgrundlage § 12 GastG i.V.m. § 5 I Nr. 3 GastG iVm Art 2 GG

Ermessen der Behörde

Liegt eine Gestattung aus besonderem Anlaß vor (+)

Argumente: Schutzzweck des GaststG, berechtigte Interessen der Anlieger

Maßstab § 22 I iVm § 3 I BimSchG: Schädliche Umwelteinwirkungen, wenn die hervorgerufenen Beeinträchtigungen wesentlich sind

Im Ergebnis kein Anspruch auf Untersagung der Musikdarbietungen

Hilfsantrag: Beschränkung des Lärmpegels

Anspruch aus § 5 I Nr. 3 iVm Art 2, 14 GG

Insoweit ist eine Auflage gewünscht, also ein akzessorischer, aber doch eigenständiger VA

Vereinbarung, die Musik sei "deutlich zu reduzieren" ist zu unbestimmt, § 37 VwVfg. Sie stellt insbesondere keinen vollziehbaren VA dar, weil schon die Auflage an sich nicht kontrollierbar ist

Die Hinweise des Länderausschusses sind heranzuziehen, da nur so den Anliegerinteressen in klaren Schranken Rechnung getragen werden kann (a. A. mit guter Begründung vertretbar)

Kosten §§ 155 I 1 iVm § 154 III, § 162 III

Rechtsmittel: Beschwerde § 146 I, IV

Fazit: Bei derlei Eilanträgen sind vor allem die Formalia wichtig, Fehler können hier zu beträchtlichen – und völlig unnötigen – Punktabzügen führen. Also schaut´s Euch nochmal an. Beeilt Euch.

6. Klausur: ÖR II – Gerichtsbescheid

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Rückforderung einer Sicherheitsleistung.

Die Klägerin (K) ist eine Luftverkehrsgesellschaft. Der Schwerpunkt ihres operativen Geschäfts liegt in der Beförderung von Personen und Sachgütern. Mit dem Flug NR. EF 181 am 14.06.1999 wurde der algerische Staatsbürger T von Ägypten nach Düsseldorf befördert.

T verfügte jedoch nicht über die erforderlichen Einreisepapiere, die von ihm vorgelegten Papiere erwiesen sich bei näherer Prüfung als gefälscht. Er stellte aber bei seiner Ankunft am Rhein – Ruhr –Flughafen Düsseldorf beim Grenzschutzamt Kleve einen Asylantrag und konnte deshalb nicht zurückgewiesen werden.

Diesen Vorfall nahm die Beklagte (B)(die BRD vertreten durch den Bundesminister des Innern, dieser vertreten durch die Grenzschutzdirektion Koblenz) zum Anlass, von der Fluggesellschaft eine Sicherheitsleistung in Höhe der zu erwartenden Kosten für ein einfaches Flugticket in den Heimatstaat des T zu fordern:

Mit Schreiben vom 10.08.1999 wies B die K darauf hin, daß zur Sicherung der Kosten der Rückbeförderung beabsichtigt ist, von K die Stellung einer Sicherheitsleistung in Form der Hinterlegung nach Maßgabe von § 82 V AuslG zu fordern.

Mit Schreiben vom 07.09.1999 konkretisierte die B ihre Forderung dahingehend, daß K aufgrund von §§ 82 Abs. 3, 73 Ab. 2 AuslG aufgefordert werde, eine Sicherheitsleistung i.H.v. 1094, 50 DM zu leisten.

Die K erhob am 20.08.1999 Widerspruch gegen das Schreiben der B vom 10.08.1999, leistete aber dennoch – entgegen ihrer eigenen Rechtsauffassung – die Sicherheit. K behauptete, die Sicherheitsleistung würde sie über Gebühr stark belasten, da solche Fälle immer wieder vorkommen könnten und dann dadurch erhebliche Geldbeträge über Jahre festlägen. Überdies sei K ohnehin kraft Gesetzes zur Rückbeförderung verpflichtet und käme dieser Verpflichtung auch nach. Jedenfalls könne eine Sicherheitsleistung nur im jeweiligen Bedarfsfalle gefordert werden – ein solcher läge hier vor. Schließlich sei die Anforderung einer Sicherheit in Form der Hinterlegung wegen der damit einhergehenden Bindung von Geldmitteln völlig unangemessen.

Dieser Widerspruch wurde von der Grenzschutzdirektion Koblenz zurückgewiesen, die Sicherheitsleistung stünde mit geltendem Recht in Einklang.

Daraufhin erhob die K am 20. 10. 1999 Klage gegen die B und beantragte ursprünglich:

1. Unter Abänderung des Widerspruchsbescheids vom 29.09.1999 den Leistungsbescheid vom 7.9.1999 aufzuheben und 2. Der B die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Als klar war, daß die K ihrer Rückbeförderungspflicht nicht würde nachkommen müssen, änderte sie die Klage am 19.06.2002.

K beantragt nunmehr:

Festzustellen, daß der Bescheid des Grenzschutzamtes Kleve vom 7.9.1999 und der Widerspruchsbescheid der Grenzschutzdirektion Koblenz vom 29.9.1999 rechtswidrig sind.

B beantragt: die Klage abzuweisen.

B trägt vor, ein konkretes Sicherungsbedürfnis sei nicht erforderlich, der Gesetzgeber habe mit der Regelung ein generelles Sicherungsbedürfnis anerkannt. Die Sicherheitsleistung in Form der Hinterlegung sei ein nach § 232 BGB analog zulässiges Sicherungsmittel.

In rechtlicher Hinsicht stützt B den Klageabweisungsantrag auf die unterbliebene Durchführung eines Vorverfahrens.

Das Einverständnis zu der von K erklärten Änderung der Klage hat B versagt.

Lösungsanmerkungen:

Fundstellen: NVwZ 2001, 1424 und VwBlNRW 2001, 435

A. Zulässigkeit

Ist das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden?

Der Widerspruch gegen einen noch gar nicht existierenden VA geht ins Leere. Er wird auch nach Ergehen des VA nicht nachträglich wirksam. Es ist aber Pflicht der Widerspruchsbehörde, den Widerspruchsführer darauf hinzuweisen.

OVG Münster dazu: B hat sich ja auf die Klage eingelassen.

B. Begründetheit

Rechtliche Grundlage § 82 V 1

Kostenschuldner ergeben sich aus § 82 III 1 iVm § 82 I 2 AuslG Ermessen: Es "kann" verlangt werden

Konkretes Sicherungsbedürfnis war zu prüfen, das aber hat B nicht vorgetragen

Fazit: Es gibt nur cool und uncool und ob Du mit dem Asylverfahrensgesetz umgehen kannst. Klar ist das am Anfang der Klausur immer schlimm. Du fragst Dich: Sitze ich überhaupt in der richtigen Veranstaltung? Aber dann heißt´s tief durchatmen, Vorschriften lesen und auslegen, eine Prise Ermessen hinzu, ein Schuß Verhältnismäßigkeit, umrühren, fertig.

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