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Termin 2003-II
Florian Wörtz hat den Examenstermin 2003-II in Baden-Württemberg absolviert und jeweils kurze Sachverhaltszusammenfassungen samt Nennung der formellen und materiellen Probleme erstellt.

Naturgemäß erheben die nachfolgenden Hinweise keinerlei Anspruch auf Richtigkeit - vielmehr wurden sie im unmittelbaren Anschluss an den Termin erstellt, ohne die Probleme im nachhinein zu bearbeiten oder zu verifizieren. Es ist also durchaus möglich, dass einzelne Problemkreise falsch, ungenau oder gar nicht beschrieben wurden.

Gleichwohl soll die Zusammenfassung dazu dienen, einen gewissen Überblick über mögliche Examensthemen, Schwierigkeitsgrad und prozessuale Einkleidung (Urteil, Schriftsatz, Gutachten etc.) für zukünftige Absolventen zu gewinnen.



Zusammenfassung des Assessorexamens in Baden-Württemberg im Termin 2003-II


1. Zivilrechtsklausur:

Anwaltsklausur, die in drei Teile untergliedert ist

Teil 1: Erfolgsaussichten der Berufung und Vorschlag des weiteren Vorgehens

Hierbei gab es ein Problem in Bezug auf das Vorbringen neuer Tatsachen in der Berufungsinstanz, da der Anwalt in erster Instanz es versäumte, die Flucht in die Säumnis zu ergreifen. Hinsichtlich der Begründetheit der Revision musste ein Anspruch auf Mietminderung geprüft werden. Hierbei entsprach das Mietobjekt zwar den objektiven Maßstäben, es war zwischen den Parteien jedoch strittig, ob sie eine besonders hohe Heizbarkeit hinsichtlich der Temperaturen in der Wohnung vereinbart haben. Beim Vorschlag des weiteren Vorgehens mussten die prozessualen Möglichkeiten in der aktuellen Situation des Mandanten erörtert werden.

Teil 2: Prüfung von Schadensersatzansprüchen des Mandanten gegen den Rechtsanwalt, der den Mandanten zuvor beraten hat. Anhaltspunkte für mögliche Pflichtverletzungen des RA sind die unterbliebene Mitnahme der Ehefrau des Mandanten zum Termin, ein anderes prozessuales Verhalten im Termin und der unterbliebene Hinweis auf die Erfolgsaussichten der Berufung.

Teil 3: Chancen der Rechtsverteidigung gegen die mittlerweile ausgesprochene fristlose Kündigung des Vermieters und Vorschlag des weiteren Vorgehens

Die Räumungsklage wurde dabei vor dem unzuständigen Gericht erhoben. Prüfung, ob die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung vorliegen

2. Zivilrechtsklausur:

Klausur aus dem Zwangsvollstreckungsrecht

Sachverhaltskonstellation grob geschildert:
Gläubiger erwirkt gegen den Schuldner einen PFUEB auf Mieteinnahmen aus der Vermietung einer gewerblichen Immobilie. Jedoch: zuvor erfolgte bereits eine Sicherungsabtretung der gegenwärtigen und zukünftigen Mieteinnahmen an eine Bank; ferner wird mit den Mieteinnahmen bereits ein Finanzierungskredit einer anderen Bank durch erstrangig gesicherte Grundschuld bedient.

Die Klausur muss aus der Sicht eines RA geschrieben werden, der den Schuldner vertritt, gegen den der PFUEB erlassen wurde und sich gegen die Zwangsvollstreckung wehren will. Dieser will auch die Rechte der Banken geltend machen. Dem Rechtsstreit zugrunde liegt ein Kaufvertrag über eine Segelyacht, die der Mandant vom Gläubiger des PFUEB erworben hat. Es stellt sich jedoch später heraus, dass der Vertrag über den Liegeplatz der Yacht am Bodensee zum Jahresende ausläuft und sich nicht mehr verlängern lässt.

Teil 1: Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem PFUEB

Teil 2: Prüfung, ob der Kaufvertrag über die Segelyacht rückabgewickelt werden kann (zuprüfen hierbei: Anfechtung, Rücktritt)und Prüfung der Verhinderung der weiteren Zwangsvollstreckung

Teil 3: Mandant begehrt Schadensersatz wegen etwaigen Mindererlöses bei einem Weiterverkauf der Segelyacht aufgrund der künftig fehlenden Liegeplatzberechtigung am Bodensee

3. Zivilrechtsklausur:

Prüfung von Ansprüchen aus einem Reitunfall und Formulierung eines Tenors

SV-Konstellation:
Klägerin reitet auf einem Pferd des Beklagten und verletzt sich, nachdem es vom Pferd abgeworfen wurde. Es gibt 2 Beklagte, die Tierhalterpflichtversicherung und den Halter des Pferdes. Der Halter des Pferdes wurde erst nach der Rechtshängigkeit der Klage gegen die Versicherung und nach Durchführung des Mahnverfahrens gegen diese mitverklagt. In der mündlichen Verhandlung erscheint lediglich der Tierhalter

Angesprochene Probleme: Eröffnung des Schutzbereichs der Tierhalterhaftung (Einwand: Pferd stand beim Ausritt unter dem direkten Zugriff der Klägerin), Abgrenzung Leihvertrag-Gefälligkeitsverhältnis, Tatbestandsvoraussetzung der Paragraphen 833, 840 BGB, stillschweigend vereinbarter Haftungsausschluss, Haftungsausschluss nach 242 BGB, weil sich die Klägerin freiwillig in die Gefahr begeben hat, kein Mahnverfahren gegen den Halter, Säumnis der Versicherung

Die Schadenspositionen wurden wie folgt aufgeschlüsselt: Schmerzensgeld, Zuzahlung für ein Einzelzimmer im Krankenhaus, Fahrtkosten des Freundes in das Krankenhaus, Honorar für ausgefallene Klavierstunden (Einwand der Nachholbarkeit) und müssen dann für die Berechnung des Schadensersatzes differenziert werden

4. Zivilrechtsklausur:

RA-Klausur, Kombination aus Erb und Familienrecht

SV-Konstellation
Mandantin bittet um Rat, was nach dem Tod ihres (Ex?-) Ehemannes hinsichtlich einer möglichen Erbschaft anzuraten ist. Das Scheidungsverfahren lief noch während des Ablebens des Erblassers, ein Vermögensausgleich der Ehegatten nach fand noch nicht statt. Anzumerken ist, dass noch ein Sohn des Erblassers aus 1. Ehe besteht. Die Mandantin vereinbarte mit dem Erblasser zunächst Gütertrennung verbunden mit einem Vermächtnis, anschließend erfolgte eine rückwirkende Aufhebung der Gütertrennung auf den Beginn der Ehe. Zwischenzeitlich verfügte der Erblasser jedoch über ein Grundstück, das sein Vermögen im Wesentlichen ausmacht.

Teil 1: Wirksame Scheidung? Hierbei ist der Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils problematisch

Teil 2: Wer ist Erbe des Erblassers geworden? Es liegt kein Testament vor; fraglich ob Mandantin neben dem Sohn aus erster Ehe Erbin geworden ist.

Verfahrensrechtliche Frage: Vortrag und Beweisangebot für die Berechnung des Zugewinnausgleichs? Wie kann man sich die notwendigen Kenntnisse über die Vermögensverhältnisse für Berechnung des Zugewinnausgleichs verschaffen? Ist Zugewinnausgleich neben dem Vermächtnis möglich?

Teil 3: Wirksamkeit des vom Ehemann geschlossenen Grundstückkaufvertrags samt Vorschlag gerichtlichen Vorgehens

Teil 4: Bestehen und Zugewinnausgleichsansprüchen und deren Berechnung; eingebauten Probleme u.a.: voreheliche Schulden, im Laufe der Ehe angefallene Erbschaft, Geschenke unter Ehegatten

1. Strafrechtsklausur:

Prüfung prozessualer und materiellrechtlicher Probleme sowie Fertigung einer Anklageschrift, Beweiswürdigung und Bestimmung des zuständigen Gerichts

M gründet ein Unternehmen, zu dessen Finanzierung er stille Gesellschafter sucht. Nach der Trennung von seiner Verlobter kommt der Geschäftsbetrieb zum Erliegen. Er gewinnt den R als weiteren stillen Gesellschafter, demgegenüber er einen geregelten Geschäftsbetrieb vorspiegelt. Anschließend nimmt er entgegen dem Gesellschaftervertrag einen Privatkredit aus Mitteln der Gesellschaft auf. Des weiteren belästigter seine Verlobte mit ständigen Telefonanrufen. Er entwendet u.a. ihre Scheckkarte und räumt ihr Konto leer. Nach Rückgabe der Scheckkarte teilt er dieser mit, dass sie das Geld erst wiedersehe, wenn sie zu ihm zurückgekehrt sei. Er gibt das Geld schließlich erst bei seiner polizeilichen Vernehmung zurück.

Prozessuale Probleme (u.a.): Verwertbarkeit der Zeugenaussage R, der sich in den USA aufhält und für einen Prozess nicht nach Deutschland kommen will. Bei der Verlobten eine fehlende qualifizierte Belehrung, richterliches Vernehmungsprotokoll und der Ausschluss des Beschuldigten von der richterlichen Vernehmung der Verlobten.

2. Strafrechtsklausur:

Revisionsklausur SV-Konstellation
Drei Angeklagte werden in 1. Instanz verurteilt. Sterbehilfe: Beihilfe zum Selbstmord oder Totschlag; Übergang der Tatherrschaft bei einem bewusstlosen Suizidenten, Abgrenzung Tun-Unterlassen, Abgrenzung Totschlag und Tötung auf Verlangen.

Aufgabenstellung: Erfolgsaussichten der Revision und Entwurf des Tenors des Revisionsgerichts

Hinsichtlich der Verfahrensrügen gab es u.a. folgende Probleme:

wörtliche Protokollierung (271 ff. StPO), diverse BVV-Probleme wie Zeuge vom Hörensagen, Verwertbarkeit und Aussagegehalt von Beweismitteln, Wohnungsdurchsuchung, Aussagegehalt von teilweisem Schweigen, Verwertbarkeit einer Patientenkartei

1. Klausur im Öffentlichen Recht:

Gutachten und Tenor

SV:
Stadt Karlsruhe klagt gegen eine Werbefirma auf Entfernung von Werbesäulen, die aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages errichtet wurden.

prozessuale Probleme: Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs; statthafte Klageart; möglicherweise fehlendes Rechtsschutzinteresse, weil die Stadt durch Erlass eines Verwaltungsakts ein 2. Verwaltungsverfahren eröffnet; möglicherweise Unzulässigkeit des Beseitigungsbegehrens zum jetzigen Zeitpunkt wegen laufender Ausschreibung für ein Konzept zur Verschönerung der Innenstadt, für die sich die Werbefirma mit der Idee einer Umgestaltung der bestehenden Werbesäulen beworben hat.

Materiellrechtliche Probleme: Wirksamkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags, Erforderlichkeit im Hinblick auf Baugenehmigung, Art der Straßennutzung, Wirkung der Baugenehmigung, Wirksamkeit der Kündigung des öffentlich-rechtlichen Vertrags, Zulässigkeit der Kündigungsgründe.

2. Klausur im Öffentlichen Recht:

Gutachten und Entwurf der sachdienlichen Anträge

Rechtsbegehren des Antragstellers: Durchsetzung eines Bürgerbegehrens zur Verhinderung des Baus einer forensischen Klinik in der Stadt Reutlingen.

Stadt Reutlingen lässt das Bürgerbegehren zu, das Regierungspräsidium Tübingen setzt dies im Wege der Ersatzvornahme wieder außer Kraft.

Prozessuale Probleme: u.a. die Klagebefugnis (41 II KomWG)

Materiellrechtliche Probleme: Voraussetzungen für die Durchsetzung eines Bürgerbegehrens (Tauglicher Gegenstand eines Bürgerbegehrens); Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme des RP Tübingen, hierbei war in materieller Hinsicht v.a. zu problematisieren der Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die kommunale Planungshoheit; angesprochen war auch die fehlende Anordnung des Sofortvollzugs.

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