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Klausur Nr. 5 (Urteil, materieller Schwerpunkt Arbeitsrecht)
Kläger (Lehrer in Englisch/Computerprivatinstitut) stellt vier Anträge gegen Beklagte (Instituts-GmbH), den letzten nachträglich.

- Antrag 1:
Löschung einer Abmahnung aus Personalakte. In Abmahnung aber zwei verschiedene Sachverhalte gerügt, einmal hat Kläger Kundin beleidigt ("ein Papagei würde es schneller kapieren"), ein anderes Mal hat er auf einer Feier mit den Lehrgangsteilnehmern im Anschluß an einen Lehrgang sich total besoffen, mit einer Kundin "rumgemacht" (genauen Wortlaut weiß ich nicht mehr) und anschließend sie besoffen mit ihrem Auto fahren lassen, woraufhin prompt Unfall passierte.

Kläger meint, die Unhöflichkeit sei nicht so schlimm, so daß sie nicht zu einer förmlichen Abmahnung lange, zumal er sich bereits kurz darauf bei der Kundin entschuldigt habe. Beklagte meint, daß das Vertrauensverhältnis erheblich gestört sei dadurch.

Wegen der Alkohol- und Unfallgeschichte meint Kläger, das ganze sei außerhalb des Betriebs in seinem Privatbereich passiert und damit nicht geeignet für eine Abmahnung. Beklagte meint, das Ansehen sei dadurch geschädigt worden, der Kläger sei auch auf dieser Feier als Repräsentant des Betriebs anzusehen und habe sich daher angemessen zu verhalten und sich zurückzuhalten. Außerdem hätte er die Kundin nicht fahren lassen dürfen und habe sich außerdem selbst gefährdet durch die Mitfahrt.

Weiterhin trägt Beklagte vor, daß die Abmahnung schon insgesamt rechtmäßig sei, wenn ein Grund zuträfe, und außerdem verweist er auf eine Klausel im Arbeitsvertrag, nach welcher Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag für beide Seiten 10 Monate nach Fälligkeit ausgeschlossen seien.

Probleme: Zwei Abmahnung in einem Schreiben und getrennte rechtliche Bewertung, Warn- und Rügefunktion der Abmahnung, Verhältnismäßigkeit der Rüge, Wiederholungsgefahr, Geeignetheit von Verhalten außerhalb Betrieb für Abmahnung, Wirksamkeit der Klausel / AGBG bzw. §§ 242, 315 BGB.

- Antrag 2: Kläger verlangt Zahlung von DM 2.500 Anwesenheitsprämie. Vereinbart wurde DM 10 zusätzlich pro Arbeitstag (im Jahr insges. 250 Arbeitstage), und in Vertrag, der 1995 abgeschlossen wurde, Klausel mit Kürzung um 1/80 pro Fehltag.

Kläger meint, Klausel verstoße gegen § 12 EFZG, und § 4a EFZG schon nicht anwendbar, weil Anwesenheitsprämie nicht Sonderzahlung.

Beklagte meint, zwar 1995 in EFZG noch nicht Klausel mit Inhalt des heutigen § 4a, aber 1996 Einführung des damaligen § 4b, der heute § 4a sei, und der hier gelten würde. Außerdem hielte sich Vertragsklausel an § 4a S.2 mit seiner Grenze von 1/4 des durchschnittlichen Tagesgehalts, das mit Anwesenheitsprämie DM 346 beträgt.

Probleme: Anwendbarkeit § 4a EFZG / Wirksamkeit der Klausel, Übereinstimmung mit § 4a S. 2 EFZG, Rechtsnatur / Zweck der Anwesenheitsprämie als Sonderzahlung.

- Antrag 3: Kläger verlangt Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für zwei Wochen samt Zinsen aus dem Bruttobetrag. Ist ordnungsgemäß aufgrund Schnittwunden am Arm für zwei Wochen krankgeschrieben. Beklagte behauptet, es handele sich um Gefälligkeitsattest, und Kläger hätte ohne weiteres in Büro arbeiten oder Seminar vorbereiten können.

Probleme: Beweiswert des Attests, mögliche Erschütterung, Beweislastverteilung, Verurteilung auch zu Zinszahlung aus Bruttobetrag.

- Antrag 4: nach gescheitertem Gütetermin kündigt Beklagte ordentlich betriebsbedingt, woraufhin Kläger die Klage um den Kündigungsschutzantrag erweitert.

Kläger räumt ein, daß 45 % Auftragsrückgang wegen neuer Konkurrenz, aber statt Beendigungskündigung nur gegenüber ihm wäre Änderungskündigung gegenüber ihm und zweiten Lehrer (einziger vergleichbarer Arbeitnehmer) zu jeweils einer Halbtagsstelle milder gewesen. Außerdem rügt er fehlerhafte Sozialauswahl, weil zwar beide gleichlang in Betrieb, er aber gegenüber zwei Kindern unterhaltspflichtig, der andere AN dagegen nur gegenüber Ehefrau, und außerdem habe es der andere AN leichter, Anstellung bei Staat zu finden, weil Realschullehrerausbildung und Erweiterung der Realschule; er dagegen habe Gymnasiallehrerausbildung, habe aber die Staatsnote nicht erreicht und hätte deshalb keine anderweitigen Anstellungschancen.

Beklagte meint, daß Wahl von 1 Beendigungskündigung statt zweier Änderungskündigungen eine Unternehmerentscheidung sei, und außerdem zwei Halbtagsstellen und die damit einher gehenden Wechsel bei dieser Art von Arbeit bzw. den zahlreichen Seminaren nicht gingen. Die Sozialauswahl sei richtig erfolgt, weil der andere Arbeitnehmer um zehn Jahre älter und damit schutzwürdiger sei, und außerdem die Sozialdaten so vergleichbar seien, daß die Entscheidung letztlich im Ermessen der Beklagten liege.

Probleme: Verhältnismäßigkeit der Kündigung, ordnungsgemäße Sozialauswahl, Beweislastverteilung, Feststellungsantrag als unselbständiges Anhängsel.

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