Herzlich willkommen auf jurawelt.com

Zur neuen Webseite: jurawelt.com

Zum Forum: forum.jurawelt.com


Klausur Nr. 1 (komplettes Urteil, materieller Schwerpunkt Mietrecht)
Vermieterin von Geschäftsräumen verlangt in objektiver Klagenhäufung sowohl Kautionszahlung (Antrag I) als auch Räumung (Antrag II) nach fristloser Kündigung, die sich auf Nichtzahlung der Kaution stützt.

Beklagte Mieterin wendet sich gegen Kündigung wegen Zürückbehaltungsrecht aus § 273 und § 320 wegen angeblicher Baumängel und Umsatzrückgang, weil das Ladencenter der Klägerin, in dem sich u.a. die Räume befinden, teilweise nicht vermietet sind. Gegen Kautionsanspruch gleiche Einwendungen, hilfsweise Aufrechnung mit Rückforderungsanspruch wegen überzahlter Miete, da ja angeblich Minderungsrecht wegen Mängel. Weiter hilfsweise Widerklage mit identischem Anspruch der Hilfsaufrechnung.

In Mietvertrag Aufrechnungsverbot und Gerichtsstandsklausel.

Verlangt war komplettes Urteil mit Rubrum, Kosten, vorläufige Vollstreckbarkeit und Tatbestand.

Prozessuale Probleme: Unwirksame Gerichtsstandklausel wegen ausschließlichem Gerichtsstand, Hilfsaufrechnung, Rechtskraftfähigkeit der Entscheidung darüber, Hilfswiderklage, Gebührenstreitwert, unsubstantiierter Beweisantrag / Beweisermittlungsantrag.

Materielle Probleme: Außerordentliches Kündigungsrecht bei Nichtzahlung der Kaution, zwei auf den ersten Blick sich widersprechende Anträge (Räumung und Kautionszahlung), Umdeutung in ordentliche Kündigung mit Folgeproblem Kündigungsfrist (?), Mangelbegriff § 537 BGB, Aufrechnungsverbot und AGBG, Aufrechnungsverbot gegen Kaution.

Alles in allem etwas problematisch, den Überblick zu behalten, und natürlich wieder Zeitnot wegen Tatbestand etc..

Vielleicht eine kleine Anmerkung meinerseits:
Sollte man die Kündigung durchgehen lassen (in Palandt: "ausnahmsweise möglich"), dann zwar Antrag II begründet, dann aber Antrag I unbegründet (bei Beendigung Mietverhältnis dennoch Kautionsverlangen des Vermieters nur dann ok, wenn andere Ansprüche des Vermieters ersichtlich, hier aber minus). (Verwirrend schon die Reihenfolge der Anträge, dürfte aber unerheblich sein, bei obj. Kl.häufung kann Gericht mE ohne weiteres zuerst den Antrag II prüfen, wenn er wie hier letztlich entscheidend für den Antrag I ist). Wenn aber Antrag I unbegründet, gehen die ganzen Hilfsaufrechnungs- und Widerklagengeschichten verloren, bzw. ins Hilfsgutachten, was sicherlich vertretbar, aber insgesamt klausurtaktisch eher ungünstig erschien.

Deshalb habe ich die fristlose Kündigung unwirksam sein lassen mangels genügendem Vortrag der Klägerin der Unzumutbarkeit iSv § 554 a BGB sowie wegen auch objektiver Verneinung der Unzumutbarkeit (wer weiß, vielleicht die Fundstelle im Palandt kleine Falle, daß man nicht ohne weiteres der Kommentierung folgen soll?), die Umdeutung führte zu einer schönen Fristproblematik der ordentlichen Kündigung (§ 565 Abs. 1a BGB!), so daß zum Entscheidungszeitpunkt Beendigung minus. Dann kann man aber den Antrag I auf Kautionszahlung schön durchprüfen samt aller Einwendungen des Mieters.

Impressum | Datenschutz