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Termin Juni 2003
Martin Riemer hat den Examenstermin Juni 2003 in NRW absolviert und jeweils kurze Sachverhaltszusammenfassungen erstellt.

Naturgemäß erheben die Hinweise keinerlei Anspruch auf Richtigkeit - vielmehr wurden sie im unmittelbaren Anschluß an den Termin erstellt, ohne die Probleme im nachhinein zu bearbeiten oder zu verifizieren. Es ist also durchaus möglich, daß einzelne Problemkreise falsch, ungenau oder gar nicht beschrieben wurden.

Gleichwohl soll die Zusammenfassung dazu dienen, einen gewissen Überblick über mögliche Examensthemen, Schwierigkeitsgrad und prozessuale Einkleidung (Urteil, Schriftsatz, Gutachten etc.) für zukünftige Absolventen zu gewinnen.



1. Klausur C II vom 13.06.2003

Der Mandant Reiser hat gegen seine Cousine Alina Potthoff aus einer Erbschaftsangelegenheit unstreitig eine offene Forderung über 2.000 €. Es liegt eine vollstreckbare Urkunde vor. Frau Potthoff ist jedoch vermögenslos.

Sie hat allerdings in einem Zivilprozess vor dem AG Krefeld gegen eine Fa.Travel Light GmbH, ordnungsgemäß vertreten durch ihren einzigen Geschäftsführer, eine Leistungsklage über ca. 950,- € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit angestrengt. Dem lag zugrunde, dass sie gegen die Fa.Travel Light GmbH einen Anspruch aus § 812 BGB im Zusammenhang mit einer Flugreise hatte. Das Rechtsverhältnis zwischen Frau Potthoff und der Fa.Travel Light GmbH spielt für die Klausur jedoch keine nähere Rolle.

Die Klageschrift im Prozess Potthoff gegen Fa.Travel Light GmbH wurde der Fa.Travel Light GmbH am 30.12.2003 zugestellt.

Am 13.02.2003 erwirkte der Mandant als Vollstreckungsgläubiger gegen Frau Potthoff als Vollstreckungsschuldnerin und der Fa.Travel Light GmbH noch während des Verfahrens Potthoff gegen Fa.Travel Light GmbH einen PfÜB beim zuständigen AG Krefeld, in dem die Klageforderung - als quasi einzig verfügbarer Vermögenswert der Frau Potthoff - zugunsten des Mandanten gepfändet und diesem zur Einziehung überwiesen wurde.

Der PfÜB wurde der Drittschuldnerin, der Fa.Travel Light GmbH am 18.02.2003 zugestellt.

Am 24.03.2003 verkündete das AG Krefeld das Urteil, in dem die Klageforderung der Frau Potthoff in vollem Umfang zugesprochen wurde. Der Mandant beantragte eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils. Die Vollstreckungsklausel auf dem Urteil wurde jedoch von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle erlassen, wobei im vorliegenden Fall gem. § 20 Nr.12 RPflG der Rechtspfleger für den Erlass der Vollstreckungsklausel zuständig gewesen wäre.

Obgleich der PfÜB der Fa.Travel Light GmbH am 18.02.2003 bereits zugestellt worden war, zahlte sie dennoch die Klageforderung an Frau Potthoff und verweigerte die Zahlung an den Mandanten. Dieser drohte daraufhin "mit Vollstreckung".

Am 06.06.2003 erhob die Fa.Travel Light GmbH daraufhin beim AG Krefeld gegen den Mandanten Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO. Sie macht darin geltend:

1. Der PfÜB sei wirksam, deshalb habe Frau Potthoff gar nicht mehr als Klägerin über die Klageforderung verfügen dürfen. [Lösung hier: stimmt nicht, Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft gem. § 265 ZPO.]

2. Sie beruft sich auf Erfüllung gem. § 362 I BGB durch Zahlung an Frau Potthoff. [Lösung: kein Freiwerden, da selbst ein unwirksamer PfÜB gem. § 836 II ZPO ihr die Zahlung an Frau Potthoff untersagte.]

3. Sie erklärt die Aufrechnung mit einer alten Forderung gegen Frau Potthoff, die bereits am 30.06.2002 fällig war [Lösung: Aufrechnungseinwand präkludiert nach § 767 II ZPO, da er im Verfahren Potthoff gegen Fa.Travel Light bereits geltend gemacht werden konnte.].

Zugleich erhebt sie am 06.06.2003 Klauselerinnerung gem. § 732 ZPO. Sie macht geltend, der PfÜB sei unwirksam, da die Vollstreckungsklausel nicht von der Urkundsbeamtin, sondern vom Rechtspfleger erlassen werden musste [Lösung: Meinungsstreit bei Thomas/Putzo bei § 724 Rn.5: ältere zitierte Rechtsprechung LG Detmold sagt unwirksam; zeitlich neuere Rechtsprechung OLG Zweibrücken sagt wirksam.]

Mandant möchte jetzt wissen, wie er sich verhalten soll (Anträge an das Gericht ausformulieren).

Lösung:

1. im Verfahren der Vollstreckungsgegenklage Klageabweisung beantragen und widerklagend Einziehungsklage über die gepfändete Forderung

2. im Verfahren der Klauselerinnerung unter Berufung auf OLG Zweibrücken die Zurückweisung beantragen.

Begutachtungszeitpunkt war der 13.06.2003. Eine Sachverhaltsschilderung war erlassen.


2. Klausur Z I vom 16.06.2003

Es geht um eine Leistungsklage gem. § 253 ZPO.

Die Klägerin ist eine GmbH, die Beklagte ebenfalls. Der Rechtsmaterie nach geht es um einen Leasingvertrag. Die Beklagte wollte - wie bereits zuvor - bei einem Händler für ihren Betrieb einen Gabelstapler erwerben. Der Händler arbeitete jedoch nunmehr mit einem Leasingunternehmen, der Klägerin, zusammen. Die Beklagte konnte den Gabelstapler nicht mehr wie zuvor kaufen und in zwei Raten bezahlen, sondern der Händler wollte den Verkauf nur über das Leasing bei der Klägerin abwickeln.

Die Beklagte suchte sich einen Stapler aus und gab ein Angebot auf einem Formular des Händlers ab, wobei sie deutlich machte, dass sie nach Ablauf der Leasingphase den Gabelstapler zu Eigentum erwerben wollte. Der Händler bestätigte dies mündlich.

Kurz darauf setzte sich der Geschäftsführer der Klägerin mit der Beklagten in Verbindung, um die Leasingkonditionen auszuhandeln. Auch dabei wurde mündlich bestätigt, dass der Stapler nach Zahlung der Schlussrate automatisch in das Eigentum der Beklagten überginge. Bei diesem Gespräch war als Zeuge der Sohn des Geschäftsführers der Beklagten zugegen, der die Firma seines Vaters später übernehmen sollte und im Termin zeugenschaftlich vernommen wurde. Es wurde dann ein Leasingvertrag mit dreijähriger Laufzeit vom 01.12.1999 bis 30.11.2003 geschlossen. Vereinbarter Restwert des Staplers wurde auf Null Euro festgelegt. Die wirksam einbezogenen Allgemeinen Leasingbedingungen (AGBs) der Klägerin sahen entgegen der mündlichen Zusage jedoch vor, dass die Leasingsache auch nach Zahlung aller Raten weiterhin im Eigentum der Leasinggesellschaft bleibt.

Im November 2002 bot die Klägerin der Beklagten an, gegen Zahlung einer geringeren monatlichen Mietsumme als den Leasingraten entsprach den Stapler weiterhin nutzen zu können. Die Beklagte lehnte dies ab und berief sich auf ihr mit Zahlung der Schlussrate erworbenes Eigentum.

Daraufhin erhob die Klägerin Klage auf Herausgabe des Gabelstaplers und verlangte für die Zeit seit Ablauf des Leasingvertrages unter Berufung auf ihre AGBs Nutzungsentschädigung.

Ich bin davon ausgegangen, dass die Klägerin wegen des Vorranges der mündlichen Absprache - über die das Gericht Beweis erhoben hatte und den man als geführt ansehen konnte - Eigentümerin des Staplers geworden ist und habe die Klage insgesamt abgewiesen.

Weitere Stichworte:
Vollamortisation, Teilamortisation, Finanzierungsleasing in Abgrenzung zu Operatingleasing.

Handelsrecht oder andere Nebengebiete spielten jedoch keine Rolle.


3. Klausur C I vom 17.06.2003

Es geht um eine Leistungsklage gem. § 253 ZPO vor der 9.Kammer des Landgerichts Bochum (Einzelrichterin).

Die Parteien sind Schwestern und haben ihre im Jahre 2000 verstorbene Mutter zu je 1/2 beerbt. In den Nachlass fiel ein Grundstück, welches in einem Teilungsverfahren versteigert wurde. Über den Erlös von 390.000 € konnten sich die Parteien jedoch nicht vollends einigen. Einig waren sie sich nur insoweit, als das jede von ihnen 140.000 € bekommen sollte. Der Restbetrag über 110.000 € wurde daraufhin beim Amtsgericht Bochum hinterlegt.

Die damalige Klägerin und jetzige Beklagte erhob Klage auf Auszahlung von 50% entsprechend ihrem Erbanteil, also 55.000 €. Die damalige Beklage und jetzige Klägerin erhob Widerklage auf den vollen hinterlegten Betrag von 110.00 €. Sie hatte der Beklagten ein bereits fälliges Darlehen über 55.000 € gewährt, mit dem diese eine kleine Eigentumswohnung in Bochum gekauft hatte. Jedoch hatte die Klägerin das Darlehen nur mündlich gewährt und konnte ihren Rückzahlungsanspruch nicht beweisen. Die Beklagte log im damaligen Termin am 11.09.2002 bei ihrer persönlichen Anhörung und behauptete wahrheitswidrig, sie haben die Eigentumswohnung aus anderem Geld aus dem Nachlass finanziert und von der Klägerin kein Darlehen erhalten. Um mit der Klage im Vorprozess nicht abgewiesen zu werden, ließ sich die Klägerin notgedrungen auf einen Vergleich ein: sie erhielt von den hinterlegten 110.000 € einen Betrag von 75.000 € und die Beklagte 35.000 €.

Nach Abschluss des ordnungsgemäß protokollierten Vergleiches und Auszahlung des Geldes durch die Hinterlegungsstelle erklärte die Prozessbevollmächtigte der Beklagten in einem Schreiben an eine weitere Schwester der Parteien unter dem 22.11.2002 sinngemäß, dass die Einlassung ihrer Mandantin im Vorprozess, wonach sie die Wohnung aus weiterem Nachlassgeld finanziert hätte, falsch gewesen sei. Sie habe lediglich Schmuck aus dem Nachlass erhalten, den sie auch noch in Besitz habe, aber kein Geld zur Finanzierung der Wohnung. Damit tat sich die Situation auf, dass sie das Geld für die Wohnung nur von der Klägerin gehabt haben konnte.

Drei Monate nach Kenntnis hierüber erhob die Klägerin mit Datum vom 05.03.2003 Klage, erklärt die Anfechtung des Prozessvergleiches und verlangt als Schadensersatz die 35.000 €, auf die sie in dem Vergleich verzichtete, zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit. Die Beklagte beantragt Klageabweisung und beruft sich darauf, ihre Behauptung im Vorprozess zur Finanzierung der Eigentumswohnung sei ein "Missverständnis" gewesen. Sie vertritt die Ansicht, der Vergleich sei wirksam zustande gekommen und rügt die Zulässigkeit der Klage, weil die für den Vorprozess zuständige 8.Kammer des Landgerichts Bochum über die Frage der Unwirksamkeit des Prozessvergleiches zu entscheiden habe. Den von der Klägerin behaupteten Darlehensvertrag bestreitet sie nicht mehr.

Lösung:

Die Klage war zulässig, weil nicht nur die Anfechtung erklärt worden war, sondern auch Schadensersatz und WGG geltend gemacht wurde. Jedenfalls in diesen Fällen soll dem Kommentar zufolge das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen.

Anfechtung nach § 119 BGB oder § 123 BGB ging nicht durch, da die Klägerin bei Abschluss des Vergleiches wusste, dass die Angaben der Beklagten nicht stimmten. Für § 119 BGB lag auch keine unverzügliche Anfechtung vor. Die Klägerin hatte den Vergleich nicht aufgrund eines Irrtums oder einer Täuschung geschlossen, sondern wegen ihrer schlechten Beweissituation im Vorprozess, was zur späteren Anfechtung nicht reicht.

Aber man konnte die Forderung zusprechen, wenn man zu dem Ergebnis gelangte, dass die Beklagte vorsätzlich gegen ihre Wahrheitspflicht aus § 138 I ZPO verstoßen hatte und deshalb gem. § 826 BGB in Höhe der Klageforderung zu Schadensersatz verpflichtet ist.

Nebengebiete (auch Erbrecht) spielten keine nähere Rolle. Entscheidungserhebliche Normen waren: §§ 119, 122, 123, 288, 291, 313, 488 I, 779, 826 BGB; 138 I, 709 ZPO.


4. Klausur Z II vom 20.06.2003 (Anwaltsklausur)

Die Parteien und ein weiterer Bruder stehen zueinander in ungeteilter Erbengemeinschaft. Die Mandantin wird als Beklagte von ihrer Schwester in einem bereits rechtshängigen Verfahren vor dem Landgericht auf Auskunftserteilung (Klageantrag Ziff.1) und Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (Klageantrag Ziff.2 ) an die Erbengemeinschaft in Anspruch genommen.

Dem liegt zugrunde, dass die gemeinsame Mutter im Jahre 2002 verstorben ist (der Vater lebt bereits seit 1955 nicht mehr) und die Mandantin sie seit einem ersten Schlaganfall im Februar 1997 bei sich aufgenommen hatte. Kurz vor dem zweiten Schlaganfall im April 1997 hatte die Mandantin von der Mutter im März 1997 eine notarielle Generalvollmacht zur umfassenden Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen erhalten. Gegen die Geschäftsfähigkeit der Mutter im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung bestanden keine Bedenken. Die Mandantin führte als Bevollmächtigte über die darauffolgenden Jahre 1997 - 2002 hinweg diverse Rechtsgeschäfte für die Mutter, die allesamt unentgeltlich vorgenommen wurden (Auftragsverhältnis). Darunter waren Positionen wie: Zahlung von Versicherungsprämien, Aufwendungen für Kosmetikartikel und Lebensmittel, Geschenke z.B. für Enkel, Kosten für Steuerberater, Aufwendung für Pflegekräfte etc. . Geld für sich selber hat die Mandantin nicht genommen. Die klagende Schwester erhielt vorprozessual eine tabellarische Aufstellung der einzelnen Einnahmen und Ausgaben der Jahre 1997 - 2002, die jedoch sehr pauschal gehalten ist, und verlangt nunmehr im einzelnen für ca. 2/3 der Ausgaben Nachweise und Belege. Sie beruft sich dabei auf ihre Stellung als Erbin. Die Einnahmen (u.a. aus Vermietung und Rente) werden nicht bestritten.

Es existiert ein Testamentsvollstrecker, der die Aufstellung der Mandantin für aus seiner Sicht zutreffend erklärt hat. Dennoch wird von der Klägerin hilfsweise beantragt, die Auskünfte und Belege dem Testamentsvollstrecker zu erteilen (Klageantrag Ziff.2), sollte der Klageantrag Ziff.1 auf Auskunftserteilung an die Erbengemeinschaft abgewiesen werden.

Die Mandantin möchte wissen, wie sie sich weiter verhalten soll, insbesondere ob sie weitere Auskünfte und die Abgabe eidesstattlicher Versicherung schuldet. Sie ist der Ansicht, die Schwester würde sich mit der Klage schikanös verhalten und lediglich aus Eifersucht die Belege verlangen, weil die Mutter sie [die Mandantin] zu Lebzeiten bevorzugt habe. Viele Belege, insbesondere für die Ausgaben des täglichen Lebens der Mutter, stünden ihr nicht mehr zur Verfügung. Sie habe auch nicht damit gerechnet, dass sie noch Jahre später solche Belege vorlegen können müsse (Frage nach der Verjährung).

Die Klage wurde der Mandantin am 06.06.2003 mit einer 2-Wochen-Frist zur Verteidigung zugestellt. Begutachtungszeitpunkt ist der 13.06.2003. Das Gericht hat bereits einen frühen ersten Termin auf den 14.07.2003 bestimmt.


5. Klausur S I vom 23.06.2003

Der Klausur liegt ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln zugrunde.

Der Geschäftsführer Golatta einer Elektronikfirma in Wipperfürth hatte im Herbst 2002 an einen Copy-Shop in Pulheim (beide Orte liegen im Bezirk AG Wipperfürth/LG Köln) eine Bindemaschine verkauft und übereignet. Eigentumsvorbehalt war nicht vereinbart. Der Copy-Shop gehört einer Frau Pohl. Frau Pohl entrichtete jedoch die Kaufpreisraten nicht vereinbarungsgemäß.

Der Angestellte Küster des Golatta hatte sich schon mehrfach nach Absprache mit Frau Pohl beim Copy-Shop für Vorführungen bei anderen Firmen Geräte ausgeliehen, die er jedesmal wieder zurück brachte.

Am 05.03.2003 wollte er sich die Bindemaschine zu diesem Zweck ausleihen. Golatta hatte davon zunächst keine Kenntnis. Frau Pohl war jedoch im Urlaub. Im Laden befand sich nur die Angestellte Lindemann, die gerade Kunden bediente und Küster bat, zwischenzeitlich zu warten. Weil Küster dies nicht schnell genug ging, nahm er die Maschine von sich aus mit und rief: "Die bekommt ihr nächste Woche wieder.". Dabei war er unwiderlegbar gewillt, die Maschine zurück zu geben. Frau Lindemann war derart überrascht, dass sie nicht protestierte und dem Küster auch nicht nacheilte. Auch später wurde Küster nicht mitgeteilt, dass die Mitnahme nicht gebilligt gewesen sei.

Nach der Vorführung wollte Küster die Maschine am 12.03.2003 zurückbringen. Golatta, der studierter Jurist war und zuvor in der Rechtsabteilung einer Versicherung gearbeitet hatte, bevor er die Firma von seinem Vater übernahm, forderte seinen Angestellten jedoch auf, ihm die Maschine zu geben. Er täuschte vor, er sei immer noch Eigentümer, da ein Eigentumsvorbehalt vereinbart gewesen sei. Der juristisch unerfahrene Küster, der sich in rechtlichen Angelegenheiten stets auf seinen Chef verließ, glaubte dies und übergab die Maschine nicht an Pohl zurück, sondern an Golatta.

Golatta schrieb daraufhin an Pohl, sie bekomme die Maschine erst zurück, nachdem sie den restlichen Kaufpreis entrichtet habe. Dauerhaft behalten wollte aber auch er die Maschine nicht. Als Pohl am 14.03.2003 aus ihrem Urlaub zurück kam, erstattete sie über ihre Rechtsanwälte rechtzeitig Strafanzeige gegen Küster, weil sie annahm, Golatta habe ihn zur Wegnahme beauftragt. Zugleich beantragte sie beim Amtsgericht Wipperfürth eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe der Maschine gegen Golatta. Das Amtsgericht gab dem Antrag statt.

Golatta war dem Antrag entgegen getreten und hatte u.a. von sich und Küster jeweils eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt. Die von Küster war vorsätzlich unvollständig, aber inhaltlich nicht falsch [fraglich, ob § 156 StGB erfüllt], die von Golatta vorsätzlich gelogen. Küster hatte verschwiegen, dass er die Maschine an Golatta weitergegeben hatte und Golatta hatte behauptet, er wisse nicht, wo die Maschine sei, vermute sie aber bei Küster.

Am 17.04.2003 unternahm der Obergerichtsvollzieher Ackermann in Küsters ehemaligen Wohnung einen Vollstreckungsversuch in die Bindemaschine. Küster war jedoch zwischenzeitig verzogen, woran Golatta mitgewirkt hatte. Stattdessen traf der Gerichtsvollzieher den Golatta an, der angab, die vormalige Wohnung des Küster gehöre nunmehr zu seiner Firma und er wisse nicht, wo die Maschine sei. Der Gerichtsvollzieher zog daraufhin wieder davon, weil der Vollstreckungstitel nur gegen Küster lautete, und teilte Pohl mit, die Vollstreckung habe keinen Erfolg gebracht. Er ging jedoch davon aus, dass Golatta wusste, wo die Maschine verblieben war.

Küster ließ sich im Ermittlungsverfahren ein, Golatta nicht. Zeitpunkt der Begutachtung war der 05.06.2003.

Es sollte eine Gutachten und eine Abschlussverfügung - mit Anklageschrift - erstellt werden. Sachverhaltswiederholung im Gutachten und Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen in der Anklageschrift waren erlassen.


6. Klausur S II vom 24.06.2003

Bei der Klausur ist ein Strafurteil des Schwurgerichtes anzufertigen.

Der Angeklagte Manfred Bertner steckte ich finanziellen Schwierigkeiten, da er bei verschiedenen Gläubigern zusammen 10.000 € Schulden hatte. Deswegen überfiel er mit einer Spielzeugpistole und Strumpfmaske eine Volksbank und erbeutete 10.700 €. In der Schalterhalle drohte er, ein "Blutbad" anzurichten, wenn die Kassiererin ihm kein Geld gebe.

Die Kassiererin hielt die Spielzeugpistole, die einer echten Waffe täuschend ähnlich sah, für echt und gab das Geld heraus. Bertner verließ daraufhin die Bank. Er wollte mit dem Geld seine Schulden begleichen und mit seiner Frau in Urlaub fahren.

Von dem Bankraub Kenntnis erhielt der Mitangeklagte Auer. Bertner hatte bei Auer 5.000 € Schulden. Der Darlehensbetrag war zur Rückzahlung fällig. Auer hatte auch bereits versucht, von Bertner das Geld zurück gezahlt zu bekommen. Bertner konnte vor dem Bankraub jedoch nicht zahlen. Auer verlangte daraufhin, dass Bertner ihm die Schulden aus der Beute zurückzahlte.

Eigentlich hatte Bertner vor, zunächst andere Gläubiger zu bedienen und wollte auch noch Geld für den Urlaub zurück behalten. Da Auer ihm jedoch damit drohte, ihn wegen des Bankraubes bei der Polizei anzuzeigen, wenn er die 5.000 € nunmehr nicht gebe, gab Bertner ihm das Geld. Dabei drohte er dem Auer, in der Angelegenheit "sei das letzte Wort noch nicht gesprochen".

Soweit wurde der Sachverhalt von den Angeklagten in der Hauptverhandlung gestanden.

Die Angeklageschrift wirft dem Angeklagten Bertner daneben vor, seinen Bruder Jörg Bertner, der mit Auer im selben Haus wohnt, als Mordwerkzeug gegen Auer eingesetzt zu haben. Jörg wollte eine Party veranstalten. Von Auer ist bekannt, dass er sich bei Parties immer wegen des lauten Lärms beklagt. Manfred soll Jörg daraufhin ein Fläschchen mit Gift gegeben haben. Der Sachverständige sagte dazu aus, es handele sich um ein hochwirksames Gift. Jörg gegenüber soll Manfred aber gesagt haben, in dem Fläschchen befände sich ein Schlafmittel, damit Auer an dem Abend sich nicht beschwere und gut schlafe.

Jörg soll Verdacht geschöpft und das Fläschchen der Polizei übergeben haben. Er wurde dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Wie auch schon der Polizeibeamte fragte der Richter daraufhin Jörg, ob er mit Manfred verwand sei, da die Nachnamen gleich waren. Jörg verneinte dies im Ermittlungsverfahren, weil er sich für seinen Bruder schämte, mit dem er nicht verwandt sein wollte. Der Ermittlungsrichter belehrte Jörg daraufhin, ohne über das Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 52 StPO zu belehren. Jörg sagte aus.

In der Hauptverhandlung verweigerte er aber dann die Aussage. Auer hatte von der Tat nichts mitbekommen. Manfred leugnete die Tat. Es war zu klären, ob die Aussage des Ermittlungsrichters als Zeugen über die richterliche Vernehmung verwertet werden durfte und zur Verurteilung wegen des zweiten Tatgeschehens ausreichte.

Manfred Bertner war angeklagt worden wegen §§ 253, 255 StGB für den Bankraub und § 30 Abs.1 StGB wegen versuchter Anstiftung zum Totschlag; zueinander in Tatmehr gem. § 53 StGB.

Auer war angeklagt worden wegen § 253 StGB gegenüber Bertner.

Ansonsten wiesen das Ermittlungsverfahren und der Gang der Hauptverfahren keine Fehler oder verfahrenstechnische Besonderheiten auf.


7. Klausur V I vom 26.06.2003

Es soll ein Urteil zu einer Anfechtungsklage im Baurecht gefertigt werden.

Auf dem Nachbargrundstück des Klägers ist der Bau einer Moschee vorgesehen. Der Bauherr, ein eingetragener Verein (Mullah e.V.), wurde beigeladen, stellte im Termin aber keinen Antrag. Klagegegner ist das Landratsamt.

Das streitbefangene Baugrundstück liegt in der Gemeinde Burbach, in dem nur Wohnhäuser stehen. Vormals gab es auch einen Bebauungsplan, in dem das Gebiet gem. § 3 BauNVO als reines Wohngebiet ausgewiesen war. Jedoch hat das OVG Münster auf eine Normenkontrollklage des Klägers hin in einem vorangegangenen Prozess den Bebauungsplan wegen Unvereinbarkeit mit umweltschutzrechtlichen Bestimmungen aufgehoben. Der Vorprozess ist ansonsten für die vorliegende Anfechtungsklage jedoch nicht weiter relevant.

Von der Baugenehmigung hat der Kläger vom Landratsamt zunächst gar nichts erfahren. Sie wurde ihm nicht bekannt gegeben, was der Kläger mit dem "schlechten Gewissen" des Beklagten erklärt, in einem bürgerlichen Wohngebiet den Bau eines islamischen Gotteshauses zu gestatten. Lediglich die Ehefrau des Klägers, die Miteigentümerin zu 1/2 des Nachbargrundstücks ist, war vom Verein zuvor gefragt worden und hatte schriftlich erklärt, sie habe keine Einwendungen gegen das Vorhaben.

Der Kläger hat beim Landratsamt ordnungsgemäß Drittwiderspruch eingelegt. Gegen den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung wurde form- und fristgerecht Anfechtungsklage erhoben, wobei der Kläger zugleich beantragt, die Zuziehung seines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären. Formelle Verfahrensprobleme bestanden nicht.

Der Kläger begründet die Klage damit, dass sich die Moschee nicht in die Umgebung einfüge, da sie nach Mekka ausgerichtet werden soll und damit schief zu den übrigen Wohnhäusern stehe. Es gebe in der Gemeinde für eine Moschee auch gar keinen Bedarf, da - was zutrifft - am Ort lediglich als Asylbewerber eine vierköpfige marokkanische Familie lebe, ansonsten keine weiteren Moslems. Auch fürchtet der Kläger den morgendlichen Ruf des Muezzin, den er als Störung empfindet, sowie den Zuzug islamischer Extremisten und damit einhergehend Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Burbach, zumal in der Moschee auch eine Koranschule mit angelegt werden soll, sowie ein Parkplatz für 50 Besucher.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung und beruft sich im wesentlichen auf die Rechtsauffassung im Widerspruchsbescheid, wonach der Beigeladene einen Anspruch auf Errichtung der Moschee habe.

Der Beigeladene selber hofft auf zahlreichen Zuzug von Muslimen nach Burbach und darauf, am Ort ansässige Bürger zum Islam bekennen zu können. Gefahren sieht er von der Moschee nicht ausgehen, sondern fühlt sich durch die Befürchtungen des Klägers diffamiert. Die Klage sei auch deshalb unbegründet, weil die Ehefrau des Klägers gegen das Vorhaben keine Bedenken habe.

Laut Bearbeitervermerk war davon auszugehen, dass die Größe der Moschee und die von der Anlage zu erwartenden Immissionen den gesetzlichen Bestimmungen entsprächen. Die Gemeinde Burbach teilte auf anfrage hin mit, dass sie gegen den Bau der Moschee nicht vorhaben wolle. Von weiteren Nachbarbeschwerden war nichts bekannt.


8. Klausur V II vom 27.06.2003

Der Anwaltsklausur liegt eine waffenrechtliche Problematik zugrunde.

Die Mandantin ist eine GmbH, die in Köln mehrere Geschäftsfilialen unterhält, in denen sie Waffen vertreibt. Jedes Jahr findet eine Kölner Waffenbörse statt, die von einer Messegesellschaft organisiert wird. Auf diesen Waffenbörsen können vor allem historische Waffen und Uniformen betrachtet und gekauft werden, daneben aber auch moderne Schusswaffen. Wie auch andere Waffenhändler nahm die Mandantin in den vergangenen Jahren mehrfach an der Waffenbörse als Ausstellerin teil, ohne dass es zu Zwischenfällen kam.

Der Polizeipräsident Köln informierte den Organisator der Waffenbörse, die vom 23.-29.06.2003 stattfinden sollte, im März 2003 über die Teilnahmebedingungen und dass wie in der Vergangenheit gem. § 35 WaffG unter bestimmten, in dem Schreiben näher bezeichneten Voraussetzungen Ausnahmen vom gesetzlichen Regelverbot erteilt werden könnten.

Als die Mandantin vom Organisator hierüber unterrichtet wurde und daraufhin einen Antrag auf Zulassung als Teilnehmerin an der Waffenbörse stellte, wurde dieser vom Polizeipräsidenten überraschend abgelehnt. Die Ablehnung wurde mit allgemeinen Erwägungen begründet, u.a. damit, dass von der Veranstaltung Gefahren ausgingen. So seien auch Personen zugelassen, die nicht über die notwendige Erlaubnis zum Erwerb von Waffen verfügten. Bislang nicht bewaffnete Bürger könnten sie sich zum Kauf von Waffen angeregt fühlen, was zu verhindern sei. Das Schulmassaker vom Erfurt habe gezeigt, wohin der Besitz von Schusswaffen führen können, so dass einer Ausweitung ihrer Verbreitung in der Bevölkerung entgegen getreten werden müsse. Ferner würde die Mandantin die Waffen auf der Messe unerlaubt im Reisegewerbe anbieten.

Den dagegen eingelegten Widerspruch legte der Polizeipräsident mit seiner Stellungnahme am 03.06.2003 der Bezirksregierung vor. Die Mandantin möchte wissen, wie sie sich effektiv wehren kann, um doch noch zur Messe zugelassen zu werden. Begutachtungszeitung ist der 04.06.2003. Da weniger als drei Wochen Zeit bis zum Beginn der Börse verblieben, konnte der Aufgabenstellung zufolge nur ein Antrag nach § 123 I VwGO (Regelungsanordnung) in Betracht kommen.

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