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Mündliche Prüfung am 6. August 2002
Prüfer: RiOLG Decker
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Prüfungsfach: Zivilrecht
Prüfungsdatum: 06.08.2002

I. Zur Person:

Herr RiOLG Decker ist Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf. Insgesamt war er ein angenehmer Prüfer, der allerdings auch sehr scharf reagieren konnte, wenn die Antwort nicht in die Richtung ging, die er sich vorstellte. Geprüft wurde weitestgehend von rechts nach links; einige wenige Male wurden nichtbeantwortete Fragen auch freigegeben. Seine Fälle stammten beide aus seinem Arbeitsgebiet; er ging von einem Konzept aus.

II. Zur Prüfung

Begonnen wurde die Prüfung mit folgendem Fall, welcher auf einem Urteil seines Senats beruhte:

Der Kläger ist Testamentsvollstrecker des E. Dieser hatte zusammen mit dem Beklagten eine Firma betrieben und Kundengelder der Firma auf ein eigenes Konto umgeleitet. Der Beklagte hatte dies bemerkt, woraufhin E versprochen hatte, den Beklagten als Erben einzusetzen. Tatsächlich setze er aber seine Tochter T zur Erbin ein und ordnete Testamentsvollstreckung an. Kurz vor seinem Tod übergab der E seiner Lebensgefährtin Wertpapiere zur Aufbewahrung. Nach dem Tod des E übergab diese die Wertpapiere an den Beklagten. Dieser behauptet, E habe ihm gegenüber erklärt, die Papiere sollten ihm noch vor seinem Tod von der Lebensgefährtin übergeben werden. Die Lebensgefährtin hingegen behauptet, die Papiere sollten erst nach dem Tod übergeben werden. Der Beklagte hat die Papiere veräußert und rund 800.000,00 DM erlangt. Diese werden mit der Klage herausverlangt.

Nach der Frage, warum der Testamentsvollstrecker diesen Prozeß führen könne, ging es weiter zu den richtigen Anspruchsgrundlagen. Nach einem kurzen Abstecher zu § 2018 BGB ging es mit einer vertieften Prüfung des § 816 I BGB weiter. Hier sollte dann herausgearbeitet werden, ob der Beklagte Nichtberechtigter war. In diesem Zusammenhang sollte der Unterschied zwischen der Schenkung von Todes wegen nach § 2301 BGB und der Schenkung unter Lebenden nach § 516 BGB erklärt werden. Gefragt wurde nach dieser Prüfung, ob es noch eine weitere Möglichkeit gebe, noch einen weiteren Behaltensgrund zu schaffen. Gemeint war der Vertrag zugunsten Dritter. Hierbei sollte zunächst die Struktur dieser Figur erklärt werden und danach ob im konkreten Fall im Verhältnis Erblasser-Beklagter ein Behaltensgrund gegeben sei.

Herr RiOLG Decker ging dann zu einem zweiten Fall über (auch dieser Fall beruht wohl auf einer Sache aus seinem Senat):

Die Klägerin und die Beklagte stehen in einem laufenden Geschäftsverhältnis; die Beklagte bezieht Stoffe von der Beklagten. In einem Prozeß 1 erwirkte die Klägerin gegen die Beklagte ein Urteil über 10.000 ". Einen zweiten Prozeß gewann die Beklagte und erlangte einen Kostenfestsetzungsbeschluß. Aus diesem begann sie sofort zu vollstrecken. Daraufhin rechnete die Klägerin mit ihrer Forderung aus dem Prozeß 1 auf. Die Klägerin hatte gegen das Urteil aus dem Prozeß 2 Berufung eingelegt, welche auch Erfolg hatte; das Urteil aus dem Prozeß 2 und der Kostenfestsetzungsbeschluß wurden aufgehoben.

Hier war es zunächst wichtig, den doch etwas verworrenen Ablauf klar auseinander zu halten. Gefragt war, ob die Kläger noch ihren Anspruch aus dem Prozeß 1 erlangen kann. Als Anspruchsgrundlagen wurden §§ 823, 812 genannt. Geprüft wurde nur § 812 BGB. Zunächst sollte bestimmt werden, welche Alternative in Betracht kommt; Antwort war hier Leistungskondiktion in der Variante, daß der Grund später wegfällt. Nachdem der Anspruch aus § 812 BGB bejaht worden war, wurde gefragt, ob es hier aus anwaltlicher Sicht Bedenken gegen eine Klage geben könnte. Antwort war hier, daß eventuell die materielle Rechtskraft des Urteils aus dem Prozeß 1 entgegenstehen könnte. Es war dann herauszuarbeiten, unter welchen Voraussetzungen dies der all sein könnte, wobei der Streitgegenstand zu bestimmen war.

Schließlich wurde der Sachverhalt um folgendes ergänzt: Die Beklagte hatte inzwischen aus einem dritten Prozeß erneut einen Kostenfestsetzungsbeschluß erwirkt. Auf die Klage aus § 812 BGB rechnete die Beklagte mit dieser Forderung auf. Die Klägerin erklärte nun die Sache für erledigt. Die Beklagte schloß sich dem nicht an.

Zunächst sollte erläutert werden, was nun mit der Erledigungserklärung passiert und ob die vorzunehmende Umdeutung zulässig sei. Hier sollte erkannt werden, daß es sich um einen Fall des § 264 Nr. 2 ZPO handelt. Nunmehr war zu prüfen, ob die Sache erledigt war. Hier war zu klären auf welchen Zeitpunkt bei der Aufrechung abzustellen ist; den der Erklärung, oder der Aufrechnungslage.



Prüfer: OStA Rüter
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Prüfungsfach: Strafrecht
Prüfungstermin: 6.8.2002

I. Zur Person:

Herr OStA Rüter war ein angenehmer Prüfer, der durch entsprechende Fragestellung versuchte, auf die richtige Bahn zu helfen. Bei den ersten beiden Fällen ging er von aktuellen Aufhängern aus; der erste Fall bezog sich auf die "Bonusmeilen" und der zweite Fall war an einer aktuellen DPA-Meldung aufgehängt. Geprüft wurde auch hier meist von rechts nach links; einige Fragen wurden aber auch speziell an einen Kandidaten gestellt. Bei der Prüfung folgte Herr Rüter meistens einem Konzept, in einigen Fällen ging er aber auch Aufhängern nach, die von den Kandidaten angesprochen worden waren.

II. Zur Prüfung:

Er begann seine Prüfung mit der Frage, wer Herr Franz Müntefering sei und weshalb er in den letzen Tagen in der Diskussion sei. Erwartet wurde der Hinweis auf die Strafanzeige gegen die Bildzeitung wegen der Veröffentlichung der "Bonusmeilen". Dann fragte er, was es mit den ca. 30 anderen Strafanzeigen in diesem Zusammenhang auf sich habe und gegen wen diese gerichtet seien. Hier war die erwartete Antwort, daß diese sich gegen Abgeordnete richteten. Hierüber kam Herr OStA Rüter auf die Frage, ob ein Staatsanwalt etwas beachten müsse, bei der Ermittlung gegen Abgeordnete. Nach dem Hinweis auf Art. 46 II GG kam die Frage, wie dies bei einem Landtagsabgeordneten aussehe und wie sichergestellt sei, daß dies im gesamten Bundesgebiet gelte. Hier wurde der Hinweis auf § 152a StPO erwartet. Als nächstes angesprochen wurde die Frage, was der Bundestag machen könne, um nicht jedesmal eine Genehmigung aussprechen zu müssen. Nach der Antwort, es könnten für bestimmte Gruppen von Delikten generelle Genehmigungen ausgesprochen werden, sollte erörtert werden, was ein Staatsanwaltbei vorliegen einer solchen Genehmigung beachten müsse. Antwort war hier, daß der Staatsanwalt den Präsidenten des Bundestages informieren müsse, damit dieser entscheiden kann, ob ausnahmsweise nach Art. 46 IV GG das Verfahren ausgesetzt werden müsse.

Als zweiten Fall sprach Herr OStA Rüter folgendes an:

Richter R verkündet den ersten Teil des Urteils gegen die Angeklagte A. Verteidiger V erinnert an den geschlossenen Deal, woraufhin Richter R die Verlesung des Urteils abbricht, und nach erneuter Beratung das korrigierte Urteil verkündet.

Zunächst sollte herausgearbeitet werden, ob diese Korrektur möglich sei, und unter welchen Voraussetzungen allgemein eine Korrektur des Urteils vorgenommen werden könnte. Hier sollte der § 268 StPO erwähnt werden. Als Ergänzung war dann der Fall zu entscheiden, wie es aussehe, wenn die Nichteinhaltung des Deals erst nach Abschluß der Hauptverhandlung erkannt werde. In dem Fallzusammenhang sollten schließlich noch die Grundsätze erörtert werden, unter denen ein Deal im Strafprozeß möglich sei.

Der Dritte Fall betraf folgenden Sachverhalt:
Die Patientin P ist in der Praxis des Frauenarztes F. In diese kommt auch der in einen Overall gekleidete und mit einem Teppichklopfer ausgestatte Beschuldigte B. Er erklärt den Patientinnen: "Füße hoch, ich muß den Teppich mitnehmen." Dies taten die Patientinnen und B nahm den Teppich mit. Als herauskam, daß der B nicht berechtigt war, den Teppich mitzunehmen, sagt P zu F: "Geben Sie mir Ihren Autoschlüssel, den hole ich noch ein und hole den Teppich zurück". F gab ihr den Schlüssel und P verschwand mit dem Auto, welches auch nicht wieder auftauchte. F kommt nunmehr aufs Revier und erstattet Strafanzeige.

Nach dem Hinweis, daß F noch zu einer Strafanzeige zu raten sei und wie diese auszusehen habe, wurde gefragt, was jetzt zu tun sei. Erwartet wurden praktische Tätigkeiten, etwa die Ausschreibung des PKW "zur Fahndung". Geklärt werden sollte, warum die Polizei überhaupt tätig werden dürfe. Antwort war der § 163 StPO. Danach ging es in die materielle Prüfung über. Geprüfte Delikte waren für B §§ 123, 242 und 263 StGB. Der § 263 StGB wurde abgelehnt, da die Patientinnen keine Verfügungsbefugnis hatten und damit eine Vermögensverfügung ausschied. Der § 242 BGB wurde bejaht; trotz räumlich näherer Position hatte der F an dem Teppich immer noch Gewahrsam. Schließlich wurde auch noch § 123 StGB bejaht. F habe nur einen umgrenzten Kundenkreis, so daß der B nicht von der generellen Erlaubnis erfaßt sei. Es wurde auch noch die P geprüft im Hinblick auf ihr Verhalten während der Tat des B. Mittäterschaft wurde abgelehnt, da zwar ein gemeinsamer Tatplan vorgelegen habe, die B aber keinen Tatbeitrag geleistet habe. Bejaht wurde aber Beihilfe zum Diebstahl und auch zum Hausfriedensbruch des B, jeweils durch psychische Unterstützung.



Prüfer: RA Dr. Arnold
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Prüfungsfach: Öffentliches Recht
Prüfungsdatum: 6.8.2002

I. Zur Person:

Das Prüfungsgespräch mit Herrn Dr. Arnold erlief angenehm und er versuchte Kandidaten auf den richtigen Weg zu bringen. Auch diese Prüfung verlief meistens von rechts nach links, mit einigen Fragen für bestimmte Kandidaten.

II. Zur Prüfung:

Herr Dr. Arnold ging zunächst auch auf die "Bonusmeilen"-Affäre ein und nutze diese als Aufhänger, um zunächst die Anlage 6 Nr. 3 der Geschäftsordnung des Bundestages (GO BT) anzusprechen. Zunächst sollte geklärt werden, um was es sich bei der GO BT handelt. Anhand der Überschrift und der Art der Veröffentlichung sollte erkannt werden, daß es sich um ein förmliches Gesetz handelt, und zwar im Innenrecht des Bundestages. Nunmehr sollte erläutert werden, was ein förmliches Gesetz ist und ob der Einstufung als Innenrecht nicht die Nr. 5 entgegensteht. Als Ergebnis wurde gefunden, daß die Nr. 5 der Staatsanwaltschaft keine Kompetenz einräumt, sondern eher als Schranke und Konkretisierung des Art 46 fungiert. Eine weitere Frage die erörtert wurde war, ob der Ausschluß des Angeordneten in der Nr. 3 gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang wurde erörtert, was der Sinn und Zweck der Immunitätsregeln ist (Schutz der Funktionsfähigkeit des Parlaments) und ob der Abgeordnete Recht auf rechtliches Gehör hat. Es sollte erläutert werden, in welchem Umfang der Art. 103 I GG gilt und ob eine analoge Anwendung in anderen Fällen möglich ist. Jedenfalls sollte erkannt werden, daß in den Fällen, in denen Art. 103 I GG nicht gilt, das rechtliche Gehör aus dem allgemeinen Rechtstaatsprinzip des Art. 20 GG abgeleitet werden kann. Als kleiner Exkurs wurde noch die Frage erörtert, welchen Vorteil ein Strafverfahren gegen eventuell möglichen Widerrufsverfahren gegenüber einer Zeitung hat. Hier sollten die unterschiedlichen Beweislastverteilungen in Zivil- und Strafverfahren herausgearbeitet werden.

Als zweitem Fall wandte sich Herr RA Dr. Arnold folgendem Sachverhalt zu:
A ist ein 18jähriger Schüler an einem Gymnasium in Düsseldorf. Die Schule plant eine Stufenfahrt die bis zu 500 " kosten soll. De Klassenlehrerin gibt den Schülern und auch A ein Informationsblatt mit den näheren Details, sowie ein Formular mit nach Hause. In diesem Formular sollen die Eltern sich verpflichten für die Kosten in Höhe bis zu 500 " aufzukommen. Die Eltern des A unterschreiben dieses Formular. Eine Bestätigung, daß A an der Fahrt teilnehmen kann, erfolgt nicht. Es ist aber klar, daß derjenige, der Formular unterschrieben mitbringt, mitfahren kann. Einige Zeit vor der Fahrt wird A von der Klassenlehrerin im Unterricht mehrere Male gerügt, woraufhin er erklärt, er wolle an der Fahrt nicht mehr teilnehmen. Dies wird von den Eltern gebilligt und A fährt nicht mit. Tatsächlich entfallen auf den A Kosten in Höhe von 300 ", die vom Land NRW übernommen werden. Diese sollen von den Eltern bezahlt werden.

Die Sache war aus Sicht eines Rechtsanwaltes zu entscheiden. Zunächst stellte sich die Frage, wer zu diesem kommt. Antwort war jemand vom Land NRW; einmal aus § 14 Schulverwaltungsgesetz (SchVG), aber auch deswegen, da das Land gezahlt hat. Danach war zu klären, ob das Land für die 300 " einen Verwaltungsakt erlassen kann, was aber aufgrund mangelnder Ermächtigungsgrundlage scheitert. Als weitere Möglichkeit an das Geld zu kommen wurde eine Klage herausgearbeitet wurde. Für diese sollte nun der Klageweg bestimmt werden. In diesem Zusammenhang wurde dann diskutiert, ob es eine Auswirkung hat, daß nach § 3 V Allgemeine Schuldordnung für NRW nicht mehr die Eltern, sondern A selber Adressat ist. Im Ergebnis wurde hier der Verwaltungsrechtsweg angenommen. Im Rahmen der Anspruchsgrundlage wurde diskutiert, ob ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zustande gekommen ist und falls ja, ob er wieder beendet worden ist. Insbesondere problematisiert wurde die Frage, ob der Vertrag dem Schriftformerfordernis genügt. Sowohl Informationsblatt, als auch das Formular wurden darauf untersucht, was sie darstellen könnten. Zum Abschluß wurde noch kurz angesprochen, woraus sich noch ein Anspruch auf die 300 " ergeben könnte, falls der Vertrag ausscheidet. Hierbei fiel das Stichwort öffentlich-rechtliche GoA. Zu problematisieren war zum einen, ob überhaupt die GoA übertragen werden kann, und wenn ja, ob die Schule ein fremdes Geschäft geführt hat. Die Durchführung einer Klassenfahrt dient u.a. pädagogischen Zwecken und liegt damit in der Sphäre der Schule. Mit dieser Argumentation wurde dieser Anspruch sodann verneint.

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