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Termin Juni 2002
Bericht von der Großen Juristischen Staatsprüfung Juni 2002 in Schleswig-Holstein


I. Klausur Strafrecht II: Entschließung der StA

3 brandheiße Teilsachverhalte aus dem Milieu, es war jeweils nur die Beschuldigte S (nicht vorbestraft) Gegenstand der Erörterungen (13. Abschnitt des StGB und NebenG nicht anzuwenden).

Teilsachverhalt 1:

S (Prostituierte) vereinbart mit Freier T in einem Bordell Dirnenlohn in Höhe von 50,- DM. Auf dem Zimmer angelangt, verlangt S Vorauszahlung. T verweigert das, bietet 20,- DM fürs "Händewaschen" und möchte gehen. S winkt ab, verstellt den Weg und ruft zwei im Bordell ebenfalls anschaffende Prostituierte zu Hilfe mit den Worten: " Der will sich ohne zu zahlen aus dem Staub machen!". Zusammen schlägt das Trio Infernale auf den T ein, S tritt dabei u.a. mit dem Absatz eines ihrer Stiefel dem T heftig gegen das Bein. Die Folge der Attacken sind zahlreiche Hämatome in Gesicht und am Bein des T. T zahlt letztlich und darf abziehen. S behauptet anschließend freiwillige Zahlung.

Strafantrag ist gestellt.

Teilsachverhalt 2:

S hat abermals Herrenbesuch. Sie bietet dem Freier H an, im Voraus den vereinbarten Dirnenlohn in Höhe von 100,- DM im Wege bargeldlosen Zahlungsverkehres unter Nutzung seiner ec-Karte zu entrichten. H händigt unumwunden Karte inkl. Zahlencode aus. S verschwindet mit der Karte, kehrt nach 10 Minuten zurück und gibt dem H seinen Schlüssel zum Glück wieder. Nach vollzogenem Akt muss H feststellen, dass von seinem Konto - exakt im Zeitraum der Abwesenheit der S - an einem Geldautomaten ganz in der Nähe des betreffenden Bordells 2.000,- DM in bar abgehoben wurden. S bestreitet Abhebungen (insg. zwei) vorgenommen zu haben. Mitarbeiter eines benachbarten Etablissements haben S im fraglichen Zeitraum am Automaten gesehen.

Teilsachverhalt 3:

Freier M lässt sich von S und einer weiteren Prostituierten gleichzeitig "bedienen". 300,- DM waren als Dirnenlohn vereinbart. M schläft im Anschluss an den Akt ein. Als er von S aufgeweckt wird, fehlen ihm weitere 500,- DM, die er in seinem Portemonnaie bei sich trug. Die Kollegin der S ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr anwesend. S behauptet bei der Polizei, das Geld sei vom M freiwillig gezahlt worden. Der Betrag sei zudem angemessen, da M "Sonderleistungen" in Anspruch genommen habe.


II. Klausur ZPO/ HR

Kurz umrissen: Klägerin (GmbH) macht gegen die Beklagte (wohl Einzelkauffrau) zunächst einen Gesamtbetrag von 1.500 EUR nebst 5 % Zinsen über BaZiSa ab Rechtshängigkeit geltend, den sie aus zwei verschiedenen Lebenssachverhalten herleitet. Dann erklärt sie mit einer der beiden Teilforderungen die Aufrechnung gegenüber Forderung der Beklagten, ändert ihren Zahlungsantrag entsprechend, d.h. macht nur noch einen Teilbetrag geltend und erklärt den Rechtsstreit im Übrigen einseitig teilweise für erledigt. Die Klägerin macht zunächst Ansprüche aus zwei verschiedenen Kaufverträgen zwischen ihr und der Beklagten geltend. Dabei geht es um die folgenden Sachverhalte:

a) Erster Lebenssachverhalt (700 EUR): Klägerin lieferte im November 2001 an die Beklagte Textilien, wofür sie 2.000 EUR in Rechnung stellte. Beklagte zahlte trotz mehrfacher Mahnung nur 1.300 EUR. Klägerin will nun (Februar 2002) Restkaufpreis in Höhe von 700 EUR. Beklagte beruft sich lapidar auf "Verarbeitungsfehler" der Textilien und macht insofern Mängeleinrede geltend. Klägerin bestreitet Mangel und verweist im Übrigen auf Verletzung der Untersuchungs- und Rügepflicht der Beklagten nach § 377 HGB.

b) Zweiter Lebenssachverhalt (800 EUR): Klägerin macht Kaufpreisanspruch in Höhe von 800 EUR aus einem anderen Kaufvertrag zwischen ihr und der Beklagten geltend. Dieser Anspruch durchlebte im Vorfeld des jetzt anhängigen Prozesses die folgenden unstreitigen prozessualen Unwägbarkeiten (* ff.).

*Vor dem Amtsgericht hatte die Klägerin zunächst ein zusprechendes Urteil (über eben jene 800 EUR aus Kaufvertrag) gegen die Beklagte erstritten. Die Beklagte ging in Berufung (1). [Die Behauptung der Klägerin im jetzigen Rechtsstreit, sie habe seinerzeit mangelfreie Waren geliefert bleibt unbestritten] **Während der laufenden Berufung (1) erwirkte die Beklagte (im Rahmen wiederum eines anderen Rechsstreits) einen Kostenfestsetzungsbeschluss (1) zu Lasten der Klägerin in Höhe von 2.000 EUR und betrieb Zwangsvollstreckung. Kostengrundurteil war für vorläufig vollstreckbar erklärt worden. Berufung (2) gegen Urteil vor dem OLG wurde eingelegt. ***Dies nahm die Klägerin noch während der laufenden Berufung zum Anlass, mit ihrer titulierten Forderung (800 EUR, Urteil des AG) gegen den Kostenerstattungsanspruch aus dem KFB (1) der Beklagten aufzurechnen. ****Das über die laufende Berufung (1) entscheidende LG wurde davon in Kenntnis gesetzt und wies die Kaufpreisklage der Klägerin (800 EUR) nun mit der Begründung der Erlöschenswirkung durch Aufrechnung ab. *****Anschließend erging im Berufungsverfahren (2) abänderndes Urteil, d.h. der Beklagten wurden Kosten des Rechtsstreits auferlegt. KFB (1) demnach perdu.

Klägerin meint, ihr ursprünglicher titulierter Kaufpreisanspruch (800 EUR) "sei trotz wirksamer Aufrechnung wieder aufgelebt" und könne eingeklagt werden, weil der ZV der Beklagten aus dem KFB (1) nunmehr Grundlage entzogen. Klägerin kündigt an zu beantragen, Zahlung von 1.500 EUR nebst 5 % Zinsen über BaZiSa ab Rechtshängigkeit

Noch während des jetzigen Rechtsstreits erwirkt Beklagte weiteren KFB (2) aus einem wiederum ganz anderen Rechtsstreit gegen die Klägerin in Höhe von 1.000 EUR. Das dem KFB (2) zugrunde liegende Urteil (inkl. Kostengrundausspruch) erging allerdings noch vor Rechtshängigkeit des jetzigen Verfahrens. Beklagte betreibt ZV daraus. Klägerin erklärt daher Aufrechnung mit ihrem Restkaufpreisanspruch (700 EUR) aus Lebenssachverhalt 1 gegenüber dem Kostenerstattungsanspruch aus KFB (2).

Klägerin erklärt den Rechtsstreit in dieser Höhe für erledigt und stellt den Antrag, Zahlung von 800 EUR nebst 5 % Zinsen über BaZiSa ab Rechtshängigkeit

Beklagte, beantragt Klagabweisung.

Sie meint, zum Einen stünde einer erneuten Entscheidung über die Kaufpreisforderung in Höhe von 800 EUR (Sachverhalt 2) der Einwand der Rechtskraft entgegen. Außerdem sei Anspruch - wie Klägerin selbst behauptet - durch Aufrechnung erloschen. Sie schließt sich der EE zudem nicht an, da keine Erledigung (nach Rechtshängigkeit) gegeben. Es sei auf die erstmögliche Aufrechnungslage abzustellen, und das sei schließlich Zeitpunkt der Kostengrundentscheidung.

Klägerin entgegnet Rechtskrafteinwand, dass völlig neuer Streitgegenstand entstanden sei, nachdem abänderndes Urteil (KFB 1). Hilfsweise macht sie jedoch Anspruch aus "ungerechtfertigter Bereicherung" geltend. Für den Zeitpunkt der Erledigung sei zudem auf die Aufrechnungserklärung als solche abzustellen.


III. Klausur ZR I (Anwaltsgutachten, bestimmender Schriftsatz)

Thema: Klageschrift zu entwerfen. Hintergrund ist ein Wandlungsbegehren hinsichtlich AutoKV.

Mandant kauft im August 2000 (Vertragsschluss) einen Pkw bei der MG-GmbH (MG) zum Preis von 28.500,- DM. Als Zusatzausstattung wählt er ein Autoradio zu einem Preis von weiteren 1.500,- DM, das zusammen mit dem Auto ausgeliefert werden soll. Der Geschäftsführer der MG erwähnt - unter Bezugnahme auf den vom Hersteller zu dem betreffenden Pkw herausgebrachten Prospekt - bei den KVverhandlungen einen durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch von 8 l auf 100 km. Die dem KV zu Grunde liegenden AGB besagen ausdrücklich, dass die Angaben der jeweiligen Prospekte nicht zugesichert werden (§ 459 II BGB); die Prospektangaben sollen laut AGB allerdings zum Vertragsbestandteil werden und für die Frage der Fehlerhaftigkeit der Kaufsache heranzuziehen sein. Zudem ist ein "Nachbesserungsrecht vor Wandelung" vereinbart. MG leistet außerdem für 1 Jahr ab Übergabe Gewähr für Fehlerfreiheit des Pkw.

Anfang September 2000 erfolgt die Übergabe (Radio inkl.). Schon nach kurzer Zeit stellt Mandant nach eigenen Angaben einen Verbrauch von mindestens 12 l/ 100 km fest. Die im November und Dezember vorgenommenen Überprüfungen der MG erbringen nach deren Angaben keinen feststellbaren Mehrverbrauch. Wandlungsbegehren des Mandanten (hinsichtlich Auto- und Radiokauf) werden von MG daher abgelehnt. MG weist i.d.Z. zutreffend darauf hin, dass das Radio selbst frei von Beanstandungen sei (s. d. §§ 469, 470 BGB).

Sodann beantragt der Mandant durch seinen damaligen RA das selbständige Beweisverfahren (§§ 485 ff. ZPO) zur Klärung der Frage, ob der Verbrauch tatsächlich über dem im Prospekt behaupteten liegt. Zustellung des Antrags an MG erfolgt im Januar 2001 (§ 477 II 1). Im Rahmen des Verfahren stellt ein Sachverständiger einen Mehrverbrauch von 19, 5 % (s. d. Palandt § 459 Rn 13) fest. Das entsprechende Gutachten erhalten die Parteien im August 2001 (§ 477 II 2). Kosten des Gutachtens (vom Mandanten gezahlt) insgesamt 4.000,- DM.

Das Ergebnis des Gutachtens ficht die MG nicht an. Sie streitet einen Mehrverbrauch noch immer standhaft ab; zudem seit eine Abweichung von 19, 5 % nicht als erheblich (§ 459 I 2 BGB) zu erachten. Überdies habe der Mandant sich gefälligst an den Hersteller (hat entsprechende Garantie zugesagt) zu halten. Ansprüche seien außerdem verjährt. Dem Mandanten wird ein Hausverbot für die Geschäftsräume der MG erteilt, weitere Bemühungen hinsichtlich des Pkw werden für die Zukunft rigoros abgelehnt.

Mandant taucht im Oktober 2001 in Kanzlei auf. Er möchte auf keinen Fall den Wagen behalten. Gleiches gilt für das Radio. Er hat den Pkw insgesamt über eine Strecke von 22.000 km gefahren (§ 351 BGB), erklärt sich (dem Bearbeiter ggü.) zu einer Abgeltung der gezogenen Nutzungen durch Zahlung von 0,5 % des Kaufpreises von 30.000,- DM pro gefahrener 1000 km bereit (-> 3.300.- DM, § 347 S. 2 BGB). Im Übrigen habe er das Auto in der Zwischenzeit nur deshalb weitergenutzt, weil er es beruflich (als Vertreter) benötigt und er sich ein Ersatzfahrzeug bislang nicht leisten konnte.

Neben Kaufpreis will er die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens ersetzt wissen (möglich im Rahmen der Kostenentscheidung des Hauptsacheverfahrens, § 91 ZPO ?)

1. Erfolgsaussichten einer Klage gegen MG zu begutachten (altes SchuldR, ZPO ab 1.1.2002)
2. Bestimmender Schriftsatz


IV. Klausur StR I (Entschließung der StA)

Gutachten und Entschließung hinsichtlich A und B.

Sachverhalt 1:

A und B tragen am 03.04.2001 gegen 2.00 Uhr lautstark eine verbale Auseinandersetzung auf einer öffentlichen Straße (Martinistr., hier wohnen A und B) in Hamburg aus. Sie werden von den Anwohnern zur Mäßigung aufgerufen. Anwohner T geht vor die Tür und droht mit der Polizei, sofern die Belästigungen nicht aufhören. A rennt daraufhin zu T und ruft dabei sinngemäß aus: "Jetzt bringe ich dich um, du hast mir gerade noch gefehlt." T gelingt es nicht mehr, sich ins Haus zurückzuziehen. A schlägt ihm mit der rechten Faust ins Gesicht. T fällt sofort wie ein Stein zu Boden, sein Kopf trifft mit enormer Wucht auf den Gehweg und T bleibt regungslos liegen. A begibt sich wieder zu dem auf der anderen Straßenseite wartenden B. Er fordert B auf, mit ihm zu verschwinden. B jedoch rennt hinüber zu dem immer noch regungslos am Boden liegenden T und tritt ihm mit einem Springerstiefel (stahlkappenbesetzt) heftig (1x) gegen den Kopf. Nunmehr verschwinden sowohl A als auch B.

Als der Notarzt kurze Zeit später eintrifft, gibt T noch Lebenszeichen von sich. Er stirbt jedoch am 04.04.2001 gegen 11.00 Uhr an den Folgen einer durch stumpfe Gewalt hervorgerufenen Hirnblutung. Der Obduktionsbericht ergibt, dass sowohl der Aufprall mit dem Kopf auf den Gehweg als auch der Tritt mit dem Stiefel eine mögliche Ursache hierfür gewesen sein können. Nicht auszuschließen ist aber auch, dass erst das Zusammentreten beider Umstände die zum Tode führende Hirnblutung herbeiführte. Der Faustschlag als solcher kommt in keinem Fall als Ursache in Betracht.

Mehrere Zeugen sagen später aus, A habe sich in der Vergangenheit häufiger seiner - länger zurückliegenden - angeblichen Boxer-Karriere berühmt. Insbesondere habe er behauptet, einen Menschen mit nur einem Schlag seiner Rechten so schwer treffen zu können, dass dieser sich nie wieder regt. Die Ermittlungen können jedoch nicht bestätigen, dass A einst geboxt hat.

Sachverhalt 2:

A und B sind nach obiger Tat flüchtig. Aufgrund in dieser Sache gegen sie erlassener Haftbefehle sollen sie am 11.04.2001 in einer Wohnung im Harnweg 69 festgenommen werden. A und B flüchten sich jedoch auf den Balkon und springen auf den mehr als 3 m darunter liegenden Rasen. POM Herpes springt dienstbeflissen hinterher und bricht sich den Knöchel seines linken Fußes. A und B können von Kollegen gestellt und festgenommen werden. A (vorbestraft, § 224 StGB, Bewährung läuft noch) und B (vorbestraft, § 242 StGB) sind arbeitslos und haben keine festen sozialen Bindungen. Beiden sagen nur zur Person aus. A hat einen Verteidiger.

Hm. Nochmal gucken... Ich glaube, das war' s. "Da stimmt doch was nicht". OK, das habe ich auch gedacht, aber ist mir jetzt ladde. Der Kuchen ist ausgespiehen. Falls jemand merkt, dass ich etwas ganz Entscheidendes vergessen habe, dann soll er sich bitte in der Regie melden.

Geprüft für A und B: I. §§ 212 (13, 22, 23), 221, 222, 223, 224 I Nr. 2, 4, 5, 227, 231, 241 II. §§ 229, 113


V. Klausur ÖR I (Beschluss, § 80 V VwGO)

Der Antragsteller ist selbsternannter Fußballfan und besuchte in den letzten Jahren regelmäßig die Spiele der deutschen Nationalmannschaft auch im Ausland. Er wurde in der Vergangenheit regelmäßig in Gesellschaft anderer unstreitig zur Berliner Hooligan-Szene zählender Personen angetroffen. Er war insofern bereits Adressat von Identitätsfeststellungen und Ingewahrsamnahmen durch die Polizei. Zudem war er mehrfach Gegenstand StA-licher Ermittlungen im Zusammenhang mit Ausschreitungen sog. Hooligans. Er wurde in den Jahren 2000 und 2001 wegen der Beteiligung an solchen gewalttätigen Exzessen rechtskräftig wegen Körperverletzung bzw. gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Hinsichtlich eines weiteren Vorfalls, an dem neben dem Antragsteller weitere 40 Hooligans beteiligt waren, stellte die StA das Verfahren nach § 153 a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße ein. In einem vierten Verfahren (Strafbefehl) kam es zu einem Freispruch (nach Einspruch).

Der "Polizeipräsident in Berlin" erließ gegenüber dem Antragsteller am 30.04.2002 einen Bescheid, wonach der Geltungsbereich seines Reisepasses insofern eingeschränkt wird, als er während der WM 2002 nicht nach Japan/Korea (auch nicht über Drittland) ausreisen darf, § 7 I, II PassG. Zum Zwecke der Eintragung dieser Beschränkung hat Antragsteller Reisepass herauszugeben. Zudem wird ihm eine Meldepflicht bei der Polizei während der Spiele der deutschen Nationalmannschaft (an drei bestimmten Tagen) auferlegt. Er hat sich an den betreffenden Tagen unter Vorlage seines Personalausweises bei einer näher bezeichneten Polizeiwache jeweils zwischen 18 und 20 Uhr einzufinden. Die sofortige Vollziehung wird angeordnet, ohne dass dies näher begründet wird. Der Präsi begründet dieses Vorgehen mit der zu erwartenden Beteiligung des Antragstellers an gewaltsamen Ausschreitungen bei der WM in Japan/Korea. Dies würde zu einer erheblichen Gefährdung des Ansehens der BRD im Ausland und somit zu einer Gefährdung wesentlicher Belange gemäß § 7 I Nr. 1 PassG führen. Präsi verweist auf sämtliche gegen den Antragsteller gerichtete Verfahren (auch jene, die zur Einstellung bzw. zum Freispruch führten). Bescheide ähnlichen Inhalts ergingen gegenüber weiteren 113 Hooligans aus Berlin.

Antragsteller legte dagegen fristgemäß Widerspruch ein. Der Bescheid sei zu abstrakt gehalten. Insbesondere ergebe sich nichts dafür, dass gerade von ihm eine Gefährdung ausgehe. Verhältnismäßigkeit sei überdies nicht gewahrt (an Meldetag hat Oma in Köln Geburtstag, die will er besuchen). Er beruft sich auch darauf, dass es teilweise zum Freispruch bzw. zur Einstellung des Verfahrens gekommen sei ("Jugendstreiche"). Er stellt inhaltsgleichen Antrag nach § 80 V VwGO, beantragt,

die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20.04.2002.

Antragsgegner (Berlin) beantragt Klageabweisung.

In der Antragserwiderung folgen erstmals Ausführungen zur Frage des besonderen Vollziehungsinteresses i. S. v. § 80 III VwGO. Zudem wird ein weiterer Vorfall vom 20.04.2002 in das Verfahren eingeführt. An diesem Tage trat und schlug der Antragsteller einen Fußballfan gemeinsam mit weiteren Hooligans zusammen. Er hat das ggü. der Polizei eingeräumt. Einem beigefügten Aktenvermerk ist zu entnehmen, dass der Bevollmächtigte des Antragstellers - nach Bitte um Stellungnahme zu dem Vorfall - der Einbeziehung in das laufende Verwaltungsverfahren widersprach.

Das ASOG/Berlin regelt die Meldepflicht zum Zwecke der Gefahrenabwehr nicht. Regelungen zur zwangsweisen Durchsetzung von Vorladungen, Platzverweisen und Ingewahrsamnahmen sind enthalten.

Die Entscheidung des Gerichts ist zu entwerfen.

(Lösungvorschlag des VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.6.2000: http://www.gemeindetag-bw.de/html/zeitschrift/ausgaben2001/bwgz2001_01_038.htm)


VI. Klausur ZR II (Urteil des Landgerichts):

Klägerin (GmbH) produziert und vertreibt Nougatcremes. Zu diesem Zweck bezog sie bereits in den Jahren 1998 und 1999 (undurchsichtige) Kunststoffbecher von der Beklagten (GmbH), in die sie die Creme abfüllte. Im Frühjahr des Jahres 2000 bat die Klägerin die Beklagte um Auskunft darüber, ob diese auch durchsichtige - statt der bislang undurchsichtigen - Becher zum Zwecke der Abfüllung ihrer Nougatcreme herstellen und liefern könne. Dies bejahte die Beklagte. Die Beklagte kannte den Verwendungszweck der Klägerin im Hinblick auf die zu liefernden Becher.

Im Juni 2000 erhielt die Klägerin von der W-GmbH den Auftrag zu Lieferung von 30.000 Einheiten Nougatcreme. Da die Beklagte der Klägerin die dafür notwendigen 30.000 Kunststoffbecher wegen eines Zahlungsrückstandes aus früheren Geschäften nicht direkt verkaufen wollte, kaufte die E-GmbH die Becher bei der Beklagten und verkaufte sie an die Klägerin weiter. Die Beklagte war insofern eingeweiht. Die Lieferung sollte direkt an die Klägerin erfolgen. Wie mit der Klägerin im Frühjahr 2000 abgesprochen lieferte die Beklagte erstmalig durchsichtige Becher.

Gleich nach Erhalt der Becher am 06.06.2000 zahlte die Klägerin den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 3.000,- DM an die E-GmbH. Beim anschließenden Abfüllen der Creme am 09.06.2000 erwiesen sich 2.000 (Kaufpreis 200,- DM) der gelieferten Becher insofern als schadhaft, als sie Risse bildeten und Creme (Wert 1.000,- DM) aus ihnen austrat und sie damit unbrauchbar wurden. Außerdem wurde Verpackungsmaterial der Klägerin im Wert von 50,- DM durch die Creme zerstört. Dies teilte die Klägerin der Beklagten noch am selben Tag mit. Diese erklärte sich zu Analysen an den Bechern bereit.

Die übrigen 28.000 Becher (befüllt) holte die W-GmbH in der Folgezeit vereinbarungsgemäß bei der Klägerin ab. Die W-GmbH wiederum lieferte diese an die R-GmbH weiter. Dort zeigte sich, dass die unteren 5 Lagen der in Container verladenen Cremebecher geborsten waren. Nur 16.000 Becher hatten den Transport unbeschadet überstanden. Die R-GmbH verlangte Schadenersatz von der W-GmbH. Im Rahmen eines Vergleiches einigten sie sich auf die Zahlung von 14.000,- DM. In Höhe dieses Betrages nahm die W-GmbH die Klägerin in Regress.

Ein zwischenzeitlich durch die Klägerin beigebrachtes Gutachten ergab, dass die Beklagte die nunmehr durchsichtigen Becher aus einem nicht ganz so bruchfesten Material hergestellt hat, wie sie es noch bei den ursprünglich gelieferten Bechern in den Jahren 1998/1999 getan hatte. Außerdem war die Wanddicke der Becher gerade im Bereich der aufgetretenen Risse und der daraus resultierenden Bruchstellen um bis zu 40 % dünner als bei den undurchsichtigen Bechern. Bei Einhaltung der ursprünglichen Wanddicke, wäre die Bildung von Rissen verhindert worden. Aber auch die Creme (35 % Fettanteil) habe durch temperaturbedingte Ausdehnungserscheinungen zum Bersten der Becher beigetragen.

Die E-GmbH trat ihre "vertraglichen Gewährleistungsansprüche" ggü. der Beklagten an die Klägerin ab. Klägerin macht nun Ansprüche aus eigenem und abgetretenem Recht geltend.

Klägerin beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 15.250,- DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über BaZiSa zu verurteilen.

Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich u.a. auf eine AGB-Klausel, die dem Vertrag zwischen ihr und der E-GmbH zu Grunde lag (unstreitig). Danach sollte es außer Nachbesserung und Gutschriften keine Gewährleistung geben. Zudem wurden Ansprüche auf Schadensersatz ausgeschlossen. Zudem sei der Vortrag hinsichtlich des Regressanspruches in Höhe von 14.000,- DM nicht hinreichend substanziiert. Auch müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil sie zum Einen die restlichen 28.000 Becher an die W-GmbH weitergab, wenngleich sie selbst beim Abfüllen deren verminderte Belastbarkeit erkannt hatte. Zum Anderen habe ihre Creme laut Gutachten ja ebenfalls zum Schaden beigetragen. Letztlich seien etwaige Ansprüche verjährt.


VII. Klausur ÖR II (Entscheidung des Verwaltungsgerichts):

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstückes, auf dem er einen Flüssiggastank (50 t) errichten möchte. Sein Ziel ist es, das Flüssiggas an benachbarte Ferienhäuser zu liefern, damit es dort zum Heizen und zum Kochen verwendet werden kann. Der Verkauf soll zum Selbstkostenpreis erfolgen; Gewinn erhofft der Kläger sich aus den daraus entstehenden Kontakten zu den Urlaubern mit Blick auf seinen (ebenfalls auf seinem Grundstück belegenen) Getränkehandel. Das Nachbargrundstück des Beigeladenen ist von der geplanten Errichtungsort des Tanks 7 m entfernt. Der Beigeladene plant, in dem betreffenden Bereich - zu einem derzeit nicht feststehenden Zeitpunkt - ein nicht genauer bezeichnetes Gebäude zu errichten. Über das Planungsstadium ist dieses Vorhaben allerdings noch nicht hinausgekommen. In einem Radius von deutlich mehr als 8 m um den geplanten Errichtungsort herum finden sich derzeit keine Gebäude.

In den TRB 801 Nr. 25 (als Anhang zur Klausur abgedruckt) ist eine Regelung enthalten, wonach Flüssiggastanks der vorliegenen Größe ein Mindestabstand von 6, 5 m zum nächsten Schutzobjekt (insb. Wohngebäuden) einzuhalten haben. Nach der ständig geübten Verwaltungspraxis des betreffenden Bundeslandes werden die Genehmigungen aber nur bei Einhaltung eines Mindestabstandes von 8 m erteilt.

Der Kläger beantragte im August 2000 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung des Gastanks. Die zuständige (Ausgangs-)Behörde erteilte diese. Der Beigeladene legte gegen diese Entscheidung Widerspruch ein, worauf die Widerspruchsbehörde die erteilte Genehmigung am 08.01.2001 wieder aufhob. Begründet wurde dies u.a. damit, dass der erforderliche Mindestabstand von 8 m zu dem vom Beigeladenen geplanten Bauvorhaben nicht eingehalten werde. Dem Beigeladenen wäre dessen Bauvorhaben dadurch unmöglich gemacht. Seine somit berührten Interessen seien nach §§ 6 I, 5 I BImSchG schützenswert. In der Rechtsbehelfsbelehrung hieß es u.a.: "Die Klage ist innerhalb der Klagefrist zu begründen."

Am 01.02.2001 hat der Kläger Feststellungsklage erhoben. Er hat zunächst beantragt, festzustellen, dass die Errichtung des Flüssiggastanks keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedarf. EinenKlagegegner hat er im Rubrum nicht ausdrücklich benannt (den Umständen nach war es wohl die Ausgangsbehörde). In einem am 08.03.2001 bei Gericht eingegangenen Antrag hat der Kläger "höchst ersatzweise" beantragt, den Widerspruchsbescheid vom 08.01.2001 aufzuheben. In der mündlichen Verhandlung beantragt er nunmehr,

1. gegenüber der Ausgangsbehörde festzustellen, dass er einer Genehmigung nach dem BImSchG nicht bedarf 2. (ohne das Verhältnis zum 1. Antrag zu erläutern) gegenüber der Widerspruchsbehörde Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2001.

Die Ausgangsbehörde beantragt, Abweisung der gegen sie gerichteten Klage (da bereits nicht zulässig, außerdem genehmigungspflichtig gemäß § 4 I 3 BImSchG, Ziff. 9 Anhang 4. BImSchV)

Die Widerspruchsbehörde beantragt, Abweisung der gegen sie gerichteten Klage (sie sei unbegründet, da §§ 4, 5 I, 6 I BImSchG und Vorschriften der 12. BImSchV der Genehmigungserteilung sowie geübte Verwaltungspraxisentgegenstehen; außerdem TRB nicht bindend; 12. BImSchV war abgedruckt und enthielt Regelungen über bestimmte Schutzpflichten der Anlagenbetreiber)

Der Beigeladene beantragt, beide Klagen abzuweisen (1. unzulässig, 2. unbegründet)


VIII. Klausur PWK ÖR (Widerspruchsbescheid zu entwerfen):

Problemquerschnitt: §§ 28, 41, 45, 49 VwVfG, § 4 VwZG, § 70 VwGO, §§ 1 I Nr. 3, 4 I Nr. 1, 5 I Nr. 1, 15 I, II, III, 31 GaststättenG, 15 II GewO

Der Widerspruchsführer betreibt einen Nachtclub. Für diesen hatte er im Jahre 2000 eine gaststättenrechtliche Erlaubnis erhalten. Diese Erlaubnis umfasst u.a. die Darbietungen von Striptease-Tänzerinnen; um Gefahren für die Sittlichkeit zu begegnen, wurde die Zimmervermietung ausdrücklich untersagt. Aus diesem Grunde ist es auch nur Mitarbeiterinnen des Widerspruchsführers gestattet, sich in den nicht zum Barraum zählenden weiteren Räumen des Clubs aufzuhalten.

Durch Hinweise Dritter aufmerksam geworden, suchten Januar 2001 zwei als Besucher getarnte Ermittler der Polizei den Nachtclub auf. Eine der anwesenden "Tänzerinnen" erklärte sich auf Nachfrage gegen ein Entgelt von 400,- DM/Stunde zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs in einem der hinteren Räume des Nachtclubs bereit. Damit sollte auch die "Zimmermiete" abgegolten sein. Weitere zwei anwesende "Tänzerinnen" erklärten sich zu denselben Bedingungen zum Geschlechtsverkehr bereit.

Im Februar 2001 wurde das Anwesen aufgrund richterlicher Anordnung durchsucht. Dabei wurde festgestellt, dass vier Räume des Clubs in den hinteren Bereichen nur mit abgedämpften Licht beleuchtet, jeweils mit französischen Betten (und Reinigungstuchspendern an den Bettenenden) sowie Rolläden versehen waren. In den stark parfümierten Räumen fanden sich sowohl Abfalleimer mit benutzten Kondomen und Reinigungstüchern als auch Geld und unbenutzte Kondome. Eine ehemalige Bardame gab in diesem Zusammenhang zur Protokoll der Polizei, der Widerspruchsführer habe bereits vor Erteilung der Erlaubnis geplant, seine Einkünfte durch die Beschäftigung von Prostituierten aufzubessern.

Mit Bescheid vom 01.03.2001 wurde der Widerspruchsführer aufgefordert, innerhalb eines Monats zu den im Raume stehenden Vorwürfen Stellung zu beziehen. Am 22.03.2001 suchte der Widerspruchsführer seinen jetzigen Verfahrensbevollmächtigten auf und übertrug ihm die Wahrnehmung seiner Interessen.

Am 20.04.2001 erließ die Ausgangsbehörde eine Ordnungsverfügung, mit der die gaststättenrechtliche Erlaubnis des Widerspruchsführers widerrufen und die sofortige Vollziehung nebst sofortiger Betriebsschließung angeordnet wurde. Als Widerrufsgrundlage benannte sie ausdrücklich § 49 VwVfG. Im Übrigen warf sie dem Widerspruchsführer vor, der Unsittlichkeit Vorschub zu leisten, § 4 I Nr. 1 GastG. Sie bezog sich hierbei auf die Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden. Die Verfügung enthielt Ausführungen zum besonderen öffentlichen Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Die sofortige Schließung wurde hauptsächlich mit der sofortigen Vollziehbarkeit des Erlaubniswiderrufs und dem daraus folgenden Bedürfnis, weiteren Barbetrieb zu unterbinden, begründet. Der Bescheid wurde noch am 20.04.2001 zur Post gegeben, als Zustellungsverfahren wurde Zustellung durch die Post mittels eingeschriebenen Briefes gewählt. Am 21.04.2001 wurde der Bescheid dem Verfahrensbevollmächtigten zugestellt.

Mit seinem am 22.05.2001 bei der Ausgangsbehörde eingegangenen Schriftsatz hat der Widerspruchsführer Widerspruch eingelegt. Er hält den Bescheid vom 20.04.2001 schon wegen Benennung einer "nicht korrekten" Ermächtigungsnorm für rechtswidrig. Außerdem sei kein ordnungsgemäßes Anhörungsverfahren durchgeführt worden, da dem Verfahrensbevollmächtigten bei Übertragung der Interessenwahrnehmung zu wenig Zeit zur Begründung innerhalb der gesetzten Monatsfrist verblieb. Er bestreitet die behaupteten tatsächlichen Umstände. Im Übrigen wären diese auch nicht geeignet den Tatbestand der Unsittlichkeit gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG zu begründen. Er beruft sich hierbei auf den gesellschaftlichen Wertewandel (Auszug des ProstG war dem Klausurentext beigefügt).

Der Widerspruchsführer beantragt, den Bescheid vom 20.04.2001 aufzuheben.

Ausgangsbehörde beantragt, den Widerspruch zurückzuweisen.

Sie hilft nicht ab. Der Widerspruch unzulässig, weil verfristet und obendrein unbegründet.

Die Beteiligten haben in öffentlicher Sitzung mündlich zur Sache verhandelt. Die Widerspruchsbehörde hat hierbei Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung. Zeugin bestätigte die Ermittlungsergebnisse unzweifelhaft. Der Widerspruchsführer hat hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Verfahrensbevollmächtigter habe seine in den letzten 10 Jahren stets zuverlässige Bürokraft mit der Versendung der Widerspruchsschrift beauftragt (mehr trägt er nicht vor).

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