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Termin März 2002
Ralf Hansen


Bericht über die Klausuren 03/2002
im zweiten juristischen Staatsexamen
in Nordrhein-Westfalen


Vorbemerkung:


Die nachfolgenden Zusammenfassungen geben einen ungefähren Einblick in die Examensserie 03/2002. Die Darstellungen erfolgten aus der Erinnerung heraus, da die Sachverhalte bekanntlich nach Bearbeitung zurückgegeben werden müssen. Die Klausuren umfaßten im Durchschnitt ca. 16 Seiten, so daß es überaus problematisch ist, aus diesen Sachverhalten einen 'einschichtigen' Sachverhalt aus der Erinnerung zu erstellen. Notwendigerweise führt dies zu Vereinfachungen mit einem erheblichen subjektiven Einschlag und möglicherweise auch zu gewissen Verzerrungen. Unter diesen Umständen können die Bezeichnungen der 'Problemkreise', die bei der Bearbeitung aufzuwerfen waren, lediglich Impressionen wiedergeben, zumal die Konzepte und Entwürfe mit der Klausur abzugeben waren. Der Termin dürfte sich insgesamt in einem oberen Schwierigkeitsgrad bewegt haben. Im Düsseldorfer Termin können die Klausuren I - V nach Wahl vor Bekanntgabe wegen erheblicher Lärmbelästigungen, die durch Zeitausgleich nicht kompensiert werden konnten, neugeschrieben werden. Indessen führt dies dazu, daß die betreffenden Klausuren der ersten Serie, dann nicht gewertet werden, so daß es den Kandidatinnen und Kandidaten überlassen bleibt, selbst abzuschätzen, wie intensiv der Lärm die Bearbeitung nach individuellen Maßstäben beeinträchtigt hat.

Klausur I: Z I - Gebrauchtwagenkauf mit Hindernissen


Der Kläger geht gegen den Beklagten aus abgetretenem Anspruch vor. Der Beklagte, mit Wohnsitz in Hamm, schloß unter dem 08.96.2001 mit Herrn F., Düsseldorf (fortan: Käufer), einen Kaufvertrag über einen Porsche (nähere Bezeichnung) in Höhe DM 17.000,- ab. Der Käufer leistete eine Anzahlung in Höhe von DM 1.000,-. Die Parteien vereinbarten, daß Erfüllungsort für alle Ansprüche aus dem Kaufvertrag Dortmund sein sollte. Gleichzeitig vereinbarten sie, das der Beklagte den PKW bis zur Übergabe weiter nutzen durfte. Darüber hinaus vereinbarten die Parteien, das den Beklagten für während dieser Zeit sich ereignende Unfallschäden in jedem Falle die Haftung treffen sollte. Der Porsche sollte zum 14.06.2001 in Dortmund übergeben werden. Am 14.06.2001, dem Fronleichnamstag, rief der Beklagte den Käufer an und teilte ihm nach seinen Angaben mit, daß er einen schweren Unfall gehabt hätte, in deren Folge der PKW schwer beschädigt worden sei. Es habe sich um einen Auffahrunfall gehandelt, der von ihm nicht verschuldet worden sei. In einem ersten Telefonat machte der Käufer deutlich, daß er nach wie vor an einem Erwerb des PKW interessiert sei. Unter dem 10.11.2001 trat der Käufer sämtliche Ansprüche aus diesem Vertrag an den Kläger ab, der diese Abtretung in der gleichen Urkunde annahm. Durch den Unfall erlitt der PKW einen deutlichen Wertverlust, der mit DM 5.500,- anzusetzen ist.

Der Kläger behauptet auch in einem zweiten Telefonat vom 14.06.2001 an diesem Vertrag festgehalten zu haben. Zwischen diesen beiden Gesprächen habe er mit einem Spediteur, dem Zeugen L., telefoniert, um einen Überblick über die Kosten zu erhalten, die für den Transport aufzuwenden wären. Nach diesem Telefonat habe er via Handy erneut bei dem Beklagten angerufen und deutlich gemacht, daß er auf Vertragsdurchführung trotz des Unfalls bestehe. Wegen des Minderwertes beruft sich der Kläger bis zur Auskunftserteilung über den Verkehrsunfall und die Abtretung der Ansprüche gegen die gegnerische Versicherung darauf, daß der PKW nur einen Wert von DM 4.500,- habe. Der Beklagte veräußerte den PKW inzwischen an einen Restwertverkäufer zum Preis von DM 5.500,- weiter, der diesen PKW jedoch noch nicht weiterveräußert hat.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
    1. Den Beklagten zu verurteilen, ihm den PKW (genaue Daten) zu übereignen, Zug-um-Zug gegen Zahlung von DM 4.500,-,
    2. Der Beklagte wird verurteilt, umfassende Auskunft zu erteilen über den Verkehrsunfall, der sich jedenfalls am 08.06.2001 oder am 09.06.2001 ereignete. Insbesondere soll Auskunft erteilt werden über den Ort des Unfalls, das gegnerische Fahrzeug, den gegnerischen Halter und die Versicherung des gegnerischen Halters (verkürzt; sehr detailliert),
    3. Der Beklagte wird verurteilt, die Ansprüche gegenüber der gegnerischen Versicherung abtreten, Zug-um-Zug gegen Zahlung von 11.500,-.


Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht zunächst geltend, daß dem Kläger die nötige Aktivlegitimation fehle, da der Kläger als "Strohmann" lediglich vorgeschoben würde, um dem Käufer die Zeugenstellung zu sichern. Er behauptet in einem zweiten Telefonat vom 14.06.2001 habe der Käufer vom Vertrag Abstand genommen. Dieses Telefonat sei entgegen der anderslautenden Behauptung des Klägers nicht per Handy geführt worden, sondern über einen Festnetzanschluß. Er habe daher sein Telefon auf laut gestellt, so daß sein Bruder dieses Gespräch mithören konnte, der sich im gleichen Raum befunden habe. In diesem Gespräch sei deutlich geworden, daß der Käufer an einer Vertragsdurchführung wegen des Unfalles nicht mehr interessiert gewesen sei. Aus diesem Grunde hätten die Parteien vereinbart, die Anzahlung zurückzugewähren, was - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - bis heute nicht geschehen ist.

Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2002 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K., F., und L. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Beweisaufnahme verwiesen.

Problemkreise:

Antrag I: örtliche Zuständigkeit des LG Dortmund; § 29 II, I ZPO, unbeachtlich wegen § 39 ZPO; Aktivlegitimation des Klägers - Rechtmäßigkeit der Abtretung; Erfüllungsanspruch aus §§ 433 I 1, 398 BGB: Untergang des Erfüllungsanspruches wegen Abschluß eines ggf. konkludenten Aufhebungsvertrages nach § 305 BGB (Ausgang je nach Vornahme der Beweiswürdigung); Anwendung der allgemeinen Vorschriften wegen § 446 I 1 BGB; § 323 I BGB: Abstandnahme vom Vertrag (Rücktritt nach § 326 I 1 BGB wegen nachfolgender Fristsetzung des Beklagten?), ggf. Abgrenzung zur PVV; Zug-um-Zug-Prinzip nach § 322 I BGB; wirksame Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts nach § 320 I BGB; Klageanspruch trotz Unmöglichkeit: arg. § 283 BGB.

Antrag II: Objektive Klagehäufung nach § 260 ZPO; Stufenklage nach § 254 ZPO - erste Stufe; Teilurteil?; Auskunftsanspruch nach Zusammenschau aus §§ 444 I, 666 analog, 242 BGB; abhängig von Wirksamkeit eines Anspruches aus Abtretung der Forderung gegen die gegnerische Versicherung aus § 2 I Nr.2 KfZ-PflichtversicherungsG? Bejaht man dies trotz Vorhandenseins einer Garantieabrede, die aber zur Zusatzvereinbarung ist, kommt man zum Anspruch auf Abtretung aus §§ 323 II, 281 I BGB. Wer in der Beweiswürdigung zum Aufhebungsvertrag kam, mußte auch hier wohl abweisen.

Antrag III: § 260 ZPO; 254 ZPO trotz Fehlens der zweiten Stufe; Möglichkeit eines Grundurteils wegen Vorgreiflichkeit der Feststellung des Abtretungsanspruches hinsichtlich der Versicherungsforderung. Alternativen: Nichtentscheidung bis Auskunftserteilung oder Abweisung wegen Aufhebungsvertrag.

Kostenentscheidung: zu Hauptausspruch I, § 91 I ZPO (Stattgabe oder Abweisung); keine Kostenentscheidung zu 2) und 3), da Schlußurteil vorbehalten, sofern nicht abgewiesen.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: entweder zu 1), § 709 S.1 oder bei Abweisung §§ 708 Nr.11, 711 ZPO. Bei Abweisung auch zu 2) und 3); bei Stattgabe noch keine Entscheidung (zu 2) str.).

Klausur II: C I (Urteil im Zwangsvollstreckungsrecht)


Die S ist Eigentümerin eines unterhalb des Grundstückes der Eigentümergemeinschaft von BD und HZ belegenen Grundstückes. Von diesem Grundstück fließt regelmäßig Oberflächenwasser auf ihr Grundstück herab. Um dies nicht länger hinnehmen zu müssen, erwirkt sie beim AG Hamm im Herbst 1997 einen Unterlassungstitel gegen die Eigentümer dieses Grundstückes. Es geschieht nichts. Im Jahr 1999 vollstreckt sie aus diesem Titel und erwirkt, daß die Eigentümer Maßnahmen durch Herstellung einer Regenablaufrinne treffen müssen, um künftige Unterlassung sicherzustellen, ein entsprechendes Handwerksunternehmen mit der Vornahme zu beauftragen, das Betreten des Handwerksunternehmens durch dieses Unternehmen zu dulden und einen Vorschuß in Höhe von ca. DM 9.000,- bei Gericht einzuzahlen haben. Inzwischen haben die beiden Eigentümer des Grundstück dieses an den R veräußert, der sich in einem privatschriftlichen Vertrag gegenüber den neuen Eigentümern verpflichtete, die Kosten der Herstellung der Regenablaufrinne zu übernehmen. Die S beantragt darauf eine Titelumschreibung nebst Erteilung einer betreffenden Vollstreckungsklausel auf den R, die das AG Hamm auch nach widerstreitender Anhörung des R vornimmt. R ist jedoch noch nicht im Grundbuch eingetragen, da der Eigentumsübergang erst Mitte 2002 stattfinden soll. Im Rahmen der Anhörung räumt er den Vertragsabschluß ein, den die andere Seite ohne Vorlage von Urkunden lediglich behauptet. Zum Beweis legt er den Eintrittsvertrag des R in die Verpflichtung von BD und HZ vor. Nunmehr erhebt R bei AG Hamm Klage mit Antrag die Vollstreckung aus der Klausel für unzulässig zu erklären und gleichzeitig (in einem Antrag), auch die Zwangsvollstreckung aus dem Titel für unzulässig zu erklären. Er macht geltend, daß er noch nicht Eigentümer, sprich nicht im Grundbuch eingetragen sei und ihn der betreffende Titel nebst Klausel gar nichts angehen würde. Im übrigen sei er nur Mieter. Die privatschriftliche Vereinbarung würde erst zum Tragen kommen, wenn der Eigentumsübergang vollzogen sei. Weiter macht er geltend, daß der Titel erschöpft sei, da daraus ja schon vollstreckt worden sei und der Vorschuß auch geleistet worden wäre. Die S beantragt Klageabweisung. Sie macht geltend, daß die Erinnerung der vorrangige Rechtsbehelf sei. Im übrigen wäre R nach der privatschriftlichen Vereinbarung verpflichtet Maßnahmen zwecks zukünftiger Unterlassung der Störung vorzunehmen. Dabei käme es auf seine Eigentümerstellung nicht an. Auch als Mieter sei er Störer. Ganz abgesehen davon sei er als Käufer in der Nachbarschaft mehrfach aufgetreten.

Problemkreis I: Vollstreckungsgegenklage, §§ 768, 767 I ZPO. Zulässigkeit: Diskussion des Vorrangs der Erinnerung nach § 732 ZPO. Begründetheit: Voraussetzungen des § 727 I ZPO, hier insbesondere problematisch, daß der Nachweis nicht durch öffentliche Urkunden geführt worden war (von § 792 ZPO mit § 731 ZPO war kein Gebrauch gemacht worden), so daß Offenkundigkeit nach § 291 ZPO zu prüfen war, dem § 288 ZPO gleichgestellt werden kann (schriftsätzlicher Bezug: § 137 III ZPO); § 138 III ZPO reicht nicht aus. Bejaht man das (man konnte es mit entsprechender Argumentation auch verneinen), kommt es darauf an, ob R Eigentümer geworden ist. § 873 I BGB fordert Einigung (Auflassung, § 925 BGB und Eintragung), so daß der Klage stattzugeben war. Vorausgegangen war ein erfolgreiches Verfahren nach § 769 ZPO, das wegen Erlaß der einstweiligen Verfügung für R nicht Gegenstand der Klausur trotz Antrag im Schriftsatz war (Bearbeitervermerk).

Problemkreis II: Vollstreckungsgegenklage nach § 767 I ZPO. Zulässigkeit: Verhältnis zur Erinnerung. Begründetheit: Bestehen einer nicht präkludierten Einwendung, die hier in § 362 I BGB wegen Titelerschöpfung bestand. Insoweit war § 890 ZPO maßgeblich. Das konnte man so oder so sehen. Angesichts der unstreitig nicht montierten Regenrinne, dürfte Titelerschöpfung fraglich gewesen sein. Indessen war R bereits deshalb gesichert, weil eine erneute Klauselerteilung erst nach Eintragung in das Grundbuch möglich sein dürfte. Kostenentscheidung und Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit waren freundlicherweise erlassen.

Klausur III: Z II (Anwaltsklausur; relationsmäßiges Gutachten)


Das Ehepaar G hat 1980 ein Grundstück im Außenbereich geerbt und bebaute es 1990 mit einem schicken Wochenendhaus. 1999 entschließen sie sich das Grundstück zu veräußern und machen dies in der Bekanntschaft kund. Im Sommer 2000 erscheint während einer Geburtsparty für den Sohnemann des Ehepaares der Impressario Leiwieser mit der Künstlerin Maria Schiller und bekundet Kaufinteresse. Nur er redet bei der Besichtigung. Das Objekt gefiel grundsätzlich. Es kommt zu einem notariellen Kaufvertrag zum Kaufpreis in Höhe von DM 220.000,- nur mit S. Der teilweise im Text wiedergegebene Kaufpreis enthält keinerlei Rückabwicklungsregelungen; Übergabe und Fälligkeit des KP zum 01.09.2000; Notarkosten zahlt Käuferin. Diese zahlt aber nichts. Ihr Impressario macht in ihrem Namen - sein Name fand im Briefkopf ebenfalls Verwendung - im Oktober geltend, daß das Grundstück ja wohl nur DM 170.000,- wert sei und fügte das Wertgutachten eines vereidigten und öffentlich bestellten Sachverständigen bei (auch im Aufgabentext beigefügt). Er erklärt, daß man unter diesen Umständen vom Vertrag Abstand nehme und nicht zahlen würde, zumal man die Unerfahrenheit der Käuferin ausgenutzt habe und der Kaufpreis in keinem Verhältnis zum Wert des Objektes stünde. Wenig später lösen sich die Eigentümer ebenfalls vom Kaufvertrag (kein Eigentumsübergang; keine Eintragungen im Grundbuch) und kündigen die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen an, wenn sie einen neuen Käufer gefunden hätten. Diesen fanden sie, aber nur zum Preis von DM 170.000,- über einen Makler. Mit Schreiben an den Impressario machen sie nunmehr einen Schaden von DM 50.000,- plus Notargebühren in Höhe von DM 1.493,- geltend. Leiwieser antwortet im Herbst 2001, daß dies ja wohl eine Unverschämtheit sei und meint, daß seine Freundin ohnehin getäuscht worden sei, weil man während der Besichtigung dieses Grundstück als Bauland bezeichnet habe. Darauf habe man vertraut und einen Architekten beauftragt, das Haus aufzustocken und zu erweitern, wofür seitens des Architekten ein Honorar gefordert wurde. Mit Schreiben von Oktober 2001 wies der Architekt darauf hin, daß eine Baugenehmigung für diesen Planungsstatus nicht zu erlangen sei, weil das Grundstück sich im Außenbereich befände und die jetzige Bebauung allenfalls noch im Rahmen eines Bestandsschutzes hingenommen würde. Dieses Honorar (Höhe blieb offen) wurde nicht gezahlt, aber Leiwieser wollte dem Ehepaar diese Kosten in Rechnung stellen, falls der Architekt auf Zahlung für die vorgenommene Planung bestehen sollte. Nunmehr begibt sich das Ehepaar zum Anwalt, schildert die Sachlage und erbittet eine Auskunft wie denn die Aussichten wären, die Differenz von DM 50.000,- und die Notarkosten als Schadensersatz zu verlangen. Zinsen wollten sie nicht und den Leiwieser, der sich von der S. inzwischen getrennt habe, mochten sie wegen Vermögenslosigkeit auch nicht verklagt wissen.

Problemkreise:

Relation: Zulässigkeitsstation: § 29 I ZPO (evtl. kurz Klage in Streitgenossenschaft erwähnen). Klägerstation: Kein Erfüllungsanspruch aus § 433 II BGB, sondern § 326 I BGB hinsichtlich der Differenz zwischen den beiden Erlösen; Verzug: § 284 II 1 BGB, Abgr. Rücktritt und Schadensersatz, §§ 133, 157 BGB, da Schreiben nicht eindeutig; Entbehrlichkeit der Ablehnungsandrohung (Interessewegfall, § 326 II BGB, kurz), wegen deutlicher und endgültiger Erfüllungsverweigerung; positives Interesse; Notarkosten wegen § 5 Kostenordnung aus § 426 II (§ 326 I BGB ebenfalls möglich). Beklagenstation (umfangreich): §§ 138 II und I BGB, nicht wegen "Grenze des Doppelten"; § 123 BGB als Einwendung; keine Wandlung wegen § 446 II BGB, PVV ablehnen, CIC hinsichtlich der Bezeichnung als Bauland mit Rücktritt nach § 249 S.1 BGB (fahrlässige Falschinformation; Verstoß gegen Aufklärungspflichten) denkbar; etwaige Gegenforderung wegen des Architektenhonorars als Gegenposition zu untersuchen; Anprüfung Drittschadensliquidation). Beweisprognosestation: äußerst vorsorglich - Beweiserhebung möglich über "Zusicherung" der Baulandeigenschaft wegen Architektenforderung. Ergebnis- und Zweckmäßigkeitstation: Abwägung der Risiken; Leiwieser als Zeuge allenfalls möglich: Antragsstation: Leistungsantrag in Höhe der Forderung.

Klausur IV - C II: Anwaltsgutachten - Zwangsvollstreckungrecht; Vollstreckungsbescheid, Zustellungsrecht


Kommt eine Frau zum Rechtsanwalt... So fangen viele Anwaltswitze an. Die meisten Kandidatinnen und Kandidaten dürften diese Klausur aber weniger witzig gefunden haben. Aber der Reihe nach! Im Sommer 2000 stolperte Frau X auf dem Markt zu Herne über ein Stromkabel und fiel hin. Sie brach sich den Unterarm, die Brille ging kaputt, und die Krankenkasse wollte nicht alles zahlen. Die Betroffene konsultiert einen Rechtsanwalt. Die Standinhaberin war bereits namentlich bekannt und wurde zur Adressatin eines Mahnbescheides in Höhe von ca. DM 3.500,-. Der Name war eher arabisch, also wurde er auch prompt falschgeschrieben. Der Mahnbescheid wurde dennoch zugestellt und zwar durch Niederlegung, nachdem ein erster Zustellversuch wegen des Namens gescheitert war. Die Betroffene wohnt in einem Dreifamilienhaus. Die anderen Nachbarn tragen sämtlich deutsche Namen. Damit war sie relativ einfach zu identifizieren. Der Postbote warf dennoch den Benachrichtigungszettel in den richtigen Briefkasten. Beim Versuch den Mahnbescheid auf der Post abzuholen, verweigerte die Post die Herausgabe, da der Name nicht eindeutig war. Widerspruch wurde dementsprechend nicht eingelegt. Wenig später beantragte der Rechtsanwalt einen Vollstreckungsbescheid, der am 26.09.2001 zugestellt wurde. Diesmal an die erwachsene Tochter der Betroffenen. Daraufhin meldete diese den Schaden ihrer Versicherungsagentin, um den Schaden regulieren zu lassen. Die Versicherungsagentin nahm den Schaden auf, fertigte eine Schadensanzeige und rief den Rechtsanwalt der Gegenseite an, der geäußert haben soll, während der Verhandlungen keine Vollstreckungsmaßnahmen vornehmen zu lassen, was er später nachdrücklich bestritt. Zwar hatte ein befreundeter Rechtsanwalt ihr geraten, Einspruch einzulegen, aber sie unterließ im Vertrauen auf das Gespräch des Rechtsanwaltes mit der Agentin eine solche Maßnahme. Am 08.03.2002 klingelte diesmal nicht der Postmann, sondern der Gerichtsvollzieher, der wegen Abwesenheit der Betroffenen eine Nachricht hinterließ, weil er wiederkommen wollte, um seinen Auftrag auszuführen. Daraufhin begab sich die Betreffende zu einem Rechtsanwalt ihrer Wahl, der dem Gericht einen Schriftsatz präsentierte, wie man ihn nicht alle Tage zu Gesicht bekommt. Er beantragte nämlich mit seinem Einspruch sinngemäß folgendes:

1. Abgabe des Verfahrens vom AG Hagen als Mahngericht an das AG Herne;
2. Klageabweisung, hilfsweise Berichtigung, drittens Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden mit Einspruch. Rechtsanwälte sind vorsichtige Leute, weshalb er auch gleich noch Widerklage mit dem Antrag erhob, den Vollstreckungsbescheid aufzuheben. Für den Fall, daß diese Widerklage unzulässig sein sollte, beantragte er äußerst hilfsweise:
1. Die Zwangsvollstreckung aus dem VB (AZ) für unzulässig zu erklären;
2. den Titel herauszugeben und einstweiligen Rechtsschutz durch einstweilige Einstellung des Verfahrens zu gewähren. Dies wurde eingehend und ausführlich begründet. Die Gläubigerin, mit ihrem Rechtsanwalt nicht zufrieden, geht zu einem Kollegen und bittet um Auskunft über die Rechtslage. Sie will wissen, ob die im Zusammenhang mit dem Einspruch gestellten Anträge erfolgversprechend sind, ob die Widerklage zulässig ist und ob die Hilfsanträge zu B I und II dann erfolgversprechend seien, wenn sie - wie angekündigt - bei Unzulässigkeit der Widerklage als selbständige Klage gerichtlich geltend gemacht würden. Dies alles war zu begutachten.

Problemkreise:

Die zu erörternden Probleme gingen sehr ins Detail sowohl der Einspruchsmöglichkeiten gegen einen Vollstreckungsbescheides bei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff ZPO. In Rahmen der Prüfung des § 236 ZPO waren Details des Zustellungsrechts zu erörtern und die Frage, ob das Verhalten der Betroffenen entschuldbar war. Sehr problematisch ist die "Rechtsnatur" des Vollstreckungsbescheides als "Klage". Bei der Widerklage wurde dies zum Problem, weil noch keine Frist zur Erhebung der Klage gestellt war und die eigentliche Klage nicht gegeben war. Die Frage war daher, ob in diesem Stadium eine Widerklage nach § 33 ZPO zulässig sein konnte. Die beiden letzten Anträge warfen Fragen nach § 767 I auf (B I), der bereits in der Zulässigkeitsstation abzulehnen gewesen sein dürfte, jedenfalls aber nach § 767 II ZPO unter die Präklusionsschranke fallen dürfte. B II war wohl eine unbegründete Klage aus § 371 BGB analog, die mangels Erfüllung schon reichlich abwegig war.

Klausur V: S I - Entschließung der StA


Die S. ist Arzthelferin und bei Dr. H, einem Hautarzt seit 1998 an der Rezeption beschäftigt, wo sie neben dem Telefondienst auch die Korrespondenz bearbeitete. Ende April 1999 nahm sie bei TM einen Privatkredit in Höhe von DM 4.500,- auf, der nach drei Monaten zur Rückzahlung fällig war. Anfang August zahlte sie DM 1.000,- zurück. Um TM von gerichtlichen Maßnahmen abzuhalten, stellte sie einen Verrechnungsscheck in Höhe von DM 3.500,- aus, obwohl sie bei Ausstellung des Schecks wußte, daß die Stadt-Sparkasse Essen bei Vorlegung des Scheck nicht leisten würde, da das Konto keine Deckung aufwies und nachdem die L sich auch bei ihrer Schwester keine Geldmittel besorgen konnte, obwohl sie ihr schon öfters aushalf. TM mahnte daraufhin, ohne das Zahlung erfolgte. Aufgrund dessen rief die S bei TM an, nannte ihn ein "geldgeiles Schwein" und meinte zu ihm, bei ihr sei ohnehin nichts zu holen, da sie kein Geld habe.

TM zog daraufhin vor das Amtsgericht Essen und erwirkte einen Titel, aus dem durch Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vollstreckt werden sollte. Diesen PfüB wollte eine Gerichtsvollzieherin Dr. H als Drittschuldner zustellen und erschien daraufhin Anfang September 2001 in seiner Praxis. In dieser Praxis arbeitete noch eine weitere Arzthelferin, die allerdings nur im Behandlungsbereich tätig war und die Auszubildende G. Als die Gerichtsvollzieherin in der Praxis erschien, geleitete die L. diese zunächst in das Wartezimmer und bat die ahnungslose G. die Zustellung für Dr. H entgegenzunehmen. Diese Zustellung ließ sich die L. hinterher aushändigen, und macht der G. vor, daß es sich um nichts wichtiges handele, was G. auch glaubte. Dr. H hatte seinen Arzthelferinnen wegen früherer Vorkommnisse eindeutige Anweisung gegeben, weder Post entgegenzunehmen, noch den Briefkasten zu leeren. Dies erledigte er selbst gegen Mittag um nachmittags hinsichtlich der zu bearbeitetenden Korrespondenz entsprechende Anweisungen zu geben. Da keine Drittschuldnererklärung abgegeben wurde, rief der Rechtsanwalt S. des TM mehrfach in der Praxis an, um Dr. H. zu sprechen. Dabei meldete sich die L. jeweils unter ihrem Geburtsnamen Gurth und wimmelte den Rechtsanwalt ab, weil Dr. H. keine Zeit habe. Um den Eindruck zu erwecken Dr. H habe gezahlt, füllte sie einen Überweisungsträger des Dr. H über die Schuldsumme aus, versah sie mit dem Stempel des Arztes und unterschrieb mit seinem Namen. Die Überweisung wurde nicht ausgeführt, aber L. übersandte diesen Beleg dem RA des TM per Telefax von der Praxisnummer aus. Über Weihnachten und Neujahr nahm die L. Urlaub. Am 08.01.2002 endlich konnte der RA S. mit Dr. H. persönlich sprechen, der aus allen Wolken fiel, da er von diesem Vorgang nichts wußte und die Drittschuldnererklärung auch abgegeben hätte. RA S. erstattete Strafanzeige und Strafantrag unter Schilderung der näheren Umstände wegen aller in Betracht kommenden Delikte. Daraufhin kündigte er der L fristlos und forderte sie gleichzeitig auf, ihr Spind zu räumen. Diese verzichtete telefonisch und stellte Dr. H anheim, mit den verbliebenen Sachen zu machen, was er wolle. Daraufhin öffnete dieser im Beisein der beiden Angestellten das Spind und fand unter anderem einen Rucksack, in dem er 11 geöffnete und 13 ungeöffnete Briefsendungen fand, die an ihn adressiert waren, u.a. auch Zustellungen. Es wurden auch Briefsendungen, die aus seiner Praxis zur Post gegeben werden sollten, aufgefunden. Am 19.01.2002 erstattete Dr. H. schließlich "Strafanzeige" und drang auf eine Bestrafung der L, wobei er die gefundenen Briefe in der Anlage genau auflistete, diese aber nicht übersandte, dies jedoch anbot. Inzwischen fand die L. bei einem anderen Arzt eine neue Stelle. Nach Kontaktaufnahme des Kollegen und einem Gespräch mit ihm im Beisein der L nahm Dr. H am 13.02.2001 seine "Strafanzeige" wieder zurück, da er der L nicht weiter im Weg stehen wollte, nachdem sie ihm die Alkoholkrankheit ihres Mannes und die näheren Umstände dargetan hatte und die Tat bedauerte. Nach erneuter Zustellung des PfüB an den neuen Arbeitgeber, gab dieser eine Drittschuldnererklärung ab und zahlte.

Problemkreise:

§ 263 I zum Nachteil des TM wegen des Schecks; § 185 BGB wegen der Äußerung am Telefon gegenüber TM; § 242 I (§ 246), 206, 202, 274 I Nr.1, §§ 274 I Nr.1 (§ 271), 25 I 2 (§ 26) wegen der Briefe; §§ 263 I wegen des PfüB; § 263 I wegen des übersandten Überweisungsträger; Problem der Vermögensgefährdung beim Schaden, § 263 I gegenüber dem Arbeitgeber wegen des Überweisungsträgers (abzulehnen); 267 I (deutlich gegeben), 288, 132 a (abzulehnen) StGB. Kurzes B-Gutachten, insbesondere zu Einstellungsmöglichkeiten, insbesondere § 185 wegen § 154 I Nr.1 StPO. Begleitverfügung entsprechend B-Gutachten; Beiziehung der Briefe von Dr. H als Beweismittel. Anklageschrift hinsichtlich der nicht ausgesonderten Delikte; komplexe Konkretisierung.

Klausur VI: S II - Strafurteil


Am 02.08.2001 trifft sich die E., geb. 01.02.1960, mit dem K., mit dem sie "liiert" ist, im "Pumpernickel" in Dortmund. K ist der geschiedene Ehemann ihrer Schwester (Schwager). Bei dieser Gelegenheit trug sie eine Brosche, die K. nicht kannte, was ihn wütend machte, da er annahm, sie stammte von einem anderen Verehrer, obwohl E. später aussagte, sie wäre ihr kürzlich von einer Freundin zum Geburtstag geschenkt worden. Diese Brosche wollte er zu Geld machen und verlangte von der E. die sofortige Herausgabe. Als diese sich weigerte schlug er sie ins Gesicht und machte sie so seinem Verlangen willfährig. Bevor es zur Herausgabe der Brosche kommen konnte, schritt der Wirt ein, der schon die Polizei alarmiert hatte. Anderntags sagte die E., die über etwaige Aussageverweigerungsrechte nicht belehrt worden war, zu diesem Sachverhalt umfassend aus. Es kam zur Anklage wegen §§ 253 I, 22, 23 I StGB und § 223 I StGB. Die E. wurde für den 20.12.2001 vor das Schöffengericht geladen. Nach Erhalt der Ladung setzte sie sich mit dem Verteidiger des K. in Verbindung und sagte ihm am Telefon sie sei sich ihrer Aussage bei der Polizei nicht sicher, es könnte auch alles anders gewesen sein. Hintergrund war, daß E. inzwischen wieder bei ihrer Mutter lebte und sich in Finanznot befand. K. hatte die Zahlung eines Schmerzensgeldes verweigert, insbesondere nachdem die E. sich im November endgültig von ihm getrennt hatte. Der RA lud die E. zu einem Gespräch in seiner Kanzlei, woraufhin die E. ihm unterbreitete, sie habe sich geirrt und sie würde gegen Zahlung eines Schmerzensgeldes an ihrer Aussage nicht mehr festhalten. Auf dieser Basis entwarf RA einen Vertrag, der ihr bei Korrektur der betreffenden Aussage vor Gericht DM 1.000,- Schmerzensgeld zubilligte, die später auch zur Auszahlung kamen. Vor Gericht ließ sich die E., die über etwaige Aussageverweigerungsrecht vor Gericht ebenfalls nicht belehrt worden war, wie vereinbart ein. K. wurde nur nach § 223 I StGB verurteilt. Gegen dieses Urteil legte er Berufung ein. Termin zur Berufungsverhandlung war auf Ende März 2002 angesetzt. Irgendwann im Dezember traf E. zufällig beim Einkaufen auf den K., der sie unter Druck setzte, in der Berufungsverhandlung an ihrer Aussage vor dem Schöffengericht festzuhalten. E. fühlte sich unter Druck gesetzt, beriet sich mit einem RA, und offenbarte sich der Staatsanwaltschaft. Diese klagte die E und den RA wegen §§ 258 I, 25 II StGB, die E wegen § 154 I StGB und den RA wegen § 160 StGB an. Es kam im Februar zur mündlichen Hauptverhandlung über die zugelassene Anklage, bei der die E. ein vollumfängliches Geständnis nach ordnungsgemäßer Belehrung ablegte. Darüber hinaus sagten der vernehmende Polizeibeamte, die Staatsanwältin und der Richter aus, die am Verfahren gegen den K. in erster Instanz beteiligt waren. Das Protokoll der polizeilichen Vernehmung und der Hauptverhandlung über die Anklage gegen K wurden verlesen. Vernommen wurden der Richter, die Staatsanwältin und der Vernehmungsbeamte. RA K ließ sich dahingehend ein, daß er nur seinen Pflichten als Organ der Rechtspflege gegenüber seinem Mandanten nachgekommen sei, zumal die E. von sich aus zu ihm gekommen sei und ihm dies als wahr geschildert habe, so daß er von der Richtigkeit dieser Behauptung ausgehen durfte. Im übrigen verweigerte er die Aussage. Zu schreiben war ein Strafurteil, das angesichts der zu behandelnden Fragen unter hohem Zeitdruck zu erstellen war.

Problemkreise:

Umfangreiche Feststellungen zur Sache; eingehende Beweiswürdigung; § 258 I - E: Vortat: §§ 253 I, 22, 23 I StGB; Vereitelungshandlung; Verwertung der Aussagen der Zeugen, Verlesung von Hauptverhandlungsprotokoll und polizeilicher Vernehmung; Fernwirkung der Verwertungsverbote bei neuer Vernehmung als Beschuldigter im Strafverfahren, § 258 VI StGB; § 154 I StGB; falsch schwören; Anwendung neben § 258 VI StGB bei § 154 I. RA: § 258 I: Vereitelungshandlung; Ausschöpfung prozessrechtlicher Möglichkeiten; Bewertung als "Unrechtsvereinbarung" (sehr str.); Aussageverweigerung; Teilnahmeproblematik bei § 154 I; Strafzumessung, Kostenentscheidung.

Klausur VII: V I - Gerichtsbescheid VG Arnsberg


Der Kläger ist Betreiber von Windkraftanlagen. Im Bereich der Stadt Meinerzhagen im Sauerland will er ebenfalls eine solche Anlage errichten und bemüht sich um einen positiven Bauvorscheid beim dortigen Bauaufsichtsamt. Die Stadt Meinerzhagen will den bestehenden Flächennutzungsplan hinsichtlich der Ausweitung von erneuerbare Energien ändern und solche Anlagen nur in bestimmten Sondergebieten zulassen. Das von K ins Auge gefaßte Gebiet ist von der bisherigen Planung nicht erfaßt. Die Beklagte ist die südwestfälische Industrie- und Handelskammer, die die Stadt Meinerzhagen vor Verabschiedung des neuen Flächennutzungsplanes um eine Stellungnahme bat. Diese Stellungnahme erfolgte am 07.11.2001. Sie enthielt im wesentlichen die Aussagen, daß es sinnvoll ist neben den bereits bestehenden Energieanlagen weiter verstärkt auf Wasserkraftenergie zu setzen, die im Sauerland ohnehin zur Verfügung steht. Sie weist darauf hin, daß Windkraftanlagen das Landschaftsbild beeinträchtigen können, auch angesichts der Tourismusentwicklung, daß sie Energie nicht hinreichend über solche Anlagen im großen Umfang beschaffen läßt und empfiehlt den Ausbau der Wasserkraftenergie neben diesen Projekten verstärkt voranzutreiben. Durch diese Aussagen sieht sich der Kläger, der Pflichtmitglied der betreffenden IHK ist, in seinen unternehmerischen Zielen beeinträchtigt und macht geltend, daß er durch diese Aussagen wirtschaftlich erheblich beeinträchtigt wird. Seine RAe mahnen die IHK daher unter dem 11.11.2001 ab. Hierzu läßt sich die IHK abschlägig ein. Unter dem 21.01.2002 erhebt K daher Klage vor dem VG, mit dem Antrag, gegen diese konkret bezeichneten vier Aussagen angemessen "vorzugehen". Unterstützt wird er dabei von dem gemeinnützigen Verein X, der sich die Verbreitung solcher Anlagen "auf die Fahnen geschrieben hat", ohne das er selbst von dem Verfahren betroffen ist. Die Klage ist gegen den Geschäftsführer der IHK gerichtet, der die Stellungnahme verfaßt hat, jedoch im Hause der IHK verklagt wurde. Die Beklagte beantragt Klageabweisung und vertieft ihre Ausführungen aus dem Schreiben an den Kläger. Das Gericht will durch Gerichtsbescheid entscheiden und fordert die Parteien zur Stellungnahme auf. Nur der Kläger reagiert und beantragt mündliche Verhandlung, da die Sachlage nicht geklärt sei und der Fall erhebliche rechtliche Schwierigkeiten aufwies. Gerichtsbescheid auf Stichtag 22.03.2002 war zu entwerfen.

Problemkreise:

Die Klausur war auf einen Gerichtsbescheid nach § 84 I VGGO zugeschnitten, da eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hatte. Anhörung nach § 84 I 2 VwGO. Zulässigkeit: Auslegung des Klageantrages nach § 88 VwGO; Berichtigung des Klagerubrums; Umstellung auf IHK im Wege der Auslegung; da Stellungnahme ihres Geschäftsführers in ihrem Namen; Öffentlichrechtliche Streitigkeit nach § 40 I 1 VwGO wegen §§ 1 I, 3 I IHK-G; Statthaftigkeit der Unterlassungs- und Widerrufsklage, Klagebefugnis analog § 42 II VwGO wg. Ausschluß der Popularklage; Rechtsschutzbedürfnis: vorausgegangene Abmahnung; keine andere Möglichkeit der Durchsetzung; Nebenintervention im Verwaltungsprozeß nur im Wege der Beiladung; kein Anspruch auf Beiladung (ggf. Umdeutung in Antrag auf Beiladung, Entscheidung dann durch Beschluß); Begründetheit: Obersatz: §§ 1004 I, 823 I BGB analog wegen Gesetzeslücke im öffentlichen Recht: Unterlassungs- und Widerrufsklage; Voraussetzungen des Unterlassungsanspruches bei den vier Aussagen, beginnend mit 1): Befugnis der IHK aus §§ 1 IV IHK-G und § 4 I BauGB (Träger öffentlichen Interesse; Anhörungsverfahren beim Flächennutzungsplan, etc.; mit Blick auf § 1 a BauGB; Betroffenheit des K in seinen Rechten aus Art. 14 I, 12 I, 3 I, 2 I GG; sodann Aussagen 2 - 4; Widerrufsanspruch; Anprüfung § 1 UWG; Nebenentscheidungen; Rechtsbehelfsbelehrung war freundlicherweise erlassen.

Klausur VIII - V II - Anwaltsklausur


Mandant ist ein politisch interessierter Bürger und wird in der Stadt Herne rechtsradikalen Kreisen zugerechnet. Er betreibt mehrere Sonnenstudios, war Fraktionsgeschäftsführer einer als rechtsradikal einzustufenden Gruppierung im Rat der Stadt Herne und war Manager der Oi-oi-Band "Störfaktor", deren Musikprodukte er neben anderen Produkt auf einem eigenen Label vertreibt. Übereinstimmungen mit lebenden Personen sind rein zufällig. Da sein Rechtsanwalt erkrankt ist und das Mandat nicht fortführen kann, erbittet er Rat, ob die Antragsschrift des erkrankten Rechtsanwaltes im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem VG Gelsenkirchen erfolgversprechend ist. Zu fertigen war entsprechend ein Beratungsgutachten. Dem lag im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: M nahm am 06.09.2001 an einer Ratssitzung als Zuschauer auf der Tribüne teil. Er wurde begleitet von Schildknecht und Treu, zweien seiner ständigen Begleiter. Anwesend waren auch ein Fotograf, der zunächst Fotos von der Ratssitzung machte dann auch von M, was diesen derart störte, das er sich bedroht fühlte. Da auch der OB sich gestört fühlte, forderte er F auf, sich in das Foyer zu begeben und sandte seine persönliche Referentin ab, um die Autorisierung zu klären. F begab sich in das Foyer, M folgte, Schildknecht auch. Treu blieb oben. Im Foyer baute sich M vor F auf und forderte ihn zur Herausgabe des Filmes auf. Streitig blieb, ob M zu F sagte, daß er den Film auf der Straße auf jeden Fall bekommen werde, wenn er ihn jetzt nicht herausrücken würde. Die persönliche Referentin klärte mit F, der sich in Begleitung einer Redakteurin des Magazins "Kurier" befand, die Autorisierung, die bestätigt wurde, auch gegenüber M. Von M nahm niemand mehr Notiz, so daß er sich wieder auf die Tribüne verfügte. Mit den Journalisten traf man sich hinterher noch zum Essen. F nahm im Freien dann Fotos von F auf. OB Kowitzki nahm diesen Fall unter dem 24.09.2001 zum Anlaß ein zum 31.12.2001 befristetes Hausverbot gegen M auszusprechen, dessen sofortige Vollziehung er anordnete. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, daß M den F versucht habe nach §§ 240 I, II, 22, 23 I StGB zu nötigen. Des weiteren wies er auf ein Hausverbot für ein Verwaltungsgebäude im Jahr 1998 hin und machte Provokationen geltend, die M"s getreuer Schildknecht kurz zuvor auf einer Sitzung des Ausländerbeirates durch Fotografieren begangen haben soll. Unter dem 02.10.2001 legte M Widerspruch gegen die Verfügung ein. Unter dem 02.11.2001 beantragte er Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gegen das Hausverbot. In dieser Schrift legte er im wesentlichen dar, daß der Hergang völlig anders gewesen sei und er den F keineswegs bedroht hätte. Sonst wäre man ja nicht hinterher essen gegangen. Diesbezüglich wurden drei eidesstattliche Versicherungen vorgelegt (M, S, T), von denen die des Schildkecht die Darstellung des M, die sich mit der Antragsschrift maßgeblich deckte, bestätigte. Auch wurde die Auffassung vertreten, nur der Rat dürfe ein Hausverbot aussprechen. Im übrigen sei er für Handlungen von Schildknecht nicht verantwortlich. Das Hausverbot 1998 wurde unstreitig gestellt. In seiner Erwiderungsschrift vertiefte der OB seine Begründung und legte unter Heranziehung einer eidesstattlichen Versicherung seiner persönlichen Referentin dar, daß sehr wohl eine versuchte Nötigung erfolgt sei. Das Essen hinterher mit den Journalisten hätte nur der journalistischen Information gedient. Indessen sei die betreffende Journalistin derzeit von Rebellen in Kolumbien in Geiselhaft genommen worden und F sei nicht erreichbar, die gleichwohl als Zeugen benannt waren.

Problemkreise:

§ 80 V oder § 123 VwGO? Zulässigkeit bei § 80 V VwGO: § 40 I 1 VwGO: öffentlichrechtliche Streitigkeit: maßgeblich hier: §§ 40 I 2, 51 GO NW (Analogie zu §§ 68 III, 89 VwVfG wegen Zusammenhangs mit Herstellung der Ordnung bei ratssitzung als originärer Kompetenz des Bürgermeisters nicht nötig), letztlich Wahrnehmung sitzungspolizeilicher Aufgaben, also im Ergebnis öffentlichrechtlich; Statthaftigkeit: Anfechtungssituation nach Auslegung gemäß § 88 VwGO, VA nach § 35 S.1 VwVfG oder schlichthoheitliches Handeln analog § 1004 I 1 BGB (mangels gesetzlicher Regelung im Kommunalrecht); wenn letzteres, Überleitung zu § 123 VwGO und Diskussion der Voraussetzungen. Andernfalls Durchprüfung der weiteren Voraussetzungen des § 80 V VwGO, etwa: Widerspruch eingelegt, Gericht der Hauptsache. Begründetheit nach § 80 V: Formel für Prüfungsmaßstab; Prüfung des Erfolges in der Hauptsache; Begründungsmangel nach § 80 III VwGO mit Diskussion der streitigen Rechtsfolgen, da Verfügung nach § 80 II Nr.4 VwGO nicht begründet; Voraussetzungen des § 14 I OBG NW: Zuständige Behörde; Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch Bruch objektiven Rechts; Beweiswürdigung zu §§ 240 I, II, 22, 23 I StGB, ggf. hilfsgutachtliche Weiterprüfung insbesondere der Verhältnismäßigkeit; dort eingehende Abwägung des Zulassungsanspruches (Öffentlichkeitsprinzip) der Bürger aus § 48 II 1 GO NW (Ausnahmen: § 48 II 2, III GO NW) mit Beschränkungen aus §§ 40 I 2, 51 GO NW; Prognose einer Abwägungsentscheidung des Gerichts mangels Eindeutigkeit der Hauptsache; Zweckmäßigkeitserwägungen; Hinweise auf Risiken; ggf. Anträge nach § 80 V 1 VwGO.

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