Aufbau/Ablauf:
Die zweijährige Referendarszeit in Thüringen gliedert sich folgendermaßen:
1. Zivilrechtsstation (Amts- oder Landgericht):
5 Monate; zu Beginn zwei Wochen Einführungs-AG.
Hier trifft den Neuling bereits der erste Schock: Die Möglichkeit, nach § 10
GVG eine Beweisaufnahme durchzuführen, wird meistens von den Richtern, zumindest
am Amtsgericht, in mindestens zwei Fällen vorgesehen. Aber keine Bange: Das
lässt sich sehr gut vorbereiten, und es ist in jedem Fall ein gutes Gefühl,
von den Prozessvertretern mit "Herr Kollege" oder gar Herr Vorsitzender"/"Frau
Kollegin" oder "Frau Vorsitzende" angesprochen zu werden.
2. Verwaltungsstation:
4 Monate, zu Beginn zwei Wochen Einführungs-AG. Achtung: die AG für den
Landgerichtsbezirk Erfurt findet grds. in Weimar statt, das bedeutet eine Anreise
an prominenten Ort, nämlich das ehemalige "Gauforum", jetzt Sitz des Landesverwaltungsamtes.
Die Verwaltungsstation kann nicht (mehr) beim Verwaltungsgericht abgeleistet
werden.
3. Strafrechtsstation (Staatsanwaltschaft oder Amts- bzw Landgericht:
3 Monate; zu Beginn eine Woche Einführungs-AG
Bei der Staatsanwaltschaft muss jede(r) Referendar(in) damit rechnen, bereits
ab der 4. Woche auf der Station als Sitzungsvertreter hinaus in den Freistaat
gejagt zu werden. Aber keine Angst: Da wir es hier meistens mit noch recht jungen
Amtsrichtern zu tun haben, besteht eine sehr gute Chance, verständnisvolle Hilfe
zu bekommen, wenn es einmal "hakt". Auch Lob für ausgewogene Plädoyers ist durchaus
nicht selten! Der Sitzungsdienst ist für die meisten, die ihn gemacht haben,
die schönste, weil kreativste Zeit des Referendariats gewesen. Und JEDE(R) hat's
geschafft ;-)
4. Rechtsanwaltsstation:
9 Monate, zu Beginn eine Woche
Einführungs-AG. Die Regel-AG wird nur in den ersten 5 Monaten der Station durchgeführt.
Danach ist man dem Selbststudium überlassen.
Während der Pflichtstationen ist man grds. verpflichtet, spätestens ab 5. Ausbildungsmonat
an dem Examensklausurenkurs teilzunehmen. In diesem Kurs sind – in 13 Monaten
– in der Regel mindestens 22 Klausuren mitzuschreiben. Einzelheiten enthalten
die – sehr hilfreiche – Ausbildungsbroschüre, die jeder Referendar zu Dienstbeginn
ausgehändigt erhält, und die
Internet-FAQ-Seite
zum Referendariat.
schriftl. Examen:
Die Examensklausuren werden im
20. Ausbildungsmonat, also im vorletzten Monat der Rechtsanwaltsstation, geschrieben.
8 Klausuren (3 zivilrechtliche, 2 öffentlich-rechtliche, 2 strafrechtliche,
1 aus einem der drei vorgenannten Bereiche; der Bereich wird mit der Ladung
bekannt gegeben)
5.
Wahlstation (Schwerpunkte Justiz, Verwaltung, Anwaltschaft, Wirtschafts- und
Finanzwesen, Arbeits- und Sozialrecht und Internationales Recht und Recht der
Europäischen Union):
3 Monate. In dieser Zeit wird eine AG zur
Vorbereitung auf die mündliche Prüfung angeboten. In der Wahlstation sind Auslandsaufenthalte möglich. Wer
die Wahlstation im Schwerpunktbereich „Rechtsanwaltschaft„ ableistet, kann die drei
Monate mit dem letzten Monat der Rechtsanwaltsstation kombinieren, also bis zu vier
Monaten im Ausland sein.
Auslandsaufenthalte werden großzügig genehmigt, wenn ein Ausbildungsnutzen glaubhaft
gemacht wird, wozu in der Regel hinreichende Sprachkenntnisse des Gastlandes gehören.
Im Anschluss an die Wahlstation folgt das mündl. Examen, in dem auch ein Aktenvortrag
zu halten ist.
Nach erfolgreichem, aber nicht mit der Wunschnote abgeschlossenem Examen besteht die Möglichkeit eines Verbesserungsversuchs.
Einstellung und Ausbildung:
Einstellungstermine für Referendare sind der 02.05. und der 01.11. Die Bewerbungsfristen
enden drei Monate vor dem Termin.
Die Ausbildung erfolgt an den Landgerichtsbezirken Erfurt, Gera, Meiningen und
Mühlhausen. Erfurt ist der gefragteste Standort. Die Städtchen Meiningen und Mühlhausen sind
von ihrer Umgebung sehr reizvoll, aber von den gesellschaftlichen o. kulturellen
Möglichkeiten eher begrenzt. Allerdings sollen sich Referendare aus Süddeutschland
im - fränkischen - Meiningen und solche aus Norddeutschland in Mühlhausen
sehr wohl fühlen. Gera ist mit ca. 120.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt
Thüringens, Jenaer Referendare werden in der Regel dem Landgericht dort zugewiesen.
Insgesamt kann man es auch als Zugezogener in Thüringen sehr gut aushalten!
Die Zuteilung erfolgt auch hier nach sozialen Kriterien, so dass die Ortswünsche
der Bewerbern aus den anderen Bundesländern auch nur dann berücksichtigt werden,
wenn soziale Gründe nachgewiesen werden können. Berufliche Tätigkeit der Partnerin
oder des Partners vor Ort wird in der Regel als Grund anerkannt. Auch hier ein
Tipp: Wer sich bereits vor der Bewerbung mit einem Hauptwohnsitz in Thüringen
schmücken kann, fährt bei der Vergabe deutlich besser. Noch besser: Bereits
Bekannte vor Ort!
Nebentätigkeiten während der ersten beiden Ausbildungsstationen sind
in der Regel erst
ab einer Examensnote von
7,5 P. oder höher
möglich.§ Erst ab der Strafrechtsstation
darf der Referendar mit größerem
Wohlwollen des OLG rechnen.
Das Referendariat leidet wie überall an der extremen Finanzknappheit. Mit ein
bisschen Eigeninitiative besteht aber eine gute Chance in jeder Station, einen
freundlichen und kooperativen Ausbilder zu finden, der einen vieles selber machen
lässt, in der Zivilstation am Amtsgericht etwa die regelmäßige Sitzungsleitung.
Weitere Informationen über das Rechtsreferendariat im Freistaat Thüringen erhaltet
Ihr auf den Seiten des Thüringer Rechtsreferendarvereines
www.thuerref.de
Anstellungsform/Gehalt:
In Thüringen wird man nach wie vor zum Beamten auf Widerruf ernannt. Der
Grund-Brutto-Betrag beträgt 973,16 €.
Wartezeit:
Derzeit gibt es keine Wartezeiten.
Landesjustizprüfungsamt:
Bewerbungsunterlagen gibt es über über
das Internet (s.u.). Die Bewerbungen sind einzureichen bei:
Thüringer Justizministerium
Referat J 3
Werner-Seelenbinder-Strasse 5
99096 Erfurt
Postfach 900462
99107 Erfurt
Tel.: 0361/3795-000 Fax: 0361/3795-588
Merkblatt:
http://www.thueringen.de/imperia/md/content/text/justiz/merkblattbewerber.pdf
Bewerbungsunterlagen:
http://www.thueringen.de/de/justiz/jpa/referendariat/formulare/
Landesausbildungsgesetz:
ThürJAG
www.thueringen.de/de/justiz/jpa/referendariat/u2/u_start.html
Landesausbildungsordnung:
ThürJAPO
http://www.thueringen.de/imperia/md/content/text/justiz/134.pdf