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Artikel 3264
Ralf Hansen

Anwaltsklausuren im Assessorexamen:
Zivilrecht


Eine Rezension zu:

Hans Helmut Bischof

Die zivilrechtliche Anwaltsklausur


München: C. H. Beck Verlag, 2001, 397 S., DM 45,-
ISBN 3-406-48109-4

http://www.beck.de


Anwaltsklausuren erfreuen sich im Examen einer steigenden Beliebtheit. Sie sind in der Regel schwerer als Richterklausuren, da es auch um Zweckmäßigkeiterwägungen geht, wobei allerdings mehr Übereinstimmungen als Besonderheiten bestehen. Die Anwaltsausbildung wird in Deutschland weitgehend von Richtern getragen, wie der Herausgeber - bis vor kurzem Vizepräsident des OLG Koblenz - anhand des Schrifttums in seiner Einführung klar herausarbeitet. Dies liegt auch an der entsprechenden Bezahlung der AG-Leiter, die in der Tat “Putzkolonnenniveau“ hat, wie der Herausgeber sinngemäß schreibt. Über lautem Wortgetöse bestimmter Anwaltsverbände hinaus scheint man die praktische Teilnahme an der Referendarausbildung ein wenig hintan zu stellen, was man mit “verkrusteten Strukturen“ ja auch stets trefflich begründen kann. Stattdessen werden Anwaltsklausuren von Richtern entworfen und korrigiert. Der Herausgeber hat sich dankenswerterweise die Mühe gemacht, die einschlägige Literatur einmal zu sichten und kommt zum Befund, daß es kaum Arbeiten von RAe zu diesem Thema gibt. Ein Befund, der nachdenklich stimmt, wenn man die Forderungen betrachtet, die Ausbildung des juristischen Nachwuchses in der Praxis mehr oder weniger ganz an die Anwaltschaft zu übergeben und das Referendariat - überflüssigerweise - abzuschaffen. Der Herausgeber favorisiert zwar selbst die Relationsmethode, fand aber heraus, daß die meisten Anwälte einschichtig arbeiten und fordert dies auch für die Anwaltsklausur. Hier scheint die Klageerwiderungsklausur vorzuherrschen, sofern nicht ein reines Gutachten verlangt wird, wie meist in NRW. Nichtsdestotrotz hat er ein nützliches Schema für die anwaltliche Relationsklausur entworfen. Sehr lesenswert sind seine Ausführungen zu den regelmäßig geforderten Zweckmäßigkeitserwägungen, für die er eine interessante Checkliste entworfen hat. Angefangen mit Zielerwägungen über Vermutungen, Ausschaltung von Beweismitteln bis hin zu Anträgen und Kosten. Auch Zeitgesichtspunkte werden hier eingehend behandelt.

Zehn der zwölf Klausuren - ein Novum in der einschlägigen Ausbildungsliteratur - sind von Rechtsanwälten bearbeitet. Zwei weitere Klausuren vom Herausgeber selbst. Die Klausuren decken thematisch ein breites Anforderungsprofil ab. Leider sind keine schwerpunktmäßigen Anwaltsklausuren zum Zwangsvollstreckungsrecht enthalten, eine inzwischen sehr beliebte und interessante Klausurform. Die Fälle sind sämtlich praxisnah. So behandelt der erste Fall Kernfragen des Werkvertragsrechts aus der Sicht des Bauhandwerkers, der Probleme mit der Erlangung der Baufortschrittsraten hat, den Bau aber nicht stillegen will, sondern Sicherheiten zu erlangen sucht. Fall 2 behandelt Fragen des Hauskaufs. Auch etwa Fall 3 zum “notleidenden Pachtvertrag“ ist ebenso ein “Fall aus dem Leben“ wie Fall 4, der von der Abwehr der Einforderung einer Maklerprovision durch ein Immobilienvermittlungsunternehmen handelt. Von hoher Praxisrelevanz ist etwa der Fall 6 zum Arzthaftungsrecht, dessen Bearbeitung einige Kreativität erfordert. Fall 7 stellt Probleme des Versicherungsvertrages zur Diskussion. Eine der interessantesten Klausuren stammt vom Herausgeber und handelt von einem drohenden gemeindlichen Grundstücksverkauf nach Umlegungsverfahren. Der Fall weist erhebliche Bezüge zum öffentlichen Recht auf, die gerade in der anwaltlichen Praxis oft eine entscheidende Rolle spielen können und nach eingehender Erörterung der Rechtslage in der Beantragung einer einstweiligen Verfügung mündet. Die Besonderheit besteht hier darin, daß der Verfasser drei Originalklausurbearbeitungen verschiedener Notenstufen vorlegt, die aus seiner langen Praxis als AG-Leiter stammen. Ähnlich verhält es sich mit Fall 9, der Probleme aus einem Bierlieferungsvertrag behandelt, indem ein Gastwirt zur Unterlassung des Ausschanks einer bestimmten Biermarke gezwungen werden soll, nachdem eine einstweilige Verfügung bereits ergangen, jedoch auf Widerspruch nur teilweise bestätigt worden ist, wobei es an einer Zustellung im Parteibetrieb noch fehlt. Der Fall geht tief in Fragen der Durchsetzung einstweiliger Verfügungen mit nachfolgender Hauptsacheklage, wobei wiederum drei Bearbeitungen unterschiedlicher Notenstufen angehängt sind. Auch Fall 10 behandelt im Kern Fragen der einstweiligen Verfügung sowie der Berufung bei Ehrverletzungen. Fall 11 behandelt Fragen des Urkundsverfahrens aus anwaltlicher Sicht. Fall 12 hingegen widmet sich den brisanten arbeitsrechtlichen Fragen des Betriebsüberganges.

Der interessante Band bereichert die Referendarausbildungsliteratur erheblich und weist den Weg zur erfolgreichen Bewältigung von Anwaltsklausuren.

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