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"Tatsachenfeststellung vor Gericht" von Bender/Nack/Treuer
Stefanie Kleinmanns
24.08.2008

Pflichtlektüre für Richter und Staatsanwälte

Eine Rezension zu:

Wolf Bender / Armin Nack / Wolf-Dieter Treuer

Tatsachenfeststellung vor Gericht

Glaubwürdigkeits- und Beweislehre
Vernehmungslehre

3. Auflage

C.H. Beck, München 2007, 358 Seiten, 42,- €
ISBN 978-3-406-55653-1

http://www.beck.de


Viele Gerichtsverfahren werden nicht auf rechtlicher, sondern auf tatsächlicher Ebene entschieden. Hier kommt den Vorträgen der Parteien, aber auch zu einem erheblichen Teil den Aussagen von Zeugen, große Bedeutung zu. Nicht umsonst werden Zeugen allerdings als das "unsicherste Beweismittel" bezeichnet. Zwischen Irrtum und Lüge bieten sich zahlreiche Fehlerquellen, die es aufzuspüren gilt. Keine leichte Aufgabe und Grund genug, sich mit der Beweiswürdigung intensiver zu befassen. Das Handbuch von Bender/Nack/Treuer ist hierzu eine überaus wertvolle Hilfe und sollte – soviel sei bereits vorweggenommen – von jedem Richter und Staatsanwalt vollständig gelesen werden.

Die Autoren sind langjährige Richter, die sehr anschaulich aus ihrer praktischen Erfahrung berichten können. Sie haben nicht nur zahlreiche Zeugenvernehmungen ausgewertet, sondern bringen auch Erkenntnisse aus Psychologie und Medizin in die Darstellung ein. Bereits nach den ersten Kapiteln wird deutlich, dass es bei der Beweiswürdigung nicht nur darauf ankommt, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden, sondern dass es einer vielschichtigen Betrachtung bedarf. Oft sagen die Zeugen wahrheitsgetreu, was sie annehmen, gesehen oder gehört zu haben, unterliegen jedoch einem Wahrnehmungsfehler oder können sich nicht richtig bzw. vollständig erinnern.

Das Werk gliedert sich in drei Teile: Glaubwürdigkeitslehre, Beweislehre und Vernehmungslehre. Die Schwerpunkte liegen zutreffend im ersten und dritten Teil. Diese betreffen den Umgang des Vernehmenden mit der Auskunftsperson, während der zweite Teil sich eher mit der Auswertung der ermittelten Tatsachen beschäftigt. Im Teil über die Glaubwürdigkeitslehre erfährt der Leser, wie Zeugen Erlebtes wahrnehmen und wiedergeben können und wo sich typischerweise Fehler einschleichen. So wird darauf aufmerksam gemacht, dass zwischen tatsächlichen Wahrnehmungen und bereits vorgenommenen Schlussfolgerungen klar unterschieden werden muss. Dies leuchtet dem Leser anhand der anschaulich gewählten Beispiele schnell ein, es bleibt zu hoffen, dass er es in der Praxis auch umsetzen kann. Schließlich erfährt der inzwischen schon wirklich gespannte Leser auch, wie er Lügen
entlarvt.

Ebenso spannend ist der Teil zur Vernehmungslehre. Die Verfasser zeigen auf, welche unterschiedliche Wirkung mit unterschiedlicher Fragestellung oder der Wahl des Umgangs (freundlich, forsch usw.) mit der Auskunftsperson erzielt werden kann. Ein großer Bereich ist der Vernehmung im Strafverfahren gewidmet, insgesamt ist das Buch aber für das Zivilverfahren ebenso wertvoll.

Gesamteindruck:
Die Verfasser legen ein für alle, die an der Tatsachenfeststellung vor Gericht beteiligt sind, unverzichtbares Werkzeug vor. Das Buch ist nicht nur als Lehr- und Handbuch geeignet, sondern stellt zudem auch eine spannende und unterhaltsame Lektüre dar. Die Autoren verstehen es ausgezeichnet, die Theorie anhand von anschaulichen Fällen aus dem Gerichtsalltag, aber auch aus dem täglichen Leben des Lesers (z.B. Beobachtung von Verkehrssituationen) in die Praxis umzusetzen. Dieses Buch sollte jeder Richter oder Staatsanwalt bei seiner Ernennung auf den Schreibtisch gestellt bekommen!

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