In Deutschland gibt es derzeit elf Verwertungsgesellschaften. Alleine im
Jahr 1998 erzielten diese Einnahmen von nahezu zwei Milliarden DM.
Die europäischen "Kernländer" Deutschland, Großbritannien und
Frankreich haben unterschiedlich intensive Gesetze über das Recht der
Verwertungsgesellschaften erlassen. Es war daher lange überfällig, eine
rechtsvergleichende Betrachtung in diesem Bereich anzustellen. Eine
solche liegt nun mit dem Werk von
Weichhaus vor.
Nach
einer allgemeinen Einführung in die Praxis der Verwertungsgesellschaften
und in die Verbindlichkeit des gemeinsamen europäischen Verhaltenskodex
der GESAC (Groupement europeen des societés dauteurs et compositeurs)
werden die einzelnen Länder, die einschlägigen gesetzlichen Regelungen
und die unterschiedlichen Verwertungsgesellschaften dargestellt.
Rechtsgrundlage in Deutschschland ist das Gesetz über die
Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (WahrnG) aus der
Mitte der 60er Jahre. Wichtigste Verwertungsgesellschaft ist dabei die
GEMA (= Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische
Vervielfältigungsrechte). Bis heute wollen die kritischen Stimmen, die
das Quasi-Monopol dieser Gesellschaften anprangern, nicht verstummen.
Neben den Verwertungsgesellschaften existieren noch sog. Inkassostellen.
Diese wurden zumeist von den Verwertungsgesellschaften gegründet und
kümmern sich um die finanzielle Abwicklung der Vergütung. Auf sie findet
das WahrnG keine Anwendung.
Eine in der Öffentlichkeit bis dato wenig bekannte Stelle ist die
Clearingstelle Multimedia der Verwertungsgesellschaften für Urheber- und
Leistungsschutzrechte GmbH (CMMV). Die Europäische Kommission hatte in
ihrem "Grünbuch über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte in der
Informationsgesellschaft" Rechteinhaber und Verwertungsgesellschaften
aufgefordert, zentrale Anlaufstellen zu schaffen, um den
Herausforderungen, die die neue Technologie der Digitalisierung mit sich
bringt, gemeinsam zu begegnen.
In England existiert, anders
als in Deutschland, kein eigenes Gesetz zur Regelung des Rechts der
Verwertungsgesellschaften, sondern lediglich zersplitterte
Detail-Normierungen. Großbritannien nennt z.Zt. zwölf
Verwertungsgesellschaften sein eigen. Interessant ist, dass es eine
gemeinsame Organisation gibt, die
Copyright Licensing Agency
Limited (CLA). Sie wurde Anfang der 80er Jahre gegründet und dient
als Schnittstelle. Vor allem Bildungseinrichtungen (Schulen,
Universitäten usw.) und staatlichen Stellen dient sie als
Ansprechpartner bei der Vergabe von Lizenzen und beim Einzug von
Gebühren. Erstaunlich ist ein wenig, dass in Großbritannien keine
vergleichbare Clearingstelle für den Multimedia-Bereich besteht.
Auch in Frankreich existiert kein eigenständiges Gesetz wie das
deutsche WahrnG. Dafür gibt es eine Vielzahl von
Verwertungsgesellschaften. Nahezu für jeden Bereich der Urheber- und
Leistungsrechte gibt es mindestens eine Gesellschaft.
Nach
dieser Betrachtung widmet sich
Weichhaus dem oftmals
unterschlagenen Kapitel des Erlaubniserteilungsverfahrens. Nur wenn die
Gesellschaft in Deutschland anerkannt ist, darf sie die Funktion einer
Verwertungsgesellschaft übernehmen. So wurde z.B. vor kurzem der Betrieb
der
Presse-Monitor Deutschland GmbH & Co. KG
eingestellt, weil sie keine öffentliche Erlaubnis besaß. In England ist
dagegen die Errichtung einer Verwertungsgesellschaft nur einer geringen
rechtlichen Kontrolle unterworfen. Frankreich liegt diesbzgl. irgendwo
in der Mitte zwischen Deutschland und Großbritannien. So wird dort seit
längerem diskutiert, ob eine dem deutschen Recht vergleichbare
Gründungskontrolle sinnvoll ist.
Sehr interessant sind auch
die weiteren Ausführungen zur Rechtsform. In Deutschland gibt es als
Verwertungsgesellschaften nur juristische Personen, obwohl keine
derartige gesetzliche Vorgabe besteht. In der Geschichte der
Verwertungsgesellschaften haben daher auch zweimal natürliche Personen
versucht, eine Erlaubnis zu erhaltern, sind aber gescheitert.
Ein weiterer Schwerpunkt dieses ausgezeichneten Bandes liegt in den
Einschränkungen der Vertragsfreiheit. Im WahrnG sind zahlreiche
Regelungen vorhanden (§§ 6, 11, 12 WahrnG), die den zivilrechtlichen
Grundsatz der Vertrags- und Abschlussfreiheit durchbrechen und den
einzelnen Verwertungsgesellschaften einen Kontrahierungszwang
auferlegen.
Weichhaus ist der Ansicht, dieser
Kontrahierungszwangs müsse gelockert werden. Gegenüber fortwährenden
Rechtsbrechern müssten die Gesellschaften den Vertragsabschluss
verweigern können. Ob diese Argumentation überzeugen kann, kann mit
guten Gründen bezweifelt werden, käme ein solches Verweigerungsrecht
aufgrund des Monopols der Gesellschaften doch einem völligen Ausschluss
gleich.
Ein weiterer großer Teil ist der internen Kontrolle der
Verwertungsgesellschaften gewidmet. In Deutschland übt das Deutsche
Patent- und Markenamt (DPMA) die Kontrolle aus. So gut dies auf dem
Papier aussieht, so katastrophal ist dies in der Realität. Das
zuständige Referat ist nur mit zwei Planstellen ausgestattet, einem
Referatsleiter (höherer Dienst) und einer Sachbearbeiterin (mittlerer
Dienst). Außerplanmäßig gibt es daneben noch zwei weitere Mitarbeiter
(Volljurist, Sachbearbeiter). Schon diese geringe personelle Anzahl
zeigt, dass eine Überwachung nur sehr begrenzt möglich ist.
Weichhaus fordert daher auch zu Recht eine erhebliche personelle
Verstärkung.
Gesamteindruck:
Ein überaus gelungener Band. Gerade die oftmals nüchtern-sachlich
gehaltene Darstellung, die sich auf das Wesentliche konzentriert und
keine weitschweifigen Ausführungen beinhaltet, ermöglichen eine schnelle
und doch zugleich fundierte Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen
nationalen Rechtsordnungen.