Herzlich willkommen auf jurawelt.com

Zur neuen Webseite: jurawelt.com

Zum Forum: forum.jurawelt.com


Artikel 9399
Dr. Alexander Walter
16.07.2004

Zukunftsweisende Informationen

Eine Rezension zu:

Egon Lorenz (Hrsg.)

Abschlussbericht der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 19. April 2004


VersR-Schriftenreihe Band 25

Verlag Versicherungswirtschaft, Karlsruhe 2004, 683 Seiten, 52,- €
ISBN 3-89952-137-4

http://www.vvw.de


Das geltende Versicherungsvertragsgesetz (VVG) stammt aus dem Jahre 1910 und sieht sich seit längerer Zeit der Kritik ausgesetzt, nicht mehr zeitgemäß und daher reformbedürftig zu sein. Die derzeitigen Koalitionsparteien hatten dementsprechend bereits im Koalitionsvertrag von 1998 eine Reform des VVG vereinbart. Gleichwohl handelt es sich hierbei nicht um ein politisches Prestigeprojekt. Vielmehr wird eine Reform des Versicherungsvertragsrechts sowohl von Seiten der Praxis als auch der Wissenschaft weitestgehend für notwendig erachtet. Bereits die Ausgangslage hinsichtlich der bevorstehenden Reform des im Rechtsverkehr ungemein bedeutsamen Versicherungsvertragsrechts weicht folglich von der der Schuldrechtsreform ab, deren Notwendigkeit, Vorbereitung und Durchführung in Wissenschaft und Praxis überwiegend kritisiert wurde.

Zur Vorbereitung der Reform des Versicherungsvertragsrechts hat das Bundesministerium der Justiz bereits im Jahre 2000 eine hochkarätig besetzte Expertenkommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Ministerialbeamten Ernst Niederleithinger eingesetzt. Unter den Mitgliedern fanden sich viele die Entwicklung des Versicherungsrechts in der jüngeren Vergangenheit maßgeblich beeinflussende Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Praxis, wie etwa die Universitätsprofessoren Helmut Kollhosser und Egon Lorenz oder der ehemalige Richter am BGH Wolfgang Römer. Im Mai 2002 legte die Kommission einen Zwischenbericht vor, der in den Fachkreisen rege diskutiert wurde. Am 19. April 2004 übergab nun die Kommission der Bundesministerin für Justiz den vorliegenden Abschlussbericht, der seither auf der Homepage des Bundesministeriums für Justiz zum Download bereitsteht. Es mag nun überraschen, den kostenlos zugänglichen Bericht nochmals als Druckfassung zu veröffentlichen, zumal der Preis des Werkes nicht gerade gering ist. Wer sich jedoch mit der bevorstehenden VVG-Reform zu befassen hat, wird ohne dieses Buch nicht auskommen. Denn der Abschlussbericht wird zentraler Gegenstand der kommenden Diskussionen in Wissenschaft, Praxis und Politik sein und jeder Beteiligte wird für ein "griffiges und zitierfähiges Buch" – wie es der Herausgeber Lorenz in seinem Vorwort treffend beschreibt – dankbar sein.

Die Kommission schlägt vor, das geltende VVG durch ein neues Versicherungsvertragsgesetz – das VVG 2006 – zu ersetzen. Zwar wird an zahlreichen Einzelregelungen, die sich in der Praxis bewährt haben, festgehalten, doch sind die vorgeschlagenen Neuregelungen in Zahl und Umfang nach Auffassung der Kommission zu weitreichend, um sie durch Streichungen und Änderungen in das geltende Gesetz einzubauen. Bereits aus Gründen der Übersichtlichkeit ist dieser Vorschlag sympathisch. Zwar mag der Einarbeitungsaufwand zunächst größer erscheinen, doch gewährleistet diese Lösung langfristig eine systematische und überschaubare Gesetzeslage.

Die konkreten Überlegungen und Ergebnisse der Kommission sind im Abschlussbericht dreiteilig niedergelegt. Den Vorschlägen für ein neues Versicherungsvertragsrecht folgt der erarbeitete Gesetzentwurf sowie die Begründung desselben. Im Anhang finden sich schließlich Synopsen, die den Gesetzentwurf dem geltenden VVG und umgekehrt gegenüberstellen.

Maßgebende inhaltliche Änderungen sind insbesondere die weitgehende Vereinheitlichung der Regeln für den Abschluss von Versicherungsverträgen, die Aufgabe des "Alles-oder-Nichts-Prinzips", die Einführung von Beratungs- und Informationspflichten des Versicherers sowie einer gesetzlichen Regelung der vorläufigen Deckung. Vorgeschlagen werden zudem Neuregelungen zur Laufzeit und Kündigung von Versicherungsverträgen, den Rechtsfolgen bei unverschuldeter Nichtzahlung der Prämie oder der Teilbarkeit der Prämie. Sondervorschriften enthält der Entwurf erstmals zur Berufsunfähigkeitsversicherung, daneben zur Haftpflichtversicherung, Rechtsschutzversicherung, Transportversicherung, Lebensversicherung, Unfallversicherung und Krankenversicherung. Dabei sieht die Kommission vor allem im Recht der Krankenversicherung weitreichende Änderungen vor. So sollen etwa Altersrückstellungen künftig übertragbar sein und Ansprüche des Versicherten gegen den Leistungserbringer aus ungerechtfertigter Bereicherung kraft Gesetzes auf den Versicherer übergehen. Aufgenommen wurde ferner ein gesetzliches Wirtschaftlichkeitsgebot.

Inwieweit die Vorschläge der Kommission letztlich in dem bereits für Anfang 2005 geplanten Entwurf für ein neues VVG einen Niederschlag finden werden, bleibt abzuwarten. Die Arbeiten der Kommission sind jedoch wegweisend und sollten nicht ohne guten Grund übergangen werden, zumal sie auf einem breiten Konsens innerhalb der Expertenkommission basieren.

Gesamteindruck:
Der Band beinhaltet die Diskussionsgrundlage für die Reform des Versicherungsvertragsrechts. Wer sich hiermit intensiver oder längerfristig beschäftigen will, ist mit dieser handlichen Ausgabe bestens bedient.

Impressum | Datenschutz