Dr. Martin Bahr
Das Potential des Internets im Bereich der
Versicherungswirtschaft
Eine Rezension zu:
Carsten Kuhlmann
E-Business in der Versicherungswirtschaft
Verlag Versicherungswirtschaft, Karlsruhe 2002, 141 S., 19,50 €
ISBN 3-88487-943-X
http://www.vvw.de
Das Werk von Kuhlmann setzt sich mit der hochinteressanten Frage auseinander,
welche neuen Absatz- und Gewinnchancen der Versicherungswirtschaft durch das Medium
Internet zur Verfügung stehen, insbesondere welche Auswirkungen sich auf die
Wertschöpfungskette ergeben.
Der Autor stellt in Teil 1 und 2 zunächst die klassischen betriebswirtschaftlichen
Funktionsbereiche von Versicherungsunternehmen dar (Produktentwicklung, Betrieb,
Vertrieb, Schaden und Finanzen). Besonderer Wert wird dabei auf die Beschreibung der
bislang herkömmlichen Wertschöpfungskette für das Produkt Versicherungsschutz gelegt.
Teil 3 ist überschrieben mit "E-Business in der Versicherungswirtschaft". Dieser
Abschnitt befasst sich mit den Auswirkungen des E-Business. Kuhlmann legt
zutreffend dar, dass die Hauptvorteile des Internets zum einen in der Ablaufoptimierung
des Kundenkontaktes, zum anderen in der Nutzung als zusätzliches Marketinginstrument zu
sehen
sind. Nach dieser allgemeinen Einschätzung untersucht der Verfasser die konkreten
Einwirkungen auf die unterschiedlichen betrieblichen Teilbereiche.
So stößt gerade im Außendienst die Nutzung des Internets auf firmeninternen
Widerstand. Denn mit dem Internet wird ein zusätzlicher Vertriebsweg generiert, der -
zumindest - im Segment standardisierter Produkte, d.h. solche mit geringem
Berartungsbedarf, die Vermittler aufgrund fallender Informationskosten unter Druck
setzt. Auch nimmt durch das Internet die Transparenz und Vergleichbarkeit der auf dem
Markt angebotenen Produkte und Dienstleistungen zu. Man denke nur an die zahlreichen
speziellen Suchmaschinen, die kostenlos Preisvergleiche vornehmen.
Dies beeinflusst auch die Preispolitik. In den letzten Jahren sind vor allem viele
Direktversicherer auf dem deutschen Markt aufgetaucht, die manches Dumping-Angebot
anbieten. Sehr gut gelungen ist Kuhlmann auch die Herausarbeitung der Neuheiten
in der Wertschöpfungskette, d.h. Informationsermittlung aufgrund von Online-Fragebögen
oder Kunden-Direktkontakt per E-Mail.
In Teil 4 werden die kurz- und mittelfristigen Optionen der Versicherungswirtschaft in
diesem neuen Marktsegment dargestellt, um in Teil 5 dann das B2B-Geschäftsmodell zu
präsentieren. Anhand des Modells "Insurance-Buying-Cycle (IBC)", das auf dem
herkömmlichen "Customer-Buying-Circle" aufbaut, erläutert der Autor die einzelnen
Voraussetzungen einer erfolgreichen Online-Distribution von Versicherungsleistungen. Er
folgt dabei den von Schmidt (Versicherungswirtschaft 2000, 1586)
herausgearbeiteten Leitlinien und geht dabei von einer sechsstufigen Ablaufmatrix aus.
Erfreulich ist, dass den in Teil 5 z.T. ein wenig theoretischen Ausführungen in Teil 6
anhand von konkreten Beispielen Leben eingehaucht wird. Kuhlmann untersucht
dabei drei Internet-Versicherungsplattformen (InsuranceCity, InsureXL und
Morgen&Morgen). Bei allen drei Web-Präsenzen handelt es sich um deutschsprachige Portale.
Die einzelnen Unternehmen und ihre Produktpalette werden zunächst ausführlich
beschrieben, um dann die in den vorherigen Teilen festgestellten Ergebnisse auf diese
Plattformen zu übertragen.
Die Darstellung wird durchgehend durch Abbildungen und Grafiken aufgelockert. Im
Anhang finden sich zahlreiche Snapshots der in Teil 6 konkret untersuchten
Online-Versicherer, so dass der Leser auch optisch einen Eindruck vom Aufbau des
einzelnen Unternehmens erhält.
Sprache und Stil sind in sich stimmig, Aufbau und Inhalt sind aus sich selbst heraus
verständlich.
Besonders erfreulich ist, dass Kuhlmann sich mit der Abgrenzung zwischen
E-Business und E-Commerce auseinandersetzt und zu dem zutreffenden Ergebnis kommt, dass
eine klare Abgrenzung der Begrifflichkeiten in der Literatur nicht vorgenommen wird.
Während andere Autoren vorgeben, es existiere eine klare, eindeutige Abgrenzung, die
sich durchgesetzt habe, gibt der Verfasser an dieser Stelle zu erkennen, dass es sich
allenfalls um Richtungstendenzen und Grobunterscheidungen handelt.
Gesamteindruck:
Ein sehr interessantes Buch, das insbesondere durch seinen stringenten und leicht
verständlichen Aufbau gefällt. Der Band ist nicht nur für Versicherungsunternehmen
geeignet, sondern auch für den Privatkunden lesenswert. Zeigt er doch anhand des
Beispiels der Versicherungswirtschaft sehr gut, wie das neue Medium Internet die
bisherigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändert hat und noch verändern wird.
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