Herzlich willkommen auf jurawelt.com

Zur neuen Webseite: jurawelt.com

Zum Forum: forum.jurawelt.com


Artikel 8644
Stefanie Samland
10.12.2003

Strafrecht AT II ausführlich

Eine Rezension zu:

Claus Roxin

Strafrecht – Allgemeiner Teil

Band II. Besondere Erscheinungsformen der Straftat

1. Auflage

Reihe: Großes Lehrbuch

C.H. Beck, München 2003, 899 Seiten, 45,- €
ISBN 3-406-43868-7

http://www.beck.de


Zwölf Jahre nach Erscheinen des Band I – Grundlagen. Der Aufbau der Verbrechenslehre und sechs Jahre nach Erscheinen der dritten (aktuellsten) Auflage des Band I ist nun auch der Band II – Besondere Erscheinungsformen der Straftat fertiggestellt worden. Die lange Vorarbeitungszeit ist einerseits bedingt durch den mit 899 Seiten großen Umfang, andererseits durch die Tätigkeit des Autors Claus Roxin als Universitätsprofessor in München sowie als Verfasser mehrerer anderer Lehrbücher. Mit den beiden Bänden zum Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches steht nun ein Großwerk bereit, das seinesgleichen sucht. Angesichts des Umfangs und Preises wird das in Leinen gebundene Gesamtwerk seinen Platz eher in Bibliotheken und Professorenbüros als in Studentenbuden finden, dennoch richtet es sich in erster Linie an Studenten, die gerade für Hausarbeiten auch sicher von diesem Lehrbuch Gebrauch machen werden.

Unter Besondere Erscheinungsformen der Straftat behandelt Roxin in Band II Täterschaft und Teilnahme, Versuch, Unterlassen und Konkurrenzen. Damit ist der Band II keineswegs nur ein "Anhängsel" mit den weniger wichtigen Fragen des Allgemeinen Teils, sondern enthält mehrere sehr prüfungsrelevante Bereiche. Nicht mit aufgenommen wurde entgegen der ursprünglichen Planung das Strafzumessungs- und Sanktionenrecht. Dieses hätte den Umfang des Buches auch gesprengt bzw. einen dritten Teil erfordert.

Die Abschnitts- und Kapitelnummerierung wird aus dem Band I fortgeführt, das vorliegende Buch beginnt also mit dem "8. Abschnitt – Täterschaft und Teilnahme" und dem Kapitel "§ 25. Täterschaft". Seitenzahlen beginnen aber wieder von 1, die Randnummernzählung startet ohnehin bei jedem Kapitel neu, ebenso die Zählung der Fußnoten. Dass es sich bei dem Großen Lehrbuch um mehr als ein Lernskript oder ein klausurvorbereitendes Lehrbuch handelt, sieht man schon beim Blick auf die ersten Seiten. Das Inhaltsverzeichnis enthält 16 Seiten und geht zuweilen bis in die siebte Gliederungsebene. Die jedem Kapitel vorangestellten Literaturhinweise sind seitenlang in relativ kleiner Schrift. Hilfreich ist hierbei, dass nicht wie üblich nach Autoren, sondern nach Erscheinungsjahr geordnet wurde, so sind auch aktuellere Literaturfundstellen schnell ersichtlich. Es finden sich vor allem Aufsätze in Praktiker- und Wissenschaftszeitschriften wie der NStZ, GA oder JZ sowie zahlreiche Monographien.

In seinem Vorwort formuliert Roxin das Ziel, dass seine Leser "den Text zusammenhängend ohne Verständnisschwierigkeiten und gelangweiltes Stocken lesen können" sollen. Der Leser "soll nicht nur Ergebnisse und 'herrschende Meinungen', sondern alle wichtigen für und gegen eine bestimmte Lösung sprechenden Argumente erfahren, deren Abwägung selbst nachvollziehen, sich dabei eine eigene Meinung bilden und mit dem strafrechtlichen Problemlösungsverfahren vertraut werden". Und erstaunlicherweise – bei so dicken "Wälzern" hat ja immer eine Art Vor-Abneigung gegen das Lesen – liest sich der Text tatsächlich sehr flüssig, so dass man über längere Passagen mit Interesse bei der Sache bleibt. Dies liegt nicht nur an der verständlichen Sprache, sondern auch am ansprechenden Schriftbild. Schon fast ungewohnt ist dagegen die alte Rechtschreibung, doch selbst die kann man dem Autor angesichts der zwölfjährigen Arbeit am Buch nicht übel nehmen.

Der Inhalt kann an dieser Stelle nicht umfassend gewürdigt werden, daher nur einzelne Beispiele: Das Kapitel zu Täterschaft und Teilnahme beginnt der Verfasser mit allgemeinen Ausführungen zur Täterschaft und lässt seine langjährige Forschungsarbeit auf diesem Gebiet durchblicken. Roxin selbst war es, der in seinem 1963 begründeten und inzwischen in 7. Auflage erschienenen Buch Täterschaft und Tatherrschaft die Tatherrschaftslehre ausbildete. Dementsprechend fachkundig werden die unterschiedlichen Ansichten zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme dargestellt. Fast schon einen eigenständigen Beitrag stellt auch die Behandlung der Akzessiorietätsregelung des § 28 StGB mit gut 30 Seiten dar. Immer wieder führt Roxin seinen Leser auch in die systematischen Hintergründe der Normen des StGB ein. Zum Rücktritt findet sich z.B. ein Unterkapitel "Ratio und systematische Stellung des strafbefreienden Rücktritts", welches wiederum 13 Seiten umfasst. Hieraus ist ersichtlich, dass es Roxin nicht darum geht, sein Buch in die Reihe der Studentenlehrbücher einzureihen, sondern einen ganz anderen Bereich abzudecken: Die umfassende Information über Hintergründe und Ansichten über den allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches, die nicht nur auf Klausuren vorbereitet, sondern das strafrechtspolitische und dogmatische Denken anregt. Genau das Richtige für Hausarbeiten und zum Einfach-mal-so-lesen.

Gesamteindruck:
Ein unglaublich reichhaltiges Buch, das von Strafrechtsinteressierten zur Hand genommen werden sollte, wenn gerade mal keine Klausur ansteht. Roxin schafft es, dem Leser die Hintergründe verständlich nahe zu bringen, die für gut durchdachte Streitentscheide nötig sind.

Impressum | Datenschutz