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"Die Unternehmergesellschaft" von Ingo Flore / Ulrike E. Traut
RA Florian Kleinmanns
13.08.2009

Leichtmatrosen erklären ein Gummiboot

Eine Rezension zu:

Ingo Flore§/ Ulrike E. Traut

Die Unternehmergesellschaft

Gründung, Bilanzierung, Besteuerung, Haftung, Insolvenz

1. Auflage

Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2009, 152 Seiten, 39,95 €
ISBN 978-3-7910-2886-6

http://www.schaeffer-poeschel.de


„Mit drei Entscheidungen … hatte der EuGH das deutsche Gesellschaftsrecht schachmatt gesetzt. Gleich der deutschen Jahrhundertflut der Oder brachen die Dämme nationalstaatlicher Rechtsformen …“ So beginnt das erste Kapital der „Unternehmergesellschaft“. Um im Bild zu bleiben: Auf den Wellen der deutschen Jahrhundertflut der Oder reiten die Gummiboote der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), und Ingo Flore und Ulrike E. Traut sind die beiden Leichtmatrosen, die dem Leser zeigen wollen, wie man das Gummiboot aufpustet und Löcher flickt.

Das gelingt zunächst gut. Abgesehen von der blumigen Sprache, die einerseits in einem Fachbuch nicht nötig wäre, andererseits aber so schöne Begriffe wie „untermindeststammkapitalisierte GmbH“ (S.§15) hervorbringt und außerdem im Verlauf des Buches nüchterner wird, lässt sich der Text bequem lesen. Die Ausführungen sind informativ, erläutern sowohl die Grundzüge des Kapitalgesellschaftsrechts als auch die Abweichungen der UG (haftungsbeschränkt) von der GmbH und markieren an passender Stelle die Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts zum 01.11.2008. Fragen, die nur von untergeordneter Bedeutung sind, werden nicht behandelt. Damit dürfte die Konzeption des Buches genau richtig sein für Unternehmer und werdende Unternehmer, welche die Rechtsform der UG (haftungsbeschränkt) für ihr Unternehmen in Betracht ziehen. Nicht nachvollziehbar ist jedoch, weshalb der Klappentext nicht diese Unternehmer, sondern Rechtsanwälte, Steuerberater und Notare als Zielgruppe nennt.

Steigt man genauer in die Ausführungen der Verfasser ein, so zeigen sich Fehler. Darunter sind schlichte Unrichtigkeiten wie die Konstruktion einer Kein-Mann-Unternehmergesellschaft (S.§32), die nach absolut herrschender Meinung nicht auf Dauer Bestand haben kann (Altmeppen in Roth/Altmeppen [2005] §§60 GmbHG Rn.§29 m.w.Nw.), ein falsches Verständnis der Normenhierarchie hinsichtlich der Frage, weshalb der Geschäftsführer einer Unternehmergesellschaft eine natürliche Person sein muss und keine juristische Person sein kann (S.§33 verweist auf das Musterprotokoll; richtigerweise ergibt sich diese Beschränkung aber schon aus §§6 Abs.§2 Satz§1 GmbHG), oder auch solche Fehler, die mit gutem Willen als Flüchtigkeitsfehler erklärt werden können wie die Verwechselung von KG und Komplementärgesellschaft bei der UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG (S.§95).

Im steuerrechtlichen Teil (S.§82 ff.) werden die Ausführungen der Verfasser so oberflächlich, dass faktische oder rechtliche Besonderheiten der Unternehmergesellschaft gegenüber anderen Kapitalgesellschaften überhaupt nicht mehr behandelt werden. Neben offensichtlichen Fehlern („immer im Inland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig“ auch bei Verwaltungssitz im Ausland und Einschränkung der Steuerpflicht durch Doppelbesteuerungsabkommen, S.§82; „29,83§% Körperschaftsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag“, S.§82; „Gewerbesteuer … wird … durch … Steuerermäßigung von gewerblichen Einkünften (§§35 EStG) kompensiert“, S.§84 – §§35 EStG findet Anwendung nur bei natürlichen Personen, nicht bei Kapitalgesellschaften – fällt auf, dass die Besteuerung des Gesellschafters zu knapp erläutert ist. Zwar wird darauf verwiesen, dass Steuerpflichtige mit hohen Werbungskosten durch die Pauschalierungswirkung des Sparer-Freibetrags (richtig: Sparer-Pauschbetrags) steuerlich belastet werden. In welchen Konstellationen das für den Gesellschafter einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) relevant ist, bleibt jedoch offen. Die überaus praxisrelevante Gesellschafter-Fremdfinanzierung sprechen die Autoren überhaupt nicht an; erst recht bleibt damit die Frage offen, welche Auswirkungen das MoMiG auf die Gesellschafter-Fremdfinanzierung und insbesondere auf die Abzugsfähigkeit von Darlehensverlusten auf Gesellschafterebene bei Insolvenz der Gesellschaft hat. Gerade weil die Autoren das Risiko der „Unternehmergesellschaft in der Krise“ erkannt und auch die Abschaffung des bisherigen Eigenkapitalersatzrechts behandelt haben (S.§103 ff.), hätte dieser Brückenschlag ins Steuerrecht nahe gelegen.

Gesamteindruck:
Der Verfasser Ingo Flore ist nach eigenen Angaben (http://www.flore-dr.de/selbstvertrauen.htm) vom Magazin FOCUS als „einer der besten Steueranwälte Deutschlands“ gewürdigt worden. Dazu passt, dass es sich bei dem vorliegenden Buch wohl um die beste Lektüre in Sachen Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) handelt, soweit als Zielgruppe diejenigen Personen ins Auge gefasst werden, die ihren Steueranwalt auf Grundlage von FOCUS-Bestenlisten auswählen. Für Rechtsanwälte, Steuerberater und Notare hingegen, die im Klappentext als Zielgruppe genannt werden, ist das Buch in weiten Teilen zu oberflächlich und im Übrigen zu fehlerhaft.

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