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Artikel 11447
Florian Kleinmanns
10.06.2007

Wie führe ich einen Finanzgerichtsprozess?

Eine Rezension zu:

Otto M. Sauer / Hansjürgen Schwarz

Handbuch des finanzgerichtlichen Verfahrens


6. Auflage

Erich Schmidt Verlag, Berlin 2006, 326 Seiten, 46,80 €
ISBN 3-503-09316-8

http://www.esv.info


Das von Otto Sauer 1980 unter dem Titel "Wie führe ich einen Finanzgerichtsprozess?" begründete und seit 1997 von Hansjürgen Schwarz unter Mitarbeit von Axel Schmidt-Liebig und Peter Bilsdorfer – alle drei am Finanzgericht des Saarlandes tätig – bearbeitete Werk erscheint nunmehr überarbeitet und unter neuem Namen in sechster Auflage. Es richtet sich ausweislich des Vorwortes gleichermaßen an den Steuerpflichtigen und seinen Prozessbevollmächtigten, ebenso an den Vertreter des Finanzamtes.

Dem entsprechend ist das Buch verständlich geschrieben; die Verfasser setzen keine juristischen Vorkenntnisse voraus, sondern beschreiben das finanzgerichtliche Verfahren von Grunde auf. Insoweit ist der Titel "Handbuch" nicht ganz treffend; es handelt sich nicht um ein Buch, in welchem der Praktiker eine bestimmte Frage zur vertieften Behandlung nachschlagen könnte, sondern um eine Einführung, die den Finanzgerichtsprozess zwar in seiner Gesamtheit beschreibt, dabei aber durchgängig an der Oberfläche bleibt.

Wer bereits ein paar Semester Rechtswissenschaft studiert hat, dem werden die Ähnlichkeiten des finanzgerichtlichen Verfahrens zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren ins Auge springen. Weil auch keine Vorkenntnisse hinsichtlich des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorausgesetzt werden, ist nur konsequent, dass die Unterschiede zwischen dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren und dem finanzgerichtlichen Verfahren nicht hervorgehoben werden. Dies befreit den Leser ohne Vorkenntnisse zwar von Ballast, kann aber den Leser mit Vorkenntnissen in die Irre führen. So wäre es wünschenswert, beispielsweise die besondere Bedeutung der Beweisantragsproblematik im finanzgerichtlichen Verfahren ausführlicher zu behandeln oder wenigstens Problembewusstsein dafür zu wecken, dass die FGO keine zweite Tatsacheninstanz vorsieht. Welche Schritte überhaupt unternommen werden müssen, um eine möglicherweise fehlerhaft unterbliebene Beweiserhebung in zweiter Instanz rügen zu können, wird nicht eingehend und nicht im Zusammenhang behandelt; unter dem Schlagwort "Beweisanträge" (Rn. 86) findet sich überhaupt kein Hinweis auf die Bedeutung der Beweisantragstellung für die Revision, und auch die knappen Texte bei Rn. 82 und 853 liefern keine Anleitung für das richtige Vorgehen in erster Instanz. Nur ein Absatz an völlig anderer Stelle (Rn. 125) reißt das Thema überhaupt an.

Auch die Bedeutung anderer Begriffe wird teilweise nicht klar. Die Funktion der aus dem Zivilprozess bekannten "Streitverkündung" (Rn. 246), die vor einer "Nebenintervention" (Rn. 244) erfolgen kann, wird im Finanzgerichtsprozess durch die "Beiladung" ersetzt. Im Kontext von Streitverkündung und Nebenintervention wird indes nicht die Beiladung behandelt, sondern die "gewillkürte Prozessstandschaft" (Rn. 245). Die Beiladung findet sich erst einige Kapitel weiter (Rn. 618 ff.).

Im Rahmen der verschiedenen Klagearten fällt auf, dass die Autoren – der Ansicht, die sie als Richter vertreten, folgend – die Klage auf Gewährung von Akteneinsicht in die Steuerakten für eine allgemeine Leistungsklage halten. Wer sich darauf verlässt und nicht in die Fußnote (Fn. 291: anderer Ansicht der Bundesfinanzhof) schaut, läuft Gefahr, eine möglicherweise verfristete Verpflichtungsklage zu erheben. Von einem als "Handbuch" bezeichneten Werk sollte man anderes erwarten.

Gesamteindruck:
Bei dem Buch handelt es sich nicht um ein "Handbuch", wie der Titel verspricht, sondern um eine Einführung in die Grundzüge des finanzgerichtlichen Verfahrens. Als Zielgruppe kommen beispielsweise Steuerberater in Betracht, die erstmalig einen Prozess vor einem Finanzgericht führen müssen.

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