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Artikel 6547
Anne-Cathrin Wiesner

Staatsrecht die Zweite

Eine Rezension zu:

Jörn Ipsen

Staatsrecht II

Grundrechte

5 , überarbeitete Auflage

Luchterhand Verlag, Neuwied/Kriftel 2002, 302 S., 19,00 &euro
ISBN 3-472-05151-5

http://www.luchterhand.de


Mit dem vorliegenden Werk möchte der Verfasser an die erst kurze Tradition eines Staatsrechtsbuchs zu den Grundrechten anschließen, welches als Ergänzung zu seinem Staatsorganisationslehrbuch gedacht ist. Die Zielsetzung ist auch hier, ein Lernbuch für Studenten sowohl für den Einstieg als auch für die Wiederholung der Grundrechte zu schaffen. Folglich wird in diesem Buch die besondere Bedeutung des Bundesverfassungsgerichts hervorgehoben und durch Einstiegsfälle und Lösungen während des Textes die aktive Mitarbeit des Lesenden gefordert und gefördert.

Das Buch folgt einem Aufbau, der sich nicht ausschließlich an der gesetzlichen Reihenfolge im Grundgesetz hält, sondern nach Schutzbereichen und bei den Gleichheitsgrundrechten nach Wirkungsweisen untergliedert ist (vom Autor als Gewährleistungsgarantie bezeichnet), was die Möglichkeit bietet, thematisch vorzugehen und auch die Unterschiede der einzelnen Grundrechte stark hervorhebt, um besonders Anfängern das Verständnis des Grundrechtskatalogs zu erleichtern. Andererseits soll vermittelt werden, dass Grundrechte als subjektiv-öffentliche Rechte des Einzelnen gewisse Gemeinsamkeiten aufweisen und somit viele Aufbaufragen generell gelten.

Einleitend geht der Autor auf die Geschichte der Grundrechte ein, erläutert beginnend von der Magna Carta des Mittelalters die Veränderungen in den verschiedenen Epochen und Ländern. Der Entwicklung innerhalb Deutschlands ist wird hierbei in einem gesonderten Abschnitt Rechnung getragen. Es folgt eine Betrachtung der Wirkungsweise der Grundrechte, hierbei wird besonders der Herleitung von Grundrechten als subjektiv-öffentliche Rechte Beachtung geschenkt. Die Verwendung des Wortes Personenmehrheiten als Kennzeichnung der inländischen juristischen Personen ist hier allerdings leicht irreführend, handelt es sich doch um eine (wenn auch juristische) Person. Auch ist der ganze Abschnitt sehr kurz geraten, gerade für ein Buch mit Anspruch eines Lernbuches verwunderlich, soll doch der Leser zwar nicht umfassendes Wissen erhalten, aber doch befähigt werden, Aufbauprobleme zu lösen. Es kommt in der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde oftmals zu Problemen bei juristischen Personen, so dass eine etwas längere Behandlung nicht schaden könnte. Gelungen ist in diesem Zusammenhang die Darstellung bei der Frage nach Abwehr- oder Leistungsfunktion der Grundrechte. Der überaus lange Anhang zu der Literatur ist übersichtlich gegliedert, was das Fehlen ausführlicher Darstellung wettmacht, da dem Leser so die Möglichkeit einer Nacharbeit geboten wird.

Das nächste Kapitel ist der Grundrechtsprüfung gewidmet, auch (bei Verfassungsbeschwerden) als Begründetheitsprüfung bezeichnet. Bei der Darstellung des vom Autor als Tatbestandsebene bezeichneten Schutzbereichs weicht die Terminologie stark von der verbreiteten ab, das Buch kennt nicht persönlichen und sachlichen Schutzbereich, sondern spricht von der Suche nach einschlägigen Normen und deren Inhalt. Im Grunde erinnert die Darstellung an den sachlichen Schutzbereich. Dies ist sicherlich keine wirkliche Hilfe für Studenten, besonders solche unterer Semester, die durch die Begriffe vermutlich verwirrt werden. Auch fehlt die Frage, ob das betreffende Grundrecht denn ein Deutschen- oder Menschenrecht ist, völlig. Weiterhin ist es seltsam, Tatbestand zu dem im Strafrecht Tatobjekt genannten Schutzbereich zu sagen und den Eingriff als eigenständigen Punkt anzuführen.

Die Behandlung der Grundrechte erfolgt relativ kurz, oft mit der gebotenen Länge, teilweise werden aber auch wichtige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nur in den Anhang gestellt, so fehlt beispielsweise die Darstellung des Streits zum Versammlungsbegriff, welcher kürzlich in der „Love-Parade“-Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht entschieden wurde, ohne dass jedoch die Gegenmeinungen verstummt wären oder man daran nicht Bedenken haben könnte – was ja eines der Ziele des Autors war, eben diese zu wecken und fördern.
Hervorzuheben ist allerdings die gelungene Darstellung der grundrechtsgleichen Rechte, auch Justizgrundrechte, sowie die Bearbeitung von Art. 16a GG, welcher ein Ausnahmegrundrecht bildet insofern als er nur für Nichtdeutsche gelten kann. Die gesonderte Behandlung verdeutlicht diese Position und die daraus resultierende Bedeutung.

Das Buch ist sicherlich ein gelungenes Werk, um der Vorlesung zu Grundrechten folgen zu können und den Aufbau zu verstehen. Für weitergehende Arbeit ist es allerdings oftmals zu kurz, so dass man zum Lernen der Materie auf diverse Ergänzungsliteratur zurückgreifen muss, was das Buch nicht sonderlich als Lernbuch prädestiniert. Zum Einlesen und als Hilfe für einen guten und logischen Überblick jedoch ist dieses Buch nur zu empfehlen.
Als besonders für Anfänger sehr hilfreich erweist sich das ausgedehnte, 16 Seiten umfassende Sachregister. Der Leser erhält die Möglichkeit, schnell auch spezielle Begriffe auf Anhieb zu finden, somit eignet sich das Buch wie auch Teil I besonders für eine punktuelle Beschäftigung oder Wiederholung. Man darf gespannt sein, ob sich das Buch zu einer Konkurrenz für die blaue Reihe des C.F.Müller-Verlags entwickelt.

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