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Artikel 8659
Susann Seifert
13.12.2003

Geschichte mit Zeittafeln

Eine Rezension zu:

Werner Frotscher / Bodo Pieroth

Verfassungsgeschichte


4. Auflage

Reihe: Grundrisse des Rechts

C.H. Beck, München 2003, 426 Seiten, 19,50 €
ISBN 3-406-51336-0

http://www.beck.de


Obwohl das Rechtsgebiet der Verfassungsgeschichte in der heutigen juristischen Ausbildung stetig an Bedeutung verliert und fast nur noch eine Art Stiefkinddasein fristet, bleibt sie dennoch prüfungsrelevant und ist nach wie vor nicht aus der Allgemeinbildung eines guten Juristen wegzudenken. Das Autoren-Duo Werner Frotscher und Bodo Pieroth hat sich mit ihrem Buch, welches den Titel "Verfassungsgeschichte" trägt, zum Ziel gesetzt, diejenigen verfassungsgeschichtlichen Zusammenhänge, die für das Verständnis des geltenden Verfassungsrechts in der Bundesrepublik Deutschland von Nöten sind, zu vermitteln.

Das in der Reihe Grundrisse des Rechts erschiene Buch hat sich vom Umfang her in Bezug auf die Vorauflage nicht verändert. Es bleibt ebenso in der 4. Auflage bei einer Buchstärke von 426 Seiten trotz Einarbeitung neuerer Literatur zur Verfassungsgeschichte. Aber auch Hinweise und Anregungen aus der Hörer- und Leserschaft wurden für die Neuauflage aufgegriffen. Es bleibt bei einer Gliederung in 21 Abschnitte. Mit Ausnahme von Abschnitt eins, welcher eine allgemeine Einleitung der Autoren beinhaltet, wird jedem anderen Abschnitt eine Zeittafel vorangestellt, welche die für die jeweilige Epoche wichtigsten Stationen in der Verfassungsentwicklung wiedergibt. Besonders gelungen ist die Unterlegung des Textes mit den dazugehörigen Zeitdokumenten. Die Autoren bezwecken mit den abgedruckten Quellen es dem Leser zu ermöglichen, sich ein eigenes Urteil über die dargestellte Verfassungslage zu bilden. Abgerundet werden die Abschnitte mit einer sehr ausführlichen Literaturauswahl zur Vertiefung des jeweiligen Stoffgebietes.

Ausgangspunkt der Darstellungen ist das Verfassungsrecht in den USA. Die für die Verfassungsentwicklung wichtigen Ereignisse, genannt seien hier die Gründung der 13 Kolonien, die Boston Tea Party, die Unabhängigkeitserklärung sowie die Federal Bill of Rights, werden in aller Kürze aufgezeigt. Unter anderem befindet sich in diesem Abschnitt eine Gegenüberstellung der Grundrechte der Verfassung der USA mit den Entsprechungen im Grundgesetz. Unmittelbar daran erörtern die Autoren, inwiefern die Geschehnisse eine Vorbildfunktion für die demokratische und nationale Bewegung in Deutschland inne hatten.

Der dritte Abschnitt widmet sich der Französischen Revolution. Nach dem Vorbild der amerikanischen Bill of Rights wurden am 26.08.1789 die französischen Menschen- und Bürgerrechte erklärt. Beschrieben werden hier vor allem deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den nordamerikanischen Rechteerklärungen. Bis einschließlich des Jahres 1814 werden die bis dahin eingetretenen verfassungsrechtlichen Entwicklungen in Frankreich, insbesondere die verschiedenen Verfassungen gegenüberstellend dargelegt.

Sodann befassen sich die Autoren mit der deutschen Verfassungsgeschichte. Skizziert werden zunächst das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, welches bis Ende 1806 den staats- und völkerrechtlichen Rahmen für die Ausübung politischer Herrschaft in Deutschland bildete, und dessen Reichsinstitutionen. Daneben sind die Herausbildung des Absolutismus, die Aufklärung sowie die nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation für die deutsche Verwaltungsentwicklung maßgeblichen Reformen von Stein und Hardenberg Gegenstand weiterer Ausführungen.

Darüber hinaus bietet das Buch weitere Einblicke in die Entstehung des Deutschen Bundes, die Revolution von 1848, die nie in Kraft getretene Paulskirchenverfassung, die Reichsgründung von 1871 sowie in die Verfassungsentwicklungen unter Bismarck bzw. Kaiser Wilhelm II. Schlussendlich werden dem Leser sowohl die Verfassung der Weimarer Republik als auch die Entstehung des Grundgesetzes nach der nationalsozialistischen Herrschaft dargereicht. Sogar eine (nicht immer selbstverständliche) Darstellung der der Weimarer Reichsverfassung ähnelnden Verfassung der DDR wurde im Rahmen dieses Buches bedacht. Die mit einem starken sozialistischen Einschlag versehene und zugleich bürgerliche Verfassung der DDR wird vergleichend mit der Weimarer Reichsverfassung sowie des Grundgesetzes dargelegt.

Gesamteindruck:
Werner Frotscher und Bodo Pieroth ist es hervorragend gelungen ein interessantes (Lese-)Buch entstehen zu lassen. Insgesamt zeichnet sich das Werk durch eine klare Konzeption aus und es vermittelt einen verständlichen Einblick in die Entwicklung des heutigen Verfassungsrechts. Um sich einen schnellen Überblick über die einzelnen Epochen sowie der sie prägenden Ereignisse zu verschaffen, ist das Buch "Verfassungsgeschichte" gleichermaßen für den Jurastudenten als auch für jeden an Verfassungsgeschichte Interessierten empfehlenswert. Nicht ganz stimmig ist aber zum einen, dass das Buch an sich noch in der alten Rechtschreibung verfasst wurde, während Vorder- und Rückseite desselben sich hingegen schon in neuer Rechtschreibung hervortun. Zum anderen wird das Wort "oktroyiert" erstmals auf Seite 136 verwendet, jedoch erst zwei Seiten später erklärt. Diese beiden kleinen Mängel tun dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch.

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