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Artikel 7087
Ronald Moosburner

Verfassungsgeschichte für jedermann

Eine Rezension zu:

Reinhold Zippelius

Kleine deutsche Verfassungsgeschichte

Vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart

6. Auflage

C.H. Beck Verlag, München 2002, 199 S., 9,90 Euro
ISBN 3-406-47638-4

http://www.beck.de


Reinhard Zippelius' Büchlein zur deutschen Verfassungsgeschichte ist in der populärwissenschaftlichen Beckschen Reihe erschienen. Der weit über die deutschen Grenzen hinaus bekannte Verfassungsrechtler hat sich allerdings glücklicherweise dadurch nicht veranlaßt gesehen, von seinem bestechend klaren wissenschaftlichen Stil abzuweichen, allein im Umfang der Darstellung hat er sich auf das absolut Wesentliche beschränkt. Der interessierte Leser findet jedoch am Ende eines jeden Kapitels zahlreiche nützliche Literaturhinweise, um ein Thema ganz nach Wunsch weiter zu vertiefen.

Wenn gleich in vielerlei Hinsicht die Goldene Bulle von 1356, die in Nürnberg und Metz beraten und beschlossen worden ist, als erste deutsche Verfassungsurkunde gilt, liegen doch die Anfänge verfassungsrechtlicher Organisation viele Jahrhunderte davor. Bereits die Könige der germanischen Stämme herrschten über ein Reich, das in Gaue und Dorfgemeinschaften unterteilt war. Die Entscheidungen der Landsgemeinde beim Volksthing bereitete der nicht seßhafte König in der Regel mit den Gaufürsten vor. Bekannt ist die organisatorische Aufteilung am Hof der Merowinger-Könige, wo die wichtigsten der Paladine die Inhaber der fränkischen Hausämter des Kämmerers, des Marschalls, des Schenks und des Seneschalls waren. Im 7. Jahrhundert nahm dann der Majordomus, der Hausmeier, die klar dominierende Stellung am Hofe ein. Sein berühmtester Inhaber wurde Karl Martell, der 732 den Vormarsch der Araber bei Tours und Poitiers stoppte und seinem Sohn Pippin den Griff nach der Krone ermöglichte. Dieser ließ prompt das Amt des Hausmeiers abschaffen, um seine eigene Herrschaft zu festigen. Karl der Große verfügte nach der starken Ausbreitung des Frankenreiches zu einem erheblichen Teil auch über die alten Verwaltungseinheiten des Römischen Reiches, so daß er sich auf eine recht effektive Reichsorganisation stützen konnte, die ihn zum stärksten europäischen Herrscher dieser Geschichtsphase machte.

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation verfügte zumeist nicht über eine durchsetzungsfähige Zentralgewalt, jedoch gab es neben der faktischen Machtverteilung verschiedene verfassungsrechtliche Rechtsregelungen, welche zumeist in Reichsabschlüssen mitenthalten waren. In vielen Fällen führten diese Regelungen zu einer weiteren Stärkung der partikularen Herrscher (vgl. insbesondere das "statutum in favorem principum" von 1231). Andererseits führten die Erfolge der zunächst vor allem von der Gottesfriedensbewegung angeregten Maßnahmen gegen das Fehdeunwesen mit fortschreitender Wirkung der Landfriedensbeschlüsse zu einer allgemeinen Stabilisierung der Verhältnisse im Volk, die Voraussetzung für das Entstehen einer funktionierenden übergeordneten Staatsorganisation ist.

Auch die modernen Verfassungsentwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts werden in der zweiten Hälfte des Buches ausführlich und gut verständlich behandelt. Damit stellt dieses Büchlein den idealen Einstieg für jeden an der historischen Verfassungsentwicklung Interessierten dar. Es enthält viel mehr als nur Namen und Zahlen, die Darstellung der wichtigsten Verfassungs-Zusammenhänge könnte ihrerseits verständlicher nicht verfaßt sein. Das Buch ist daher auch für den juristischen Laien ausgesprochen lesenswert.

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