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"Geschichte des Rechts in Europa" von Uwe Wesel
Patrick Mensel
02.02.2012

Europäische Rechtsgeschichte: Die Wiederentdeckung der Religion

Eine Rezension zu:

Uwe Wesel

Geschichte des Rechts in Europa

Von den Griechen bis zum Vertrag von Lissabon

1. Auflage

C.H. Beck, München 2010, 734 Seiten, 38,- €
ISBN 978-3-406-60388-4

http://www.beck.de


Wenn Uwe Wesel ein Buch zur Rechtsgeschichte herausgibt, so sind nicht nur Juristen auf den neuen Titel gespannt. Schon seit Jahrzehnten hat sich Wesel mit seinen juristischen Werken, die sich auch ausdrücklich an Laien richten, einen Namen außerhalb der Fachwelt gemacht. Ebenso soll es mit seinem neuesten Buch der „Geschichte des Rechts in Europa“ sein, die von den Griechen bis zum „Fall Emmely“ reicht, jener Supermarktkassiererin, der wegen Unterschlagung zweier Getränkemarken gekündigt wurde.

Manch einen mag sicherlich verwundern, warum Wesel es gerade mit der als spröde empfundenen Rechtsmaterie geschafft hat, ein so großes Publikum anzuziehen. Maßgebliche Rolle dabei spielt sein unverkennbarer Sprachstil. Wesel hat es vollbracht, einen sprachlich eleganten und dennoch einfachen Stil zu kultivieren, der dem Leser viel Wissen anschaulich präsentiert. Es ist sein altes Patentrezept, das 1984 die „Juristische Weltkunde“ hervorgebracht hat, und auch im Jahr 2010 immer noch gut funktioniert: In der Einfachheit liegt ja bekanntlich die Vollendung, die Wesel in seinem Parallelband „Die Geschichte des Rechts“ sowohl unter Rechtskennern als auch unter Laien erreicht hat.

„Geschichte des Rechts in Europa“ ist mit seinen 734 Seiten ein opulentes Werk, das schon jetzt in den Rang eines Standardwerkes gehoben werden könnte. Wesel wagt, diese ganze ausufernde Materie in einem Buch zusammenzufassen, und reüssiert, da, wo andere sich nicht einmal getraut haben. Seine ihm so am Herzen liegende „übersichtliche Ordnung“ wird das ganze Buch über durchgehalten. In 11. Kapiteln werden von der Antike bis zum heutigen Tag das Zivil-, Strafrecht und Öffentliche Recht dargestellt. Besonders interessante Stellen für Laien sind die Darstellungen der Prozesse gegen Jesus, Sokrates oder Jeanne d‘Arc, wobei beim ersteren eine leider deutlich schlechtere Quellenlage zu konstatieren ist. Dafür ist die Verteidigung Sokrates ein großes Lesevergnügen, das Wesel durch eigene Worte gekonnt in Szene setzt. Die Trennung von Recht und Religion oder die Entstehung des „in dubio pro reo“-Grundsatzes werden anschaulich behandelt und dem Leser einprägsame Anekdoten an die Hand gegeben. Wichtiges Anliegen Wesels ist auch die Darstellung der Gleichberechtigung der Frau – unter besonderer Berücksichtigung des Familienrechts im 20. Jahrhundert – wobei schon im antiken Griechenland Ausführungen zu finden sind. Das Buch endet mit dem „Fall Emmely“, einer Kassiererin, die durch Unterschlagung zweier Bons ihren Arbeitsplatz verlor. Hier moniert Wesel, dass die Trennung von Religion und Recht, so wie er es in seiner eigentümlichen Sprachweise nennt, „Risiken und Nebenwirkungen“ beinhaltet. Die will Wesel nicht nur in der Kündigung Emmelys, sondern auch in der Finanzkrise oder der Umweltschädigung erkennen. So schafft er es den anfangs geschlagenen Bogen am Ende zu vollenden und Wechselwirkungen auszumachen, die unser zukünftiges Recht beeinflussen könnten.

Gesamteindruck:
Wesels neues Werk ist ein eindeutiges Muss für alle Juristen und Laien, die sich in einer einfachen Weise an der Geschichte des europäischen Rechts bilden möchten. Grundzüge, Tendenzen und Systematiken werden von Wesel gekonnt offen gelegt. „Die Geschichte des Rechts“ hat eine gute Ergänzung erhalten; beide suchen unter den rechtshistorischen Büchern ihresgleichen. Wesel bleibt seinem alten Stil in jeder Hinsicht treu. Das kann man als Leser nur zu schätzen wissen.

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