Nachdem mir ein befreundeter Rechtsanwalt schon vor zwei Jahren von seiner IBM Spracherkennungssoftware vorgeschwärmt hatte, war ich bislang immer skeptisch geblieben. Bis gestern. Denn heute hat mein Headset einen festen Platz auf meinem eigenen Arbeitstisch und kommt mit ViaVoice regelmäßig und mit wachsender Begeisterung zum Einsatz.
Der Einsatz von Sprachsoftware kostet am Anfang sicher Überwindung und Geduld. Nachdem ich meine Bedenken gegenüber diesem Medium jedoch abgelegt habe und einige Hinweise des Herstellers gewissenhaft beachte, möchte ich dieses Programm in meiner täglichen Arbeit heute nicht mehr missen. Die Geduld im Umgang mit ViaVoice belohnt das Programm mit immer höherer Zuverlässigkeit der Spracherkennung.
Lieferumfang:
Programm auf CD-ROM, Headset, Spezialvokabular, umfangreiches Handbuch (154 Seiten) sowie eine laminierte DIN A5 Seite mit wichtigen und alltäglichen Sprachbefehlen.
Installation:
Die Installation ist denkbar einfach und geht zügig vonstatten. Alle erforderlichen
Installationsschritte werden im Handbuch gut erklärt und ergeben sich bei der Installation auch praktisch von selbst. Die Oberflächen sind selbsterklärend gestaltet. Ich hatte den Eindruck, dass man gar nichts verkehrt machen konnte, so dass die gesamte Installation nach wenigen Minuten beendet war.
Die Installation des Vokabulars "Recht und Wirtschaft" lässt sich über einen Menupunkt innerhalb weniger Sekunden zum Grundwortschatz hinzufügen, so dass anschließend weitere 100.000 Worte mit Spezialausdrücken zur Verfügung stehen.
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Das Setup:
Auf die Installation folgte das Setup, in dem das Mikrofon und das Audiosystem konfiguriert werden. Hier begleitet Sie ein Assistent, der mit Ihnen auf sehr unterhaltsame und kurzweilige Weise die Grundeinstellungen vornimmt. Dieser Assistent (woodrow) steht Ihnen jederzeit mit Hilfe zur Verfügung. Hinzu kommt die Sprachanalyse, bei der durch Vorlesen eines vom Programm vorgegebenen Textes die Stimme, Betonung und Sprechgeschwindigkeit des Nutzers fest in das Programm eingelagert werden.
Stets begleitet Sie die verstellbare ViaVoice tool bar, die die schnelle Aktivierung der Spracherkennung oder Navigierung des PCs erlaubt. |
ViaVoice lässt eine Vielzahl eigener Einstellungen nach den individuellen Bedürfnissen des Nutzers zu:
Die Nutzung:
Zwei Nutzungsformen der Software lassen sich unterscheiden, die ViaVoice in gleichrangiger Weise dem Nutzer präsentiert:
- Die Erstellung von Texten in das so genannte "speak pad" oder direkt in eine geöffnete Anwendung (Word, Outlook, Excel).
- Die Steuerung der Funktionen des PCs (Internet, eMail).
Für welche konkrete Anwendung sich der Nutzer entscheidet, ist sicherlich Geschmacksfrage. Mir erschien die Erstellung von Texten als Alternative zum Diktieren auf Tonband am reizvollsten, so dass auch 90% meiner Nutzung hierauf entfallen.
Die Navigation des PCs mit Sprachbefehlen erscheint mir im Gegensatz zur Bewegung der Maus und dem "Klick" auf die Funktion, die den meisten Benutzern in Fleisch und Blut übergegangen sein dürfte, als etwas aufwändig. Hier soll wohl nicht die Zeitersparnis im Vordergrund stehen, sondern der Bedienungskomfort.
Die Nutzung im einzelnen:
In ViaVoice gibt es eine Vielzahl von sprechbaren Befehlen ("Sagen Sie, was sie sehen/denken!": z.B. "in Word diktieren", "weg damit", "im web surfen"), die selten Schwierigkeiten bereiten. Der gesprochene Befehl findet sich als Bestätigung in der "tool bar" zur Kontrolle wieder und wird, nachdem er erkannt wurde, im Bruchteil einer Sekunde umgesetzt.
Die Texterkennung ist zunächst eine Frage der Gewöhnung. Anfangs neigt der Nutzer (ich zumindest) dazu, verkrampft zu sprechen und unentwegt auf den Bildschirm zu starren. Hier liegt genau der große Fehler, der die Anwendung unnötig erschwert. Sprechen Sie mit ViaVoice konsequent ganz natürlich und ungezwungen. Je lockerer Sie sprechen, desto höher ist die Erkennung der Worte, der Spaß an der Sache und nicht zuletzt Ihre Konzentration auf die Inhalte Ihres Textes. Schließlich erwarten Sie von ViaVoice eine Arbeitserleichterung, die nur eintreten kann, wenn Sie sich an diese Empfehlungen des Herstellers halten.
Daher eine dringender Tipp: Schauen Sie erst am Ende des Diktats auf den Bildschirm und lassen Sie sich von dem Ergebnis Ihres Diktats überraschen. In meinem Fall sind die Worte und Sätze zu meiner regelmäßigen Freude richtig und vollständig formuliert worden. Mit Hilfe des juristischen Fachvokabulars lassen sich auch komplizierte juristische Texte zügig und zuverlässig erstellen. Ich habe teilweise sogar den Eindruck, dass die "geschäftsmäßigen" Texte ViaVoice leichter fallen als die umgangssprachlich formulierten.
ViaVoice erlaubt nach einigem Training des Programms und des eigenen Sprechverhaltens tatsächlich die sehr zuverlässige Erkennung des gesprochenen Wortes. Insbesondere die Erkennung zusammengesetzter Wörter wurde gegenüber der vorherigen Version wesentlich verbessert. Nach einigen Wochen der Benutzung stelle ich fest, dass der Einsatz von ViaVoice in meiner Einzelkanzlei eine wesentliche Erleichterung bei der Erfassung von Texten bietet.
Eine Ergänzung des Programms mittels digitalem Diktiergerät ist möglich. Leider hatte ich bislang keine Gelegenheit, diese meines Erachtens reizvolle Alternative zu testen.
Den meisten Nutzen bringt das Programm bei der Erledigung von Standardsachen. Bei spezielleren Sachen konnte ich mich bislang nicht von der Tastatur trennen. Wenn man während des Diktierens noch nicht genau weiß, was man sagen will, hat ViaVoice größere Schwierigkeiten den Text zu erkennen. Darauf ist dann eine aufwändige Nachbearbeitung des Textes erforderlich, die die Zeitersparnis gegenüber dem Selbsttippen auf nahezu 0 reduziert. Nebenbei wird die Aussprache diszipliniert und die Augen werden dadurch entlastet, dass der Blick nicht ständig auf den Monitor fällt.
ViaVoice lernt!
Sollten sich doch missverstandene Worte eingeschlichen haben, bekommt ViaVoice seinen großen Auftritt: die Fehlerkorrektur!
Die schnellste Methode der Korrektur von Dokumenten besteht darin, Sprechbefehle, Tastatureingaben und Mausaktionen miteinander zu verbinden.
- Suchen Sie nach dem Diktieren eines Absatzes oder des Textes nach missverstandenen Textstellen. Als besondere Funktion liest Ihnen ViaVoice den Text mit einer Computerstimme (wie man Sie von Anrufbeantwortern kennt) mit dem von Ihnen erlernten Sprachmuster vor. Sie können zuhören und mitlesen, woraufhin Ihnen kein Fehler mehr entgehen wird.
- Korrigieren Sie jedes missverstandene Wort, indem Sie es im Dokument anklicken und das richtige Wort und die richtige Schreibweise eingeben. Diese Eingabe kann manuell oder durch Aufrufen eines Korrekturfensters geschehen, aus dem Sie das gemeinte Wort per Sprachbefehl auswählen können.
Die Fehlerkorrektur ist das Herzstück von ViaVoice. ViaVoice wertet jedes Dokument nach neuen Worten aus und merkt sich den Wortlaut mit dem von Ihnen gesprochenen Text. ViaVoice lernt so auch, dass Sie einzelne Worte nicht jedes Mal 100% gleich aussprechen. ViaVoice lässt daher bei demselben Wort eine Toleranz zu, die es aus den von Ihnen gesprochenen Wortvariationen ermittelt. Sie können ViaVoice auch punktuell schulen. Sprechen Sie ViaVoice eine Liste mit Worten vor, die Sie oft verwenden. Oder geben Sie ViaVoice einen bereits erstellten Text zur Prüfung, aus dem ViaVoice sämtliche ihm unbekannten Wörter heraussucht und sich von Ihnen vorsprechen lässt. Hierdurch wird das zur Verfügung stehende Vokabular ständig erweitert.
Gesamteindruck:
ViaVoice ist eine hervorragende Ergänzung der bestehenden Eingabemedien. ViaVoice ist meines Erachtens nicht geeignet und auch nicht dafür gedacht, die Tastatur und Maus zu ersetzen. Das Programm stellt in jedem Fall eine Bereicherung und Erleichterung meiner Arbeit dar, und sorgt neben dem Schreiben und Lesen von Texten auch für angenehme Abwechslung.
