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Artikel 8804
Stefan Brutzer, Rechtsreferendar, Kassel/Marburg
03.02.2004

Bestandsaufnahme, Kritik und Reform

Eine Rezension zu:

Johannes Fechner

Die Aufsicht über den Privatrundfunk in Deutschland


Schriftenreihe zur Rechtssoziologie und Rechtstatsachenforschung
Herausgegeben von Prof. Dr. Manfred Rehbinder
Band 83


Duncker & Humblot, Berlin 2003, 150 Seiten, 56,- €
ISBN 3-428-10911-2

http://www.duncker-humblot.de


Die 2001/02 als Dissertation angefertigten Arbeit "Die Aufsicht über den Privatrundfunk in Deutschland" von Johannes Fechner hat den Anspruch, einen Beitrag zur Diskussion über die Reform der Sicherung der Rundfunkfreiheit und der Meinungsvielfalt zu leisten. Die zentrale Frage die Fechner dabei aufwirft, ist die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der Rundfunkaufsicht durch die Landesmedienanstalten nach dem gegenwärtigen Aufsichtsmodell.

Das in acht Kapitel untergliederte Buch beschäftigt sich im ersten Kapitel zunächst mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf dem Gebiet des Rundfunkrechts und stellt in einem zweiten Teil Grundlagen, Aufgaben, Rechtsform sowie den Aufbau und die Organe der Landesmedienanstalten dar. Daran schließt sich die Untersuchung der Arbeit der Landesmedienanstalten an. In Kapitel 2 prüft Fechner die Arbeit der Landesmedienanstalten anhand des Gebots der Staatsferne und kommt zu dem Ergebnis, dass die Landesmedienanstalten in erheblichen Maße dem Einfluss von Staat und Parteien unterliegen.

Einen Schwerpunkt der Arbeit bildet Kapitel 3 mit der Untersuchung der Aufsichtspraxis der Landesmedienanstalten hinsichtlich ihrer Effektivität. Dabei werden unter anderem die Zersplitterung der Aufsicht, die personelle Ausstattung und das Problem der Identifikation der Landesmedienanstalten mit den Interessen der Veranstalter behandelt. Darüber hinaus werden die überwiegend durch kooperatives Verwaltungshandeln wahrgenommene Aufsichtspraxis der Landesmedienanstalten und Effizienz der Konzentrationskontrolle thematisiert. Fechner kommt hierbei zu dem Ergebnis, dass die verfassungsmäßig gebotene Effektivität der Aufsicht derzeit nicht gewährleistet ist und die Landesmedienanstalten angesichts ihrer Aufsichtsaufgaben weitgehend kapituliert haben.

Dem schließt sich im vierten Kapitel eine Analyse der Globalisierung der Medienmärkte im Zuge der Entwicklung neuer Übertragungswege und neuer Medien, verbunden mit der Frage nach den zukünftigen Aufgaben der Aufsicht über den Privatrundfunk an. Kapitel 5 setzt sich sodann kritisch mit dem Kabelbelegungsmonopol der Landesmedienanstalten auseinander. Fechner kommt dabei zu dem Schluss, dass das bestehende Kabelbelegungsmonopol der Landesmedienanstalten bei der Vergabe der Kabelfrequenzen weder mit den Grundrechten der Kabelkunden, noch mit denen der Kabelnetzbetreiber und der Programmveranstalter vereinbar ist. Die finanzielle und personelle Ausstattung der Landesmedienanstalten steht im sechsten Kapitel im Mittelpunkt der kritischen Untersuchung, woraus Fechner ebenfalls Gründe für eine Änderung der Aufsichtsstruktur ableitet.

Die Untersuchung schließt mit einem Vergleich der deutschen Rundfunkaufsicht zu den Rundfunkordnungen von Großbritannien, Frankreich, den Vereinigten Staaten sowie von Kanada und einem Vergleich mit der Regulierung der Printmedien, Teledienste und Mediendienste in Deutschland (Kapitel 7).

Abschließend (Kapitel 8) arbeitet Fechner Alternativen zum bestehenden Aufsichtsmodell heraus, wobei er das Modell der "regulierten Selbstkontrolle" favorisiert und die Einrichtung einer zentralen Medienanstalt für die Aufsicht sowohl über den Rundfunk als auch die Telekommunikation in Form einer Gemeinschaftsanstalt von Bund und Ländern vorschlägt. Erforderlich dafür sei jedoch eine Änderung des Art. 87 f GG. Auf diese Art und Weise könne der Zersplitterung der Medienaufsicht entgegengewirkt werden und ein chancengleicher Zugang zu den Übertragungswegen und die Sicherung der Meinungsvielfalt gewährleistet werden.

Gesamteindruck:
Die Arbeit wendet sich insbesondere an ein fachkundiges Publikum und wird dabei dem eigenen Anspruch, einen Beitrag zur Diskussion über die Reform der Sicherung der Rundfunkfreiheit und der Meinungsvielfalt zu leisten, in jedem Fall gerecht. In der Beschreibung des gegenwärtigen Systems der Rundfunkaufsicht mit dem Aufbau und der Arbeitsweise der Landesmedienanstalten gibt die Arbeit eine gute Übersicht und nimmt eine genaue Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Aufsichtssystems in der Bundesrepublik vor. Teilweise scheint die Untersuchung jedoch zu eng am Beispiel einzelner Landesmedienanstalten wie der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg orientiert. Auch wenn die Kritik an der Effizienz der Arbeitsweise und an der Staatsnähe nur teilweise zu überzeugen vermag, bietet sie doch eine Reihe von Anknüpfungspunkten für eine kritische Auseinandersetzung und einer konstruktive Diskussion zur Reform der Rundfunkaufsicht in Deutschland. Leider sind schon jetzt erste Anzeichen zu erkennen, dass das Buch in der Zeit zwischen Fertigstellung (2001/02) und Veröffentlichung (Ende 2003) angesichts der schnellen Entwicklung an Aktualität eingebüßt hat. Dies betrifft jedoch nur den Teil der Arbeit, der sich mit der technischen Entwicklung sowie dem Stand der Diskussion auseinandersetzt und ändert nichts an der Aktualität und Qualität der fundamentalen Problemanalyse. Folgt man Fechner in seiner Kritik, so ist die Errichtung einer nationalen Medienaufsichtsbehörde nur die konsequente Folge, um zukünftig eine Meinungsvielfalt sicherzustellen.

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