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Artikel 7499
RA Ralf Hansen

Eine Übersicht über die zentralen Rechtsfragen des
Vertriebsrechts im Internet


Eine Rezension zu:

Andreas Ruff

Vertriebsrecht im Internet

Der Vertrieb und Fernabsatz von Waren und Dienstleistungen

Springer, Heidelberg 2003, 358 S., 39,95 €

ISBN 3-540-44362-2

http://www.springer.de


Das neue Werk gibt eine kompakte Übersicht über das Internetvertriebsrecht für alle Interessierten. Der Verfasser gibt dabei nach einer Einführung in die Funktionen des Internets im Teil B zunächst einen Überblick über den Begriff des E-Commerce und die verschiedenen Vertriebsformen sowie ihre wirtschaftlichen Funktionen. Erfreulicherweise bezieht der Verfasser dabei auch technische Gestaltungsaspekte in die Darstellung ein, da die rechtliche Beurteilung davon in einem nicht unerheblichem Maße abhängt. Die Anwendungsbereiche des E-Commerce werden üblicherweise nach den Beteiligten unterschieden. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt jenseits der Erfassung weiterer Vertriebsformen dabei auf B2B- und B2C-Vertriebsformen.

Teil C entfaltet die Grundprinzipien des Prozessrechts im Bereich des E-Commerce. Bereits hier zeigen sich erste Unterschiede in der rechtlichen Beurteilung von B2B- und B2C-Vertriebsformen. Die Darstellung berücksichtigt besonders intensiv die Grundlagen der EuGVO und stellt sie angesichts ihres Vorrangs gegenüber den Regeln der ZPO zunächst sehr verständlich dar. Sie bilden gleichsam auch die Grundlagen für die diesbezügliche Beurteilung des B2C-Bereichs. Insofern werden diesbezüglich insbesondere die verbraucherschutzrechtlichen Besonderheiten dargestellt, insbesondere anhand der Art. 15-17 EuGVO. Teil D wendet sich im Anschluss daran kollisionsrechtlichen Fragen zu, denen beim E-Commerce angesichts der Globalität der Vertriebsformen des Internets eine herausragende Bedeutung zukommt. Dieses Kapitel überzeugt schon durch eine klare Gliederung. Zunächst werden angesichts des Anwendungsvorrangs Fragen des UN-Kaufrechts behandelt, bevor sehr verständlich die Grundfragen der Art, 27, 28 EGBGB erörtert werden. Auch hier bestehen verbraucherschutzrechtliche Besonderheiten, die die Anwendbarkeit einer fremden Rechtsordnung durch ein international zuständiges Gericht erheblich beeinflussen können, da der nationale Gesetzgeber insoweit von einer erhöhten Schutzbedürftigkeit von Verbrauchern ausgegangen ist, wie insbesondere Art. 29 und 29 a EGBGB zeigen. Diese nicht ganz leicht zu verstehenden Normen werden hier sehr nachvollziehbar erklärt. Es spricht für die Qualität der Darstellung, das auch globale Regulationsrahmen wie das Gatt-Regime des WTO-Regelungskomplexes und auch das UNCITRAL-Modellregelungswerk zum E-Commerce wenigstens kurz dargestellt werden.

Teil E wendet sich dem wichtigen Bereich des eContracting zu. Auf den Vertragsschluss finden im Grundsatz die allgemeinen Regeln Anwendung, so dass insoweit eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Vertriebsformen unterbleiben kann. Eingangs wird zunächst einmal der typische Bestellvorgang dargestellt, an dem sich die Darstellung orientiert. Ohnehin ist es erfreulich, dass sich die Darstellung auch mit den Grundlagen der technischen Gestaltung auseinandersetzt, da diese die rechtliche Beurteilung erheblich beeinflussen können. Bereits die rechtliche Qualifikation der Warenpräsentation stößt auf Bedenken. Sie wird von der herrschenden Auffassung stets als invitatio ad offerendum angesehen. Der Verfasser differenziert und will dies für den nonfully E-Commerce zwar gelten lassen (weil die Abwicklung sich ähnlich wie bei einem "normalen Kauf" gestaltet), nicht aber beim fully E-Commerce, da die Abwicklung etwa beim Erwerb von Lizenzen für den Dateidownload auf dem Fuße folgt, insbesondere beim Einsatz von eCash. Es verwundert etwas, dass keine nähere Auseinandersetzung mit Vertragsschluss bei den allseits beliebten Versteigerungen im WWW erfolgt. Eingehend setzt sich die Darstellung hingegen mit den Formerfordernissen und der digitalen Signatur auseinander sowie der Anfechtung elektronischer Willenserklärungen auseinander. Nicht zuletzt für Betreiber von Internetshops von Interesse sind die Ausführungen über die Einbeziehung von AGB in den Vertrag, die gut erklärt wird.

Teil F wendet sich den allgemein geltenden Pflichten von Anbietern im elektronischen Geschäftsverkehr zu und erklärt insbesondere die aus § 312e BGB folgenden Pflichtenkreise in Verbindung mit § 3 BGB - InfoVO. Wettbewerbsrechtliche Folgen von Verstößen werden wenigstens kurt erwähnt. Teil G erklärt die spezifischen Pflichten des Anbieters im Fernabsatz, die das europäische Verbraucherschutzniveau insbesondere dadurch sichern, dass dem Verbraucher bestimmte Informationen zur Verfügung stehen müssen und zwar regelmäßig vor Vertragsabschluss. Der Schutzkreis beginnt mit der ersten visuellen Kontaktaufnahme und endet mit der Abwicklung des Vertrages. Die §§ 312 b ff BGB dienen der Umsetzung dieses europarechtlichen Schutzniveaus. Gut erklärt werden zunächst die Anwendungsvoraussetzungen des Fernabsatzrechts, auch in Bezug auf einzelne Vertragstypen. Von maßgeblicher Bedeutung sind die Unterrichtungspflichten, deren Darstellung derart systematisch ist, dass sie auch als Checkliste dienen kann. Der dritte wesentliche Regelungskomplex des Fernabsatzrechts ist die Möglichkeit der Vertragsauflösung aufgrund der Ausübung von Widerrufs- oder Rücktrittsrechten, zwischen denen dogmatisch keine Unterschiede mehr bestehen, ungeachtet gewisser Modifikationen bei Widerrufsrechten. Auch diese komplexe Materie wird sehr gelungen dargestellt, gefolgt von Ausführungen zum finanzierten Fernabsatzvertrag. Der Anhang bietet Rechtsgrundlagen und einige Muster.

Das neue Werk bietet einen sehr gelungenen Überblick über die verzweigten Elemente des Internetvertriebsrechts.

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