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Artikel 5865
Dr. Martin Bahr

Einführung ins Online-Recht für den juristischen Laien

Eine Rezension zu:

Tobias H. Strömer

Online-Recht

Rechtsfragen im Internet

3. Auflage

dpunkt.verlag, Heidelberg 2002, 508 S., 46,- €
ISBN 3-89864-146-5

www.dpunkt.de


Das bekannte und beliebte Werk liegt nunmehr schon in der 3. Auflage vor. Der Inhalt wurde vollständig überarbeitet und erweitert. Der Autor Tobias H. Strömer, Rechtsanwalt aus Düsseldorf, ist Internet-Jurist der ersten Stunde. Die 1. Auflage war eines der ersten Bücher in Deutschland, die sich mit dem Recht der Neuen Medien beschäftigt hat. Seine Homepage (www.netlaw.de) ist auch noch heute für alle Interessierten eine informative Anlaufstelle für diesen Themenbereich. Durch zahlreiche Referate, Seminare, Vorträge und Interviews für Rundfunk und Fernsehen hat sich der Autor bundesweit einen Namen gemacht.

Die bewusste Ausrichtung auf den juristischen Laien oder den thematisch weniger involvierten Juristen hat der Autor in der aktuellen Auflage - leider - noch verstärkt. Dass das Online-Recht inzwischen zu einer breitgefächerten, komplexen Materie mit einer zunehmend ausufernden Rechtsprechung geworden ist, belegt alleine die gestiegene Anzahl auf 500 Seiten sehr anschaulich. Mehr denn je ist es daher ein mutiges Unterfangen, dem Leser ein umfassendes Buch zum Internet-Recht zu präsentieren.

Thematisch deckt der Band sämtliche aufgeworfenen Fragen und Problemkreise ab. Er beginnt bei den Providern (Abgrenzung Tele-/Mediendienste, Verträge, Abrechnung, Internet-Telephonie). Etwas verwirrend ist, dass innerhalb dieses Unterabschnittes die Bereiche Newsgroups/Chats/Mailinglisten und Telefonsex/Dialogsysteme und Peepshows auftauchen. Ein sachlicher Zusammenhang mit dem Oberpunkt "Provider" ist hier für den Leser nicht ersichtlich. An dieser Stelle zeigt sich auch schon der nicht zu unterschätzende Nachteil des Bandes. Da der Autor die ganze Bandbreite des Internet-Rechts anspricht, sind viele seiner Ausführungen nur oberflächlich. Die Erläuterungen sind i.d.R. aus Platzgründen häufig sehr vereinfacht dargestellt und daher an manchen Stellen unvollständig oder gar missverständlich. So stellt Strömer anschaulich die bisherige uneinheitliche Rechtsprechungspraxis bei Telefonsex-Rechnungen dar. Nicht klar genug stellt er aber heraus, dass durch das Telefonsex-Urteil des BGH (MMR 2002, 91 = www.jurawelt.com/gerichtsurteile/zivilrecht/bgh/3862) dieser Streit nunmehr in diesem Punkt jedenfalls seinen endgültigen Abschluss gefunden hat.

In den weiteren Kapiteln werden das Domain-Recht und der Electronic Commerce angesprochen. Ein eigener Abschnitt ist den "Rechtsfallen beim Internetauftritt" (u.a. Impressum, SPAM u.a.) gewidmet. Dann setzt sich der Autor mit dem geistigen Eigentum im Internet auseinander. Er bestimmt zunächst die unterschiedlichen Rechte (Veröffentlichung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung usw.) und beschäftigt sich dann mit der Schutzwürdigkeit der einzelnen Werke.

Einen großen Bereich nehmen im folgenden die strafrechtlichen Aspekte ein. Hier beschäftigt sich Strömer zunächst mit den pornografischen Web-Angeboten. Beim Kapitel "Glücksspiel im Internet" sind die Ausführungen, auch für den juristischen Laien, zu stark verkürzt bzw. fehlerhaft. Es wird lediglich auf das Problem der Anwendung deutschen Strafrechts auch auf Auslandssachverhalte hingewiesen, jedoch ohne näher darauf einzugehen. Weder im Text noch in den Fußnoten findet sich ein Hinweis auf die doch inzwischen zahlreich vorliegenden erst- und oberinstanzgerichtlichen Entscheidungen zu Glücksspielen im Internet. Auch unterschlägt der Autor völlig, dass es mit der Gesetzesreform des § 284 StGB gerade die gesetzgeberische Absicht war, deutsches Strafrecht auch auf ausländische Gewinnspielveranstalter anzuwenden, wenn Deutsche an der Veranstaltung teilnehmen können. Vielmehr stellt er lapidar fest: "Es spricht mithin einiges dafür, dass der Betrieb eines Internetrechners (...) in Deutschland strafrechtlich nicht verfolgt werden kann. Es ist nicht auszuschließen, dass ein Staatsanwalt oder (...) ein deutsches Gericht anderer Ansicht ist." (S.297).

Ähnlich oberflächlich sind auch die allgemeinen Ausführungen zum anwendbaren Strafrecht. Während an anderer Stelle im Buch mehrfach auf das bisher einzige höchstricherliche Strafurteil (BGH, NJW 2001, 624 - "Auschwitzlüge" im Internet = www.jurawelt.com/gerichtsurteile/896) eingegangen wird, wird diese wichtige Entscheidung an diesem Punkt unverständlicherweise noch nicht einmal erwähnt.

Im Kapitel "Internet im Unternehmen" erläutert der Autor die arbeits- und betriebsverfassungsrechtlichen Probleme, die das neue Medium mit sich gebracht hat. Ein eigenes Kapitel ist hier der "privaten Internet-Nutzung" (E-Mail, Surfen) am Arbeitsplatz gewidmet.

Die weiteren Teile beschäftigen sich mit dem Datenschutz (WHOIS-Datenbank, Cookies, Remailer, Ausspähung von Daten), dem Umgang mit Netzbetreibern (TKV, AGB der ISP u.a.) und Verfahrensfragen (Abmahnung, einstweilige Verfügung, Abschlussschreiben, Gerichtsbarkeit, ICANN-Schiedsverfahren). Hier setzt sich der Autor mit dem in der letzten Zeit stark ansteigenden Problem der 0190-Dialer auseinander. Etwas verwirrend ist seine Anmerkung zum aktuellen Telefonsex-Urteil des BGH (MMR 2002, 91 = www.jurawelt.com/gerichtsurteile/zivilrecht/bgh/3862). Der Leser bekommt zunächst den Eindruck vermittelt, der BGH habe entschieden, dass dem Telefonnetzbetreiber auch dann ein Entgeltanspruch zustehe, wenn sich der Dialer unbemerkt installiert habe (S. 379 f.). Erst im folgenden (S. 381), wenn der Leser bis zu dieser Stelle vordringt, wird dieses Missverständnis ausgeräumt.

Auf 30 Seiten sind im Anhang die wichtigsten Gerichtsentscheidungen in Leitsätzen und Fundstellen wiedergegeben, zudem sind weitere wichtige Regelungen (DENIC-Status, UDRP-Regelungen u.a.) abgedruckt.

Leider zeigt sich schon beim ersten Lesen, dass dem Lektorat des Verlages so einiges an Fehlern entgangen ist. Im Fließtext finden sich eine Vielzahl von Rechtschreibfehlern wieder, immer wieder treten gerade für den juristischen Laien verwirrende Flüchtigkeitsfehler auf (so wird z.B. von 1090- anstatt von 0190-Nummern gesprochen, die StPO wird mit Stopp abgekürzt usw.), die Fußnoten sind z.T. unvollständig. Auch das Inhaltsverzeichnis ist nicht richtig, so fehlt z.B. gänzlich die Auflistung des Anhangs, der immerhin gut 50 Seiten umfasst.

Gesamteindruck:
Der Band hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Das Buch dürfte bei juristische Laien, allen voran Internet-Providern, WWW-Anbietern und E-Commerce-Betreibern, einen ähnlichen Anklang finden wie die vorherigen Auflagen, da es in gewohnt kompakter Form einen guten Überblick bietet. Für den Juristen, der einen ersten Einstieg in die Materie sucht, dürfte der Band - mit den oben genannten Abstrichen - ebenso empfehlenswert sein. Für Rechtsanwälte und sonstige Praktiker, die mit dem Online-Recht täglich zu tun haben, ist er dagegen kein taugliches Hilfsmittel. Überarbeitungsbedürftig sind auch die zahlreichen Lektoratsfehler, welche bei einem Preis von 46,- € doch ein wenig ärgerlich sind.


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