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Artikel 5497
Dr. Martin Bahr

Fundierte Darstellung zum Domain-Recht

Eine Rezension zu:

Tim Schumacher / Thomas Ernstschneider / Andrea Wiehager

Domain-Namen im Internet

Ein Wegweiser für Namensstrategien

Springer-Verlag, Berlin u.a. 2002, 231 S., 39,95 €
ISBN 3-540-42910-7

http://www.springer.de


Kaum ein Gebiet des Rechts der Neuen Medien hat so große Aufmerksamkeit erlangt wie das Domain-Recht. Dies ist auch wenig verwunderlich, betrifft es doch jeden, der eine eigene Homepage oder gar eine eigene Domain hat.

Die Autoren sind eingeweihten Kreisen nicht unbekannt. So schrieb z.B. Tim Schumacher schon 1999 seine Diplom-Arbeit zum Thema "Preisbildung im Handel mit Internet-Domainnamen" und ist Mitbegründer einer der ersten Handels- und Bewertungsplattformen (http://www.sedo.de) für Domains in Deutschland.

Das Werk beginnt mit einer knappen Klärung der wichtigsten Begriffe und einer Erläuterung der Internet-Infrastruktur. Teil 2 beschäftigt sich mit der Domain-Strategie. Hier stellen die Verfasser dar, wie Unternehmen durch die Registrierung freier oder den Ankauf bereits vergebener Domain-Namen an ihre Wunsch-Domain gelangen. Es wird die Strategie eines kompletten Domain-Portfolios angesprochen, das positive Auswirkungen auf das Firmenmarketing begründen soll.

In dem außerordentlich interessanten Kapitel "Domain-Registrierung" werden die unterschiedlichen Voraussetzungen hinsichtlich einer Domain-Registrierung präsentiert. Neben den generischen TLD ".com", ".net" und ".org" erläutern die Autoren die Beantragung nationaler TLD in Frankreich, Großbritannien, China, Russland, Skandinavien, Spanien, Süd- und Mittelamerika, Österreich, der Schweiz und den USA. Dabei offenbaren sich gewaltige Unterschiede. So können z.B. in Frankreich Privatpersonen nur eine Subdomain im Format "xy.nom.fr" bekommen. Lediglich Gewerbetreibenden und Unternehmen ist es möglich, eine freie ".fr"-Domain zu erhalten. Insgesamt fällt bei dieser vergleichenden Darstellung auf, dass Deutschland eines der wenigen Länder ist, in denen die Registrierung praktisch jeder Person ungehindert möglich ist und die einhergehenden Kosten äußerst gering sind. Es ist daher wenig verwunderlich, dass die ".de"-Domain mit zu den führen nationalen TLD gehört.

Dem Domain-Recht ist der größte Teil des Bandes gewidmet, nämlich etwa 80 Seiten. Zunächst werden die Ansprüche gegen die Domain-Nutzung durch einen Dritten angesprochen. Hierbei wird zwischen den namens- und kennzeichenrechtlichen Anspruchsnormen differenziert. Innerhalb des Namensrechts wird die Rechtsprechung hinsichtlich Städtenamen, Unternehmen und Privatmenschen analysiert. Es fällt auf, dass die Verfasser hier in den Fußnoten ausführlich die bisher ergangene Rechtsprechung nachweisen und beweisen ihnen damit, dass ihnen weit mehr als an einer bloßen, oberflächlichen Skizzierung gelegen ist. Natürlich werden hier auch die Auswirkungen des grundlegenden "shell.de"-Urteil des BGH angesprochen.

Eine ähnlich ausführliche Präsentation findet sich auch beim Kennzeichenrecht wieder. Einführend werden die Voraussetzungen für Marken und geschäftliche Bezeichnungen erörtert. Für die Anwendung des MarkenG bedarf es "der Benutzung im geschäftlichen Verkehr". Nach wie umstritten ist, ob dafür die bloße Reservierung einer Domain ausreicht oder ob diese auch im praktischen Sinne benutzt werden muss. Auch dieses Problem sprechen die Autoren fundiert an.

Die besondere Praxisnähe dieses Bandes belegen Schumacher / Ernstschneider / Wiehager im weiteren, wenn sie, gerade für den juristischen Laien wichtig, die Möglichkeiten einer vorherigen (Online-) Markenrecherche darstellen. Es schließen sich Ausführungen zu den wettbewerbs- und deliktsrechtlichen Ansprüchen an, insbesondere also die Themen Domain-Grabbing und Gattungsbegriffe, und welche Folgerungen sich daraus für die eigene Domainstrategie ergeben.

Ein lange Zeit ungeklärtes Problem war die Haftung der Vergabestellung und der Provider, wenn der jeweilige Registrant gegen geltendes Recht verstieß. Mit dem "ambiente.de"-Urteil des BGH ist auch dieses Problem weitgehend Geschichte. Auch hier verstehen die Autoren es, einen gut lesbaren Überblick über die bisherige Rechtsprechung zu geben.

Etwas knapp geraten ist der Punkt "Anwendbarkeit des deutschen Rechts", da hier die Rechtsprechung (anders als die Lehre) nach wie sehr uneinheitlich und unklar ist. Anders als die Verfasser dies behaupten, ist die sinnvolle Anwendung des "bestimmungsgemäßen Abrufs" noch keineswegs zu allen erst- und zweitinstanzlichen Gerichten durchgedrungen.

Im weiteren werden besondere wichtige Verfahrensfragen bei Rechsstreitigkeiten angesprochen (Abmahnung, einstweilige Verfügung, Klage), wobei auch hier die Darstellung ruhig ein wenig länger hätte sein dürfen: So wird kaum bzw. gar nicht die besondere Problematik der Streitwert-Ermittlung bei Domain-Auseinandersetzung angesprochen. Gerade dies ist ein Feld, das bisher kaum untersucht wurde und noch weiterer Nachforschungen harrt.

Sehr empfehlenswert sind im weiteren die strategischen Überlegen: Lohnt sich eine rechtliche Auseinandersetzung - oder sollte die Domain lieber gegen Entgelt erworben werden? Auch die Möglichkeiten des Domain-Sharings werden in diesem Zusammenhang vorgestellt.

Ein eigenes Kapitel ist dem ICANN-Schiedsgerichts- und dem Change-Verfahren gewidmet.

Der Band schließt mit einer Zusammenfassung zum derzeitigen Stand des Domain-Handels (Domainpreise, Domainbewertung, Domaintransfer) und der Zukunft des DNS. Auch hier wird der technische Laie etliche interessante neue Details (z.B. alternative Rootserver-Systeme, RealName-Systeme u.a.) erfahren.

Gesamteindruck:
Der Band ist - ohne zu übertreiben - eine der führenden Darstellungen zum Domain-Recht. Sein besonderer Reiz ist zudem, dass er sich nicht auf die bloße rechtliche Seite beschränkt, sondern einen gesamtheitlichen Ansatz wählt, in dem auch die ökonomische und unternehmerische Seite ausführlich Berücksichtigung findet.

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