Martin Bahr
Gute Einführung zum
Online-Werberecht Eine Rezension zu:
Sybille Heyms/Christiane Prieß
Werbung Online
Eine Betrachtung aus rechtlicher Sicht
Erich Schmidt Verlag, Berlin 2002, 266 S., 38,60 €
ISBN 3-503-06628-4
http://www.erich-schmidt-verlag.de
Die Autorinnen - beide Rechtsanwältinnen und somit Praktiker - widmen
sich einem ebenso interessanten wie spezialisierten Bereich des Rechts
der Neuen Medien: Dem Online-Werberecht.
Bei keinem anderen
Werk in der letzten Zeit habe ich beim Lesen und beim späteren
Rezensieren eine größere Ambivalenz verspürt.
Die über
50-seitige Einführung ist thematisch sehr breit geraten. Behandelt sie
doch sehr tiefgehend die unterschiedlichen Arten von Provider und die
rechtliche Einordnung des jeweiligen Vertrages (z.B. Webhosting, Server
Housing). Im Anschluss werden die wichtigsten Internet-Dienste (E-Mail,
FTP, WWW und "Diskussionsforen") kurz erläutert. Diese Einführung ist
gut geschrieben, es gibt keine langatmigen Passagen. Der Stil ist
locker, die Sprache leicht verständlich. Doch fragt sich der Leser ein
wenig, ob nicht die ersten 50 Seiten thematisch an einigen Punkten doch
ein wenig zu weit vom eigentlichen Thema entfernt sind.
Im
folgenden klären die Autorinnen zunächst die anwendbaren Regelungen. Es
beginnt mit dem IuKDG und setzt sich über das TKG und den MDStV fort zum
TDG.
Was ein wenig fehlt, ist die IPR-rechtliche Klärung, wann
denn überhaupt deutsches Wettbewerbsrecht auf einen Fall Anwendung
findet und wie die internationale Zuständigkeit zu bestimmen ist (nur
kurz wird das Herkunftslandprinzip nach § 4 Abs. 1 TDG in wenigen Sätzen
angesprochen).
Im folgenden zeigt das Werk aber seine besondere
Stärke. Die Autorinnen stellen wirklich umfassend die komplexen
Teilbereiche des Online-Werberechts dar. Es beginnt zunächst mit dem
großen Bereich des Kundenfangs (E-Mail- und SMS-Spamming,
Powershopping). Die wettbewerbsrechtliche Behinderung durch Meta-Tagging
und Deep-Linking schließt sich an. Dann werden die Fälle der Ausbeutung
und der vergleichenden Werbung angesprochen.
Nur sehr kurz
werden die Beispiele des § 2 UWG und § 3 UWG (irreführende Werbung,
Internetauktionen, Allein- bzw. Spitzenstellung) erörtert.
Einen großen Raum nehmen dagegen die speziellen Normen zum Schutz des
Wettbewerbs ein. Hier werden die Gewerbeordnung, Live-Auktionen und
Gewinnspiele angeboten. Auch werden die Regelungen zu besonderen
Produkt- und Berufsgruppen angesprochen.
Einen noch größeren
Raum nimmt die Präsentation der Immaterialgüterrechte in Anspruch. Allen
voran das Urheberrecht, wobei zunächst die einzelnen Besonderheiten des
urheberrechtlichen Werkbegriffs präsentiert werden. Hier gehen die
Autorinnen richtigerweise sehr ins Detail und problematisieren die
Urheberrechtsfähigkeit von Werbeslogans, Computerprogrammen, Sammelwerke/Datenbanken, Zitate, Sound-Files, Pixel, Bilder, Grafiken, Cliparts,
Software u.v.a. Anders als beim Wettbewerbsrecht wird hier der
internationale Anwendungsbereich (WIPO, Berner Übereinkunft u.a.)
geklärt. Als weitere Immaterialgüterrechte werden das Geschmackmuster-
und das Markenrecht angesprochen.
Die beiden restlichen großen
Teile des Werkes bestehen zum einen aus der Darstellung der Werbeformen
und der Vertragsfragen.
Bei den Werbeformen wird das Domain
Name-System und die Verantwortlichkeit der DENIC problematisiert
(Gattungsbegriffe, Tippfehler, Kennzeichen usw.). Die Darstellung
geschieht weitgehend durch Wiedergabe der Leitsätze der wichtigsten
Urteile. Die Autorinnen untergliedern hierbei jeweils nach der
sachlichen Zuständigkeit. Ist diese Form bei einer nur kurzen Aufzählung
überaus sinnvoll, so stößt sie bei mancher mehrseitigen Darstellung
schnell an ihre Grenzen. Die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit
leidet manchmal doch ein wenig unter dieser Konzeption.
Im
letzten Kapitel geht es vor allem um die Frage hinsichtlich
Vertragsschlüsse über das Internet, die Einbeziehung von AGB und die
Möglichkeit besonderer Vertragsarten.
Der Heyms/Prieß
dient als gute Einführung in den großen Bereich des Werberechts.
Aufgrund der Breite des Stoffmaterials bleiben die Autorinnen jedoch in
vielerlei Hinsicht nur an der thematischen Oberfläche. Eine
tiefergehende Auseinandersetzung findet nicht statt. Auch weiterführende
Literatur wird nur sehr selten geboten. Ein Beispiel soll dies
verdeutlichen: So schreiben die Autorinnen, dass bei Gewinnspielen
darauf zu achten ist, dass bei einem "Einsatz" eine staatliche Erlaubnis
notwendig ist - nichts weiter. Hier wäre z.B. sinnvoll gewesen,
wenigstens kurz die einschlägigen strafrechtlichen Vorschriften zu
erwähnen (§§ 284 ff. StGB) und zu definieren, was denn unter den Begriff
des Einsatzes fällt und was eben nicht.
Gesamteindruck: Natürlich kann eine Gesamtdarstellung, wie sie
von Heyms/Prieß angestrebt wird, immer nur Teilaspekte
berücksichtigen. An manchen Punkten sind die Erörterungen jedoch für den
in der Praxis tätigen Juristen zu allgemein gefasst. An vielen Stellen
begrenzen sich die Autorinnen auf eine reine Problemdarstellung - ohne
eine adäquate Lösung oder weiterführende Literatur anzubieten. Gerade
für Praktiker hat dieses Buch daher nur begrenzten Nutzen. Als
einführende Darstellung in das Online-Werberecht dagegen ist das Werk
sehr gut geeignet und bietet gerade dem juristischen Laien einen
ansprechenden Einblick in die wichtigsten Materien.
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