Martin Bahr
Interessantes Werk zu einem aktuellen Markenrechts-Problem
Eine Rezension zu:
Oliver Kairies
Markenrechtserschöpfung und Internetwerbung durch Parallelimporteure
Shaker-Verlag, Aachen 2001, 160 Seiten, 41,- €
ISBN 3-8265-8749-9
http://www.shaker.de
Die Dissertation von Kairies ist ein überaus gelungenes Werk zu einem top-aktuellen Thema. Nachdem der EuGH sich zu
dem Problem des Parallel-Imports vor kurzem geäußert hat (GRUR 2002, 156), steht es mehr denn je im Rampenlicht.
Die Arbeit teilt sich in zwei große Bereiche auf. Im vorderen Teil klärt der Autor sämtlich die markenrechtlichen
Problemkreise, im zweiten, hinteren Teil nimmt er zu den Fragen hinsichtlich des Angebots und Vertriebs der
parallelimportierten Markenwaren über das Internet Stellung.
Der Inhaber einer Marke hat grundsätzlich das ausschließliche Recht, die jeweils geschützten Produkte oder Dienstleistungen
zu bewerben und zu vertreiben. Gegenüber Dritten hat er ein Abwehr- und Unterlassungsanspruch. Nun besteht dieses Recht
nicht schrankenlos, andernfalls könnte der Markeninhaber in wettbewerbswidriger Weise den Handel mit der gekennzeichneten
Ware auf Dauer unterbinden. Insbesondere wäre ein Intra-Brand-Wettbewerb, also das Konkurrieren identischer Produkte des
gleichen Herstellers über den Preis, aufgrund der Unterlassungsansprüche des Markeninhabers ausgeschlossen. Ein paralleler
Vertrieb der gekennzeichneten Produkte über einen wettbewerbswidrigen Parallelimporteur wäre nicht möglich.
Um dieses Problem zu vermeiden, tritt als Regulativ im Wettbewerb die sogenannte Erschöpfungswirkung ein, d.h. ab einem
bestimmten Status bzw. Grad, wenn das Produkt in den Markt eingeführt ist, verliert der Markeninhaber seine diesbzgl.
abwehrrechtlichen Ansprüche.
Unter welchen Umständen und ab welchem Zeitpunkt genau dies der Fall ist, dieser Frage geht Kairies im ersten
Abschnitt nach. Da das MarkenG aufgrund einer EU-Richtlinie entstanden ist, setzt sich der Verfasser zunächst mit den
Erwägungen und Motiven der Markenrichtlinie auseinander. Dann beschäftigt er sich mit internationalen Abkommen, allen voran
dem Madrider Markenrechtsabkommen und dem Pariser Verbandsübereinkunft. Es schließen sich die Erörterungen zu TRIPS und GATT
1994 an. Auch die unterschiedliche Rechtsprechung des EFTAGH und des EuGH zu diesem Thema wird beleuchtet und einer
kritischen Würdigung unterzogen. Kairies kommt letzten Endes zu dem überzeugenden Ergebnis, dass zumindest nach
Verkehrseinführung im Bereich des Europäischen Rechtsraums eine Markenrechtserschöpfung eingetreten ist. Anders als bisher
in der Rechtsprechung angenommen, handelt es sich dabei um keinen Maximal-, sondern lediglich um einen Minimal-Standard.
Im zweiten Teil geht es vor allem um die Frage hinsichtlich des Domain-Namens. So untersucht Kairies zunächst, ob
aufgrund der eingetretenen Erschöpfung dem Parallel-Importeur ein Anspruch auf Nennung der Marke im Bereich der
Second-Level-Domain zusteht. Dies verneint der Autor grundsätzlich, denn dem Markeninhaber stehe aufgrund seines
Erstkennzeichnungsrechts das ausschließliche Recht zu. Jedoch kann der Importeuer die Marke als Teil seines Domain-Namens,
auch im Bereich der Second-Level-Domain, wählen. Dies ermögliche der Grundsatz der Markenrechtserschöpfung, wenn der
Parallel-Importeur einen herausstellenden Zusatz verwende. Auch die Nutzung der Marke in Form von Hyperlinks und Meta-Tags
sei zulässig.
Die Sprache von Kairies ist außerordentlich flüssig. Der Leser kann, auch aufgrund der überzeugenden, in sich
stimmigen Darstellung, der Abhandlung jederzeit folgen. In vielen Bereichen brilliert die Abhandlung aufgrund der einfachen,
aber dennoch in allen Bereichen überzeugenden Gliederung. Insbesondere im ersten Teil, wo der Autor den Grad und Umfang der
Erschöpfungswirkung herausarbeitet, besticht das Werk.
Gesamteindruck:
Eine überaus lesenswerte Dissertation zu einem top-aktuellen markenrechtlichen Problembereich. Zusätzlich behandelt es
bisher ungeklärte domainrechtliche Fragestellungen.
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