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Artikel 5184
Martin Bahr

Der urheberrechtliche Begriff der Öffentlichkeit

Eine Rezension zu:

Jan Kracht

Der Öffentlichkeitsbegriff des § 15 Abs.2 und 3 UrhG im Kontext neuer Mediendienste

- Unter Berücksichtigung rundfunkrechtlicher, telekommunikationsrechtlicher und internationaler Regelungen -

Shaker-Verlag, Aachen 2001, 173 Seiten, 39,50 €
ISBN 3-8265-9669-2

http://www.shaker.de


Nach § 15 Abs.2 UrhG hat der Urheber das ausschließliche Recht, sein Werk in der Öffentlichkeit wiederzugeben. Nach § 15 Abs.3 UrhG ist die Wiedergabe eines Werkes grundsätzlich dann öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist.

Die Dissertation von Kracht geht der Frage nach, inwieweit aufgrund der modernen Massenmedien, allen voran dem Internet, der Begriff der Öffentlichkeit neu zu bestimmen ist. Das Buch beginnt zunächst mit der Darstellung des Öffentlichkeitsprinzips vor Inkraftreten des § 15 UrhG. Hier greift der Autor vor allem auf die strafrechtliche Rechtsprechung zurück, die im Rahmen der Auslegung des § 166 StGB a.F. und des § 11 Abs.2 LUG erste, entscheidende Grundpfeiler für die Begrifflichkeiten festlegt hat. Ebenso wird die BGH-Rechtsprechung zu Lautsprecherwiedergaben von Hörfunksendungen in Hotelzimmern und die "Schallplatten-Espresso"-Entscheidung des LG Berlin angeführt. Schon hier offenbart sich, dass dem Autor der gesamtheitliche Betrachtungsansatz außerordentlich wichtig ist.

Spätestens bei der Erörterung des herkömmlichen Öffentlichkeits-Begriffs zeigt sich, wie angebracht und sinnvoll dieser Ansatz ist. Traditionell wird die Definition durch das Merkmal "eine Mehrzahl von unbestimmten Personen" festgelegt.

Zunächst widmet sich Kracht der rundfunkrechtlichen Seite. Hier beschäftigt er sich ausführlich mit dem Begriff der unbestimmten Vielzahl von Empfängern in Art. 5 Abs.1 S.2 GG sowie dem Begriff der Allgemeinheit in § 2 RfStV. Dabei werden alle bekannten Verteil-, Zugriff- und Abrufdienste genauestens betrachtet. Es schließt sich die Analyse des MStV, des Europäischen Fernsehübereinkommens und der EG-Fernsehrichtlinie an.

Dann zieht der Autor den Bereich des Telekommunikationsrechts heran. Dabei finden sowohl die Regelungen des TKG und TDG als auch des nationalen und internationalen Urheberrechts Berücksichtigung.

Aufgrund des systemübergreifenden Ansatzes vermag es Kracht der thematisch nur eng begrenzten Frage interessantes Leben einzuhauchen. Aufschlussreich sind seine Anmerkungen zu dem in der Rechtsprechung z.T. vernachlässigten Kriterium des gleichzeitigen Erreichens. Er arbeitet heraus, dass dies in der Praxis nicht alleine entscheidend sein kann, weil der gleichzeitige Abruf identischer Inhalte durch mindestens zwei Personen eher ungewöhnlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob auch ein nacheinanderfolgender Abruf genügt, um die Öffentlichkeit herzustellen.

Der Autor will die bisherige Beschränkung auf einen erweiterten Wiedergabebegriff abschaffen und vielmehr auf das Merkmal der unkörperlichen öffentlichen Verwertung abstellen. Zur Unterstützung dieser Argumentation zieht Kracht die in der jüngeren rundfunkrechtlichen Diskussion stattfindende Tendenz heran, sich von einem rein statischen Öffentlichkeits-Begriff abzuwenden. Stattdessen sollen funktionale, grundrechtsbezogene Kriterien über die Zuordnung entscheiden. Nach Ansicht des Autors gewährleistet nur eine solche Interpretation den umfassenden Schutz des Urhebers.

Gesamteindruck:
Eine lesenswerte Dissertation zu einem der Kernbegrifflichkeiten des deutschen Urheberrechts. Die gesamtheitliche Betrachtung macht die Darstellung besonders interessant.

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