Herzlich willkommen auf jurawelt.com

Zur neuen Webseite: jurawelt.com

Zum Forum: forum.jurawelt.com


Artikel 3488
Christoph Menzel

Dissertation zum Internetrecht

Eine Rezension zu:

Christoph Süßenberger

Das Rechtsgeschäft im Internet


Christoph Süßenberger, Frankfurt am Main, 263 S., 84,00 DM
ISBN 3-631-36847


Im Zeitalter einer zunehmenden Digitalisierung bzw. Vernetzung mit elektronischen Medien hat auch das Internet Einzug in die Haushalte wie auch in die wirtschaftlichen Überlegungen der Unternehmen gefunden. Der Ausbau des Netzes, als Folge einer Erhöhung der Übertragungsraten, schafft dabei ungeahnte wirtschaftliche Potentiale, der sich die Unternehmen nicht entziehen dürfen, wenn sie am Markt wettbewerbsfähig bleiben wollen. Infolge der zunehmenden Vernetzung schreitet damit auch die Bildung eines einheitlichen Marktes voran, in dem es auf räumliche Grenzen nicht mehr ankommt.

Traditionelle Vertragsschlüsse, Käufer und Verkäufer stehen sich physisch einander gegenüber, werden durch "den Mausklick" ersetzt. Einhergehend mit der Substitution der physischen Einigung über einen Kaufgegenstand durch den Mausklick stellt sich die Frage, welche rechtlichen Regelungen man auf die Geschäfte im Internet anwenden muß. Zum Zeitpunkt der Entstehung des Netzes gab es kein Regelwerk, welches versuchte, dieses an einer unkontrollierten Entwicklung aufzuhalten - ein vielbeschworenes sog. "Cyberlaw" existierte bzw. existiert auch bis dato noch nicht. Aus diesem Grunde muß deshalb versucht werden, das bestehende Regelwerk auf das Internet anzuwenden. Hier aber beginnen die Probleme und setzt die Dissertation von Süßenberger an.

Die Dissertation von Christoph Süßenberger setzt sich detailliert mit der Möglichkeit einer analogen Anwendung des bestehenden Regelwerkes auf das Internet auseinander und zeigt präzise die dogmatischen Ansätze auf, die sich mittlerweile in der Literatur herausgebildet haben und die alle auf unterschiedliche Art und Weise eine Problemlösung finden wollen. Der Verfasser geht dabei im einzelnen auf äußerst wichtige Fragen ein, wie z.B. ob es unterschiedliche Arten von Willenserklärungen gibt, ob der sog. Mausklick überhaupt eine rechtlich relevante Willenserklärung (als Grundlage des Rechtsgeschäfts) ist und wie zu verfahren ist, wenn es sich um eine fehlerhafte Willenserklärung bzw. einen fehlerhaften Mausklick handelt. In diesem Zusammenhang zeigt der Verfasser auch mögliche Formen einer Auslegung der "Willenserklärung", die in Form des Mausklicks abgegeben wurde, auf.

Desweiteren geht Süßenberger sehr detailliert auf die jüngste Entwicklung zur Einführung einer digitalen Signatur ein. Das am 01.08.1997 in Kraft getretene Signaturgesetz (SigG) ist ein Teil des Gesetzes zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste, kurz IuKDG. Das Gesamtpaket des IuKDG soll zusammen mit der SigV die Rahmenbedingungen für den Einsatz digitaler Signaturen im Rechtsverkehr schaffen und die Gewähr dafür bieten, daß digital signierte Willenserklärungen vor Fälschungen sicher sind. Das SigG sieht in diesem Zusammenhang einen sog. Zeitstempel vor, mit dem nachgewiesen werden kann, daß bestimmte digitale Daten zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen haben. Problematisch ist in diesem Zusammenhang allerdings wieder die Frage, ob die digitale Signatur die im BGB vorgeschriebene Schriftform gem. § 126 BGB ersetzen kann oder nicht. Sog. Zertifizierungsstellen sollen Signaturschlüssel vergeben, in denen die Zuordnung nachgewiesen werden kann. Da jedoch eine eindeutige Schriftformersatzfunktion auch der digitalen Signatur durch das neue SigG bisher nicht zugewiesen werden kann, und da es nach überwiegender Ansicht für die Urkundenqualität i.S.d. §§ 415 ff. ZPO einer Online Nachricht an einer aus sich heraus wahrnehmbaren Gedankenäußerung fehlt, kann sich unter Umständen der Vertragspartner auf das Nichtzustandekommen des Vertrages berufen.

Neben all diesen wichtigen Fragestellungen geht Süßenberger zusätzlich auf Fragen des Verbraucherschutzes, konkret in Form der Möglichkeit der Einbeziehung von AGBs im Internet, ein. Daneben wird die Anwendung des Haustürwiderrufsgesetzes, des Fernabsatzgesetzes sowie des Verbraucherkreditgesetzes auf Internetgeschäfte diskutiert.

Gem. § 2 Abs. 1 AGBG muß auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen spätestens zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausdrücklich hingewiesen und den Erwerbern, sofern es denn Nichtkaufleute sind, eine zumutbare Möglichkeit zur Kenntnisnahme gegeben worden sein. Die neuere Rechtsprechung hält dieses Erfordernis dann für nicht gegeben, wenn der Vertragspartner in der Kenntnisnahme der AGB unzumutbar lange in Anspruch genommen wird. Dagegen mehren sich die Stimmen in der Literatur, die es für ausreichend erachten, wenn bei Aufruf der Internetseite vor der Präsentation des Produktes oder auf dem Bestellformular die AGB im Volltext zur Kenntnis gegeben werden.

Eine Anwendung des Haustürwiderrufsgesetzes scheitert schon deshalb, weil es an dem sog. "Überrumpelungseffekt", also einer Überredung durch eine persönlich anwesende Person, fehlt.

In seinem abschließenden Fazit kommt Süßenberger letztlich auf die eingangs aufgeworfene Frage der Anwendbarkeit der althergebrachten Rechtsgeschäftslehre zu einem überwiegend positiven Ergebnis.

Die Begriffsdefinition der Willenserklärung, so wie sie seit Inkrafttreten des BGB im Jahre 1900 durchweg Anwendung findet, bedarf keiner neuen Definition hinsichtlich der "Internet-Willenserklärung". Ebenso möchte der Verfasser die Regeln über Stellvertretung, irrtümlich abgegebene Willenserklärungen analog der im BGB festgesetzten Regelungen auf Internet Geschäfte anwenden.

Handlungsbedarf sieht der Verfasser allerdings in dem im BGB deklarierten Schriftformerfordernis für das Zustandekommen eines Vertrages. Vielfältig sind dabei die Lösungsansätze, die einen Brückenschlag zwischen BGB und dem neuen "Zeitgeist", dem Internet, zu schlagen versuchen. Hilfreich, aber letztlich noch nicht völlig ausreichend, bewertet der Verfasser die Einführung des SigG. Das Vertrauen in das Medium Internet wird nicht dadurch größer, daß mit der elektronischen Signatur ein zweiter technischer Vorgang eingeführt wird, mit dem letztlich nur der erste authentisiert wird.

Wie aktuell und überaus wichtig die Dissertation von Christoph Süßenberger ist, läßt sich auch schon allein aus der erst kürzlich ergangenen Entscheidung des OLG Hamm (Urteil vom 14.12.2000 - 2 U 58/00, abgedruckt in: Der Betrieb, Heft 2 vom 12.01.2001, S. 88 ff.) ersehen. In dem zitierten Urteil ging es um die Frage, ob die Präsentation eines Kfz im Internet lediglich eine invitatio ad offerendum darstellt, oder es sich dabei um ein bindendes Vertragsangebot handelt. Das Gericht wertete die Freischaltung der Internetseite durch das vermittelnde Unternehmen "r.de AG" als rechtswirksam erklärtes Angebot im Sinne des § 145 BGB. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß die Freischaltung der Internetseite keine bloße invitatio ad offerendum, also ohne Rechtsbindungswillen abgegebene Erklärung, darstellt.

Insgesamt kann dem Verfasser der Dissertation ein großes Kompliment gemacht werden. In Anbetracht der Schwierigkeit der rechtlichen Behandlung der Internet-Geschäfte ist ihm wahrlich ein hervorragendes Werk gelungen.

Impressum | Datenschutz