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Artikel 9633
Florian Wörtz
01.10.2004

Praxisrelevante Habilitation

Eine Rezension zu:

Felix Hey

Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken


1. Auflage

C.H. Beck, München 2004, 385 Seiten, 50,- €
ISBN 3-406-52004-9

http://www.beck.de


In der Reihe Münchener Universitätsschriften erschienen ist die Habilitationsschrift des Canaris-Schülers Felix Hey "Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken". Im Rahmen der Globalisierung und der Rechtsprechung des EuGH steht das deutsche Gesellschaftsrecht in einem Wettbewerb mit ausländischen Gesellschaftsformen. Dieser Wettbewerb stellt das Gesellschaftsrecht durch sein Verlangen nach einer größtmöglichen Flexibilisierung vor neue Herausforderungen.

Die aktuelle Streitfrage lautet daher: Wie kann man Freiräume für die Vertragsgestaltung schaffen, wenn Rechtsprechung und Rechtsdogmatik hierzulande eher zu Regulierungen und Inhaltskontrollen neigen? In 8 Kapiteln wendet sich Hey von dem Gesellschaftsvertrag als Ausgangspunkt über die Einschränkungsmöglichkeiten der Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, zwingenden Schranken, Schutz der Selbstbestimmung hin zu den Instrumenten der Inhalts- und Ausübungskontrolle. Dabei stellt Hey den rechtsgeschäftlichen Charakter des Gesellschaftsvertrags heraus und zieht stets die Verbindung zur Vertragsfreiheit nach den Grundsätzen des allgemeinen Zivilrechts. Systematisch werden die einzelnen Beschränkungen untersucht, kritisch durchleuchtet und Alternativen aufgezeigt.

Schranken der Gestaltungsfreiheit müssen sich nach Heys Meinung intensiv darauf überprüfen lassen, ob sie der Regel der Anerkennung des Vertragskonsenses der regelungsbefugten Vertragsparteien Rechnung tragen. Grundlagen einer Einschränkung der Gestaltungsfreiheit sind seiner Meinung nach materielle Wertungen, die sich auf den Schutz der Gläubiger, der Mitglieder, vertragsexterner Interessen der Allgemeinheit und den Funktionsvoraussetzungen der Privatautonomie konzentrieren lassen. Die zwingende Ausgestaltung im Aktien- und Genossenschaftsrecht hält er mittlerweile für überholt und daher eine Reduktion des zwingenden Rechts für angebracht.

Im Fall der Hinauskündigungsklauseln kritisiert Hey die Rechtsprechung, die den Ausnahmecharakter der zwingenden Schranke des § 138 Abs. 1 BGB verkenne und einen zu weiten Anwendungsbereich eröffne. Die Inhaltskontrolle im Gesellschaftsrecht habe sich als ein höchst fragwürdiges Instrument zur Einschränkung der Gestaltungsfreiheit bei Gesellschaftsverträgen erwiesen. Hey plädiert daher, dass die Inhaltskontrolle durch die autonomienähere Lösung der Ausübungskontrolle ersetzt wird. Diese stütze sich auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs und der Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht. Aufgrund ihrer Flexibilität und Transparenz sei dieser Kontrollmechanismus anderen Schranken als autonomienäheres Instrument überlegen.

Das Buch zeichnet sich durch einen leicht lesbaren, angenehmen Schreibstil aus. Die einzelnen Kapitel werden zur Übersichtlichkeit weiter untergliedert. Zusammenfassungen am Ende der Kapitel und eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Untersuchung am Ende des Buches ermöglichen einen schnellen Überblick über die vorangegangenen Ausführungen für den eiligen Leser oder eine gedankliche Rekapitulation der Thesen für den Leser, der sich mit den Kapiteln eingehend beschäftigt hat. Wie bei einer Habilitationsschrift nicht anders zu erwarten ermöglicht eine Fülle an Fußnoten und Verweisen eine noch profundere Beschäftigung mit der Materie. Ein imposantes Literaturverzeichnis belegt eine umfangreiche Einbeziehung aller Literaturstimmen und legt nahe, dass in den unzähligen Fußnoten nicht nur einzelnen Vertretern großen Raum belassen wurde. Heys Werk darf deshalb ohne jeden Zweifel einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.

Gesamteindruck:
Eine Habilitationsschrift, die auch Praktikern unbedingt zu empfehlen ist und nicht Wissenschaft aus dem Elfenbeinturm darstellt. Auf dem für die Praxis so bedeutenden Gebiet wie die Gestaltungsmöglichkeiten in Gesellschaftsverträgen ist dieses Werk ein wichtiger Leitfaden zur Orientierung und Stütze.

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