Dr. Thorsten Kuthe
Systematische Darstellung des Übernahmerechts
Eine Rezension zu:
Zschoke, Christian O. / Schuster, Stephan
Handbuch zum Übernahmerecht
C. F. Müller Verlag, Heidelberg 2003, 390 S., 82,- €
ISBN 3-8114-0865-8
http://www.
cfmueller-verlag.de
Am 1. Januar 2002 ist das Wertpapiererwerbs- und
Übernahmegesetz in Kraft getreten. Seither sind vier Kommentare zu dem
Gesetz erschienen. Nunmehr liegt eine der ersten systematische Darstellungen zu der Thematik vor.
Einleitend wird zunächst die Entwicklung des Übernahmerechts
dargestellt, sowie Vorüberlegungen und Übernahmestrategien im Überblick
angesprochen. Danach wendet sich das Werk unmittelbar dem Kern der
Erläuterungen zu, dem Ablauf eines Angebotsverfahrens. Ausführlich wird die
Erstellung der Angebotsunterlage in ihren einzelnen Abschnitte beschrieben.
Ausgehend von dem typischen Aufbau einer solchen Unterlage (wie er auch aus
dem Muster im Anhang ersichtlich ist) werden die rechtlichen und
praktischen Fragen, die sich in jedem zu erstellenden Abschnitt einer
Angebotsunterlage stellen, besprochen. Die Darstellung wird dabei anhand
von Schaubildern ergänzt, welche die einzelnen Arbeitsschritte
zusammenfassen. Die Erläuterungen fassen die wesentlichen Informationen
übersichtlich und prägnant zusammen, häufig in Form von Auflistungen.
Knapp, aber gerade deshalb im Überblick gut lesbar und trotzdem umfassend,
wird auch aufgezeigt, welche Informationen bei einem Tauschangebot aufgrund
des Verweises in § 2 Nr. 2 WpÜG-AngebotsVO auf das VerkPrspG mit
aufzunehmen sind. Hilfreich sind auch für die praktische Gestaltung einer
Angebotsunterlage die Darlegungen darüber, was im Rahmen der Auswirkungen
auf die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage der Zielgesellschaft, deren
Geschäftstätigkeit, Arbeitnehmer und Geschäftsführung in einer
Angebotsunterlage ausgeführt werden sollte.
Anschließend wird erläutert, wie die Angebotsunterlage praktisch
weiter zu behandeln ist, also wie die Weitergabe an die BAFin erfolgt, wie
und was die BAFin prüft und wie anschließend die Angebotsunterlage
veröffentlicht werden muss. Auch die Möglichkeiten zur Änderung der
Angebotsunterlage werden behandelt.
Ein gesondertes Kapital ist dem Verhalten von Vorstand und
Aufsichtsrat der Zielgesellschaft gewidmet. Hier wird zusammengefasst
dargestellt, was bei der Stellungnahme des Vorstands zu beachten ist,
welche Veröffentlichungspflichten und Haftungsrisiken bestehen. Positiv
hervorzuheben ist, dass die Autoren dabei über die sich rein aus den
Vorschriften des WpÜG ergebenden Fragen hinausgehen und auch andere
rechtliche Probleme erläutern, die typischerweise in diesem Zusammenhang
anfallen. So wird der Meinungsstand zu der Frage, ob und in welchem Umfang
der Vorstand eine Due Diligence seitens eines (potentiellen) Bieters
zulassen darf, prägnant erläutert, ebenso wie die Thematik der Ad-hoc Publizität.
Kapitel E behandelt die Rolle der Hauptversammlung des Bieters und
der Zielgesellschaft. Hinsichtlich des Bieters werden die bekannten
Probleme im Zusammenhang mit dem Holzmüller-Urteil des BGH (auch bekannt
als Seehafen-Fall) erörtert. Bezüglich der Zielgesellschaft wird das Thema
Abwehr eines Übernahmeangebotes dargestellt.
Das Kapitel über Verfahren, Rechtsmittel und Sanktionen
konzentriert sich auf die entsprechenden Maßnahmen gegenüber bzw. von
Seiten der BAFin - das Thema der privatrechtlichen Auseinandersetzungen
wird hier nicht behandelt. Zunächst werden die Auskunfts- und
Vorlageverpflichtungen des Bieters und der mit dem Bieter verbundenen
Unternehmen gegenüber der BAFin dargestellt. Dies ist oft von erheblicher
Praxisrelevanz, insbesondere bei der Planung einer Transaktion sollte man
sich über die teilweise erheblichen Informationsrecht der BAFin im klaren
sein. Des weiteren werden kurz die wesentlichen Grundzüge des
Rechtsmittelverfahrens gegen Verfügungen der BAFin erläutert, die sich
jedoch nicht von allgemeinen Grundsätzen des verwaltungsrechtlichen
Rechtsmittels unterscheiden. In einem dritten Schritt wenden sich die
Autoren Sanktionen bei Verletzungen von Vorschriften des WpÜG zu, wobei
sich dies auf die Bußgeldvorschriften und den Rechtsverlust gemäß § 59 WpÜG
beschränkt. Ausführungen zu der mit großer Rechtsunsicherheit behafteten
Frage eventueller Schadensersatzverpflichtungen findet man an dieser Stelle
nicht.
Das letzte Kapital widmet sich schließlich dem Squeeze-Out gemäß §§
327a ff AktG. Da diese Normen zusammen mit dem WpÜG eingeführt wurden,
werden sie regelmäßig auch in Kommentaren / Büchern zum WpÜG mit erläutert,
obwohl der Squeeze-Out nicht zum Übernahmeverfahren nach dem WpÜG gehört,
auch wenn er sich einem solchen oftmals in der Praxis anschließen wird. Die
entsprechende Darstellung ist hier relativ kurz und kann lediglich einen
Überblick vermitteln.
Der umfangreiche Anhang enthält zunächst die Texte des WpÜG samt
der zugehörigen Rechtsverordnungen, der §§ 327a ff AktG und ein
Rundschreiben der BAFin vom 26. April 2002 betreffend die Ad-hoc Publizität
im Zusammenhang mit einem Übernahmeangebot oder einem Squeeze-Out. Des
weiteren finden sich Mustertexte für ein Kaufangebot und ein Tauschangebot.
Hierbei handelt es sich jeweils um eine vollständige Dokumentation für alle
notwendigen Veröffentlichungen im Zusammenhang mit einem Übernahmeangebot,
angefangen mit der Entscheidung zur Abgabe eines Angebotes über die
Angebotsunterlage, die Stellungnahme der Zielgesellschaft, die sogenannten
"Wasserstandsmeldungen" während der Angebotsfrist bis hin zur Mitteilung
über Zukäufe innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung des
Angebotsergebnisses. Die Angebotsunterlage enthält dabei Platzhalter bzw.
Musterformulierungen für verschiedene denkbare Fälle, etwa die
verschiedenen Möglichkeiten der Zurechnung von Stimmrechten oder typischer
Bedingungen. Schließlich sind im Anhang diverse Statistiken zum
Angebotsverfahren seit dem Jahr 1995 und der Vorschlag für eine
EU-Übernahmerichtlinie abgedruckt.
Insgesamt handelt es sich um ein für die praktische Arbeit im
Zusammenhang mit einem Übernahmeangebot hilfreiches Werk, zu dem der
Verfasser in Ergänzung zu den einschlägigen Kommentaren bei der täglichen
Arbeit gerne und häufig greift. Die Darstellung entspricht einer
Handlungsanleitung für die verschiedenen Situationen und Abschnitte eines
Übernahmeverfahrens und erlaubt den gezielten Zugriff auf thematisch
gebündelte Informationen. Negativ muss allerdings angemerkt werden, dass
beinahe 1/3 des Buches aus Anhängen besteht, von denen es sich zwar zu
einem Teil um - ohne Zweifel hilfreiche - Muster handelt, der übrige Teil
jedoch Gesetzestexte oder Statistiken sind. Hier wäre weniger mehr gewesen.
Trotzdem ist das Werk seinen Preis für den Praktiker wert.
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