Dr. Thorsten Kuthe
Grundlagen des Kapitalersatzrechts
Eine Rezension zu:
Oliver Schouler
Grundlagen des Eigenkapitalersatzrechts
Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main, 326 S.
ISBN 3-631-37766-5
http://www.peterlang.de
Das Recht der kapitalersetzenden Leistungen spielt sowohl in der Theorie
als auch in der Praxis des deutschen Gesellschaftsrechts eine große
Rolle. Zahlreiche Entscheidungen belegen die praktische Bedeutung.
Ebenso ist das Schrifttum kaum mehr zu übersehen. Allein an
Dissertationen gibt es jährlich in den letzten 25 Jahren mindestens eine
Neuerscheinung. Warum also noch eine Dissertation zu dem Thema? Um diese
Frage zu beantworten, muß man nur einen beliebigen Kommentar zum
GmbH-Recht zur Hand nehmen und sich dort mit den Grundlagen des
Kapitalersatzrechts beschäftigen. Schnell wird man feststellen, daß dort
alles andere als Klarheit herrscht. Diesem Zustand entgegenzuwirken hat
sich das vorliegende Werk zur Aufgabe gemacht.
Schouler stellt zunächst in einer Einführung Grundlagen und Entwicklung
des Kapitalersatzrechts dar. Nach diesem zwar notwendigen, aber wenig
spannenden Teil - Ähnliches kann man, ohne daß dies dem Autor
vorzuwerfen wäre, an zahlreichen Stellen lesen - wendet er sich der
Überprüfung der Grundlagen des Kapitalersatzrechts zu. Ausgangspunkt der
Überlegungen ist hierbei, daß nach einhelliger Auffassung das
Kapitalersatzrecht dem Gläubigerschutz dient. Diesem Grundansatz stimmt
Schouler - insofern wenig überraschend - zu. Dabei kommt er zu dem
zutreffenden Ergebnis, daß aus Sicht der Gesellschafter in der Krise im
wesentlichen der Grundsatz der Risikoverringerung dafür spricht, die
Gesellschaft weiter mit Fremdkapital und nicht mit Eigenkapital zu
finanzieren. Dies geht einher mit einer Risikosteigerung für die
Gläubiger. Da Gesellschaften aus ökonomischen Gründen einen gewissen
Anteil an Eigenkapital benötigen, erhöht eine (über ein Mindestmaß wie
das Mindestkapital hinausgehende) Finanzierung durch Fremdmittel das
wirtschaftliche Ausfallrisiko. Dieses Mißverhältnis von Risiken und
Chancen arbeitet Schouler ebenso überzeugend wie zutreffend als
Legitimation für das Kapitalersatzrecht heraus.
Anschließend beschäftigt Schouler sich mit der Frage, ob die sogenannten
Rechtsprechungsregeln zum Kapitalersatzrecht dogmatisch zulässig sind,
es sich also um eine zulässige Rechtsfortbildung handelt. Hierbei kommt
er zunächst zutreffend zu dem Ergebnis, daß eine Regelungslücke nicht
besteht. Überraschenderweise bejaht er anschließend trotzdem die
Zulässigkeit der Rechtsfortbildung. Wie an anderer Stelle (Kuthe, Die
Änderungen im System der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen, S. 35 ff) im einzelnen dargelegt, kann dem nicht gefolgt
werden.
In einem weiteren Schritt wird untersucht, inwiefern sich verschiedene
Erweiterungen und Begrenzungen des Grundtatbestandes mit der ratio des
Kapitalersatzrechts vereinbaren lassen.
Die Beschränkungen des Kapitalersatzrechts durch das
Kleinbeteiligtenprivileg in § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG und das
Sanierungsprivileg in § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG werden als systemwidrig
abgelehnt. Beides vermag im Ergebnis nicht zu überzeugen (vgl. dazu
ausführlich Kuthe, Die Änderungen im System der eigenkapitalersetzenden
Gesellschafterdarlehen).
Konsequent wird die Übertragung auf andere Rechtsformen wie die AG,
wobei es in diesem Rahmen nicht zu überzeugen weiß, daß bei der AG der
Herausnahme von Kleingesellschaftern zugestimmt wird, während dies für
die GmbH abgelehnt wurde. Zuzustimmen ist der Ablehnung der von Karsten
Schmidt vertretenen Auffassung, das Kapitalersatzrecht auch bei der OHG
und auf Komplementäre einer KG anzuwenden. Der Autor stellt überzeugend
heraus, daß dies mit der ratio dieses Rechtsinstituts nicht zu
vereinbaren ist, weil bei den entsprechenden Gesellschaftern eben keine
Haftungsbeschränkung eingreift, die zu einem Mißverhältnis der Chancen
und Risiken führen kann.
Insgesamt bereichert die behandelte Dissertation die umfangreiche
Literatur zum Kapitalersatzrecht um ein interessantes Werk, welches die
Grundlagen einmal in einer bisher aus deutscher Sicht noch nicht
vorliegenden Weise beleuchtet. Stringent und klar verständlich
geschrieben, regt es den an der Vertiefung der Materie und der
Beleuchtung der Grundlagen interessierten Leser zu eigenen Überlegungen
an.
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