Dr. Thorsten Kuthe
Übernahmerecht
Eine Rezension zu:
Roland Steinmeyer / Michael Häger
WpÜG: Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz mit Erläuterungen zum Minderheitenausschluss nach §§ 327a ff. AktG
Erich Schmidt Verlag, 2002, Berlin, 695 S., " 98,-
ISBN 3-8114-2245-6
http://www.erich-schmidt-verlag.de
Am 1. Januar 2002 ist das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz in Kraft
getreten. Nachdem zuvor die Bemühungen zur Schaffung einer
Übernahme-Richtlinie in Europa am europäischen Parlament (nicht zuletzt
wegen deutscher Widerstände) gescheitert ist, geht Deutschland hiermit
zunächst einen eigenen Weg. Da es bisher nur den (freiwilligen)
Übernahmekodex mit im Vergleich zum WpÜG rudimentären Regelungen gab,
entstanden in den ersten praktischen Anwendungsfällen schnell zahlreiche
Zweifelsfragen in der Auslegung und Anwendung des neuen Rechts. Neben der
umfangreichen Aufsatzliteratur - die Zeitschrift "Die Aktiengesellschaft"
hat etwa dem WpÜG ein komplettes Heft gewidmet - richtet sich der Blick der
Rechtsanwender unvermeidlich auf die ersten erscheinenden Kommentare.
Nachdem der Kommentar von Geibel/Süßmann hier den Anfang machte, liegt mit
dem Steinmeyer/Häger nunmehr ein Alternativwerk vor (inzwischen ist als
Dritter im Bunde der Kommentar von Haarmann/Riehmer/Schüppen erschienen).
Wie auch die beiden anderen Kommentare wurde der Steinmeyer/Häger von
Praktikern geschrieben (im Haarmann/Riehmer/Schüppen findet sich allerdings
auch mit Hommelhoff ein erster Kommentator aus der Wissenschaft), woraus
sich zugleich der Fokus der Darstellung ergibt: Im Vordergrund steht die
praktische Anwendung des Gesetzes und weniger die wissenschaftliche
Durchdringung von Struktur und Systematik.
Der Schwerpunkt auf der praktischen Seite zeigt sich durchgängig in der
Darstellung des Kommentars. So findet sich zu den zahlreichen
verfahrensrechtlichen Fragen im Zusammenhang sowohl mit dem WpÜG als auch
mit dem Squeeze-Out nach §§ 327a ff AktG eine Darstellung der zeitlichen
Abläufe und formellen Anforderungen. Besonders hilfreicht ist auch der
schematische Überblick über den Ablauf eines Angebotsverfahrens, der in
tabellarischer Form die komplizierten und im Gesetz unübersichtlich
geregelten zeitlichen Abläufe und verfahrenstechnischen Anforderungen
darlegt. Auch die verschiedenen Vorschriften der Verordnungen zum WpÜG
werden im einzelnen im Rahmen der jeweils zugehörigen Paragraphen des
Gesetzes erläutert.
Insgesamt bietet das Werk ein ambivalentes Bild: Die bisher in der
Literatur aufgeworfenen Zweifelsfragen werden in der Kommentierung
überwiegend aufgenommen und zumindest kurz einer Antwort zugeführt. Dabei
ist die Darstellung stets verständlich, übersichtlich und gut strukturiert.
Manche Frage im Rahmen komplizierterer Sachverhalte wird jedoch nicht
beantwortet. Wenn man dies bei einem Kommentar kurz nach der Einführung
eines neuen Gesetzes auch weder erwarten kann noch wird, so findet man
hierzu in den Konkurrenzwerken doch teilweise mehr. Andererseits ist das
Buch auch nicht mit langen Ausführungen zur Begründung einer Mindermeinung
befrachtet und setzt somit einen klaren Fokus auf die Repetierung der
gesetzgeberischen Intention und vertretenen herrschenden Auffassungen.
Insgesamt läßt sich festhalten: Wer einen Kommentar sucht, der die üblichen
Fragen bei der Anwendung des WpÜG übersichtlich beantwortet, ist hier zu
einem Preis, der deutlich unter dem der anderen Kommentierungen liegt, gut
bedient.
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