Dr. Thorsten Kuthe
Aktienrecht für Wissenschaft und
Praxis
Eine Rezension zu:
Günter Henn
Handbuch des Aktienrechts
7. Auflage
C. F. Müller Verlag, Heidelberg, 1153 S., 144,- Euro
ISBN 3-8114-2245-6
http://www.huethig.de
Der "Henn" liegt in der neuen Auflage vor und setzt
damit die Reihe der Standardwerke zum Aktienrecht fort, die 2002 in neuer
Auflage erschienen sind (andere, die hier zu nennen wären, sind etwa der
Handkommentar von Hüffer oder das RWS-Skript zur Höchstricherlichen
Rechtsprechung von Henze). Grund hierfür sind die zahlreichen Neuerungen im
Aktienrecht durch den Gesetzgeber, die eine häufig höhere
Aktualisierungsfrequenz als in früheren Jahren erfordern. Die 7. Auflage
des Buches ist auf dem Stand von August 2001, eingearbeitet wurden etwa das
Stückaktiengesetz, das Namensaktiengesetz, die europäische
Aktiengesellschaft sowie der Bericht der Baums-Kommission.
Henn bewegt sich mit seinem Buch in einer eigenen Kategorie zwischen
Lehrbuch und Kommentar: Einerseits wird teilweise im Unterschied zu reinen
Praktikerhandbüchern auch mit wissenschaftlicher Tiefe gearbeitet,
andererseits setzt Henn an praktischen Anforderungen orientierte
Schwerpunkte, so daß es sich nicht um eine umfassende Darstellung des
gesamten Rechts der Aktiengesellschaft handelt.
Ein erster Schwerpunkt des Buches, den es hervorzuheben gilt, bildet das 3.
Kapital über verbundene Unternehmen. Dieses schwierige und umfangreiche
Thema beleuchtet Henn unter verschiedenen Aspekten. Er erläutert die
Grundlagen des Rechts der verbundenen Unternehmen in den §§ 15 ff AktG, die
Unternehmensverträge, Zusammenhänge in verschiedenen strukturierter
Konzernen und Auswirkungen von wechselseitigen Beteiligungen. Auch die
Eingliederung und die Konzernrechnungslegung werden besprochen.
Gemäß dem Grundprinzip, daß das Werk sich an den Bedürfnissen der Praxis
orientieren will, nimmt die Einberufung und Abwicklung der Hauptversammlung
im 6. Kapital mit über 100 Seiten und zahlreichen Formularen im Anhang
breiten Raum ein. Thematisch werden die Einberufung der Hauptversammlung,
die Tagesordnung, Leitung und Durchführung der Hauptversammlung, die
Gegenanträge, Abfassung der Niederschrift, die Auskunftserteilung in der
Hauptversammlung sowie die Anfechtung und Nichtigkeit von Beschlüssen
behandelt. Mit der gesetzlich nicht geregelten Leitung und Durchführung der
Hauptversammlung beschäftigt sich Henn im Detail. Einen besonderen
Schwerpunkt legt er dabei auf Hinweise, wo Anfechtungsrisiken drohen. Im
Mittelpunkt stehen daneben viele im Gesetz oft ungeregelte, praktisch
jedoch für die Hauptversammlung von börsennotierten Gesellschaften jedoch
relevante Fragen wie das Teilnahmerecht von Gästen und Pressevertretern,
die Durchführung der Abstimmung, Aufnahme der HV auf Tonband durch einen
Aktionär oder die Ordnungsgewalt des Versammlungsleiters.
Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Darstellung zum
Auskunftsrecht der Aktionäre. Der Autor zeigt die allgemeinen Grundsätze in
Tatbestand und Rechtsfolgen im Zusammenhang mit dieser Problematik auf und
gibt dadurch Hilfestellung für den Umgang mit diesem praktisch wichtigen
Aktionärsrecht. Auch das Auskunftserzwingungsverfahren nach § 132 AktG wird
detailliert beschrieben, ein Muster für einen solchen Antrag ist im Anhang
abgedruckt.
Einen weiteren Schwerpunkt des Kapitals über die Hauptversammlung bildet
die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen. Erneut zeigt Henn nicht
nur übersichtlich die materiellen Voraussetzungen auf, sondern erläutert
auch die prozessualen Voraussetzungen und Abläufe einer entsprechenden
Anfechtungsklage.
Ebenso ungewöhnlich wie interessant ist das 12. Kapital, in dem sich Henn
mit der Thematik "Anteilseigner und Arbeitnehmer im
gesellschaftspolitischen Spannungsfeld" beschäftigt. Hier erörtert Henn die
verfassungsrechtlichen Grundlagen und die Reichweite der Mitbestimmung und
geht auf Einzelfragen zur Auslegung des Mitbestimmungsgesetzes 1976 ein.
Hierzu gehören auch die Ausführungen über die Position und Rolle von
Gewerkschaften. Darüber hinaus beschäftigt er sich umgekehrt auch mit den
Aktionärsvereinbarungen quasi als Spiegelbild zu den
Arbeitnehmervereinigungen und der Rolle der Kreditinstitute als
Stimmrechtsvertreter. Das entsprechende Kapital ist nicht nur
rechtspolitisch spannend, sondern bringt dem Leser auch die Grundlagen
verschiedener Regelungen und Dispute in der Rechtsprechung erfolgreich
näher.
Am Ende des Buches finden sich auch ca. 100 Anlagen. Es handelt sich
hierbei um in der Praxis verwendete Beispiele für Anmeldungen an das
Handelsregister, Bekanntmachungen und Mitteilungen etwa nach dem WpHG,
Unterlagen rund um die Hauptversammlung, Dokumente für
Organisationsvorgänge wie etwa eine Mustersatzung, Unternehmens- und
Umstrukturierungsverträge und sonstige Dokumente. Dabei finden sich
teilweise Vorlagen, an die man an anderer Stelle, etwa in
Vertragshandbüchern, kaum findet. Diese Mustersammlung ist von großem Wert
für die praktische Arbeit.
Insgesamt kann festgehalten werden, daß das Buch von Henn seinen Platz als
Standardwerk auch in der 7. Auflage behalten wird. Durch die Erläuterung
des gesamten Akteirnechts, wenn auch in Schwerpunkten, in Form einer
Monographie aus einer Hand erhält das Buch eine Sonderstellung. Wer sich
intensiv mit den Abläufen bei einer Aktiengesellschaft, sei es als externer
Berater, sei es als Inhouse-Council, befaßt, findet hier ein ebenso
hilfreiches wie interessantes Werk.
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