Dr.Thorsten Kuthe
Änderungen im
Eigenkapitalersatzrecht
Eine Rezension zu:
Wolfgang H. Barth
Der Anwendungsbereich des Eigenkapitalersatzrechts nach § 32a Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 GmbHG
Duncker & Humblot, Berlin 2001, 243 S., ? 64,-
ISBN 3-428-10324-6
http:// http://www.duncker-humblot.de
Das Eigenkapitalersatzrecht wurde 1998 in zwei wesentlichen Punkten
durch den Gesetzgeber eingeschränkt. Zum einen wurde in § 32a Abs. 3 S.
2 GmbHG durch das KapAEG die sogenannte 10%-Grenze eingeführt, und zum
anderen § 32a Abs. 3 S. 3GmbHG durch das KonTraG um das
Sanierungsprivileg erweitert. Die vorliegende Dissertation untersucht
diese Änderungen im einzelnen.
Hierzu gibt der Autor zunächst einen kurzen allgemeinen Überblick über
das Kapitalersatzrecht im 1. Kapitel.
Das 2. Kapitel widmet sich der 10% Grenze. Der Autor stellt zunächst den
Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung vor Einführung des § 32a
Abs. 3 S. 2 GmbHG durch das KapAEG und die Reaktionen in der Literatur
auf die Einführung dieser Gesetzesänderung dar. Anschließend erläutert
er seine eigene Beurteilung der Zielsetzung des Gesetzgebers und der
Vereinbarkeit mit der Dogmatik des Kapitalersatzrechts. Hierbei kommt
Barth - wenn dies auch nicht so deutlich benannt wird - zu dem
zutreffenden Ergebnis, daß Grundlage des Eigenkapitalersatzrechts die
gestörte Verteilung der Risken und Chancen ist, wenn er auch den Akzent
etwas anders setzt, als dies nach Auffassung des Rezensenten
richtigerweise der Fall ist (vgl. dazu im einzelnen Kuthe, Die
Änderungen im System der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen
- S. 23 ff). Barth kommt in seiner Analyse der Grundlagen des
Kleinbeteiligtenprivilegierung zu dem Ergebnis, daß es nicht auf den
Einfluß des Gesellschafters ankommt, sondern nur auf die Art seines
Interesses in der Gesellschaft. Demgemäß ordnet er die 10%-Grenze als
typisierte Unterscheidung zwischen Unternehmer- und
Anlagegesellschafter ein, mit dem Hauptaugenmerk auf dem subjektiven
Element. Barth schlägt eine teleologische Reduktion der Norm für die
Fälle vor, daß der Kleingesellschafter von der Krise Kenntnis hatte - in
diesem Fall hält er das Eigenkapitalersatzrecht entgegen dem
Gesetzeswortlaut für anwendbar.
Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Schon aus der Literatur und
Rechtsprechung zur Einbeziehung von Nicht-Gesellschaftern in das
Kapitalersatzrecht ergibt sich, daß der unternehmerische Einfluß - der
dort von der deutlich h. M. gefordert wird - notwendig und
ausschlaggebend für die Rechtfertigung des Kapitalersatzrechts ist (vgl.
dazu im einzelnen Kuthe, Die Änderungen im System der
eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen - S. 66 ff).
Anschließend geht Barth auf die Auslegung der einzelnen
Tatbestandsmerkmale der Norm und die Bestimmung des konkreten
Anwendungsbereich der Bestimmung ein. Folgt man dabei seinen
dogmatischen Grundüberlegungen, so sind die Ausführungen überzeugend und
stringent.
Im 3. Kapitel wendet sich Barth dem Sanierungsprivileg in § 32a Abs. 3
S. 3 GmbHG zu. Er folgt hierbei dem gleichen Aufbau in seiner Darlegung
wie im 2. Kapitel. Hier wird zunächst dargelegt, daß ein
Sanierungsprivileg wirtschaftlich sinnvoll ist und eine eigenständige
Funktion neben den bereits bestehenden Sanierungsmöglichkeiten durch ein
Insolvenzplanverfahren hat. Weiterhin wird erläutert daß die Übernahme
von Geschäftsanteilen durch Darlehensnehmer eine wichtige Möglichkeit
der Sanierung darstellt. Dem ist sowohl im Ergebnis als auch von der
überzeugenden Argumentation her zuzustimmen. Gleiches gilt für die
Vereinbarkeit mit den dogmatischen Grundlagen des Kapitalersatzrechts,
der Autor erläutert treffend, warum diese gegeben ist (vgl. im gleichen
Sinne Kuthe, Die Änderungen im System der eigenkapitalersetzenden
Gesellschafterdarlehen - S. 160 ff).
Anschließend wendet sich Barth den einzelnen Problemen bei der Anwendung
des Kapitalersatzrechts zu. Zunächst bestimmt der Autor den Kreis der
Darlehensgeber, welche die Privilegierung in Anspruch nehmen können.
Anschließend wendet er sich dem notwendigen Erwerb von Geschäftsanteilen
und den hierbei möglichen Fallkonstellationen in der Praxis zu. Danach
beschäftigt sich Barth mit Umfang und Inhalt der
Krisenüberwindungsabsicht. Ebenso wie der Rezensent kommt er hierbei zu
der Auffassung, daß eine weitestgehende Parallelität zu der
Sanierungswürdigkeitsprüfung bei § 826 BGB geboten ist.
Zum Abschluß seiner Untersuchung des Tatbestandes wendet sich Barth noch
einmal den gewährten Darlehen zu und diskutiert die Frage, inwiefern das
Sanierungsprivileg sich auf bestehende und neugewährte Kredite auswirkt.
Nachdem die Rechtsfolgen erläutert wurden, beschreibt der Autor die
Auswirkungen auf andere Fälle des Kapitalersatzrechts, insbesondere das
Zusammenspiel mit § 32a Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 GmbHG. Auch die
Anwendbarkeit auf andere Gesellschaftsformen wird untersucht, Barth
bejaht dies.
Insgesamt ist die Monographie gut lesbar und stringent aufgebaut.
Teilweise ist allerdings die Argumentation und Darstellung etwas knapp,
am ein oder anderen Punkt hätte sich der Leser eine etwas tiefere
Auseinandersetzung mit den Problemen gewünscht. Das Werk bietet sowohl
für die wissenschaftliche Diskussion interessante Ansätze und Ideen, als
auch Hinweise für die Lösung praktischer Probleme bei der Anwendung des
Kapitalersatzrechts im Zusammenhang mit der 10%-Grenze und dem
Sanierungsprivileg.
|