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Artikel 4847
Ralf Hansen

Aktuelle Probleme des Konzernrechts

Eine Rezension zu:

Hartwig Henze

Konzernrecht

Höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung

RWS-Verlag, Köln 2001, 186 S., € 39,-
ISBN 3-8145-0319-9

http://www.rws-verlag.de


Das deutsche Konzernrecht ist angesichts der wenigen gesetzlichen Regelungen weithin richterrechtlich geprägt. Daher ist bei einer angemessenen konzernrechtlichen Beratung diese Rechtsprechung maßgeblich heranzuziehen, die im wesentlichen durch Entscheidungen des II. Zivilsenats des BGH geprägt ist, dem der Verfasser angehört, der dort als Berichterstatter vornehmlich mit Fragen des Kapitalgesellschaftsrechts befaßt ist. Nicht zuletzt dieser Umstand erhöht das Interesse für diese ungemein lesenswerte Darstellung, da nur die Kenntnis der Spruchpraxis zu einer vernünftigen Einschätzung der Rechtslage führen kann. Das Skript bietet einen hervorragenden Überblick über diese Spruchpraxis, bezieht indessen richtigerweise auch die Entscheidungen der Oberlandesgerichte mit ein. Angesichts der Entwicklung des Konzernrechts systematisiert die Darstellung konzernrechtliche Fälle und dies in einer prägnanten Kürze, die angesichts der Präzision der Darstellung sehr beeindruckt.

Der Verfasser trennt die Darstellung nach der inzwischen üblichen Differenzierung in einen allgemeinen Teil des Konzernrechts und in einen besonderen Teil. Im ersten Teil werden zunächst die Grundbegriffe behandelt, ansetzend beim konzernrechtlichen Unternehmensbegriff, der Abhängigkeit und der Konzernarten. Die durch Konzernrecht ermöglichte gesellschaftsrechtliche Kontrolle wird unterschieden in Konzernbildungskontrolle und Konzernleitungskontrolle. Interessant sind dabei insbesondere die Ausführungen zur Konzernbildungskontrolle im abhängigen Unternehmen, die für den qualifiziert faktischen Konzern vollständig ungeregelt ist, und die Ausführungen zum Minderheiten- und Gläubigerschutz in der abhängigen Gesellschaft im Rahmen der Konzernleitungskontrolle, um zwei maßgebliche Aspekte von aktueller Bedeutung herauszugreifen. Zu begrüßen ist in diesem Zusammenhang, daß dies nicht abstrakt geschieht, sondern anhand konkreter Fallgestaltungen diskutiert wird, was die Materie erheblich transparenter macht, da diese Materie einen erheblichen „fallrechtlichen“ Einschlag hat. So wird bei der Konzernleitungskontrolle bei der GmbH - hier reichen die §§ 30 ff GmbHG zur Kompensation der Abhängigkeitslage nicht aus -, angesichts des Rückgriffs der immanenten Schranken der Treuepflicht das „ITT-Urteil“ des BGH eingehend diskutiert.

Die Darstellung des Besonderen Teils des Konzernrechts behandelt rechtsformspezifisch die jeweils in diesem Zusammenhang sich ergebenden konzernrechtlichen Probleme. Für die Praxis von besonderer Bedeutung ist hier das Konzernrecht der GmbH als beherrschter Gesellschaft, für die das Gesetz keine gesellschaftsrechtliche Regelung trifft. Entfaltet werden zunächst einmal die durch Richterrecht aufgestellten Regeln für den GmbH-Vertragskonzern. Bei derartigen Verträgen handelt es sich um gesellschaftsrechtliche Organisationsverträge, die angesichts ihres Grundlagencharakters der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen, was nach Auffassung des Verfassers aus Praktikabilitätsgründen entgegen Stimmen aus der Literatur auch für die Ein-Gesellschafter-GmbH gilt, ohne daß es auf die Unterschreitung der Kapitalziffer ankommt. Von besonderem Interesse sind natürlich die Ausführungen zur Haftung im faktischen GmbH-Konzern, der qualifiziert ist, wenn der zugefügte Nachteil oder Schaden aufgrund der Beherrschung ohne vertragliche Grundlage keiner bestimmten, nachvollziehbaren Weisung mehr zugeordnet werden kann und dadurch eine besondere Gefahrenlage kraft eigener Machtvollkommenheit des beherrschenden Unternehmens für die beherrschte Gesellschaft geschaffen wird. Derartige Konzernstrukturen sind rechtswidrig. Nahezu minutiös wird hier die Entwicklung der Rechtsprechung, die sich an §§ 302 f AktG analog anlehnt, seit „Autokran“ nachgezeichnet. Diskutiert werden sehr eingehend und übersichtlich etwa „Video“, „TBB“, „Tiefbau“, sowie weitere prägende Entscheidungen unter Einschluß der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte. Sehr eingehend werden dabei insbesondere auch die Rechtsfolgen der Erfüllung des konzernrechtlichen Haftungstatbestandes diskutiert, insbesondere der Verlustausgleichsanspruch analog § 302 I AktG. Vergleichbare Ausführungen auf ebenso hohem Niveau finden sich zu den Detailfragen des Aktienkonzern. Etwas kurz behandelt wird die Eingliederung. Der interessante Band schließt mit einem Entscheidungsregister, das dankenswerterweise auch die maßgeblichen Anmerkungen aufführt. Sicher eine der gelungensten Darstellungen dieser sehr verzweigten, wenig durchschaubaren und rechtlich sehr schwierigen Materie.

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