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Artikel 3521
Christoph Menzel

Eine Rezension zu:

Peter Hommelhoff/ Wulf Goette

Eigenkapitalersatzrecht in der Praxis

Peter Hommelhoff/ Wulf Goette, Köln, 141 S., 72,00 DM
ISBN 3-8145-9317-0

www.rws-verlag.de


Wer schon einmal etwas vom sog. Eigenkapitalersatzrecht gehört hat weiß, wie wichtig diese "Rechtsfigur" ist und welch große Bedeutung sie in der Praxis besitzt. Mit dem im Jahr 2001 von Peter Hommelhoff und Wulf Goette im RWS Verlag neu erschienenen Skriptum zum Eigenkapitalersatzrecht in der Praxis wird dies dem Leser noch einmal eindringlich vor Augen gehalten.

Das Skriptum erhebt für sich nicht den Anspruch eine Kommentierung zu dem Rechtsproblem des Eigenkapitalersatzrechtes zu ersetzen. Vielmehr legen die beiden Autoren wert auf eine der Praxis gerechten schnellen Informationsvermittlung. Deshalb steht auch im Vordergrund der Darstellung vor allem eine intensive Auseinandersetzung mit der zu diesem Rechtsproblem zahlreich ergangenen Rechtsprechung des BGH.

Das schon auffallend gut strukturierte und gegliederte Inhaltsverzeichnis vermittelt dem Leser einen guten Einstieg in die Problematik. Angefangen von dem im Gesellschaftsrecht vorherrschenden Grundsatz der Finanzierungsfreiheit über die nebeneinanderstehenden Rechtsprechungs- und Novellenregeln zeigen die Autoren alle weiteren Voraussetzungen des Vorliegens eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens auf. Notwendig ist das Vorliegen einer Krisensituation des Unternehmens sowie der Zeitpunkt der Entstehung der Krisensituation. Dies ist deshalb so wichtig, weil für die Anwendung des Eigenkapitalersatzrechtes auf den Zeitpunkt der Krise abgestellt wird und die Verstrickungsregelungen der §§ 30, 31 GmbHG analog und §§ 32 a, b GmbHG erst in diesem Zeitpunkt Anwendung finden. Darüber hinaus ist die Feststellung des Zeitpunktes auch für die sog. Alt- bzw. Neugläubiger hinsichtlich der Höhe ihres Schadensersatzanspruchs von Bedeutung.

Daneben zeigen Hommelhoff und Goette die verschiedenen "Spielarten" des Eigenkapitalersatzrechtes auf - neben den "normalen" Finanzdarlehen unterzog die Rechtsprechung schon sehr früh dem Eigenkapitalersatzrecht die Hingabe von Kreditsicherheiten z.B. in Form von Bürgschaftserklärungen und Gebrauchsüberlassungen (exemplarisch und sehr lehrreich hierzu die Lagergrundstück - Fälle des BGH). Dies wird durch eine Vielzahl von Urteilen der höchstrichterlicher Rechtsprechung belegt. Die Ausweitung des Eigenkapitalersatzrechtes wird von beiden Autoren meisterlich dargestellt.

Auf verwandte Erscheinungsformen des Eigenkapitalersatzrechtes, namentlich dem wirtschaftlich-funktional benachbarten Finanzplankredit gehen die beiden Autoren in einem sog. Exkurs ein. Die Autoren zeigen in einer überzeugenden Argumentation auf, daß auch das sog. Quasi Kapital, sog. Finanzplankredite, mit unter die Verstrickungsregelungen des Eigenkapitalersatzrechtes fallen müssen.

Im VI. bis VIII. Teil des Skriptums gehen die Autoren auf den anzuwenden Personenkreis, das zweistufige Schutzsystem und die Anwendbarkeit bei anderen Gesellschaftsformen, wie z.B. der GmbH & Co. KG, ein. Grundsätzlich unterliegen die Gesellschafter der Verstrickung, wenn sie nicht rechtzeitig das an die Gesellschaft überlassene Darlehen wieder abgezogen haben. Dritte unterliegen im Regelfall nicht dem Eigenkapitalersatzrecht. Der Anwendungsbereich wurde aber von der Rechtsprechung vor dem Hintergrund der Umgehung der Eigenkapitalersatzvorschriften durch Gesellschafter mittels der Einschaltung von Dritten auch auf diese ausgeweitet. Dies betrifft z. B. den Fall, in dem die Ehefrau eines Gesellschafters der Gesellschaft ein Darlehen mit Mitteln des Gesellschafters gewährt hat. Darüber hinaus findet die Regel auf verbundene Unternehmen Anwendung. Um der drohenden Umgehung durch die Gesellschafter und dem Entzug seiner Finanzierungsverantwortung bzw. Finanzierungsfolgenverantwortung vorzubeugen, wendet die Rechtsprechung die sog. wirtschaftliche Betrachtungsweise an.

Das die Kapitalerhaltung prägende Schutzsystem wurde bis zur GmbH Novelle von 1980 durch eine analoge Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG sichergestellt. Nach Verabschiedung der GmbH Novelle stellte die Rechtsprechung mit den sog. Novellen Regeln, §§ 32 a, 32 b GmbHG, auf einen konkursrechtlichen, § 135 InsO, Lösungsansatz ab. Seitdem gelten beide Systeme als nebeneinander anwendbar. Sie ergänzen einander und tragen dem Kapitalerhaltungsgrundsatz Rechnung.

Seine für die zunächst nur für die GmbH entwickelte Rechtsprechung wendete der BGH auch auf andere Rechtsformen an, wie z.B. die GmbH & Co KG. Damit wurde auch für diese Personengesellschaft das kapitalgesellschaftsrechtliche Instrumentarium der Kapitalerhaltung "aktiviert".

Aktuell ist das Thema des Eigenkapitalersatzrechtes erst wieder durch die kürzlich ergangene BGH Entscheidung vom 29.05.2000 zum Balsam Procedo Fall, DB 2000, S. 1455, geworden. Die Entscheidung wurde von Seiten der Literatur kritisch, in der seit 1987 gefestigt erscheinenden Rechtsprechung zu diesem Problemkreis, hinterfragt. Der Tenor der Entscheidung des BGH bestand darin, einen einmal wegen Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 GmbHG entstandenen Erstattungsanspruches einer GmbH gem. § 31 Abs. 1 GmbHG nicht entfallen zu lassen, auch wenn das Stammkapital nach der verbotenen Auszahlung wieder aufgefüllt worden sei. Die Entscheidung bricht mit der bisher ergangenen Rechtsprechung. Teile der Literatur wollten, ausgehend von diesem Urteil, darin auch Ausflüsse auf die eigenkapitalersetzenden Darlehen sehen, was widerum handelsbilanzielle und steuerrechtliche Folgen haben würde.

Insgesamt macht das Skriptum einen überzeugenden Eindruck. Die klare und systematische Gliederung erlaubt es, sich in ein äußerst schwieriges, dafür aber sehr praxisrelevantes Thema einzuarbeiten. Der im Volksmund verwendeten zynischen Formel "G(ehste) m(it) b(iste) H(in)" kann durch Einarbeitung in das Skriptum begegnet werden. Leider muß der interessierte Leser mit DM 72,00 etwas tief in die Tasche greifen.


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