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"Münchener Anwaltshandbuch Bank- und Kapitalmarktrecht" von Andreas Fandrich / Ines Karper (Hrsg.)
RA Dr. Jürgen Niebling
06.11.2012

Neues Werk

Eine Rezension zu:

Andreas Fandrich / Ines Karper (Hrsg.)

Münchener Anwaltshandbuch Bank- und Kapitalmarktrecht


1. Auflage

C.H. Beck, München 2012, 790 Seiten, 139,- €
ISBN 978-3-406-61392-0

http://www.beck.de


Der jetzt erschienene Band zum Bank- und Kapitalmarktrecht, herausgegeben von Fandrich und Karper, macht neugierig, gibt es doch noch kein knappes und zugleich auf die Bedürfnisse der Praxis ausgerichtetes Werk.

Hierbei werden alle wichtigen nicht nur für die Anwaltstätigkeit relevanten Gebiete mit dem jeweiligen prozessualen Besonderheiten konzentriert und gut strukturiert dargestellt. Beginnend mit den Grundlagen, der Bankenaufsicht, über die Geschäftsverbindung Bank und Kunde, dem Zahlungsverkehr, Kreditverträgen einschließlich Insolvenz, Kreditsicherheiten (über 220 Seiten), dem Recht der Kapitalanlage bis hin zu den steuerlichen Bezügen einschließlich Steuerhinterziehung deckt der Band alle wesentlichen Themen ab und eignet sich so sowohl als Lehrbuch wie auch als Nachschlagewerk. Zielgruppe sind nicht nur die in diesem Fachgebiet tätigen Rechtsanwälte, sondern auch alle, die Einstieg oder Vertiefung in dieses zunehmend wichtige Rechtsgebiet suchen. Hierbei sind die zahlreichen Checklisten, Formulierungsvorschläge, Muster und Praxistipps sehr förderlich, denn sie dienen nicht nur dem Verständnis, sondern können auch fehlervermeidend zu einem zielgerichteten Vorgehen beitragen.

Den Autoren, überwiegend bankenvertretende Anwälte aus Stuttgart und ein Regierungsrat aus der Bankenaufsicht, gelingt es so, auch komplexe Themen anzupacken und systematisch präzise anhand der aktuellen Bedingungen zu beleuchten.

Im Einzelnen:
Bei den "Grundlagen" wird weitgehend darauf verzichtet, die wissenschaftliche Diskussion nachzuzeichnen, auch fehlen umfassende Literaturnachweise, jedoch wird die Rechtsprechung in der Vordergrund gerückt und sehr übersichtlich veranschaulicht. Hinsichtlich der Rechtsschutzversicherung wird zurecht darauf hingewiesen, dass Ausschlussklauseln§ in den Rechtsschutzbedingungen gegen das Transparenzgebot verstoßen können. Auch hier ist der Praxistipp, den Mandanten auf diese Probleme möglichst frühzeitig hinzuweisen, selbstverständlich, richtig ist auch, dass die Einholung einer Deckungszusage (gerade in solchen Fällen) eine eigenständige Angelegenheit ist, die eine Gebühr auslöst. Allein ein Hinweis auf BGH v. 13.12.2011, VI ZR 274/10, würde die gute Darstellung noch abrunden.

Bei den Rechtsbeziehungen des Kunden zur Bank wird ein Kontrahierungszwang grundsätzlich zutreffend abgelehnt und auf das P-Konto ausgedehnt. Zu ergänzen wäre hier, dass formularmäßig keine Gebühren für die Umwandlung eines Girokontos in ein P-Konto verlangt werden dürfen (OLG Bremen, VuR 2012, 317; OLG Dresden VuR 2012, 318) . Klauseln, die Entgelte für Leistungen umfassen, die von der Bank nach dem Vertragszweck unentgeltlich zu erbringen sind, sind insgesamt unwirksam (BGH v. 8.5.2012, XI ZR 437/11 - Auslagenklausel; BGH NJW 2001,1419).

Insgesamt zu knapp sind die Aufführungen zu den Banken AGB. Die Differenzierung Preishauptabreden/Preisnebenabreden, die auch von der Rechtsprechung gelegentlich herangezogen wird, hilft hier nicht weiter. Entscheidend ist doch, ob kraft Gesetzes davon auszugehen ist, dass die Leistung der Bank unentgeltlich sein soll oder von dieser als Nebenpflicht (ohnehin) geschuldet wird. Wird die Bank zur Erfüllung eigener Pflichten oder für eigene Zwecke tätig, so kann hierfür ein Entgelt auch im Ergebnis nicht verlangt werden. Anlehnungen an die (überholte) Rechtsprechung, es komme darauf an, ob eine Preis- oder eine Preisnebenabrede vorliege, führen hier wirklich nicht weiter.

Wichtiger wäre die Frage, was von der Bank ohne die Klausel geschuldet wäre. Insoweit werden einige Beispiel aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgeführt. Besser als die gewählte Systematik wäre es jedoch, im Rahmen alphabetischer Stichworte die aktuelle Rechtsprechung zu erläutern und Hinweise auf Literatur und Übersichtsaufsätze auszuweiten. §

Zu ergänzen: Ob der Insolvenzverwalter an die AGB gebunden ist, richtet sich nach §§ 116, 115 InsO und ist unzweifelhaft, wenn der Insolvenzverwalter in den Vertrag eintritt.

Eine ergänzende Vertragsauslegung – hier gar nicht angesprochen – kann bei der Unwirksamkeit von AGB grundsätzlich nicht erfolgen, da hierdurch das Risiko der Verwendung ähnlich einer verbotenen geltungserhaltenden Reduktion teilweise auf den Vertragspartner verlängert würde (keine ergänzende Vertragsauslegung auch bei Preiserhöhungsklauseln: BGH v. 29.4.2008, KZR 2/07 Gassondervertrag; zu Preiserhöhungsklauseln in Dauerschuldverhältnissen auch: BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 38/05 = NJW-RR 2005, 1717; BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06 = NJW 2007, 1054; BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06; hierzu zu Unrecht kritisch v. Westphalen, MDR 2008, 424). Bei Zinsänderungsklauseln kann dies jedoch zu Gunsten des Kunden durchbrochen werden: Zum Prämiensparvertrag hat der BGH eine ergänzende Vertragsauslegung zu Gunsten des Kunden vorgenommen (BGH v. 13.4.2010 – XI ZR 197/09, VuR 2010, 267 mit Anmerkung Niebling = BGH MDR 2010, 759 = WM 2010, 933 = MDR 2010, 933 (LS)), soweit die Zinsänderungsklausel unwirksam ist. Zinsänderungsklauseln bei Prämiensparverträgen unterliegen der Inhaltskontrolle und wurden in 2 Fällen vom BGH (zurecht) beanstandet. Schwieriger war hier die Frage, wie die Lücke zu schließen war. Insoweit kam ausnahmsweise eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht durch Heranziehung von Zinssätzen, die dem konkreten Prämiensparvertrag möglichst nahe kamen (BGH v. 13.4.2010, XI ZR 197/09 = VuR 2010, 267; BGH v. 21.12.2010, XI ZR 52/08). Auch Sparkassenentgelte, die „nach Marktlage und Aufwand und billigem Ermessen“ festgelegt werden, sind unwirksam (BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08 m. Anm. Niebling, NJ 2009, 333). Insoweit ist dieser Bereich ein wenig zu knapp erläutert.
§§ §
Zurecht wird auch das UKLaG erläutert, da Bankenkunden nur sehr selten Banken-AGB gerichtlich beanstanden. Hier wäre deutlicher auf die Rechtsfolgen einzugehen: Bei einer erfolgreichen Unterlassungsklage kann die Bank auch gegenüber ihren Kunden verpflichtet werden, sich nicht mehr auf die unwirksame Klausel zu berufen (zur Drittwirkung zuletzt: Stadler/Klöpfer VuR 2012, 343).

Sehr praxisrelevant ist auch die Pfändung des Girokontos. Unrichtig ist hier allerdings die Auffassung, die Herausgabe der Kontoauszüge könne nicht gepfändet werden; das Gegenteil hat der BGH mehrfach entschieden (zuletzt BGH v. 23.8.2012, VII ZR 44/11). Richtig ist dagegen, dass bei einer geduldeten Überziehung (in Abgrenzung zum Dispo-Kredit) eine Pfändung nicht möglich ist. Zu ergänzen wäre hier die Frage, ob in einer eidesstattlichen Versicherung auch ein debitorisches Konto anzugeben ist.

Zur Vorfälligkeitsentschädigung nach § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB wird zwar zurecht darauf hingewiesen, dass die Berechnungswege nicht gesetzlich vorgegeben werden sollten, zugleich aber der Kontrolle der Gerichte unterlägen. Insoweit hätte es sich hier angeboten eine Musterberechnung einzufügen.

Gesamteindruck:
Es würde den Rahmen dieser Besprechung sprengen auf jedes Kapitel einzugehen. Stichproben haben jedoch das vorstehende Bild bestätigt: Die Ausführungen sind gut strukturiert und durchweg hilfreich und um Ausgleich bemüht, obwohl die Autoren überwiegend Banken vertreten. Was die Aktualität und den Tiefgang angeht, besteht Nachbesserungsbedarf. Es ist zu wünschen, dass die Ausführungen in den folgenden Auflagen noch ausgeweitet werden. Insgesamt gilt jedoch: Die gute Übersichtlichkeit lädt dazu ein, das Anwaltshandbuch bei allen bankrechtlichen Fragen als erstes beizuziehen.

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